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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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AGNES OF GOD (Norman Jewison/USA 1985)


"I feel as I've eaten glass!"

Agnes Of God (Agnes - Engel im Feuer) ~ USA 1985
Directed By: Norman Jewison

Die junge Nonne Agnes (Meg Tilly) hat in einem Kloster in der Nähe von Montreal ein Baby zur Welt gebracht, das daraufhin erdrosselt in einem Mülleimer in ihrem Zimmer gefunden wird. Nun gilt es für die Staatsanwaltschaft zu klären, wer an dem Tod des Säuglings die Schuld trägt und ob Agnes gegebenenfalls überhaupt schuldfähig ist. Dem soll die Gerichtspsychologin Martha Livingston (Jane Fonda) nachspüren, indem sie Agnes vor Ort befragt. Die junge Nonne stellt sich als eine völlig weltentlehnte Frau dar, die in ihrer Kindheit offenbar Schlimmes erlebt hat und glaubt, göttliche isionen zu empfangen. Von der Oberin Mutter Miriam Ruth (Anne Bancroft), einer durchaus liebenswerten Frau, werden Martha derweil immer wieder Steine in den Weg gerollt bei ihren Versuchen, Agnes' Vertrauen zu erwerben und ihr so näherzukommen. Dennoch warten zwei dringliche Fragen auf ihre Lösung: Wer ist der Vater des toten Babys und wer sein Mörder?

Norman Jewison geht über die Distanz seines Films ganz mit seiner von einer großartigen Jane Fonda gespielten Protagonisten einher: von der fest in der säkularen Welt verhafteten Zynikerin, die vor langer Zeit aufgrund persönlicher Erfahrungen mit der Institution Kirche abgeschlossen hat, verwandelt sich Martha Livingston aufgrund ihrer Bekannt- und Freundschaft zu den zwei ungleichen Nonnen Agnes und Mutter Ruth in eine Frau, die zumindest akzeptiert, dass spirituelle Geisteshaltungen mit zum Weltgeschehen gehören, vielleicht sogar gehören müssen. Zu Beginn des Films antizipiert man natürlich, wie in "Kirchenthrillern" üblich, eine skandalöse Enthüllung gegen Ende, eine erschütternde Auflösung, die das alte Klischee vom machtmissbrauchenden, geistlichen Oberhaupt füttert. Darauf jedoch verzichtet "Agnes Of God" wohlweislich wie ebenfalls glücklicherweise darauf, überhaupt irgendeine tendenziöse Richtung vorzugeben. Freilich wird die Kette rauchende Martha Livingston nie selbst eine Heilige werden; dazu hat sie auch zuviel erlebt; aber auch für sie bedeutet das Verfahren um die verwirrte Agnes eine große Lebenslektion: Sie lernt, Andersdenkendes, andersgläubiges in seiner möglicherweise sogar notwendigen Koexistenz zu respektieren.

7/10

Norman Jewison Montreal Kloster Nonnen Freundschaft Psychiatrie based on play Mutter & Tochter


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DER FLUCH (Ralf Huettner/AU, BRD 1988)


"Mama, wo gehen eigentlich die toten Kinder hin?"

Der Fluch ~ AU/BRD 1988
Directed By: Ralf Huettner

Ein verhängnisvoller Ausflug ins Gebirge: Zusammen mit ihren Eltern (Dominic Raacke, Barbrara May) begeht die kleine Melanie (Romina Nowack) einen zwecks Kurzwanderung geplanten Trip in die nahegelegenen Vor-Alpen. Doch mit Beginn der Ankunft im kleinen Kurort Silberhorn beginnt Melanie, sich seltsam zu verhalten: Sie verdreht Wegweiser und lässt nach dem Besuch einer einsamen Bergkapelle die Wanderkarte verschwinden. Man verläuft sich und ist zur Übernachtung in einer abgelegenen Hütte gezwungen, in deren Nähe Melanie eine halbgefrorene Mädchenleiche entdeckt. Drei weitere Mädchen wandern in der Ferne singend im Mondlicht auf dem Berg herum. Um die seltsamen Vorkommnisse zu entschlüsseln, bleibt Vater Rolf in der Gegend und unterhält sich mit dem Ortshistoriker (Gerd Lohmeyer). Dieser berichtet von vier vor rund 130 Jahren von ihren Eltern verpfändeten Mädchen, für deren "Tausch" in der Gegend Silber gefunden wurde, dass die Leute in der Gegend zwar reich, aber unglücklich zurückließ. Und heuer sieht es so aus, als forderten die Seelen jener kindlichen Opfer von einst ihren Tribut...

