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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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MONSTER (Patty Jenkins/USA 2003)


"The bar's closed."

Monster ~ USA 2003
Directed By: Patty Jenkins


Als die langjährige Prostituierte Aileen "Lee" Wuornos (Charlize Theron) fast zum Ofer eines von einem ihrer Freier (Lee Tergesen) verübten Gewaltverbrechen wird, dreht sie den Spieß um und erschießt den Unhold. Der erste von insgesamt sieben Morden, die Wuornos in einer Mischung aus Rachsucht und Geldgier begeht. Dass sie später vor Gericht ausgerechnet von ihrer geliebten Lebensgefährtin Selby (Christina Ricci) belastet wird, nimmt sie im Hinblick auf Selbys eigenen Freispruch in Kauf.

Eine Frau als Serienkiller stellt in den Annalen der mit Serienkillern gesäumten amerikanischen Kriminalgeschichte noch immer eine Rarität dar; vielleicht bedurfte es auch erst einer Regisseurin, um die Geschichte der kurz vor der Entstehung des Films hingerichtete Aileen Wuornos hinreichend sensibel und verständnisvoll für einen Film aufzubereiten. Im Gegensatz zu ihren männlichen Verbrechensgenossen war Aileen Wuornos kaum das Opfer psychischer Störungen oder Paraphilie, zumindest, wenn man ihrer späten, selbst geschilderten Biographie Glauben zu schenken bereit ist. Während der erste Mord strenggenommen gar kein solcher war, sondern aus reiner Notwehr verübt wurde, geschahen die sechs weiteren aus Gründen finanzieller Not und wurden von der Täterin vor sich selbst dadurch gerechtfertigt, dass sie die Opfer als Perverse und Ehebetrüger, die die Dienste einer Prostituierten in Anspruch nehmen wollten, abzustrafen hatte. Ihrer Strafakte zufolge war Aileen Wuornos ein in höchstem Maße aggressiver und asozialer Mensch aus unterstem Sozialmilieu, der früh mit bürgerlicher Moral und Gesetz in Konflikt geriet sich zeitlebens durch körperliche Gewalt Gehör zu verschaffen pflegte.
Patty Jenkins' Inszenierung gibt sich im besten Sinne unspektakulär, still, gediegen, flächig und lässt der unglaublichen Performance von Charlize Theron freie Bahn. Natürlich taten auch die Maskenbildner ein reifes Werk an der Aktrice, wie sie ansonsten jedoch mit ihrer Rolle fusioniert, ist eines der hervorstechendsten in letzter Zeit von mir gesehenen Beispiele für erfolgreiches method acting.

8/10

Biopic Historie Serienmord Homosexualitaet Patty Jenkins


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BONNIE AND CLYDE (Arthur Penn/USA 1967)


"We rob banks!"

Bonnie And Clyde ~ USA 1967
Directed By: Arthur Penn


Texas, die große Depression: Als er versucht, den Wagen ihrer Mum (Mabel Cavitt) zu klauen, wird die junge Seviererin Bonnie Parker (Faye Dunaway) auf den Ganoven Clyde Barrow (Warren Beatty) aufmerksam - der Beginn einer halsbrecherischen Romanze, gepflastert mit Überfällen und Leichen.

"Bonnie & Clyde" ist nicht die erste Verfilmung der Mär um das neben John Dillinger bekannteste kriminelle Relikt aus der Depressionszeit. Bereits neun Jahre zuvor wurde das B-Movie "The Bonnie Parker Story" veröffentlicht. Unterschiedlicher können zwei Filme zu demselben thematischen Überbau allerdings kaum angelegt sein - Penns Werk gilt immerhin als elementarer Wegbereiter für New Hollywood. Auf das zertrümmerte Studiosystem traf mit Warren Beatty ein "actor-producer", der zugleich als eine der Galionsfiguren der neuen Bewegung gilt. Via unermüdlichem Einsatz und Protest gegen Entscheidungen, die die Kompetenzen des Teams zu schmälern drohten, erwirkte er für einen "kleinen" Filmemacher wie Penn bis dato undenkbare Freiheiten und sorgte schließlich dafür, dass trotz unentwegter Abneigungsbekundung durch Jack Warner die Wunschfassung des Regisseurs in die Kinos gelangte. Dieser zugrunde lag ein Script, das gern als Übertragung des Nouvelle-vague-Stils auf amerikanische Verhältnisse bezeichnet wird, mitsamt einer für damalige Verhältnisse ungewöhnlichen Montage und diversen formalen Regelbrüchen. Am Ende sterben die Antihelden in Zeitlupe - durchsiebt von unzähligen Kugeln aus den Maschinenpistolen der Polizei. Danach gibt es keinen Dialog mehr, keinen crane shot, keine Totale, kein gar nichts; das Publikum wird mit genau diesem Eindruck auf der Linse entlassen. Pures Understatement und unübersehbare Aufbruchsstimmung findet man in dieser Konsequenz selten so eindeutig formuliert. The dawning of a new era.

