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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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LA GRANDE VADROUILLE (Gérard Oury/F, UK 1966)


Zitat entfällt.

La Grande Vadrouille (Drei Bruchpiloten in Paris) ~ F/UK 1966
Directed By: Gérard Oury

Im Zweiten Weltkrieg: Eine Maschine der Royal Air Force verirrt sich im kontinentalen Nebel und geht kurz hinter dem besetzten Paris zu Boden. Die drei Piloten Reginald (Terry-Thomas), MacIntosh (Mike Marshall) und Cunningham (Claudio Brook) können sich retten, ziehen jedoch die unbescholtenen Bürger Bouvet (Bourvil), einen Malermeister, sowie den Operndirigenten Lefort (Louis de Funès) in den Schlammassel hinein. Dem Quintett bleibt keine andere Wahl, als vor dem übereifrigen Wehrmachtsoffizier Achbach (Benno Sterzenbach) in die Südzone zu fliehen. Dabei sind allerlei Schliche, Verkleidungskünste und vor allem die Unterstützung diverser Résistance-Sympathisanten gefragt.

Eine sympathische, freundliche Komödie, in der herzhaft über den zugekniffenen, postpreußischen Kommisskopp, wie man ihn der Wehrmacht so gern symbolisch andichtet, gelacht werden darf - und soll. Gestapo und SS kommen nur hier und da mal ins Spiel, wobei irgendeine, für den Film zweitrangige "Führungsperson" (Helmuth Schneider) ständig Farbe oder andere Dinge über den Balg geschüttet bekommt. Unter Helm und Hut sind neben Sterzenbach auch Reinhard Kolldehoff und Sieghardt Rupp vertreten. Die primären Stars und Protagonisten aber sind natürlich Bourvil und de Funès, die Laurel und Hardy gleich durch ihre humoristischen Stärken und somit Gegensätze ein ideales Paar abgeben: Bourvil ist der etwas tränige, heulsusige Typ, derweil de Funès wie üblich den opportunistischen Choleriker gibt. Unpassenderweise sind die beiden auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen und schlagen sich mehr schlecht als recht durch die Provinz, stets auf den Witz der drei Tommys oder den anderer, äußerer Hilfskräfte angewiesen, die ihnen Weg und Ordnung weisen. Dass selbstverständlich nicht mit Kanonen, sondern mit reifen Kürbissen und Calvados gegen die Nazis vorgegangen wird, versteht sich in diesem ansonsten überaus braven Spaß von selbst.

8/10

Gérard Oury WWII Paris Frankreich Widerstand Freundschaft Vichy-Frankreich


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NICHT MEIN TAG (Peter Thorwarth/D, NL 2014)


"Mann, do!"

Nicht mein Tag ~ BRD/NL 2014
Directed By: Peter Thorwarth

Der Bankangestellte Till Reiners (Axel Stein) ist eigentlich tiefunglücklich. Für ein angepasstes Leben als Familienvater hat er seinen einstigen großen Traum einer Musikkarriere aufgeben müssen. Die wilden Jugendjahre haben sich in eine geregelte Existenz als Anzugträger verwandelt, mit seiner Frau Miriam (Anna Maria Mühe), die eine Karriere als Handtaschendesignerin anstrebt, reicht sich Till nach der Arbeit die Klinke in die Hand, um tagtäglich daheim auf Sohnemann Nico (Emilian Markgraf) aufpassen zu dürfen.
Das alles ändert sich, als Till dem soeben aus dem Knast entlassenen Kleingangster Nappo (Moritz Bleibtreu) begegnet. Dieser nimmt den zunächst verdutzten Banker im Zuge eines Überfalls als Geisel, ahnt jedoch nicht, dass er sich damit mehr Probleme ins Haus holt als sie gut für ihn sind. Denn als Till nach Jahren wohlweislicher Abstinenz wieder zum Alkohol greift, weil seine Ehekrise ihn schwer frustriert, steht urplötzlich nicht nur Nappos Leben Kopf, sondern auch halb Amsterdam.