Ralf Huettners poetischen Horrorfilm, ein Kleinod der deutschen Kinolandschaft, habe ich zum ersten und bis dato letzten Mal bim Zuge einer gefühlte Ewigkeiten zurückliegenden TV-Ausstrahlung gesehen. Ich erinnere mich noch, dass der Film ganz normal im Abendprogramm lief und am nächsten Tag Gesprächsthema Nummer 1 in der Schule war - die ungewohnt grauselige Stimmung, die schließlich in einer kleinen Prophezeiungs-Apokalypse mündet und sich damit überaus böse auflöst, hatte uns Blagen insgeheim mehr mitgenommen als jeder hin und her getauschte Video Nasty. Ich habe mich an "Der Fluch" im Laufe der Jahrzehnte mehr oder weniger regelmäßig immer wieder erinnert und bin jetzt endlich dazu gekommen, ihn mir wieder anzuschauen. Man ist ja nun um einige rezeptorische Erfahrungen reicher, doch die Faszination, die Huettner damals bei mir ausgelöst hatte, konnte erfreulicherweise (in modifizierter Form selbstverständlich) mühelos reaktiviert werden. "Der Fluch" hält sich so weit als möglich streng an die Erlebens-Perspektive der achtjährigen Melanie, die bei einem Schulfreund zwar gewohnheitsmäßig harte Horror-Videos schaut, in deren Welt die realis um Tod und Sterben jedoch noch Begriffe von höchster Abstraktion sind. Nur selten wechselt Huettner den Blickwinkel, etwa, wenn er zu einer offenbar medial begabten, halbwahnsinnigen Frau (Ortrud Beginnen) schaltet, die mit Melanie am Abend vor ihrer Reise einen kleinen Verkehrsunfall hat und die unweigerliche Todesdetermination des Kindes erkennt, oder zum Vater, der dem Geheimnis um die gesichteten Geistermädchen nachspürt. Dass sich am Ende alles zu einem schauerlichen Gesamtbild fügt, in dem der titelgebende "Fluch", Rache, Katastrophe, Erfüllung, Schicksalhaftigkeit und auch Erlösung zu einer beunruhigend sinnstiftenden Conclusio geführt werden, vollendet diesen mit offensichtlichen und doch wirkungsvollsten Mitteln gefertigten Mini-Klassiker.
Baldige DVD-Veröffentlichung unumgänglich.

9/10

Ralf Huettner Alpen Fluch Kinder Geister Berg


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NE LE DIS À PERSONNE (Guillaume Canet/F 2006)


Zitat entfällt.

Ne Le Dis À Personne (Kein Sterbenswort) ~ F 2006
Directed By: Guillaume Canet

Acht Jahre nachdem Margot (Marie-Josée Croze), die Frau des Kinderarztes Alexandre Beck (François Clouzet), von einem Serienkiller ermordet wurde, tauchen in der Nähe des Tatorts zwei verscharrte, männliche Leichen auf. Der Fall um Margots Tod wird polizeilich neu aufgerollt und Alexandre selbst gerät ins Fadenkreuz der Ermittlungen. Bald gibt es weitere Tote, die mit dem Ehepaar Beck in Verbindung standen oder stehen und Alexandre erhält merkwürdige E-Mails, die eindeutige Hinweise enthalten, dass Margot gar nicht tot ist. Der dem Verzweifeln nahe, vermeintliche Witwer stochert in der trüben Vergangenheit und fördert eine komplexe Verschwörungsgeschichte zu Tage, deren Opfer Margot und er dereinst wurden.