9/10

Great Depression Road Movie Arthur Penn New Hollywood Historie period piece Heist Couple on the Loose


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JUDGMENT AT NUREMBERG (Stanley Kramer/USA 1961)


"We're not cut out to be occupiers. We're new at it and not very good at it."

Judgment At Nuremberg (Das Urteil von Nürnberg) ~ USA 1961
Directed By: Stanley Kramer


Nürnberg, 1948: Die Kriegsverbrecherprozesse sind im vollen Gange als Richter Dan Haywood (Spencer Tracy) in die zertrümmerte Stadt beordert wird, um über vier ehemalige Richter (Burt Lancaster, Werner Klemperer, Torben Meyer, Martin Brandt) des Reichs Gericht zu halten. Durch lange Spaziergänge und Unterhaltungen mit deutschen Bürgern versucht Haywood, sich auch abseits der Zeit im Gerichtssaal ein Bild von den Ungeheuerlichkeiten zu machen, die hier nur wenige Jahre zuvor statt gefunden haben und vor allem herauszufinden, inwieweit eine individuelle Schuldfrage überhaupt beantwortbar ist.

Nach "Inherit The Wind" ein weiterer Gerichtsfilm, erneut mit Spencer Tracy, der hier, deutlich abgenagert und von Krankheit gezeichnet, eine der allerbesten Vorstellungen seiner Karriere zum Besten gibt. Natürlich ist "Judgment At Nuremberg" ein Hollywoodfilm und natürlich dramatisiert er die Ereignisse, veräußert Stars und solche, die es mal waren, am Fließband und muss sich sogar den Vorwurf gefallen lassen, sein unerquickliches Thema unterhaltsam und spannend aufzubereiten. Allein ich sage, was ich in solchen Fällen (das heißt präzise: in Fällen von Unterhaltungsproduktionen, die das Dritte Reich und den Nationalsozialismus für ihre Zwecke instrumentalisieren) stets zu sagen pflege: Wenn auch nur bei einem einzelnen (jungen?) Zuschauer ein Bildungszuwachs, eine perspektivische Erweiterung, vielleicht sogar der Grundstein gelegt ist für weitere, eigene Recherchen - dann hat auch dieser Film seine Schuldigkeit getan. Man bedenke auch die Entstehungszeit: "Judgment At Nuremberg" liefert Gedankenanstöße und wirft Fragen auf, die damals, als hierzulande das Wirtschaftswunder gerade eben zu grassieren begann, am liebsten niemand gehört, geschweige denn gestellt und noch weniger gern beantwortet hätte. Dass er dies mit dennoch unerschütterlicher Chuzpe und großer Gewandtheit vollbringt und dabei seine latente Unbequemlichkeit zum obersten Prinzip erhebt, macht ihn zu einem der allerwichtigsten Beiträge zum Film über den Nationalsozialismus und darüberhinaus zu einem der besten existierenden Gerichtsfilme.

10/10

Historie period piece Nationalsozialismus Stanley Kramer Courtroom


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INHERIT THE WIND (Stanley Kramer/USA 1960)


"Disillusionment is what little heroes are made of."

Inherit The Wind (Wer den Wind sät) ~ USA 1960
Directed By: Stanley Kramer


Hillsboro, Tennessee, 1925: Der junge Biologielehrer Bertram Cates (Dick York) lässt in seinen Unterricht die darwinsche Evolutionslehre einfließen und wird dafür von der konservativen Führungsspitze des Städtchens vor Gericht gestellt. Als publikumswirksamer Ankläger findet sich der erzpuritanische Ex-Präsidentschaftsanwärter Matthew Brady (Fredric March). Eine namhafte Zeitung entsendet indes sowohl einen soitzfinden Journalisten (Gene Kelly) als auch den renommierten Strafverteidiger Henry Drummond (Spencer Tracy) für Cates. Drummond muss gegen die Mühlen jahrhundertealter, religiöser Kleingläubigkeit antreten.