Ganze acht Jahre hat man nach "Goldene Zeiten" auf eine neue Regiearbeit Peter Thorwarths warten müssen - nun kann man diese dankbar in Empfang nehmen. Dankbar, weil Thorwarth zu alter Stärke zurückfindet, indem er sich, paradox, paradox, just auf diese besinnt. Eine ganze Menagerie schräger Typen an allen Ecken und Enden bekommt man da präsentiert; diverse Selbstreferenzen, ob in Form von Artefakten wie einem wohlbekannten Dortmunder Nummernschild, oder in personeller Variante (Christian Kahrmann kehrt für einen Gastauftritt als Mark Kampmann zurück, Till Schweiger bekommt einen zumindest schmunzlerischen Cameo) sind Ehrensache. Das Schönste an "Nicht mein Tag" aber ist neuerlich Thorwarths spezielle Brillanz bezüglich der Schauspielerführung: Jede ( r ) der Darsteller und Darstellerinnen gibt eine großartige Vorstellung, die jeweils besonders vergnüglich ist, weil sie ganz viel gestalterischen Freiraum erhält und den Leuten die Möglichkeit gibt, immens viel von sich selbst in ihre Rollen zu legen. Weitere personelle Höhepunkte finden sich erwartungsgemäß in Ralf Richters unverzichtbarer appearance nebst der von seinem Kompagnon Maxwell Richter als "Langer" und "Kurzer" sowie in Axel Steins monumentaler Sauf- und Drogentour durch das Amsterdamer Nachtleben mitsamt anschließender Fluchtfahrt. Hier gibt es massig und herzhaft zu lachen. Daher alles sauber und adrett und daher auch bitte ab jetzt keine acht Jahre Wartezeit mehr bis zum nächsten Werk, werter Herr Thorwarth.

8/10

Peter Thorwarth Buddy Movie Freundschaft Road Movie Amsterdam Kidnapping


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IT'$ ONLY MONEY (Frank Tashlin/USA 1962)


"Let 'em all loose!"

It'$ Only Money (Geld spielt keine Rolle) ~ USA 1962
Directed By: Frank Tashlin

Gern wäre der tolpatschige Fernsehmechaniker Lester March (Jerry Lewis) so ein cooler Privatschnüffler wie sein Lieblingskunde Pete Flint (Jesse White). Als über die Nachrichten bekannt wird, dass der berühmte Erfinder und Multimillionär Albright verstorben ist, sein einst verschollener Sohn als Haupterbe gesucht und für dessen Auffindung eine großzügige Belohnung in Aussicht gestellt wird, fackelt Lester nicht lang und dient sich Flint als Kollege an. Zu diesem Zeitpunkt ahnen beide noch nicht, dass es sich ausgerechnet bei Lester um den gesuchten Millionenknaben handelt. Der raffgierige Notar DeWitt (Zachary Scott) indes weiß längst Bescheid. Und er hat nicht vor, Lester die Penunze zukommen zu lassen...

Zum Zeitpunkt von "It'$ Only Money" waren Lewis und Tashlin längst ein eingespieltes Team, das auf eine ganze Stange gemeinsamer Erfolgsproduktionen zurückblicken konnte (wie zu Beginn ein paar abgerissene, aber gut sichtbar im Bild drapierte Kinoplakate früherer Werke beweisen) - fünf alles in allem, inklusive zweier Filme mit Dean Martin.
Diesen Titel würde ich irgendwo im qualitativen Mittelfeld ihrer Kooperation verorten. Tashlin konnte eine höchstpersönliche, technische Stärke - jene nämlich, VistaVision und Technicolor einzusetzen - leider nicht ausspielen. "It'$ Only Money" wirkt ein wenig wie ein allzu sparsam gehaltenes Abschreibungsobjekt, das zwischengeschoben wurde, um Terminpläne aufzufüllen. Selbstverständlich hat auch dieser Tashlin seine gloriosen Momente - Zachary Scott als schmieriger Popanz und Erbschleicher, der ständig fassungslos zu seiner Zukünftigen Cecilia (Mae Questel), der Schwester des verstorbenen Albright nämlich, hinüberlinst, weil diese schon wieder dämlich Turnübungen vollzieht oder ein Liedchen schmettert, ist ebensolch eine Schau wie sein Hausmörder Jack Weston. Auch Jesse White und wie seine Figur die Klischees des hardboiled genre parodiert, macht sich hervorragend.
Im Grunde passt und fügt sich soweit alles, nur das letzte polish, das ich von Tashlins Filmen üblicherweise gewohnt bin, das vermisse ich hier.