Dieser sehr an die aktuelleren Skandinavien-Krimis erinnernde Thriller bietet ein wohlfeiles Häppchen für an geradliniger Genrekost interessierte Zuschauer, bleibt darüber hinaus jedoch vergleichsweise trivial. Diverses Personal wird in die narrative Waagschale geworfen; um den Überblick zu behalten, erfordert der Film primäre Konzentration betreffs seiner Story-Entwicklung, was ihm zukommt, da seine konventionelle Gestaltung so zwangsläufig zur Nebensache wird. "Ne Le Dis À Personne" säumt sich dann mit einer Erzählzeit von gut zwei Stunden, spart zunächst an Enthüllungen und setzt auf Vermutung und Suggestion, nur um auf die breit ausgewalzte Erläuterung mitsamt etlichen Querverweisen dann noch einen weiteren Twist folgen zu lassen. Diese Überfrachtung wirkte auf mich in erster Linie selbsträsonistisch und dem Film als Gesamtwerk wenig zweckdienlich. Dass François Clouzet auf geradezu unheimliche Weise und nicht nur aufgrund seiner Physiognomie an Dustin Hoffman erinnert, dafür kann er ja nun nichts, aber auf der Suche nach Gründen dafür, warum Canets ansonsten durchaus sauber inszeniertes Werk mich nur mäßig befriedigt zurückgelassen hat, stieß ich auch auf diesen, natürlich gänzlich persönlich gefärbten Störfaktor. Der Subplot um die harten Ghettoboys, die den aufgeschmissenen Akademiker wegen einer alten Schuld aus der Scheiße ziehen, hat natürlich auch einen elend langen, grauen Bart. Wer seinen regelmäßigen "Tatort" Sonntag Abends nicht verpassen und sich auch noch ein habes Stündchen länger den Arsch breitz sitzen mag, sollte einen Blick riskieren.
Für Kinofreunde, die vielleicht etwas Aufregenderes möchten als bebilderte Kriminalliteratur, bleibt "Ne Le Dis À Personne" eher redundant.

6/10

Guillaume Canet Verschwörung Harlan Coben Ehe Flucht


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L'ORRIBILE SEGRETO DEL DR. HICHCOCK (Riccardo Freda/I 1962)


Zitat entfällt.

L'Orribile Segreto Del Dr. Hichcock ~ I 1962
Directed By: Riccardo Freda

London, in den frühen 1880er Jahren: Der renommierte Chirurg Professor Bernard Hichcock (Robert Flemyng) hat ein süchtig machendes Anästhetikum entwickelt, das er allabendlich seiner Frau Margherita (Maria Teresa Vianello) verabreicht. Nach einer Überdosis der Droge stirbt Margherita. Der frustrierte Professor reist ins Ausland und kehrt zwölf Jahre später mit seiner neuen Gattin Cynthia (Barbara Steele) nach Hichcock Manor zurück. Cynthia fühlt sich gleich in der ersten Nacht im Anwesen ihres Gatten höchst unwohl; Schreie und Stöhnen durchdringen das Gemäuer und Margheritas Gemälde hängt wie ein dräuendes Schreckgebilde im Arbeitszimmer des Professors. Die ältliche Haushälterin Martha (Harriet Medin) behauptet, das Wehklagen sei auf ihre verrückte Schwester zurückzuführen, die sie während der Abwesenheit des Professors gepflegt und nunmehr in ein Heim abgeschoben habe, doch weder hören die nächtlichen Geräusche auf, noch erweist sich eine auf dem Grunde des Hauses umherirrende Frauengestalt als blanke Einbildung. Lebt Margherita möglicherweise doch noch...?