Der auf einem authentischen Fall und einem zwischenzeitlich entstandenen Stück basierende "Inherit The Wind", erstes von zwei Courtroom-Dramen Stanley Kramers, markiert bis heute eine der klugsten und leidenschaftlichsten Anklagen gegen die Ungeheuerlichkeiten des christlich orientierten Fundamentalismus, der die USA in großen Teilen durchschüttelt. Es mutet unglaublich an, aber noch immer versuchen dort Kreationisten, ihre absurde, jede Form der Wissenschaft ignorierende und negiernde, biblische Schöpfungslehre zu verankern. Insofern besitzt der Film - bei all seinem bereits vor 50 Jahren akuten, realsatirischen Impetus - noch immer ein hochrelevantes Maß gesellschaftspolitischer Aktualität.
Kramer, der seine um diese Zeit entstandenen Filme allesamt selbst zu produzieren pflegte, besaß ein Faible für die Inszenierung von Dialog und diesen vortragenden Schauspielern. Mit Fredric March und Spencer Tracy treffen tatsächlich zwei Giganten ihres Fachs aufeinander, die sich gegenseitig nicht die Butter auf dem Brot lassen. In messerscharf geschliffenen Wortgefechten beweisen beide den hohen Intelligenzstandard ihrer Rollen, wobei der eine sich immer mehr als verblendeter Eiferer und seelenkranker Opportunist entpuppt.

10/10

based on play period piece Courtroom Stanley Kramer Suedstaaten


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ON THE BEACH (Stanley Kramer/USA 1959)


"I love Americans. They're so naive."

On The Beach (Das letzte Ufer) ~ USA 1959
Directed By: Stanley Kramer


1964 ist fast die gesamte bewohnte Welt einem Atomkrieg zum Opfer gefallen. Nur die südliche Hemisphäre ist teilweise verschont geblieben und Australien der letzte noch bewohnbare Kontinent. Der US-Navy-Kapitän Towers (Gregory Peck) kommt mit seinem U-Boot 'Sawfish' nach Melbourne, um den Wissenschaftler Osborne (Fred Astaire) und den jungen Verbindungsoffizier Holmes (Anthony Perkins) an Bord zu nehmen. Man soll in Erfahrung bringen, ob die von Norden heranziehende radioakative Wolke tatsächlich so gefährlich ist wie vermutet. Ferner empfangen die Funkstationen ein wirres Morsesignal aus San Diego. Die Erkundungsreise präsentiert sich als mehr als ernüchternd für Towers und seine Mannschaft. Jeder entwickelt seine persönliche Methode, um das endgültige Ende der Menschheit in Empfang zu nehmen...

Einer der ersten großangelegten Versuche Hollywoods, die Ängste vor den möglichen Folgen des Kalten Krieges zu thematisieren respektive die desolaten Folgen eines Atomkriegs darzustellen. Dabei hebt der Film sich wohltuend von überflüssiger Paranoia ab; vormalige Feindbilder und bereits die bloße Frage danach, wer denn eigentlich "angefangen" habe, sind im Angesicht des Armageddon nurmehr irrelevant. Die Menschheit wird als Ganzes begriffen, als vermeintlich vernunftbegabte Spezies, die im Angesicht höchster Krisenstände doch nicht davor zurückgeschreckt hat, sich selbst zu richten. Kramer präsentiert die Apokalypse als Kammerspiel: Wenn Gregory Peck und Ava Gardner, die zu dieser Zeit als jeweils sehr auf bestimmte Typen festgelegte Ensembledarsteller, etwa in Hemingway-Verfilmungen, bekannt waren, aufeinandertrafen, dann bedeutete das zumeist große Dialoge und große Gefühle. So auch hier: Abgesehen von ein paar wenigen Bildern menschenleerer Großstädte verzichtet "On The Beach" auf grelle Darstellungen von Leichenbergen, Strahlenopfern, wirren Mutanten oder gar eines in die Archaik zurückfallenden Zivilisations-Reboots. Diese Menschen nehmen ihr Ende mit Würde entgegen, trinken einen letzten Sherry, nehmen ihre Todeskapsel und "verkriechen sich zum Sterben, ganz so, wie es todkranke Hunde tun". Arme Welt, leere Welt.

