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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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BIANCO APACHE (Bruno Mattei, Claudio Fragasso/I, E 1987)


Zitat entfällt.

Bianco Apache (Der weiße Apache - Die Rache des Halbbluts) ~ I/E 1987
Directed By: Bruno Mattei/Claudio Fragasso

Aufgewachsen bei den Chiricahua-Apachen gerät der blonde Krieger Shining Sky (Sebastian Harrison) in die Bredouille, als er sich in dasselbe Mädchen (Lola Forner) verguckt wie sein Stiefbruder. Bei einem Duell verwundet sich dieser in rasender Wut durch einen Unfall selbst tödlich. Shining Sky soll in der Folge die Welt der Weißen erkunden, der er schließlich entstammt. In der sogenannten Zivilisation schlagen ihm jedoch nur Rassismus und Gier entgegen. Als der eiskalte Mörder Ryder (Charly Bravo) Shining Skys Stamm mit einer Wagenladung Feuerwasser gefügig machen will, ist der junge Mann endgültig nicht mehr zu halten und schlägt die bösen Bleichgesichter in die Flucht. Ryder schwört tödliche Rache und Shining Sky und seiner mittlerweile schwangeren Frau bleibt nurmehr die Flucht in die Berge, wo es zum finalen Duell kommt.

Eines der unzähligen, charmanten Regieverbrechen, die der unermüdliche Exploitation-Dynamo Bruno Mattei zusammen mit seinem fortwährenden Kompagnon Claudio Fragasso in den späteren Achtzigern aus dem Hut zauberte. "Bianco Apache" bildet zusammen mit dem von fast identischem Personal und zeitgleich entstandenen "Scalps" einen der letzten Aufbäumungsversuche des Spaghetti-Western und führt geradezu plastisch nachvollziehbar vor Augen, warum die Zeit für diese Art Film abgelaufen war. Mit dem unglaublich hölzern agierenden Richard-Filius Sebastian Harrison vorneweg scheint bereits die Besetzung aufgeschmissen; dennoch erblickt man immerhin die altvertrauten Gesichter Luciano Pigozzis und Charles Borromels. Ferner erfreut die hübsche Lola Forner des statthaften Mannes Herz. Man kann auch kaum behaupten, dass das staubige Terrain Almerías schlecht in Szene gesetzt wurde, wenngleich die Herren Regisseure es mit dem Rosafilter für einen möglichst bonbonfarbenen Firmamentslook hier und da vielleicht etwas zu gut meinen. All das stört aber nicht. Was wirklich miesepetrig hängenbleibt, ist der völlig einfallslose und dummdreist erzählte Plot, der versucht, seine Widerhaken in die Substanz veritabler Genreklassiker wie "Little Big Man", "Soldier Blue" und "A Man Called Horse" zu schlagen, dabei jedoch zu keiner Sekunde mehr als unrührige Bilder mit jeder Menge unfreiwilligem Humor hervorzubringen vermag. Man kennt das, wenngleich man meinen sollte, dass die Italiener im Zuge von zweieinhalb Dekaden gerade jener eigenen Gattungsgeschichte ein bisschen was gelernt haben; doch weit gefehlt: Jeder "Winnetou"-Film vereint weniger Klischees in sich. Immerhin, so gibt es wenigstens gut was zu lachen. Und die aktuelle DVD-Veröffentlichung in sehr guter Qualität ist sowieso ein löblicher Schritt nach vorn. Vielleicht erwärmt sich nun langsam endlich mal ein Label für schmerzlich vermisste Kracher wie "Strike Commando" und "Double Target".

4/10

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GIÙ LA TESTA (Sergio Leone/I 1971)


"When there's revolution, there's confusion."

Giù La Testa (Todesmelodie) ~ I 1971
Directed By: Sergio Leone

Zwei ungleiche Männer ziehen sich gegenseitig hinab in die Wirren der Mexikanischen Revolution: Sowohl für den Strauchdieb Juan Miranda (Rod Steiger) als auch den exilierten irischen Ex-Rebellen John Mallory ist 'Revolution' zunächst kein Thema. Miranda gibt sich betont opportun und unpolitisch, während Mallory als Revoluzzer im eigenen Lande Freundschaftsverlust und Verrat erlebt hat und just davor eigentlich fliehen wollte. Als sie dann doch auf Seiten Zapatas aktiv werden und sich den bösartigen Colonel Reza (Antoine Saint-John) zum Feind machen, erleben die beiden, bald zu Freunden gewordenen Männer die ganze Palette von blutigen Preisen, die im Zuge eines Regierungssturzes bezahlt werden müssen.