Wie das italienische Genrekino formal weit über Inhalte triumphierte, lässt sich besonders schön anhand zweier Meisterwerke in Technicolor eruieren: Mario Bavas "Operazione Paura" und der noch vier Jahre zuvor entstandene "L'Orribile Segreto Del Dr. Hichcock" sind perfekte Beispiele für erlesene Regisseurskunst, für suggestive Atmosphäre und, ganz profan, für klassischen gothic horror. Begrenzt auf sehr eingeschränkte monetäre Mittel macht Freda das Beste aus dem ihm zur Verfügung Stehenden und sogar noch mehr: Wallende Nebel, haulende Winde und klappernde Fensterläden; eine brillante Nutzung eingeschränkter Raumkonstruktionen, exquisite Einfärbung und meisterhafte Kadrierung, rondellförmig aufgebaut um die gothic queen Barbara Steele, die hier ausnahmsweise einmal als durchweg unschuldiges Opfer auftritt. Nicht ganz perfekt geht Freda zu Werke - "Dr. Hichcock" bleibt noch immer B-Kino - wenn etwa vor einer Londoner Villa plötzlich Palmengewächse auftauchen oder einzelne narrative Wendungen sich nur unbefriedigend erläutert finden. Dass sich der Film ferner und infolge seines Titels erwartungsgemäß als große Hitchcock-Hommage begreift, raubt ihm zudem einiges an inhaltlicher Originalität. Das Kerbholz der "Einflüsse" reicht von "Rebecca" über "Suspicion" und "Under Capricorn" (also im Grunde sämtliche Hitchcock-Filme über potenziell dissoziative Ehekonstrukte) bis, in subtilerem Maße, hin zu "Vertigo" und "Psycho", in denen postmortale, obsessive Hirngespinste die Oberhand ergreifen. Wenngleich es sich damit zu arrangieren gilt, könnte die Belohnung größer kaum sein: Fredas womöglich bester Film bildet einen unverzichtbaren Markstein seiner Gattung.

9/10

Riccardo Freda Victorian Age Arzt Ehe Madness


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THE NESTING (Armand Weston/USA 1981)


"You're free to leave!"

The Nesting ~ USA 1981
Directed By: Armand Weston

Die New Yorker Autorin Lauren Cochran (Robin Groves) leidet unter einer agoraphobischen Störung, der sie entgegenwirken will, indem sie für einige Zeit in de Provinz zieht. Lauren mietet sich in ein sie gleich bei der ersten Besichtigung vereinnahmenden, achteckigen Landhaus ein, um dort ihren neuesten Roman zu schreiben. Schon bald befällt sie jedoch das Gefühl, dass es in dem dem alten Colonel LeBrun (John Carradine) gehörenden Haus umgeht: Merkwürdige Träume, Visionen und Flashbacks in vergangene Zeiten bemächtigen sich ihrer und bald gibt es höchst seltsame Todesfälle zu beklagen. Daniel (Michael David Lally), der just heimgekehrte Enkel des Colonels, betreibt Nachforschungen über die Vergangenheit des Hauses und findet bald höchst Obskures heraus...

Einer der vielen um diese Zeit entstandenen Spukhaus- und Geisterfilme, der sich betreffs der Kreierung von Atmosphäre und Mysterium relativ nahtlos in das Gros der Welle einfügt. Durch seine Liebäugeleien mit exploitativen Elementen und einige seltsame dramaturgische Kapriolen verschafft "The Nesting" sich dann aber doch ein unikales Element: Bei dem Spukhaus handelt es sich nämlich um ein ehemaliges Bordell, in dem zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs vornehmlich G.I.s auf Heimaturlaub "verkehrten" und das durch ein ungesühntes Verbrechen verflucht ist. Die damals per Auftrag von einem örtlichen Hillbilly-Trio in wildem Blutrausch erschossenen Huren (die Puffmutter wird von einer seltsam wenig gealterten Gloria Grahame gespielt) bemächtigen sich Lauren als willkürlichem Rache-Medium und geben, nachdem sie ihre Vergeltung gehabt haben, auch schon wieder Ruhe. Westons Film schließt daraufhin höchst wichtigtuerisch mit Bach, lässt einige offene Fragen kurzerhand unbeantwortet und darf sich durch sein chaotisches, selbstsicheres Auftreten sicher sein, beim Zuschauer zumindest zwei bis drei Widerhaken hinterlassen zu haben. Mission erfüllt.

6/10

Armand Weston Spuk Haus Geister Standesdünkel Rache


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WOLFCOP (Lowell Dean/USA 2014)


"Could you once again report what happened?" - "Yeah. It was a big fuckin' wolf."