8/10

Apokalypse Zukunft Kalter Krieg Atombombe Stanley Kramer U-Boot


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THE ASPHYX (Peter Newbrook/UK 1973)


"Immortalize me!"

The Asphyx (Experiments) ~ UK 1973
Directed By: Peter Newbrook


Der zur viktorianischen Zeit lebende Wissenschaftler Sir Hugo Cunningham (Robert Stephens) entdeckt, dass jedes Lebewesen im Moment seines Todes von seinem individuellen "Asphyx", einer Art Seelenspediteur, heimgesucht wird. Während seiner Forschungen ertrinken seine Verlobte (Fiona Walker) und sein Sohn (Ralph Arliss) in Sir Hugos Beisein - ein traumatisches Erlebnis. Mittels Photographien und eines chemischen Granulats bewerkstelligt es der trauernde Sir Hugo schließlich, den Asphyx sichtbar zu machen. Als er eine Methode entdeckt, wie man die Wesen gefangennehmen kann, strebt er nach der Unsterblichkeit für sich und die verbleibenden Mitglieder (Robert Powell, Jane Lapotaire) seiner Familie.

Feiner englischer Gruselfilm, der besonders von der Schürung seiner gotischen Stimmung zehrt. Wie die Filme der Hammer legt "The Asphyx" speziellen Wert auf eine adäquate Bebilderung seines Zeitkolorits, so dass man geradezu meint, die muffigen Kostüme und wurmstichigen Vertäfelungen im opulenten Hause Sir Hugos riechen zu können. Erstaunlich außerdem, wie wenig lächerlich und ansprechend getrickst die bei ihrer Gefangennahme fürchterlich kreischenden Asphyxe aussehen. Hier wird gekonnt sanftes Grauen ohne Bemühung greller Effekte geriert.
Was man jedoch dem Film unverhohlen ankreiden kann, ist sein unschlüssiges Script. Mal verharrt das Todesopfer in Agonie, sobald sein Ashyx gefangen wurde, mal bleibt es völlig ungerührt. Außerdem scheint der eine trotz erreichter Unsterblichkeit körperlich zu altern, während der andere auch nach 100 Jahren noch wie aus dem Ei gepellt ausschauen. Ein wenig inkonsequent, diese Gestaltung der Folgen der "Asphyx"-Experimente - und doch kann sie eine ansonsten exquisit dargebrachte Schauermär nicht durchkreuzen.

8/10

period piece Peter Newbrook Fin de Siècle England Dämon


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THE KARATE KID, PART II (John G. Avildsen/USA 1986)


"Daniel-San, this is no tournament. This is for real!"

The Karate Kid, Part II (Karate Kid II - Entscheidung in Okinawa) ~ USA 1986
Directed By: John G. Avildsen

Als Mr. Miyagi (Pat Morita) erfährt, dass sein Vater (Charlie Tanimoto) bald sterben wird, reist er eilends heim nach Okinawa. Sein junger Freund Daniel Larusso (Ralph Macchio) begleitet ihn. Prekärerweise har Miyagis alter Rivale Sato (Danny Kamekona), mittlerweile zum reichen Grundstücksmakler aufgestiegen, auch nach knappen fünfzig Jahren nicht verwunden, dass Miyagi ihm einst die Freundin (Nobu McCarthy) ausgespannt hat und will nachträglich seine Ehre im Kampf verteidigen. Satos Neffe (Yuji Okumoto) hat es derweil auf Daniel abgesehen, der wieder ein paar Lebenslektionen zu lernen hat.

Auch wenn das Sequel qualitativ und betreffs seiner Originalität keinesfalls mit dem Original gleichziehen kann, so hat man sich doch immerhin bemüht, dem Publikum keinen lauen Aufguss zu kredenzen, sondern eine halbwegs schlüssige Fortsetzungsgeschichte zu erzählen, die charakterliche Weiterentwicklungen erlaubt und sogar den leider nicht mehr ganz so kauzig wie im ersten Teil gezeichneten Mr. Miyagi etwas weiter ins Zentrum rückt. Besonders gelungen ist dabei ein nachträglicher Epilog zum Vorgänger, den man sich auch gut an Ort und Stelle hätte vorstellen können. Was dann die Kerngeschichte anbelangt, bemerkt man bereits als Laie die Halbherzigkeit, mit der die japanische Kultur, ihre Geschichte und Meriten sozusagen tourismuswirksam aufbereitet und mundgerecht verhackstückt werden. Quasi, um sie hernach flugs mit Holzstäbchen verspeisen zu können.
Schön eklig-fies: Der Junggegenspieler Yuji Okumoto, ein wahrer Kotzbrocken vor dem Herrn. Dass der mit 25 immer noch wie 14 aussehende (und sprechende) Ralph Macchio gleich zu Beginn die knackige Elisabeth Shue für "irgendeinen Footballspieler" sausen lässt (gut, vermutlich wurde sie "in echt" aus Gründen der Dramaturgiestraffung schlicht für überflüssig erklärt und ausgeladen), spricht übrigens nicht eben für ihn, trotz netter Neuerwerbung in Fernost. Dummbatzen.