Und wieder zurück zu jener Mischung aus Humor und Elegie, die zwei Filme vorher bereits "Il Buono, Il Brutto, Il Cattivo" auszeichnete. Demonstrativ geäußertes politisches Desinteresse und Ignoranz werden ersetzt durch moralische Integrität; der schlitzohrige Einzelgänger ist schließlich bloß ein Staubkorn angesichts des furchtbaren Sturms, den das Wesen des Krieges entfacht. Nach dem ersten, eher luftig angelegten Drittel, in dem Miranda und Mallory sich kennen lernen, gegenseitig aufs Kreuz legen und ihre erste gemeinsame Mission, nämlich die Befreiung politischer Häftlinge, durchführen (Miranda freilich noch unfreiwillig), ändert sich der Ton schlagartig. Einem Massaker, das die beiden Freunde an einer Regierungstruppe begehen, folgen der Mord an Mirandas Familie, eine erst durch den Verrat des zuvor gefolterten Dr. Villega (Romolo Valli) ermöglichte Massenexekution im strömenden Regen und schließlich die finale Abrechnung mit Reza. Die Toten türmen sich meterhoch und machen "Giù La Testa" zu Leones kompromisslosestem Film. Dazu bekommen wir eine der schönsten Filmmusiken, die Ennio Morricone je komponierte und die mit ihrer teils bahnbrechenden Traurigkeit bereits auf das große Meisterwerk "Once Upon A Time In America" hindeutet. Rod Steiger beweist erneut, welch ein fantastischer Schauspieler er war und auch der pferdegebissige Coburn ist großartig wie immer. Mir hat "Giù La Testa" heuer im Direktvergleich besser gefallen als "C'Era Una Volta Il West", weil Leone hier darauf verzichtet, gleich von Beginn an Oper um der Oper Willen zu präsentieren, sondern sein Epos sich fast unmerklich und ganz von allein entfalten lässt, bis man am Ende wie erschlagen im Sessel sitzt.

10/10

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C'ERA UNA VOLTA IL WEST (Sergio Leone/I, USA 1968)


"Keep your lovin' brother happy."

C'Era Una Volta Il West (Spiel' mir das Lied vom Tod) ~ I/USA 1968
Directed By: Sergio Leone

Für die Ex-Prostituierte Jill (Claudia Cardinale) aus New Orleans wird die Reise zu ihrem neuen Ehemann Brett McBain (Frank Wolff) und dessen drei Kindern zu einer unwillkürlichen Trauerfahrt. Kurz vor Jills Ankunft werden die McBains von dem Killer Frank (Henry Fonda), der mit dem Eisenbahnmogul Morton (Gabriele Ferzetti) paktiert, erschossen. Die Bluttat wird dem ortsbekannten Unruhestifter Cheyenne (Jason Robards) und seiner Bande zugeschrieben, der sich solcherlei Verleumdung jedoch nicht gern anhören mag. Und dann ist da noch ein geheimnisvoller, namenloser Mundharmonika-Spieler (Charles Bronson), der die gesamte, verworrene Situation zu überblicken scheint und ganz eigene Ziele verfolgt...