WolfCop ~ USA 2014
Directed By: Lowell Dean

Der versoffene Kleinstadt-Cop Lou Garou (Leo Fafard) wacht eines morgens und ohne Erinnerung an die Nacht zuvor mit einem großen, eingeritzten Pentagramm auf der Brust auf. Bei Aufzug von Vollmond und Sonnenfinsternis verwandelt sich Lou schon in der nächsten Nacht um Punkt 10 p.m. in einen Werwolf. Mithilfe des durchgeknallten Waffenladenbesitzers Willie (Jonathan Cherry) hebt der im lykanthropen Zustand noch immer bei Bewusstsein befindliche daraufhin erstmal das örtliche Nest von Crystal-Meth-Rockern aus und pimpt sein Polizeiauto zum Wolfsmobil auf. Doch sein Zustand kommt nicht von ungefähr: Das Provinznest wird nämlich schon seit Jahrhunderten unerkannt von einer echsenhaften Gestaltwandler-Sippe beherrscht, die alle 32 Jahre frisches Werwolfsblut benötigt um ihren Fortbestand zu sichern...

Ein liebenswertes kleines Fun-Splatter-Flick von Fans für Fans, gut sichtbar mit durchweg handgemachten, nostalgieverhafteten Latexeffekten ausgestattet, manchmal etwas über-albern, doch in der Regel durchaus cool, lässig und gewitzt. Der kreative Kopf hinter "WolfCop", Lowell Dean, hat dabei vor allem seine Hausaufgaben betreffs adäquater Genre-Verwurzelung bravourös erledigt: Aus diversen Gattungsbeiträgen der letzten Jahrzehnte finden sich kleine und große hints, von der "Howling"-Reihe über "Teen Wolf" bis hin zu "Full Eclipse". Der bereits präventiv als Serienheld angelegte Antiheld Lou Garou (eine Texttafel am Schluss verkündet groß: "WolfCop will return in 2015") macht in seiner origin dabei eine katapultartige Entwicklung vom versoffenen Dümmling hin zum haarigen Supermann durch, der üble kriminelle und/oder paranormale Elemente wahlweise anpisst, unter Pistolenfeuer nimmt, oder gleich um teils lebenswichtige Gliedmaßen erleichtert. Eine comiceske Figur, wie geschaffen für weitere Abenteuer. Nun, solange diese weiterhin so amüsant eingestielt sind, bin ich gern dabei.

6/10

Lowell Dean Independent Splatter Groteske Werwolf Monster Hommage Trash


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ALL CHEERLEADERS DIE (Lucky McKee, Chris Sivertson/USA 2013)


"Bitches go!"

All Cheerleaders Die ~ USA 2013
Directed By:: Lucky McKee/Chris Sivertson

Das hat sich die High-School-Elevin Maddie (Caitlin Stasey) anders vorgestellt: was als großangelegte Racheaktion an dem hiesigen Football-Ass Terrie (Tom Williamson) geplant war, ewtwickelt sich nämlich nunmehr zu einem veritablen Horrortrip! Maddies ursprüngliche Idee sieht vor, sich in die oberflächiche, von Maddie eigentlich höchst gering geschätzte Cheerleader-Clique der 'Bitches' einzuschleichen, um auf diese Weise Terrys Freundin Tracy (Brooke Butler) gegen ihn aufzuhetzen. Doch ehe sie es sich versieht, stirbt Maddie zusammen mit Brooke und zwei weiteren Mädels einen durch Terry forcierten Unfalltod. Nicht jedoch für lang, denn die Maddie anhimmelnde Teenagerhexe Leena (Sianoa Smit-McPhee) entwickelt das Quartett mittels magischer Juwelen wieder zum Leben. Die Zombie-Cheerleader benötigen allerdings stets frisches Blut, um ihren Verfallsprozess aufzuhalten, wovon bald auch Terry Wind bekommt. Dieser hätte die Wundersteinchen gern allesamt für sich selbst...