6/10

Japan Martial Arts John G. Avildsen Karate Teenager Sequel Coming of Age


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THE KARATE KID (John G. Avildsen/USA 1984)


"Find balance."

The Karate Kid ~ USA 1984
Directed By: John G. Avildsen

It's a cruel summer: Nachdem der fünfzehnjährige Daniel Larusso (Ralph Macchio) mit seiner Mutter (Randee Heller) von New Jersey nach L.A. gezogen ist, handelt er sich gleich Ärger ein. Er hat es nämlich ausgerechnet auf Ali (Elisabeth Shue), die Ex-Freundin des Schlägers und Karatechamps Johnny Lawrence (William Zabka) abgesehen, der Daniel zusammen mit seinen Kumpels alle Nase lang gehörig zu verbimsen beginnt. Väterliche Hilfe und Weisheit findet Daniel unerwartet beim japanischen Hausmeister und Gärtner Mr. Miyagi (Pat Morita), Experte für Zentechniken und Karate.

Stilprägendes Jugend- und Kampfsportabenteuer von einem in dieser Hinsicht durchaus erfahrenen Regisseur. Die obligatorische, mit einem aufpeitschend textualisierten Popsong unterlegte Turniermontage (hier: "You're The Best"), wie sie später noch in dutzenden weiteren Filmen zu sehen sein wird, erfährt hier ihre glamouröse Premiere. Ferner gibt es noch ein paar Eindrücke vom class struggle, der es Jungs aus Receda und Mädels aus Encino besonders schwer macht, miteinander Körpersäfte auszutauschen sowie eine Veräußerung der stets notwendige Regel, dass Karate verantwortungsvoll nur zu Verteidigungszwecken ausgeübt werden darf. Wirklich interessant wird der Konflikt der gegnerischen Parteien im Hinblick auf die beiden patriarchalischen Trainer (bzw. Senseis) im Hintergrund: Hier ein - natürlich rassistisch veranlagter - Vietnamveteran (Martin Kove), der sein Dojo primär zu Kanalisierungszwecken seiner permanenten Hassattacken benutzt und dort der kauzige alte Japaner mit Yoda-Touch, der nach seinem Einsatz im Zweiten Weltkrieg für die US-Armee (!) und gegen die Nazis die Tapferkeitsmedaille verehrt bekam, derweil Frau und Kind im "heimatlichen" Internierungslager sterben mussten. Erst diese tief verwurzelte Antagonie verleiht "The Karate Kid" eine Diskursivität, die über bloße Teenage-Angst- und Coming-of-Age-Elemente hinausreicht.

8/10

Los Angeles Martial Arts Teenager Karate John G. Avildsen Coming of Age


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VALHALLA RISING (Nicolas Winding Refn/UK, DK 2009)


"Where does he come from?" - "Hell."

Valhalla Rising ~ UK/DK 2009
Directed By: Nicolas Winding Refn


Das graue Mittelalter: Ein namenloser, stummer, allenthalben von apokalyptischen Visionen heimgesuchter Krieger (Mads Mikkelsen) dient einem Wikingerstamm als eine Art Gladiator, der, beheimatet in einem Käfig und stets an der Leine gehalten, sämtliche Zweikämpfe mit gnadenloser Gewalt für sich entscheidet. Nur einen kleinen Jungen (Maarten Stevenson), der ihn pflegt und versorgt, lässt er nahe an sich heran. Eines Tages befreit sich der Krieger, zieht durchs Land und trifft auf eine Gruppe christianisierter Normannen, die im Namen Gottes jeden Heiden dahinschlachten und mit denen zusammen er ins Heilige Land aufbricht. Die Schiffahrt führt durch endlose Nebel und endet schließlich dort, wo später einmal Amerika sein wird. Ein lebensfeindliches Umfeld mitsamt Tod und Verderben wartet auf die Männer.