7/10

Jerry Lewis Erbschaft Frank Tashlin Kalifornien


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COTTAGE COUNTRY (Peter Wellington/CA 2013)


"You can't be serious, Toddles."

Cottage Country ~ CA 2013
Directed By: Peter Wellington

Eine wunderbar romantische Woche soll's werden: Todd Chipowski (Tyler Labine) will seiner Freundin Cammie Ryan (Malin Akerman) endlich den langerwarteten Heiratsantrag machen. Dazu fährt man man extra ins romantisch an einem See gelegene Cottage von Todds Eltern (Kenneth Walsh, Nancy Beatty). Doch entern, schockschwerenot, zeitgleich Todds nichtsnutziger Bruder Salinger (Dan Petronijevic) und dessen debile Freundin Marsha (Lucy Punch) das Häuschen und verderben Todd und Cammie sämtliche traute Zweisamkeit. Zudem hat Salinger auch noch seine aus Drogenfreaks bestehende Kumpel-Baggage zu ein paar Partytagen eingeladen. Der zu erwartende Streit zwischen Todd und Salinger eskaliert und endet mit einer Axt in Salingers Hals. Nun muss auch Marsha weg, deren Abgang Cammie übernimmt. Die Leichen werden zerteilt und im See versenkt. Als Salingers Freunde eintreffen, schöpft vor allem der naseweise Dov sogleich (Benjamin Ayres) Verdacht, dass Salingers Ausbleiben kein Zufall sein kann. Ergo muss auch Dov dran glauben. Der Druck der ermittelnden Polizei kitzelt es schließlich aus Todd heraus: Eigentlich hat er Cammie nie geliebt und sich zu stellen ist die letzte Option...

Urkomischer Fun-Splatter, der seine Antriebsrädchen allesamt ganz sicher nicht neu erfindet, sie aber vortrefflich in Gang zu halten weiß. Wellington liefert eine herzhafte Satire gegen verspießbürgerte Establishment-Pärchen, die ihre Individualität und Träume zugunsten gesellschaftlicher Anpassung irgendwann in die Wüste geschickt haben. Im Leben Todd Cipowskis spielt nurmehr zweierlei eine Rolle: Ein guter, erfolgreicher Angestellter zu sein nämlich und die baldige Legalisierung der Beziehung zu seiner überaus vorzeigbaren Freundin Cammie. Cammie indes ist kaum minder verlogen: Als zweifelsohne dominantes Frauenzimmer braucht sie einen bärigen Pantoffelhelden wie Todd, den sie vollends manipulieren und beherrschen kann. Als es dann aus dem armen Todd herausexplodiert, kommt es gleich so richtig dicke: Zu spüren bekommt dies sein komplett diametral befindicher Bruder, ein ungepflegter Bohèmien und Nervensäge aus Überzeugung. Natürlich, das kennt man aus diversem ähnlich gelagerten Kinogut, muss ein einmal begonnener Amoklauf, und sei er auch noch so impulsiv, konsequent weitergeführt werden - Zeugen und Neugiereige verlangen nach Beseitigung. Dass Menschen sich in der Regel nicht so einfach umbringen lassen, müssen nunmehr auch Todd und Cammie feststellen, doch während der Eine sich, wenngleich viel zu spät, besinnt, dreht die Andere erst recht auf. Ein herrlich geschmackloses, böses Ende, das allen Illusionen nebst der unabwendbaren Verlogenheit arrangierter, trauter Zweisamkeit die rote Karte zeigt setzt ein leuchtendes Finish unter diesen überraschend gelungenen, köstlichen Film.

8/10

Peter Wellington Splatter Groteske Familie Brüder


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NEIGHBORS (Nicholas Stoller/USA 2014)


"Let's make a baby!" - "Yes, that will solve all our problems."

Neighbors (Bad Neighbors) ~ USA 2014
Directed By: Nicholas Stoller

Ihre schlimmsten Befürchtungen werden wahr - und noch mehr, als rechts von Mac (Seth Rogen) und Kelly Radner (Rose Byrne) die Studenten-Bruderschaft Delta Psi Beta Quartier bezieht. Jede Nacht exzessive Partys mit allem dazugehörigen Blödsinn, pausenloser Lärm und idiotische Aktionen rauben Mac und Kelly, die zunächst noch versuchen, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, bald Schlaf und Nerven. Und das Schlimmste: Von den Nachbrn, der Dekanin und selbst von der Polizei, die samt und sonders mit den Rabauken zu sympathisieren scheinen, ist keinerlei Hilfe zu erwarten. Also schreitet man höchstselbst zum nachbarschaftlichen Kleinkrieg, was der Delta-Psi-Vorsitzende Teddy (Zac Efron), der ohnehin ein neues Fanal für seinen Traditionsverein im Auge hat, höchst persönlich nimmt...