Nach seinem bösen Meisterwerk "The Woman" machte sich Lucky McKee zusammen mit seinem Kollegen Chris Sivertson an dieses von mir wieder als deutlich rückschrittig empfundene Remake ihres eigenen Low-Budget-Films von 2001. Aufgrund dessen schwieriger Verfügbarkeitslage kann ich mir kein kompaktes Bild dazu machen, welchen Sinn und welche künstlerische Räson jener Neuverfilmungsansatz haben mag - am naheliegendsten erscheint mir, dass McKee und Sivertson es wohl als eine Art Schuldigkeit gegenüber sich selbst erachteten, mit höherem Etat, frischem Wind und Kinoeinsatz eine Revision ihres Debüts vorlegen wollten. Bei diesem handelt es sich jedenfalls um eine nicht unbedingt originelle High-School-Splatter-Stoner-Comedy Marke "Idle Hands", die mit viel groteskem, um nicht zu sagen: bekifftem Humor angereichert ist und die typischen Themen jener Filme von der dem amerikanischen Schulsystem immanenten Cliquenhierarchisierung bis hin zur Sexualitätsfindung streift. Hinzu kommt ein nicht allzu überbordender Voyeurismus, der vor allem den knackigen Hauptdarstellerinnen frönt, ein wenig Liebäugelei mit Comic- und Superhelden-Mythen und fertig. Da die Endtitel den Zusatz "Part 1" tragen, dürften Fortsetzungen um das schlussendlich noch romantisch verwobene Paar Maddie/Leena zum festen Plan gehören. Ob diese allerdings tatsächlich sein müssen, würde ich zum jetzigen Zeitpunkt mal dahin gestellt lassen. McKee kann's in jedem Fall auch besser.

6/10

Lucky McKee Chris Sivertson Remake Zombies Schule Teenager Freundschaft Splatter


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THE WOODS (Lucky McKee/USA, UK, D 2006)


"Got it, fire-crotch?"

The Woods ~ USA/UK/D 2006
Directed By: Lucky McKee

Im Frühling 1965 kommt die von ihren Eltern (Bruce Campbell, Emma Campbell) als überaus renitent wahrgenommene Heather Fasulo (Agnes Bruckner) in das abgelegene, renommierte Mädchen-Internat Falburn. Gleich nach ihrer Ankunft fühlt sich Heather dort unwohl. Ihre Mitschülerinnen sind spleenig bis aggressiv, das Kollegium inklusive der Schulleiterin Ms. Traverse (Patricia Clarkson) ein zugeknöpftes Altdamen-Kränzchen. Bald beginnt Heather, Stimmen aus den die Schule umgebenden Wäldern zu hören, sie hat merkwürdige Visionen und Mitschülerinnen verschwinden aus ihren Betten, wobei sie nurmehr einen Haufen welkes Laub hinterlassen. Falburn ist von einem mysteriösen Geheimnis umgeben und es ist an Heather, dieses zu lüften.

Young girls in serious trouble - das scheint mir - keine wirklich sensationelle Enttdeckung - Lucky McKees Leib- und Magen-Thema zu sein, wenn man die vorzügliche, in Kooperation mit Trygve Allister Diesen entstanden Ketchum-Adaption "Red" einmal außen vor lässt. Nach "May" begibt sich McKee erneut in die Untiefen juveniler, übersinnlich begabter Mädchen-Psychen auf den Spuren von "Suspiria" und besonders "Phenomena", wobei Heathers Charakter, McKee-intern betrachtet, eher am diametralen Befindlichkeits-Spektralende zu verorten wäre im Vergleich etwa zu der einsamen May. Heather Fasulo kommt eher aus der rebellischen Pubertätsecke, spielt nur zu gern buchstäblich mit dem Feuer und lässt sich von niemandem bevormunden. Dass sie in dem sie in Falburn umgebenden Erwachsenenpersonal gleich ein paar uralte Waldgeister ausfindig machen muss, die es nach jungfräulichem, spiritistisch starken Mädchenseelen gelüstet, passt als Ausgangslage für ein ungewöhnliches Duell progressiv vs. konservativ nur allzu trefflich. So ist natürlich auch "The Woods" mit seinem subtilen Humorlametta metaphorisch zu lesen, als Liebeserklärung an jedweden hinterfragenden, kritischen und unangepassten Nachwuchs im Spiegel verkrusteter Autoritätsstrukturen.

7/10

Lucky McKee Wald Internat period piece Dämonen


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LE MOINE (Adonis Kyrou/F, I, BRD 1972)


"In nomine Patris et Filii, et Spiritus Sancti."