Angesichts des pompösen "C'Era Una Volta Il West", der im Nachhinein als Startschuss für Leones Amerika-Trilogie galt, wirken die vorherigen drei Western mit Clint Eastwood fast wie eine Art von sich immer mehr verfeinernder Generalprobe. Zwar übte sich Leone mit "Il Buono, Il Brutto, Il Cattivo" bereits im Epischen und ordnete die Geschichte seiner drei opportunistischen Antihelden dem historischen Sezessionskriegsgeschehen unter, der alles überlagernde, dreckige Humor des Films wirkt im Vergleich zum vorliegenden Film jedoch wie ein letztes pubertäres Aufbäumen innerhalb eines freudianischen Entwicklungszyklus. Mit "C'Era Una Volta" wäre somit die Adoleszenz erreicht; Leone endgültig erwachsen geworden und, damit einhergehend, der Italowestern an seiner Reifekulmination angelangt. Tatsächlich ist dies ja das letzte echte Schlüsselwerk der Untergattung, sieht man von ein paar eher im subkutanen Genre-Aficionado-Bereich kultivierten Einzelstücken ab. Danach hatte der italienische Western tatsächlich nichts wesentliches mehr zu sagen; sämtliche vorkommende Typologien wurden ihrer eigenen Mythologie überantwortet und zu Metafiguren deklariert. Selbst der klassische amerikanische Western bekam sein Fett weg; Jack Elam und Woody Strode werden gleich zu Beginn verheizt, Henry Fonda, einst aufrechter, demokratischer Held ohne Fehl und Tadel, ist nunmehr als der vermutlich dämonischste Bösewicht des Leinwand-Westens zu sehen, erschießt und quält Kinder, beleidigt seinen todkranken Kompagnon, rotzt seinen Kautabak durchs Gelände und ist über allem noch ein misogynes Schwein. Dass ausgerechnet solchen Männern Pioniergeist und Grenzausweitung zu verdanken sein sollen, mag Leone am Ende aber dann doch nicht eingestehen. Ein letztes Mal triumphiert der rächende Fremde ohne Namen in Almería, diesmal freilich interpretiert von Leones einstiger Wunschbesetzung für den Ponchoträger, Charles Bronson. Der Rest ist, mit Verlaub, Geschichte.

9/10

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THE GREAT SIOUX UPRISING (Lloyd Bacon/USA 1953)


"Too much thinking gives women the wrinkles."

The Great Sioux Uprising (Der große Aufstand) ~ USA 1953
Directed By: Lloyd Bacon

Der einst erfolgreiche und nunmehr kriegsmüde Arzt Jonathan Westgate (Jeff Chandler) kommt während des Sezessionskrieges in ein kleines Nest in Wyoming, wo er sich als Veterinär niederzulassen plant. Dort konkurrieren die Pferdehändler Joan Britton (Faith Domergue) und Stephen Cook (Lyle Bettger) um die Vormachtsstellung bei der Belieferung der Unionssoldaten. Joan möchte die Sioux zu Sympathisanten der Blauröcke machen und dafür sorgen, dass die Indianer ihnen ihre Pferde zu Verfügung stellen; Cook fragt nicht erst lang, sondern stiehlt die Zossen und verkauft sie für teures Geld an die Nordstaatler. Diese, natürlich recht ungehalten über ihren Verlust, treffen sich zusammen mit anderen Stammesabordnungen in der Folge mit dem Cherokee und Konföderierten-General Watie (Glenn Strange), um über eine eventuelle Allianz gegen die Unionsarmee zu verhandeln. Westgate und Joan wollen die Katastrophe verhindern...

Einer der kleinen, proindianischen Western der Universal, derer es in der direkten Erbenreihe des noch von der Fox produzierten, erfolgreichen "Broken Arrow", in welchem Jeff Chandler zum ersten Mal den Apachenhäuptling Cochise spielte, einige gab. Chandler achtete bei seinen Genre-Auftritten stets darauf, nach Möglichkeit in Filmen zu erscheinen, die ein historisch halbwegs gerade gerücktes, gerechtes Bild der natives zeichneten. "The Great Sioux Uprising" macht auch keinen Hehl aus seiner Sympathisierung mit den Streitkräften der Union. In einer durchaus mutigen Szene schlägt der perplexerweise selbst zum Rassisten und Sklaventreiber abgefärbte General Watie völlig grundlos seinen farbigen Diener und besiegelt damit bereits im Vorhinein seine diplomatische Niederlage mit den Indianern. Solcherlei eindeutig formulierter Liberalismus war um diese Zeit im kommerziell orientierten Hollywood-Genrekino noch eine Seltenheit oder zumindest noch auf dem Wege, zum modischen Gestus zu avancieren. Ansonsten ist diese späte Arbeit des Viel- und Auftragsfilmers Lloyd Bacon jedoch kein ausgesprochener Gewinner - der Film leidet unter einem verworrenen, schlecht montierten und extrem unlogischen Script, dessen effektive Undurchschaubarkeit sich oftmals in den verständnislosen Gesichtern der Darsteller widerspiegelt. Die groß aufgezogenen Pferdeszenen sind recht nett arrangiert, ansonsten mag man jedoch guten Gewissens auf den Film verzichten, so man nicht wie ich dem leicht gestörten Ansporn unterliegt, sich ein möglichst komplettes Bild des US-Western anzueignen.

