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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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PIRATES OF THE CARRIBEAN: ON STRANGER TIDES (Rob Marshall/USA 2011)


"Did everyone see that? Because I will not be doing it again."

Pirates Of The Carribean: On Stranger Tides (Pirates Of The Caribbean - Fremde Gezeiten) ~ USA 2011
Directed By: Rob Marshall

Kurz nachdem Jack Sparrow (Johnny Depp) mittels einer grandiosen Eulenspiegelei das Volk von England um seine eigene Hinrichtung und die seines alten Freundes Gibbs (Kevin McNally) gebracht hat, findet er sich auch schon in seinem nächsten Abenteuer: Diesmal suchen gleich mehrere Parteien, darunter die spanische Armada, eine Delegation König Georges II (Richard Griffiths) der Royal Navy unter Sparrows altem Konkurrenten Barbossa (Geoffrey Rush) sowie der sinistre Voodoo-Magier und Piratenkapitän Edward "Blackbeard" Teach (Ian McShane) die "Quelle des Ewigen Lebens", einen in der Karibik befindlichen Jungbrunnen, der mittels eines komplizierten Rituals die Lebenszeit eines Individuums auf ein anderes übertragen kann. Dazu bedarf es unter anderem jedoch der Träne einer Meerjungfrau, und eine solche ist nicht eben einfach zu bekommen...

Mochte ich durchaus, diesen neuerlichen Aufguss von Disneys "Pirates"-Reihe, wenngleich es erwartungsgemäß wenig Neues zu entdecken gibt und der Größenwahn der letzten beiden Filme sich zugunsten etwas moderaterer Meeresschrecken wieder ein wenig gelegt zu haben scheint. Diese Entwicklung hin zur Bodenständigkeit indes kam mir sogar recht positiv vor, da die Reihe ja bereits drohte, sich von ihren an sich liebenswerten Seeräuber-Wurzeln zu irgendeiner x-beliebigen Fantasy-Reihe im Korsarengewand zu entwickeln.
Für den wie immer triumphalen Johnny Depp dürfte die Darstellung des linkischen Captain Sparrow mittlerweile zwar ein reiner Routine-Job sein; nichtsdestotrotz aber zählt sie noch immer zu seinen schönsten Rollen. Warum, das macht auch der vierte Teil des Franchise wieder sehr transparent: Wenn Sparrow seine stets angetrunken wirkenden, tuckigen Manöver vollzieht und mit leicht meschuggenem Gesichtsausdruck die jüngsten, gefährlichen Entwicklungen rund um seine Person quittiert, dann ist immer noch herzliches Lachen ambach und es wird vor allem eines ganz untrüglich deutlich: Ohne die Gauklerkünste eines Johnny Depp keine Disney-Piratennummern, mit Depp aber immer wieder gern.

7/10

Piraten Rob Marshall Jack Sparrow London Karibik period piece Meerjungfrauen Sequel


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DIE INSEL DER BLUTIGEN PLANTAGE (Kurt Raab/BRD, PH 1983)


"Tja. Dann ist das wohl so."

Die Insel der blutigen Plantage ~ BRD/PH 1983
Directed By: Kurt Raab

Der böse Otto Globocnik (Karl-Otto Alberty) unterhält auf einer kleinen Philippinen-Insel eine Mini-Diktatur: Einheimische Frauen müssen auf einer Kokosnussplantage allerlei sinnlosen Tätigkeiten nachgehen. Werden sie bei irgendwelchen Regelübertretungen erwischt, drohen ihnen u.U. Folter oder gar Exekution. Als Globocniks Aufseher Hartmann (Udo Kier) sich in Cora (Karen Lopez), eine der Sklavinnen, verkuckt, werden seine Kollegen (Kurt Raab, Mike Monty, Hans Zander) alsbald misstrauisch und Globocniks Frau missbraucht Hartmann als persönlichen Sexsklaven. Irgendwann wagen die Philippininnen dann den Aufstand und Hartmann und Cora können einer glücklichen gemeinsamen Zukunft entgegensehen.