Le Moine (Der Mönch und die Frauen) ~ F/I/BRD 1972
Directed By: Adonis Kyrou

Vater Ambrosio (Franco Nero) gilt als besonders eherner, geschulter und aufrechter Kirchenvertreter, dessen Messen ihre Zuhörer regelmäßig in höchste Verzückung versetzen. So gottesfürchtig er sich gibt, so unerbittlich ist er in der Einhaltung kirchlicher Richtlinien: Die unfällig schwangere, ihn um Hilfe ersuchende Nonne Agnes (Elisabeth Wiener) aus dem Nachbarkonvent lässt Ambrosio rigoros bestrafen. Derweil gibt sich der junge Novize Rosario (Nathalie Delon) als Frau namens Matilda zu erkennen, die sich nach Ambrosio verzehrt und daher seine Nähe sucht. Eine unheilige Affäre beginnt, an der Ambrosio bald wieder das Interesse verliert, als er die minderjährige Antonia (Eliana De Santis) kennenlernt. Er will das Mädchen um jeden Preis besitzen und nimmt dafür sogar die schwarzen Künste, in denen Matilda bewandert ist, als Hilfsmittel. Doch sein folgender Annäherungsversuch endet mit Mord und Flucht. Ambrosio verliert jedwedes Zutrauen seiner vormaligen Gefolgsleute und findet letzte Zuflucht bei dem völlig dekadenten Duke von Talamur (Nicol Williamson), der Ambrosio bei der Inquisition denunziert. Deren Ankündigung, Ambrosio für seine Sünden büßen zu lassen, schlagen fehl: Seine mittlerweile geknüpften Verbindungen zur Unterwelt sorgen dafür, dass Ambrosio heilig gesprochen wird.

Nachdem Luis Buñuels Interesse an einer Filmadaption von Matthew Lewis' klassischem schauerromantischen Roman infolge mangelnder Finanzierungsmöglichkeiten abgeebbt war, bediente sich sein Freund und Kollege Adonis Kyrou Buñuels Scripts und machte daraus eine eigene Filmversion. Diese liebäugelt mit der damals verbreiteten Nunsploitation-Welle und dem sonstigen via historische Stoffe kommuniziertem Camp jener Kinojahre, schafft jedoch zugleich etwas Unikales. Die ersten zwei Drittel von "Le Moine" bewegen sich, allerdings unter Auslassung zahlreicher Nebenfiguren und Handlungsstränge, relativ dicht am Romankern - ein sich unbefleckt gottesfürchtig wähnender Kirchenmann scheitert an der sich ihm offenbarenden Versuchung, gibt sein Zölibat auf und verfällt darüber hinaus noch sehr viel fürchterlicheren Sündenpfuhlen. Die stark ironisch konnotierte Figur des Duke von Talamur hingegen, die im weiteren Verlauf als komplette Negierung jedweder moralischer Werte eine zunehmend gewichtige Rolle einnimmt, wird hinzugedichtet. Talamur adoptiert -freiwillig und unfreiwillig - kleine Mädchen aus der Umgebung und lässt sie für sich arbeiten, derweil er sich manchmal auch eines von ihnen als Ragout zum Abendessen servieren lässt. Bei diesem Satan in Menschengestalt haust nicht nur Matilda als regelmäßiger Gast - auch für den tief gefallenen Ambrosio bewahrt er ein Plätzchen, da hier eine Art Seelenverwandter gefunden scheint. Doch währt diese junge Freundschaft auch nicht weiter als die Fangarme der Inquisition reichen, wobei deren weltlicher Machtumfang mittlerweile nicht mehr zu Ambrosios unvorstellbarer Fallhöhe hinabreichen. Da erreicht "Le Moine" dann seinen satirischen Höhepunkt: Der einst der Verdammnis zusprechende Sünder tritt als moderner Papst auf den Petersplatz hinaus und begrüßt seine ihm zujubelnden Schäfchen.
Im Roman gestaltet sich das Ende noch um Einiges versöhnlicher und konventioneller: In inquisitorischer Haft verscherbelt der angsterfüllte Ambrosio seine Seele endgültig dem Satan und muss dann in langer Qual, den Körper zerschmettert, sein Leben einsam in einer Schlucht aushauchen, derweil zwei durch die Ereignisse gezeichnete, junge Paare in den Ehehafen einfahren dürfen. Buñuels streitbare Conclusio gefällt mir da sogar wesentlich besser.