4/10

Lloyd Bacon Indianer Sezessionskrieg Pferde Militär Kavallerie Wyoming


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UNTAMED FRONTIER (Hugo Fregonese/USA 1952)


"Tear the fences down!"

Untamed Frontier (Der Tag der Vergeltung) ~ USA 1952
Directed By: Hugo Fregonese

Die Rancherdynastie Denbow beherrscht ein gewaltiges Stück von Texas. Der Familienbesitz schließt sich jedoch wie ein Hufeisen um noch unbesiedeltes Grenzland, so dass neu hinzuziehende Siedler erst das denbowsche Weideland durchqueren müssen, um dort hin zu gelangen. Dieser Umstand ist dem örtlichen Zeitungsverleger Vance (Douglas Spencer) schon seit langem ein Dorn im Auge. Als der unbeherrschte Glenn (Scott Brady), Sohn des alten Denbow (Minor Watson), eines Abends dann einen unbewaffneten Rivalen (Richard Garland) um die Gunst der Kellnerin Jane (Shelley Winters) erschießt, sitzt er in der Patsche. Um Jane an der Aussage zu hindern, heiratet er sie kurzerhand. Als sie jedoch von Glenns wahren Beweggründenerfährt, wendet sie sich seinem aufrechten Vetter Kirk (Joseph Cotten) zu.

Ein sehr schöner, kleiner Frontier-Western des Argentiniers Fregonese, gefilmt in herrlich leuchtenden Farben und zudem ein Geschenk an die Hauptdarstellerin Shelley Winters, die hier als etwas naive, aber goldherzige Bardame aus dem Arbeitermilieu den größten Reifeprozess von allen durchmacht und in dessen Zuge nicht nur dem verkrusteten Patriarchen die Stirn bietet, sondern am Ende sogar als verdiente, große Gewinnerin dasteht, die eine neue, friedliebende Generation im Hause Denbow begründen wird. Für die Winters, in diesen Tagen häufig als kleine Verliererin besetzt, eine ihrer glorreichsten Vorstellungen.
Fregonese seinerseits beherrscht hier die Kunst, eine epochale Texas-Geschichte, für die George Stevens drei Jahre später bei "Giant" fast 200 Erzählminuten benötigt, in etwas mehr als einem Drittel dieser Zeit zu erzählen: Verfilzte Familien- und Ständestrukturen werden zugunsten einer neuen Zeit der Pioniere aufgebrochen, Aufklärung und Liberalität dringen in den Westen vor, das Patriarchat muss dem Matriarchat den Weg räumen. The range opens up.

8/10

Hugo Fregonese Texas Familie Ranch


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THE MAN FROM BITTER RIDGE (Jack Arnold/USA 1955)


"Why do you take him when you could have me?"

The Man From Bitter Ridge (Duell mit dem Teufel) ~ USA 1955
Directed By: Jack Arnold

Um eine Reihe von Postkutschenüberfällen in der Nähe des Städtchens Tomahawk aufzuklären, schickt die Gesellschaft den Agenten Jeff Carr (Lex Barker). Dieser gerät mitten in den hiesigen Wahlkampf, den der korrupte Patriarch Ranse Jackman (John Dehner) mit aller Gewalt führt. Dabei im Wege steht ihm vor allem eine benachbarte Schafzüchterkolonie, die die Rinderrancher mit einigem Argwohn beäugen, was sich Jackman wiederum zunutze macht. Carr, der sich in die schöne Holly (Mara Corday) verliebt, schickt sich an, die Situation in Tomahawk zu befrieden.