Fassbinders koksverseuchte Überreste waren noch nicht ganz kalt, da taten sich einige seiner früheren Weggefährten zusammen, um einen vorsätzlichen Schundfilm rauszuhauen, der gehörig Kasse machen sollte, um der produzierenden Luxor Film von Peter Kern und Kurt Raab wiederum Gelder für die Produktion sperrigen Autorenkinos einzutragen. Ob und inwieweit jener Plan aufgegangen ist, weiß ich nicht, was ich aber weiß, ist, dass "Die Insel der blutigen Plantage" ein mustergültiges Exempel lupenreinen Schwachsinns im Exploitationfach ist, so drogen- und alkoholgeschwängert und von völliger mentaler Maßlosigkeit beseelt, dass es schwer in Worte zu fassen ist. Das Ding lässt sich bestenfalls noch mit den beiden Anders-Vehikeln "Die Brut des Bösen" und "Todesgöttin des Liebescamps" vergleichen, wobei die Analogien zu letzterem sowie recht augenfällig sind. Dass hier allerdings einige gestandene Feuilleton-Lieblinge die Sau raus lassen, macht Raabs Film dann doch wieder zu was nachhaltig Besonderem. Zu berichten gibt's sonst, dass es eigentlich nicht viel zu berichten gibt - im Vergleich zu anderen Exloitation-Vehikeln der Sorte Exotischer Eiland-Despotismus nebst Zwangsfron hält sich "Insel" relativ zurück. Hier und da ein Tittenpaar, ansonsten eine eklige Spinnenszene mit unangenehmen Folgen - das war's auch schon. Die eigentliche Schau bieten Udo Kier, der permanent geistlos dreinschaut, als würde er sich existenzielle Fragen stellen "Was zur Hölle mache ich hier bloß?", Mike Monty in seiner besten Rolle, bevor er endgültig in die Niederungen italienischer B- und C-Action abtauchte, Kurt Raab als tuckiger Inselimpresario, der sich später nur noch als 'Tiberius' anreden lässt und die gute Barbara Valentin, die als "Blutige Olga" noch am Meisten Vergnügen an der Sache zu finden schien. Ach, und dann ist da noch der brillante Titelsong von Jürgen Marcus, "Island Of The Bloody Plantation". Kein Witz, der heißt wirklich so.

5/10

Philippinen Europloitation Kurt Raab Peter Kern Trash Insel W.I.P.


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RETURN TO PARADISE (Mark Robson/USA 1953)


"Okay. Who's gonna help me rebuild satan's nest?"

Return To Paradise (Rückkehr ins Paradies) ~ USA 1953
Directed By: Mark Robson

Gegen Ende der Zwanziger landet der Aussteiger Morgan (Gary Cooper) auf einem kleinen polynesischen Eiland westlich von Hawaii. Außer den Eingeborenen lebt dort noch der erzpuritanische Pater Corbett (Barry Jones), der über sein missionarisches Regiment etwas dem Despotismus verfallen ist. Nachdem Morgan Corbett wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt hat, gilt er für die Insulaner als ihr neuer "König". Mit der schönen Maeva (Roberta Haynes) erwartet Morgan bald ein Baby, doch seine Geliebte stirbt noch im Kindbett. Traurig verlässt Morgan die Insel und kehrt erst viele Jahre später, als die USA und Japan im Krieg stehen, zurück. Als Morgans mittlerweile erwachsene Tochter Tuira (Moira MacDonald) mit einem auf der Insel gestrandeten Air-Force-Piloten (John Hudson) anbandelt, bekennt er sich erstmals zu seinen väterlichen Pflichten.