Viel Unerwartetes offenbart sich einem mit "Neighbors" nicht - das Ding entspricht im Gegenteil ziemlich exakt seinen antizipatorischen Vorgaben. Seth Rogen spielt, was er am Besten beherrscht - nämlich sich selbst, mit zunehmendem Alter weg von dem drogenaffinen Waschbären natürlich in Richtung Spießerschwelle tendierend. Ein bisschen geht es natürlich auch um die Grenzauslotung des hippen Mittdreißigers zwischen wildem Exzess und trautem Heim; welche Institution am Ende auf ganzer Linie die Oberhand gewinnt, muss kaum weiter eruiert werden. Stoller und seine Autoren sind höchst bewandert in der postmodernen Nerd-Kultur und lassen allenthalben entsprechende, generationsbeflissene Gags fahren. Naturgezüchtete Halluzinogene und deren Konsum sorgen für einige gelungene Gags, wie der ganze Film sich recht wacker über die Runden trägt. Mit den großen Kinokomödianten Sandler und Ferrell nebst ihren so wundderbar installierten, filmischen Pararealitäten kann "Neighbors" es jedoch zu keinem Zeitpunkt aufnehmen; dazu ist er, trotz Kondom- und Brustmelkwitzen einfach zu normiert. Außerdem geht mir der musikalische Unterbau dieser Humorgeneration (s. auch "This Is The End") bei aller sonstigen Sympathie fürchterlich auf den Zwirn. Flo Rida, Ke$ha, Jumbo Shrimp, GoodFellaz et al. up yours. Da kann auch ein verballhorntes Ozzy-Intro nix dran ändern, so'n Sound macht mich ganz einfach krank und sauer. Ansonsten aber, wie eben konstatiert, durchaus ganz lustig.

6/10

Nicholas Stoller Vorstadt Nachbarn Los Angeles Duell Drogen


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DIGGSTOWN (Michael Ritchie/USA 1992)


"Is that ten grand or are you just happy to see me?"

Diggstown (Ihr größter Coup) ~ USA 1992
Directed By: Michael Ritchie

Schon im Knast fasst der kurz vor seiner Entlassung stehende Gentleman-Gauner Gabriel Caine (James Woods) den Plan für sein nächstes großes Ding. Er will den Kleinstadtpatriarchen John Gillon (Bruce Dern) ausnehmen, einen ebenso box- wie wettfanatischen Semi-Gangster, der keine Skrupel kennt, um an seine meist unkoscheren Ziele zu gelangen. Zusammen mit seinem in Glücksspielsachen versierten Kumpel Fitz (Oliver Platt) und dem Seniorboxer Honey Roay Palmer (Louis Gossett Jr.) stellt er Gillon folgende Wette: Palmer soll binnen 24 Stunden zehn von Gillons Amateurboxern durch jeweilgen K.O. besiegen. Den Einsatz besorgt sich Caine bei dem Gangsterboss Corsini (Orestes Matacena). Gillon erweist sich jedoch als mit allen Wassern gewaschener Hundsfott, der nötigenfalls auch über Leichen geht, um nur nicht verlieren zu müssen...

Abseits davon, dass Michael Ritchie für sein kleine, eindeutig der Lakonie der Siebziger verpflichtetes Amateurboxer-Ballade eine supertolle Besetzung gewinnen konnte, dem allein bei der Ausübung ihrer Profession zuzuschauen bereits höchst vergnüglich ist, macht "Diggstown" auch sonst viel Freude.Um eine relativ unaufgeregte Underdog-Story handelt es sich dabei; ein paar nette, wenngleich nicht mit unbedingt mit der Legalität verwandte Typen dreht sich das Ganze, die allerdings einen Rest moralischer Integrität und einen unantastbaren privaten Ehrenkodex pflegen und somit zumindest ihr Gegenüber trickreich aus dem Feld schlagen. Daran, dass der Film mit seiner finalen Finte auch eine Hommage an George Roy Hills "The Sting" ist, lässt der spätere Videoauswertungstitel "Midnight Sting" wenig Zweifel: Der clevere Betrüger Gabriel Caine, stolz auf seine Fachkompetenz, hat natürlich selbst dann noch ein Ass im Ärmel, als längst alles verloren scheint. Am Ende hat man nicht nur die eigene Ehre, sondern zugleich noch die diverser anderer, von Gillon gefoppter oder gar schwer hintergangener Mitspieler gerettet.