Grundnaiver B-Western aus der fruchtbaren Universal-Periode Jack Arnolds, der jedoch unter dem Niveau seiner anderen Genrefilme liegt. Lex Barker liefert eine Vorstudie für den pomadigen May-Strahlemann Old Shatterhand, dessen Rolle ihm bald darauf in den Krautwestern der Sechziger einen zweiten Frühling bescherte. Fauststark und nie gänzlich aus der Ruhe zu bringen, trägt er die explosive Situation zu einem allseits zufrieden stellenden Abschluss, jagt das üble Gesindel aus der Stadt bzw. sorgt dafür, dass ihm einige Bleivergiftungen verabreicht werden, spannt einem anderen (nämlich Stephen McNally, dem eigentlichen, heimlichen Held des Films) unverdientermaßen das Mädchen aus und lotet sämtliche verbleibenden Schrägen wieder korrekt ein. Wie ein routinierter Heimwerker mit Setzbaukasten agiert auch Arnold, dessen Film man nichts Böses will oder auch nur könnte, der aber andernorts mit deutlich mehr Innovation bei der Sache ist.

6/10

Jack Arnold Duell Buddy Movie Schafe


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THE RAID (Hugo Fregonese/USA 1954)


"Take the flag. It's yours."

The Raid (Unter zwei Flaggen) ~ USA 1954
Directed By: Hugo Fregonese

Zusammen mit sechs weiteren Konföderierten-Offizieren gelingt Major Benton (Van Heflin) die Flucht aus einem Unionsgefängnis über die kanadische Grenze. Die Männer erhalten den Auftrag, parallel zu Shermans Vorstoß nach Savannah den Krieg in den Norden zu tragen und dort Kleinstädte im Grenzgebiet zu überfallen. Diese Aktionen sollen dafür sorgen, dass kurzfristig Militär vom Süden abgezogen werden muss. Als erstes steht das beschauliche Städtchen St. Albans auf dem Plan. Hier gibt sich Benton als kanadischer Geschäftsmann aus, der ein Farmgrundstück erwerben möchte. Er kommt bei der Witwe Bishop (Anne Bancroft) unter und verliebt sich in sie. Dennoch drückt Benton seine Pläne mit aller Macht durch, selbst um den Preis hoher persönlicher Verluste.

Eiun kleiner Rohdiamant unter den Kriegswestern, von Fregonese mit einer stattlichen Besetzung (neben Heflin und der Bancroft gibt es Lee Marin, Richard Boone, Peter Graves und Claude Akins zu bewundern) für das Mini-Studio Panoramic gemacht. Verliehen wurde "The Raid" später von der Fox, doch die gedämpften production values, die sich etwa in einer relativ schmucklosen Farbgestaltung widerspiegeln, sind unverkennbar. Als umso wichtiger nimmt sich der Kern der Geschichte aus, der starke Diskurse über persönliches Ethos in Kriegszeiten verhandelt und eine kärgliche, von vornherein zum Scheitern verurteilte Romanze beschreibt.
In höchste moralische Bedrängnis gerät Benton, als er seinen unzuverlässigen Kameraden Keating (Marvin) zu erschießen genötigt wird und von den ahnungslosen Bürgen von St. Albans als Held des Nordens gefeiert wird. Unfähig, die in diesen Momenten höchst akute Wahrheit auszukotzen steht der strahlende Ritter wider Willen hier kurz vorm Zusammenbruch. "The Raid" ist voll von solcherlei Spitzfindigkeiten und mittels einer inneren Spannung komponiert, vor deren Ausgereiftheit man nur den Hut ziehen möchte.

8/10

Hugo Fregonese Sezessionskrieg Militär Vermont


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BILLY TWO HATS (Ted Kotcheff/USA 1974)


"You're old enough to be half as stupid."

Billy Two Hats (Begrabt die Wölfe in der Schlucht) ~ USA 1974
Directed By: Ted Kotcheff

Die beiden Bankräuber Arch Deans (Gregory Peck), ein schottischstämmiger, alternder Gentleman-Gauner, und sein Mündel Billy Two Hats (Desi Arnaz Jr.), ein junges Halbblut, fliehen vor dem fanatischen Sheriff Gifford (Jack Warden) durch die Wüste zur mexikanischen Grenze. Unterwegs bricht Deans sich ein Bein. Um sich ärztlich behandeln zu lassen, reist Deans, der sich als Rancher ausgibt, mit dem misogynen Rancher Spencer (John Pearce) per Karren in die nächste Stadt - unterwegs werden sie jedoch von einer Gruppe marodierender Apachen aufgehalten. Billy bendelt derweil mit Spencers junger, schüchterner Frau Esther (Sian Barbara Allen) an und Gifford kommt immer näher...