Kein Klassiker, sondern ein kleines, oftmals übersehenes Inseldrama, das von Freud und Leid des Aussteigertums berichtet. Morgan ist zwar ein Michener-Held, könnte so ähnlich aber auch der Feder Hemingways entsprungen sein - ein kerniger Amerikaner, mit harter Schale und umso weicherem Kern; weltlich-patenter Praktiker mit Herz und Faust am jeweils rechten Fleck sowie eherner Agnostiker. Eine erstklassige Rolle für den späten Cooper, dessen "Gesichtszüge", ein gar vortreffliches (und vor allem glänzend zutreffendes) Godard-Zitat betreffs Manns "Man Of The West", "ins Reich der Mineralogie gehören". So ist denn der Konflikt mit dem zu Beginn noch psychisch irrlichternden Pater Corbett (ebenfalls grandios: Barry Jones), der sich später zu einem Sympahieträger entwickelt, das eigentliche Herz des Films. Die zeitlich abgetrennte Geschichte, in der Morgan zurückkehrt, um endlich sesshaft zu werden und seiner leicht wildwüchsigen Tochter der längst benötigte Vater zu sein, markiert da eher einen - wenn auch angenehmen - langgezogenen Epilog. Immerhin; ein Mann muss inneren Frieden finden und Morgan bekommt den seinen glücklicherweise von Robson spendiert.

7/10

WWII Insel Aussteiger Mark Robson Südpazifik James Michener


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THE PHILADELPHIA EXPERIMENT (Stewart Raffill/USA 1984)


"What the hell are you dressed like that for?"

The Philadelphia Experiment ~ USA 1984
Directed By: Stewart Raffill

Im Jahre 1943 wird der Navy-Kreuzer "USS Eldridge" für eine Experiment zur Radarunterwanderung benutzt. Das Schiff stürzt jedoch in ein Zeitloch, das ins Jahr 1984 führt. Hier landen die beiden Infanteristen David Herdeg (Michael Paré) und Jim Parker (Bobby Di Cicco), die nicht schlecht staunen über das, was ihnen passiert ist und was sich in den letzten vierzig Jahren so verändert hat. Während Jim von der Raum-Zeit-Anomalie zurückgerissen wird, erweist es sich als Davids Aufgabe, mithilfe der Schauspielerin Allison (Nancy Allen) dafür zu sorgen, dass der Tunnel sich wieder schließt und die Welt somit gerettet ist.

Knackig-schnörkelloses Sci-Fi-Kino, wie man es aus den Achtzigern gewohnt ist: Mit wenigen, dafür pointierten F/X, einer konzentrierten Inszenierung und ohne großen Schnickschnack haut Raffill uns seine Geschichte um die Ohren, verwendet wenig Zeit für Erläuterungen oder physikalisches Brimborium und stellt das Publikum kurzerhand vor die gegebenen Fakten: Held/Heldin/Zeitreise/Welt in Gefahr. Fertig, Punkt. Dass David Herdeg sich auch einiges an Stress hätte sparen können, wenn er nicht permanent vor den Militärs geflüchtet, sondern gleich mit ihnen gekommen wäre, lässt sich einem immerhin halbwegs logischen Script-Kniff zuzuschreiben. Ansonsten hält "Philadelphia Experiment" einen gut bei der Stange und ist nach wie vor ein rundum sympathisches Genrestück, das immer wieder für eineinhalb schöne Stündchen gut ist. Außerdem ist dies der erste Film mit dem "Häh? Reagan ist Präsident???"-Gag. "Back To The Future" hat da nur nachgezogen.

7/10

WWII Stewart Raffill John Carpenter Zeitreise Schiff Experiment Militär


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THE DEERSLAYER (Kurt Neumann/USA 1957)


"Well, all Indians are superstitious."