8/10

Michael Ritchie Kleinstadt Coup Faustkampf Freundschaft Südstaaten


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LE TATOUÉ (Denys de La Patellière/F, I 1968)


Zitat entfällt.

Le Tatoué (Balduin, das Nachtgespenst) ~ F/I 1968
Directed By: Denys de La Patellière

Der gerissene Pariser Kunsthändler und -kenner Félicien Mézeray (Louis de Funès) ist dabei, ein lukratives Geschäft mit zwei Amerikanern (Joe Warfield, Donald J. von Kurtz) abzuschließen, als er bei einem seiner Mündel etwas Unglaubliches entdeckt: Der in Ehren ergraute Fremdenlegionär a.D. Legrain (Jean Gabin) hat auf seinem Rücken eine Originaltätowierung des Künstlers Modigliani. Um seinen Handel etwas ukrativer zu gestalten, bietet er den Yankees auch diese zum Verkauf, allerdings ohne das Einverständnis Legrains. Dieser will erst überredet werden, seine buchstäbliche Haut zu Markte zu tragen und verlangt dafür eine vollständige Restaurierung seines "Landhäuschens" im schönen Périgord. Dieses erweist sich jedoch als marode Burg und Legrain als Graf Enguerand, der auf eine mittelalterliche Adelslinie zurückblickt. Sämtliche Versuche Mézerays und der Amerikaner, den Grafen zu übervorteilen, scheitern an der Ausgebufftheit des Alten.

Jean Gabin als Stichwortgeber für de Funès zu besetzen, erweist sich als ein ebenso funktionaler wie brillanter Einfall: Mit dem etwas knarzigen alten Herrn, einer großen Ikone des französischen Films immerhin, stößt der wiederum in Höchstform befindliche de Funès endlich einmal auf sprichwörtlichen Granit. Sonst im Regelfalle stets eine Nasenlänge im Voraus und Meister der umständlichen Planung zur Durchsetzung seiner nicht immer ganz uneigenützigen Ziele, muss de Funès als Mäzen und Kunstdealer Mézeray hier am Ende klein beigeben - zumindest, was seinen über Umstände gewonnenen, neuen besten Freund, den Grafen Enguerand anbelangt, der den geschäftigen Stressmenschen wie beiläufig zu einem Liebhaber lebenswerter Dinge macht. Mézeray beginnt, gutes Essen, guten Wein und vor allem die knarzigen Eigenheiten des betagten Patrioten zu schätzen - um sich im Gegenzug von seinen Alltagsbelastungen, zu denen "zwanghaftes Telefonieren", Ränkeschmiedereien und vor allem seine entsetzliche Ehefrau (Lynne Chardonnet) zählen, loszusagen. Eine geräumige (Wieder-)Entdeckung der Lebenslust.
Dass das Ganze nicht ohne de Funès übliche Albernheiten und Missgeschicke vonstatten geht, ist Ehrensache. So sind insbesondere die Szenen, in denen er die Amerikaner zum Einkauf seiner Bilder nötigt, von allerbester Typenkomik. Außerdem darf der Gute hier lustvoll mit einer Maschinenpistole herumballern - ein ebenso ungewöhnliches wie vergnügliches Bild.

8/10

Freundschaft Kunst Paris Denys de La Patellière Périgord Frankreich


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GIB GAS - ICH WILL SPASS! (Wolfgang Büld/BRD 1983)


"No, no Pizza. Calamari. Las Akne. Santa Maria di Hubert Kaiser. Markus, Platz!" - "Hä?"