Ich habe das Gewitter nicht erwartet, es kam von selbst zu mir.
Wenn Winding Refn, wie neulich noch in einem Interview gelesen, behauptet, er lebe durchweg gesund und habe mit Rauschmitteln jedweder Art nichts am Hut, dann halte ich das wahlweise für ein Zeugnis von Paranoia oder schlicht für Kokettiererei. Ein Film wie "Valhalla Rising" entsteht nicht einfach so, aus einer in jener Hinsicht unbefleckten Mentalität heraus, davon bin ich felsenfest überzeugt. Emsiges Studium von naheliegenden Vorbildern und schließlich eine tiefe, spirituelle Meditation, jeweils unterstützt von Bewusstseinserweiterndem, dürften die primären Inspirationsquellen für dieses sperrige, surrealistische und schwer fassbare Kunstwerk sein. Wollen mal sehen, was ich da alles an stilistischen, inhaltlichen und atmosphärischen Referenzen ausmachen konnte: Milius, Coppola, Jodorowsky, Mallick, Kubrick, und, wenn man noch die Malerei hinzuziehen mag, Bosch, Bruegel, Friedrich stecken da drin. Entsprechend eklektizistisch, wild und interpretationsoffen das Resultat, entsprechend groß schon jetzt die Vorfreude auf eine neuerliche Betrachtung. Ob es da um eine kritische Reflexion des Christentums und seines Hangs zur infektiösen Verbreitung geht, um das historische Scheitern monotheistischer Religion oder um einen neuerlichen (Anti-)Messias, der durch sein Opfer den späteren amerikanischen Ureinwohnwern noch 500 weitere Jahre Autokratie verschafft, habe ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht raus. Hugh. Aus. To be continued.

9/10

Nicolas Winding Refn Surrealismus Parabel Wikinger Mittelalter


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THE MAN WITH THE GOLDEN ARM (Otto Preminger/USA 1955)


"I'll be around..."

The Man With The Golden Arm (Der Mann mit dem goldenen Arm) ~ USA 1955
Directed By: Otto Preminger


Nach sechsmonatiger Entzugstherapie, die er als Alternative für den Strafvollzug vorzog, kehrt Frankie Machine (Frank Sinatra), der unterdessen die Liebe zum Jazz und zum Schlagzeugspiel entdeckt hat, in sein altes Viertel zurück. Nichts hat sich geändert, seine psychisch gestörte Frau (Eleanor Parker) versucht noch immer, ihn mit allen Mitteln an sich zu binden, Gauner Schwiefka (Robert Strauss) will ihn sogleich wieder als Spielmacher in seine schmierige Zockerhöhle umleiten und Pusher Louie (Darren McGavin) hält ihm das H unter die Nase. Es dauert nicht lang und Frankie hängt trotz aller Bemühungen wieder an der Nadel. Mithilfe der ihn aufrichtig liebenden Molly (Kim Novak) versucht er den kalten Entzug...

Filmische Pionierarbeit in Sachen Drogenabhängigkeit. "The Man With The Golden Arm" ist der erste wichtige, sich mit dem bis dato eher ein Dasein im Schatten fristenden Thema der zerstörerischsten Form von Drogenkonsum, der Heroinsucht, auseinandersetzenden Beitrag aus dem Branchenbereich der siebenten Kunst. Preminger dokumentiert den trotz aller zwischenzeitlichen Abstinenz so sicher geglaubten, dabei jedoch illusorischen Ausstieg mit gnadenloser Konsequenz, zeigt das schmerzliche Taumeln vor dem nächsten letzten Schuss, den "Affen im Genick", die Hölle des kalten Entzugs.
Wie so oft in Filmen, die ein Tabuthema ankratzen, werden allerdings auch hier ein paar Klischees bedient, die offenbar der unkomplizierteren Vermittlung dienlich sein sollen: Heroin und Junkies sind bei Preminger Elemente der Slums und anzutreffen in Kumpanei mit Glücks- und Falschspiel, schummrigen Kneipen, Kleinkriminellen und Jazzmusik, bald verrucht, bald verraucht. Natürlich ist "The Man With The Golden Arm" nebenbei auch ein später Vertreter des film noir, mitsamt umfassendem Unterweltsporträt und polizeilich aufzuklärendem Totschlag.

9/10

Heroin Gluecksspiel Otto Preminger Drogen film noir





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Funxton

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