The Deerslayer (Lederstrumpf: Der Wildtöter) ~ USA 1957
Directed By: Kurt Neumann

Zu Zeiten des Englisch-französischen Krieges gerät auch der Kampf der Siedler gegen die Ostküsten-Stämme der nordamerikanischen Indianer zu einem erbitterten Nebenschauplatz: Die Huronen, Delawaren, Mohikaner, Irokesen und Mingos gehen erbarmungslos gegen die weiße Landnahme vor, was dazu führt, dass die Skalpjägerei auf der Seite der Weißen zu einem gesetlich legitimierten, einträglichen Geschäft wird. Inmitten dieser Scharmützel treffen die Blutsbrüder Wildtöter (Lex Barker) und der Mohikanerhäuptling Chingachcook (Carlos Rivas) auf den fanatischen alten Skalpjäger Hutter (Jay C. Flippen), seine beiden Töchter Hetty (Rita Moreno) und Judith (Cathy O'Donnell), sowie seinen Geschäftspartner Harry March (Forrest Tucker). Die Mingos sind hinter Hutters Skalps her und Wildtöter und Chingachcook beschützen ihn nach Kräften vor den grausamen Indianern, wenngleich sie mit seiner Vorgehensweise alles andere als einverstanden sind.

Ausnahmsweise ein reiner Erfahrungsbericht: Die jüngst auf DVD erschienene, mir vorliegende Fassung von "The Deerslayer" zu beurteilen, erweist sich als praktisch unmöglich, da sie keinesfalls den von Neumann inszenierten Integralschnitt beinhaltet, sondern eine im Deutschland der Sechziger ummontierte "Spezialversion". Diese entstand, um Lex Barker, der als Natty Bumpoo im Grunde nichts anderes als eine Vorstudie zu seinem Old Shatterhand gibt, vor dem Hintergrund der May-Filme von Rialto und CCC eine zusätzliche Erfolgsplattform im deutschen Kino zu verschaffen. 1965 wurde der Film, erleichtert um einige Skalpier-Sequenzen und stattdessen "angereichert" mit einigen im Grunde völlig unpassenden Actionszenen aus Ernst Hofbauers "Die schwarzen Adler von Santa Fé", von den Münchenern neu synchronisiert (u.a. mit Barkers jetzigem Stammsprecher G.G. Hoffmann) und mit typischer "Euro-Musik" von Gert Wilden ausgestattet, wiederaufgeführt, um die wachsende Zahl May-Fans in die Kinos zu holen. Aus diesem Umstand heraus erfolgt wohl auch die Nennung des mysteriösen Zweitregisseurs "Clinf Reinard", dessen reale Existenz ich für fraglich halte. Erwartungsgemäß ist infolge all dieser Modifikationen vom Original wenig übrig geblieben und wenngleich die Ummontierung durchaus sorgfältig gelungen ist, so bleibt sie doch eine künstlerisch überaus fragwürdige Angelegenheit, die retrospektiv bestenfalls eine sekundäre Vergleichsfunktion erfüllen kann. Natürlich ist es rein basal betrachtet nicht nur völliger Blödsinn, sondern darüber hinaus eine handfeste Unverschämtheit, die von Cooper vor dem historischen Hintergrund des Siebenjährigen Krieges angesiedelten "Lederstrumpf"-Geschichten um handelsübliche Wildwest-Sequenzen mit Planwagen und Militärforts zu ergänzen, die sich, laut Off-Erzähler-Weissagung, zudem im Osten des Landes befinden sollen, dabei jedoch ganz offensichtlich den Westen darstellen, und dem gutwilligen Zuschauer somit eine blamable Halbbildung zu unterstellen. Ebendiese Version, die wie erwähnt kaum mehr als ein nationales, filmhistorisches Kuriosum markiert, befindet sich jedoch, in immerhin schöner Qualität, als einzige auf der DVD. Von Neumanns ursprünglicher Fassung ist weit und breit nichts zu sehen und die Anschaffung des Silberlings damit höchstens für Komplettisten zuzuraten. Bleibt zu hoffen, dass uns irgendwann auch die Integralversion mit originaler Synchro zugänglich gemacht werden kann.

period piece Kurt Neumann Lederstrumpf J.F. Cooper French-/Indian War Siebenjähriger Krieg


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JASON AND THE ARGONAUTS (Don Chaffey/UK, USA 1963


"So that the gods may know them, and men may know themselves."