8/10

Adonis Kyrou Luis Buñuel Matthew Lewis Inquisition period piece Madness


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THE BEAST WITH FIVE FINGERS (Robert Florey/USA 1946)


"Your mental balance is equal to mine, but don't consider that a tribute to your sanity."

The Beast With Five Fingers (Die Bestie mit den fünf Fingern) ~ USA 1946
Directed By: Robert Florey

Der in einem norditalienischen Städtchen wohnhafte, alternde Starpianist Francis Ingram (Victor Francen) kann seit einem Schlaganfall nurmehr die linke Hand bewegen. Dies tut seinem impressiven Reichtum jedoch keinen Abbruch. Um sich herum hat Ingram ein exklusives kleines Klübchen versammelt: Seine von ihm heißgeliebte Pflegerin Julie (Andrea King), den charmanten Trickbetrüger Conrad Ryler (Robert Alda), der Ingram spezielle Stücke für einhändiges Spiel schreibt, den zwielichtigen Notar Duprex (David Hoffman) und schließlich den Privatsekretär Hilary Cummins (Peter Lorre), einen überaus exzentrischen Zeitgenossen. Als Ingram eines Nachts die Treppe seines Hauses herabstürzt und stirbt, stellt sich die Frage nach seiner beträchtlichen Erbschaft. Diese gedenkt das kurz zuvor abgefasste Testament der überraschten Julie zu, doch die eilends herbeigereisten Vater (Charles Dingle) und Sohn Arlington (John Alvin), Vettern Ingrams, sind da ganz anderer Ansicht. Bald schon gibt es im Haus den ersten Toten. Und alles deutet darauf hin, dass Ingrams Hand sich selbstständig gemacht hat und nun auf Rachefeldzug geht...

Ein gepflegt aus der Rolle fallender, kleiner Genrefilm des vielbeschäftigten B-Filmers Robert Florey. Dieser hatte mit dem ebenfalls mit Peter Lorre besetzten "The Face Behind The Mask" wohl bereits sein mutmaßliches Meisterwerk abgeliefert, doch auch "The Beast With Five Fingers" hält sich recht stabil. Weder handelt es sich bei diesem um ein eindeutiges Werk der Gattung Horror, noch mag man ihn vollends dem Krimi-Genre zurechnen. Schmunzelnder Humor begleitet "The Beast" über weite Strecken wie ein alter Freund und löst seine ansonsten betont gotische Atmosphäre ein wenig ab. Kern und Herstück des Films ist erwartungsgemäß der irre mit den großen Augen rollende Lorre, dem man in seiner Rolle als eher nebenbei tätiger Sekretär und hauptsächlicher Astronom in einer Melange aus Sypathie und Befremdung zugetan ist. Zwar wird von Anfang an kein Hehl daraus gemacht, dass Hilary Cummins nicht mehr alle Nadeln an der Fichte hat, doch welch Irrsinn sich wirklich hinter seiner zuweilen kraus gezogenen Stirn verbirgt, dessen wird man erst zum Ende hin gewahr, nachdem man bereits bereit war, mit ihm an das Übernatürliche zu glauben. Hierin liegt dann auch ein außergewöhnlicher Kniff Floreys: Er macht die (im Übrigen sehr gut getricksten) Wahnvorstellungen Cummins' ohne weitere Erläuterungen zu objektiven Zuschauereindrücken, eine für die damalige Zeit noch recht unerhörte Praxis. Am Ende darf J. Carrol Naish, der zuvor alös emsiger Commissario zu ermitteln hatte, noch einen lustigen Finalgag aufbereiten. Damit fällt dann auch das letzte bisschen präservierter Grusel von dem Film ab. Schadet ihm trotzdem nichts.

8/10

Robert Florey Curt Siodmak Italien Kleinstadt Hand Madness period piece





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Funxton

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