Abgesehen von "Old Gringo", in dem Peck fünfzehn Jahre später einen gealterten Ambrose Bierce verkörpern sollte, war "Billy Two Hats" sein letzter Western und gleichfalls nochmal ein kleiner, heute leider kaum mehr erinnerter Höhepunkt des Genres. Kotcheffs Film eignet sich nämlich durchweg zur Beweisführung, dass zumindest in der ersten Hälfte der Siebziger immer noch frisches Blut in den Adern dieser Filmgattung zirkulierte; wenngleich ihre vorrangigen Vertreter - so auch "Billy Two Hats" - nurmehr Abgesänge auf ein vorübergehend aussterbendes Mythenkonglomerat bildeten. Immerhin inspirierte genau dieses Paradoxon eine ordentliche Handvoll aufstrebender Filmemacher, ein paar letzte schöne bis exzellente Western zu liefern. "Billy Two Hats", von dem Kanadier Kotcheff in Israel gedreht, befasst sich mit einigen existenzialistischen Diskursen, die ihn ganz besonders symbolträchtig erscheinen lassen, darunter Fragen über Schuld, Sühne und ihren Wert in Zeiten blinder Intoleranz, über Rassismus und gesellschaftliche Dünkel. Die Medaille verkehrt ihre Seiten: Die Gauner begegnen uns als ausnehmend sympathische Helden und Identifikationsfiguren, die ehrbaren Gesellschaftsmitglieder als vorurteilsbehaftete Rassisten und Gewalttäter. Ganz gewiss kein allzu einfach zu entzerrendes Sujet für einen vordergründig an oberflächlicher Spannung interessierten Reißer.

9/10

Ted Kotcheff Norman Jewison Menschenjagd


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SHOOT OUT (Henry Hathaway/USA 1971)


"Why did you come back?" - "Damned if I know."

Shoot Out (Abrechnung in Gun Hill) ~ USA 1971
Directed By: Henry Hathaway

Bevor der soeben aus dem Gefängnis entlassene Clay Lomax (Gregory Peck) seine schwelenden Rachegelüste an Sam Foley (James Gregory), jenem Mann, der ihn einst bei einem Banküberfall in den Rücken geschossen und den Behörden überlassen hat, um die Beute allein einzustreichen, abarbeiten kann, bekommt er noch ein kleines Mädchen aufs Auge gedrückt. Ob die kesse Decky (Dawn Lyn) wirklich seine Tochter ist, wird Lomax wohl nie erfahren, denn ihre Mutter hat bereits aufgrund ihres losen Lebensstils das Zeitliche segnen müssen. Jeder, dem Lomax Decky anvertrauen will, winkt ab - also bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich auf der Reise nach Gun Hill, wo Foley schon auf ihn wartet, selbst des kleinen Herzchens anzunehmen. Zeitgleich sind jedoch noch drei von Foley engagierte Outlaws (Robert F. Lyons, Pepe Serna, John Davis Chandler) parallel zu dem ungleichen Paar unterwegs - eine Konfrontation bleibt unausweichlich...

Profikino eines alten Routiniers. "Shoot Out" ist ein Herbstwestern, der den klassischen Westernhelden - mit kompromissloser Agilität von einem ergrauten Gregory Peck verkörpert - vor ungewohnte existenzielle Fragen stellt. Niederlassen und familiär werden oder dem ewigen, träumerischen Ideal des Gunslingers hinterherhecheln. Die nachfolgende Generation kriminellen Abschaums, allen voran der asoziale Bobby Jay Jones (Lyons) belehrt den anfangs noch zielstrebigen Lomax ebenso unbewusst wie zielsicher über seine Pensionierungsoptionen - heute hat das Kriminellsein keinerlei romantische Färbung mehr und noch weniger Stil. Stattdessen muss man sich mit rüpelhaftem Abschaum herumschlagen, der selbst vor der Folter an Kindern nicht zurückschreckt. Umso besser, dass Jones Lomax die eigentliche Drecksarbeit abnimmt und der durch ein ehrliches Duell als Sieger hinterbleibende Held endlich einem gesicherten Gnadenbrot als Patchwork-Familienvater entgegensehen kann. Dass Hathaway damit eine oftmals als solche gescholtene Variation von "True Grit" abgeliefert sein soll, ist barer Humbug. Dass hier zufällig ein alter Recke und ein junges Mädchen aufeinanderstoßen, mag zwar ein augenfälliger Zufall sein, aber es bleibt doch ein Zufall.
Schön!