Jason And The Argonauts (Jason und die Argonauten) ~ UK/USA 1963
Directed By: Don Chaffey

Nachdem der Eroberer Pelias (Douglas Wilmer) sich den Thron von Thessalien unter den Nagel gerissen hat, fürchtet er sich vor der ihm prophezeiten Rache durch den geflohenen Königssohn Jason (Todd Armstrong). Als dieser nach einem Schicksalswink der Göttin Hera (Honor Blackman) Pelias das Leben rettet, gelingt es ihm, den unliebsamen Konkurrenten auf die Suche nach dem sagenumwobenen Goldenen Vlies und somit ans andere Ende der Welt zu schicken. Zusammen mit einer Besatzung aus heldenhaften Recken, dem Schiff Argo und der Unterstützung Heras gelingt Jason unter größten Entbehrungen schließlich das Unmögliche: Er findet das Vlies in Kolchis und jagt es mithilfe der Hohepriesterin Medea (Nancy Kovack) dem boshaften König Aietes (Jack Gwillim) ab.

Hiermit endet der Film und erspart uns die diversen, monsterlosen Ränke, die die Original-Sage noch für Neugierige bereithält. "Jason And The Argonauts" beinhaltet eine fast noch formvollendetere Trickpalette, als sie Ray Harryhausen bereits in "The 7th Voyage Of Sinbad" aufgefahren hatte. Der riesige Bronzegott Talos und dessen Animation gehört mit Sicherheit zu den absoluten Sahnestücken des Stop-Motion-Meisters, ferner lassen sich zwei sadistische Harpyen, die neunköpfige Hydra sowie eine kleine Skelett-Armee bewundern - allesamt echte Wunder aus Harryhausens Schatzruhe. Der dem Meeresgott Poseidon gewidmete Projektionstrick fällt demgegenüber eher ab, obschon auch dieser recht nett anzusehen ist.
Dem Vernehmen nach ist "Jason" Harryhausens persönlicher Lieblingsfilm unter all jenen, die er mit seinem Effektezauber zu bereichern wusste. Der Fairness halber sollte man diesbezüglich natürlich nicht anzuführen vergessen, dass selbst der größte Trickmagier kaum imstande ist, einem Film sein Unsterbliches einzubläuen. Dafür sind dann doch mehrere Faktoren nebst ihrer Verkettung verantwortlich. Andererseits passt wohl nur wenig scheinbar Eklektisches so hervorragend unter einen Deckel wie die altgriechische Sagenwelt und waschechte Stop-Motion-Monstrositäten.

9/10

Don Chaffey Ray Harryhausen Griechische Mythologie Monster Götter Olymp


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THE 7TH VOYAGE OF SINBAD (Nathan Juran/USA 1958)


"I shall try."

The 7th Voyage Of Sinbad (Sindbads 7. Reise) ~ USA 1958
Directed By: Nathan Juran

Von einer seiner Fahrten bringt Sindbad (Kerwin Mathews) den Magier Sokurah (Torin Thatcher), den er auf der Insel Colossa vor dem Angriff eines Zyklopen gerettet hat, mit heim nach Bagdad. Sokurahs einziger Wunsch besteht darin, nach Colossa zurückzukehren, um dort die Zyklopen zu vernichten, die sein Schloss bedrohen und vor allem um eine magische Wunderlampe zu sichern. Als Sindbad ihm diesen Wunsch abschlägt, schrumpft der durchtriebene Sokurah Prinzessin Parisa (Kathryn Grant), die Verlobte des Seefahrers, auf Däumelinchengröße. Parisas aufgebrachter Vater (Alfred Brown) droht Bagdad mit Krieg, sollte seine Tochter nicht schnellstens wieder in ihren normalen Zustand zurückverwandelt werden. Sindbad gestattet Sokurah also dessen Wunsch, eidieweil es eines nur auf Colossa erhältlichen Stücks Eierschale des Vogels Roch bedarf, um das Antidot für Parisa zu brauen.

Ein klassisches Stück Kino, für das Superlativen gemacht scheinen: Hollywoods schönster Sindbad-Film, Nathan Jurans Hauptwerk, Ray Harryhausens formvollendetste Arbeit. Freilich war das Stop-Motion-Genie Harryhausen die treibende kreative Kraft hinter dem Projekt, bei dem es sich folglich vornehmlich darum drehte, des Meisters Schöpfungen auf die Leinwand zu bannen. So sind in "The 7th Voyage" denn auch einige der liebenswertesten und berühmtesten Figuren Harryhausens vertreten: eine tanzende Schlangenfrau, ein fechtendes Skelett, der doppelköpfige Vogel Roch und sein Küken, das fechtende Skelett, der feuerspeiende Drache und natürlich die mehrfach auftretenden Zyklopen. All diesen Schöpfungen hauchte der Animateur in minutiöser Kleinstarbeit verblüffendes Leben ein. "The 7th Voyage" anzuschauen besitzt somit ein ganz ähnliches Flair, wie einem von seinem Steckenpferd besessenen Modellbauer bei der Arbeit zuzuschauen. Was den Film letztlich über die meisten anderen Arbeiten erhebt, die mit Harryhausens Kunst kokettieren durften, ist sein herzlicher inhaltlicher Kontext. Der reizende Film wirkt eben nicht bloß wie eine Alibivehikel für Spezialeffekte; Visualität und Inhalt finden vielmehr zu einer beispielhaften Symbiose und ergänzen sich wechselseitig perfekt. Mein Herz schlug übrigens schon immer für Torin Thatcher, der ja gar nicht so böse ist, wie gern behauptet wird. Diverse Male fragt er ganz höflich, ob ihn nicht jemand heim zu seiner Insel bringen kann und als die muslimische Engstirnigkeit des Kalifen (Alec Mango) an ihre schmal gestreckten Grenzen getrieben wird, begegnet man ihm mit Drohung und Rauswurf. Schöne Herrschaften, denen gehört's gegeben. Dass der am Ende etwas nachtragende Kahlkopf dann von seinem Wachdrachen plattgewalzt wird, hat er sich allerdings selbst zuzuschreiben.
Ein echter Charmebolzen ist dieser Film, den man fast schon lieben muss, zumal seiner Drehorte (die Alhambra bei Granada, Mallorca) wegen und weil darin ein Fluss aus Wein lustig durchs Gelände plätschert.

10/10

Nathan Juran Ray Harryhausen Sindbad 1001 Nacht Monster period piece Märchen


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TROLLJEGEREN (NO 2010/André Øvredal)


Zitat entfällt.

Trolljegeren (Trollhunter) ~ NO 2010
Directed By: André Øvredal

Die drei Studierenden Thomas (Glenn Erland Tosterud), Kalle (Thomas Alf Larsen) und Johanna (Johanna Mørck) wollen den vermeintlichen Bärenwilderer Hans (Otto Jespersen) bei der Verrichtung seiner seltsamen Tätigkeit filmen. Der ihnen zunächst unwirsch begegnende, alternde Haudegen erlaubt ihnen jedoch schließlich, seine tatsächliche Arbeit zu dokuentieren: Hans ist ein staatlich geprüfter und im streng geheimen Auftrage der norwegischen Regierung tätiger Trolljäger. Von den teils gigantische Größe erreichenden Kreaturen, die seit Jahrtausenden in der undurchdringlichen Berg- und Waldwelt des Landes hausen, weiß die Öffentlichkeit nichts, weil sie in streng abgesteckten Revieren fernab jeder Zivilisation leben und jeder doch mal ausgebrochene Proband umgehend von Hans liquidiert wird. Eventuelle Übergriffe der Trolle werden als Untaten von Bären oder Unwetterfolgen deklariert. Doch die Trolle umgeben noch einige weitere, unerwartete Geheimnisse.