8/10

Henry Hathaway Rache Herbst New Mexico


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MACKENNA'S GOLD (J. Lee Thompson/USA 1969)


"Ai chihuahua."

Mackenna's Gold ~ USA 1969
Directed By: J. Lee Thompson

Während der Verfolgung einer marodierenden Banditengruppe um den Mexikaner Colorado (Omar Sharif) erschießt Marshal Mackenna den greisen Apachen Prairie Dog (Eduardo Cianelli), der eine alte Karte bei sich trägt, auf der der Weg zum legendären 'Canion del Oro' eingezeichnet ist. Hierbei handelt es sich um ein versteckt liegendes Tal, in dem angeblich tonnenweise Gold zu finden ist. Mackenna verbrennt die Karte nach Prairie Dogs tot, nicht ohne sie sich vorher einzuprägen. Als Colorado davon erfährt, überwältigt er Mackenna und zwingt ihn, ihm den Weg zum Tal des Goldes zu zeigen. Eine Bürgerabordnung des Städtchens Hadleyburg, bestehend aus durchweg gierigen Probanden, schließt sich ihnen an, derweil eine Kavallerie-Abordnung unter Sergeant Tibbs (Telly Savalas) die Verfolgung der Gruppe aufnimmt.

Ein seltsamer Western, den Thompson da hergestellt hat, trotz der prächtigen Schauplätze hässlich und trotz der gloriosen Besetzung armselig wirkend. Zumindest einige der visuellen Punkte lassen sich jedoch nachträglich aufklären: Geplant als bombastisches Super-Panavision-70-Spektakel von knapp drei Stunden Laufzeit und mit Ouverture und Intermission, bekam die Columbia angesichts des sich regenden New Hollywood kalte Füße, kürzte an vielen Stellen und ließ ausgerechnet diverse Landschsaftsszenen und Totalen als Sparmaßnahme auf 35mm drehen und später künstlich aufblasen. Das Ergebnis darf in formaler Hinsicht getrost als katastrophal bezeichnet werden.
Im Bestreben, eine Parabel über menschliche Gier und den sich ihrzufolge verändernden Charakter zu liefern, scheitert "Mackenna's Gold" in geradezu bombastischer Weise. So hat es gleich zu Beginn ein verirrtes "Targets"-Zitat, dargebracht von einem faktisch gänzlich redundanten Off-Erzähler (Victor Jory), etliche, peinlich schlechte Rückprojektionen bei Reiter-Closeups und einige miese Effekte mehr, die manchmal danach aussehen, als könne sich Thompson nicht ganz zwischen Western und Katastrophenfilm entscheiden. Das alles liest sich jetzt, als handle es sich bei "Mackenna's Gold" um einen furchtbar bescheidenen und rundum gescheiterten Film, doch auch das ist er nicht. Immer wieder hat es inmitten all der Konfusion lichte Momente von majestätischer Stilsicherheit, die ganz verschiedene Rückschlüsse zulassen auf das, was hinter den Kulissen falsch gelaufen sein könnte. Da gibt es die Szene, in der Edward G. Robinson als erblindeter Abenteurer seine Erlebnisse vom Goldtal erzählt, nachdem die übrigen Hadleyburg-Senioren (man lese und staune: Eli Wallach, Raymond Massey, Lee J. Cobb, Burgess Meredith und Anthony Quayle) eingeführt wurden, eine frivole Badeszene mit Julie Newmar oder die von geradezu eklektizistischem understatement getragenen Auftritte des dem Goldfieber verfallenen Telly Savalas. So stellt "Mackenna's Gold" am Ende trotz all seiner Schwächen für aufgeschlossene Genrefreunde noch immer eine bereichernde Erfahrung dar.

6/10

J. Lee Thompson Parabel Gold Indianer Arizona Kidnapping Militär





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