Jeder Rollenspieler und Fantasyfreund wird und muss mit "Trolljegeren" einen feuchten Kindheitstraum wahr werden sehen, schließlich bekleiden die unfreundlichen Gesellen speziell in der nordischen Sagenwelt seit jeher eine Schlüsselrolle. Für den noch relativ unbeschlagenen Filmemacher André Øvredal, der für die Umsetzung seiner Geschichte die in jüngerer Zeit relativ beliebte und keineswegs mehr innovative Form des 'embedded filming' wählte, also die Kamera selbst zum entscheidenden Inhaltssubjekt deklarierte und damit ein weiteres 'found footage piece' aufs Publikum losließ, war es wohl unerlässlich, der Mär um die Trolle einen einerseits ökologischen und andererseits verschwörerischen Subtext zuzudichten. Warum auch nicht, denn einerseits bedarf ein Monsterfilm der (zuminest impliziten) Sensation und sollte andererseits, wenn er sich schon nicht dem Horrorgenre zugehörig fühlt, Sympathie für seine zotteligen Titelfiguren evozieren können. "Trolljegeren" versichert uns nämlich, neben der mir nicht ganz einleuchten wollenden Tatsache, dass die Viecher gläubige Christen wittern können, dass die haarigen Jungs und Mädels durchaus nette Patrone sind, so sie nicht gerade unter der just grassierenden Tollwut leiden. Wirkliche Angst braucht man eigentlich bloß vor der, wie immer in ökologisch wertvollen Spielfilmgleichnissen, wahren Bedrohung der durchtriebenen Menschen, hier: der Regierung zu haben, in Øvredals Film personifiziert durch den unangenehm glatten Beamten Haugen (Hans Morten Hansen). Die Trolle haben nämlich einen mindestens ebenso festen Platz im Naturgefüge wie das Menschengeschlecht und somit Achtung und Respekt verdient. "Trolljegeren" erscheint also als ein durchaus versöhnlicher Film, nett, freundlich und in fast jeder Hinsicht gut zu seinem Publikum.

7/10

Monster André Øvredal Norwegen embedded filming Road Movie Verschwörung Trolle


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OUTCAST OF THE ISLANDS (Carol Reed/UK 1951)


"Swine! Swine!"

Outcast Of The Islands (Der Verdammte der Inseln) ~ UK 1951
Directed By: Carol Reed

Nachdem sein früherer Schützling Willems (Trevor Howard) wegen Veruntreuung von Unternehmensgeldern in Singapur inoffiziell zur persona non grata erklärt geworden ist, entschließt sich der Seebär und Wirtschaftsmonopolist Captain Lingard (Ralph Richardson), ihm eine weitere Chance zu geben und Willems als Kompagnon seines Schwiegersohns Almayer (Robert Morley) an seinem Handelsposten im indonesischen Dschungel einzusetzen. Jener Handelsposten kann Lingard allein wegen seiner strategisch geschickten Lage - auf dem Seefahrtsweg kann er nur von höchst geschickten Nautikern angesteuert werden - halten. Als Willems sich in die eingeborene Häuptlingstochter Aissa (Kerima) verliebt und ihr hoffnungslos verfällt, ist es um Lingards Handelsstation geschehen...

Vortreffliches Kolonialabenteuer nach Joseph Conrad, das einmal mehr das Motiv des westlich-stämmigen Dschungelkönigs und dessen langfristiges Scheitern in sein Zentrum stellt. Stark zivilisationskritisch und mit manchen, zwischen reißerisch und bizarr pendelnden Episoden erzählt Reed, ein wiederum auch bei ihm häufig wiederkehrendes Motiv, die Geschichte eines skrupellosen Opportunisten, dem sein eigenes Wohl bereits instinktiv über alles andere geht und der jedwede Sozialisation beiseite drängt, wenn es um die Befriedigung seiner Bedürfnisse geht. Geld und Gut, Erotik und Leidenschaft und dann ersteinmal ganz lange gar nichts markieren die existenziellen Statuten im Leben des Peter Willems, dem keine noch so herbe Erfahrung Vernunft einbläuen kann. Wie einem Alkoholiker oder Drogensüchtigen, so Captain Lingards bittere Erkenntnis, ist Willems einzig und allein damit geholfen, ihn fallenzulassen und mit den Trümmern seiner Schandtaten zu konfrontieren.
Ganz besonders Trevor Howard und Robert Morley in einer wie üblich höchst exzentrischen Darbietung sind für jeden Freund exzellenten Filmschauspiels unverzichtbar!

9/10

Carol Reed Joseph Conrad Singapur Indonesien Kolonialismus


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MAD DOG MORGAN (Philippe Mora/AU 1976)


"What a beautiful day today."

Mad Dog Morgan ~ AU 1976
Directed By: Philippe Mora

Victoria, 1854: Der Goldsucher Daniel Morgan (Dennis Hopper) wird Zeuge eines brutalen, rassistisch motivierten Überfalls auf eine chinesische Opiumhöhle, verübt infolge polizeilicher Willkür. Hernach wird er selbst zum Räuber, in der Folge jedoch geschnappt und für viele Jahre in ein Arbeitslager gesteckt, das er wegen guter Führung vorzeitig verlassen darf. Frustriert von der staatlichen Arroganz setzt Morgan seinen vormals eingeschlagenen Kurs fort, tut sich mit dem Halb-Aborigine Billy (David Gulpilil) zusammen und beginnt im Hinterland von New South Wales ein mehrjähriges Outlaw-Dasein. Als er später, von Billy getrennt, die Grenze zurück nach Victoria übertritt, kann die ihn bereits lange suchende Polizei stellen und erschießen.

Einer der wichtigsten australischen Filme der siebziger Jahre, die das Erstarken des hier im Entstehen begriffenen, neuen lokalen Kinos förderte und begünstigte. Der schillernde Charakter des Daniel Morgan, seines Zeichens Alkoholiker, Gewaltverbrecher und freiheitsliebender, obrigkeitsfeindlicher Anarchist, scheint wie geschaffen für Dennis Hopper, der zu dieser Zeit selbst etwas den Boden unter den Füßen verloren hatte und das zuweilen stark in irrationale geistige Gefilde abdriftende Vorbild somit perfekt verköpern konnte. "Mad Dog Morgan", der Film, ist ähnlich wie "Walkabout" und "Picnic At Hanging Rock" auch eine Meditation über die urwüchsige Natur des Kontinents; Mora schwelgt und schwebt mittels langer Einstellungen durch die uns Europäern höchst befremdlich erscheinende Landschaft, verharrt gern vor ovalen Felsen und bunten Blumenwiesen und schneidet seinen Protagonisten dazwischen wie ein in der Wildnis aufgegangenes Rumpelstilzchen, das, dem Suff ergeben, gern auch mal die Kanonen sprechen lässt. Dem der Commonwealth-Autorität ohnehin stark abgeneigten Landvolk ist Morgan eine Art republikanischer Antiheld, ein Art verjüngter Cromwell, der allerdings von vornherein bloß zur Mythenbildung taugt: Australien ist schlicht zu weitläufig, heiß und verträumt, um hier offensiv Revolution zu machen. Umso besser für das geneigte Publikum, das sich somit ganz entspannt in "Mad Dog Moras" Meisterstück fallen lassen kann.

9/10

Alkohol Biopic Philippe Mora Historie period piece Australien





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Funxton

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