Gib Gas - Ich will Spaß! ~ BRD 1983
Directed By: Wolfgang Büld

Tina (Nena) hat die Nase voll von Schule und Büffeln. Sie verknallt sich in den Schausteller Tino (Enny Gerber), der ihr die große Freiheit verspricht. Doch da ist auch noch der etwas weniger verwegene Klassenkamerad Robby (Markus), den Tina mitsamt seiner Vespa ausnutzt, um Tino durch die Provinz hinterherzujagen. Nach und nach muss Tina dann feststellen, dass es nicht lohnt, in die Ferne zu schweifen, wenn das Gute doch so nah liegt...

Sterben musste sowieso, schneller geht's mit Marlboro: Wolfgang Bülds Filmanalogie zur BRAVO, die anno 83 mindestestens jede eineinhalbste Woche den damaligen Dauerbrenner Nena auf dem Cover hatte, die damals entsprechend monströs bei den Kids einschlug und Beszucherzahlen-Sphären erklomm wie es heute bestenfalls noch stark werbeflankierte US-Animationsfilme für Kinder hinbekommen.
"Gib Gas - Ich will Spaß!", der sich auf den ersten Blick nicht sonderlich von der üblichen deutschen Strunz-Komödie jener Tage abhebt und ganz klar mit dem Serienkonzept der LISA-Film-Konkurrenz liebäugelt, zeichnet dabei ein gar nicht mal unverfälschtes Bild der subkulturell unbeflissenen Jugend dieser Tage, deren ausgestellt phlegmatische Rotzigkeit nicht einmal wenige Parallelen zu den "Zuständen" dreißig Jahre später aufweist. Büld hatte seinerzeit immerhin den Mut, mit den reinen, jedoch schwer angesagten Musikstars Nena und Markus, die jedweder schauspielerischen Ausbildung entbehrten, ein Revival des "Schlagerfilms" aus den Sechzigern als NDW-Musical zu drehen. Eine dankbare Entscheidung, das mit den Laiendarstellern, denn besonders die flippige, aus dem Südpott stammende Nena verleiht, noch in ihrer Prä-"99 Luftballons"-Phase dem Film eine regelrecht dokumentarische Authentizität, indem sie sich anscheinend schlicht selbst spielt. Auch hier ist die weitflächige Verwendung des Originaltons von entscheidender Bedeutung für das tragende Gesamtkonzept (die LISA synchronisierte ja häufig nochmal mit professionellen Sprechern im Studio nach), wobei allerdings zumindest der supporting punk Peter Lengauer in seinen Szenen von Martin Semmelrogge übersprochen wurde.
Es ist insgesamt schon schwer berückend, wie wenig Inhalt der Film transportiert und dabei doch voll ist von lebendigem Zeitkolorit. Und damit auch die Bananenfresser ihr Auskommen haben, gibt's den gloriosen Antiwitzler Karl Dall in multiplen Auftritten. Kleine Taschenlampe, brenn'...

6/10

Wolfgang Büld Musik München Kirmes Road Movie Venedig


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THE LAST OF SHEILA (Herbert Ross/USA 1973)


"Give me a glass of water and a couple of lesbians."

The Last Of Sheila (Sheila) ~ USA 1973
Directed By: Herbert Ross

Der exzentrische Millionär Clinton Green (James Coburn) lädt sechs Freundinnen und Freunde (Richard Benjamin, Joan Hackett, Dyan Cannon, Ian McShane, Raquel Welch, James Mason) aus dem Filmbusiness zu einer kleinen Kreuzfahrt auf seiner Yacht vor der Côte D'Azur ein. Genau ein Jahr zuvor starb Greens geliebte Frau Sheila (Yvonne Romain) bei einem Unfall mit Fahrerflucht. Der Täter konnte nie ermittelt werden. Nun hat der Bootstrip durch die Riviera keinesfalls bloßes Baumelnlassen zum Ziel: Green hat ein Spiel entwickelt, bei dem jeder der Mitfahrenden eine Identitätskarte erhält, die die jeweils anderen entschlüsseln müssen. Bald schon offenbart sich infolge dessen, dass Green einige schmutzige Geheimnisse aus der jeweiligen Vergangenheit der Mitspieler kennt - darunter offenbar auch die Identität des Unfallwagenfahrers...

Eine böse, schwarze Krimikomödie, die Herbert Ross nutzt, um gegen das alte Hollywood und seine verblassende Eitelkeit zu wettern und um ein unerwartet erstklassig siebenköpfiges Ensemble vorzustellen, das, soviel wird rasch klar, sich keiner besonderen Sympathien des Publikums versichern kann. Nicht allein die Art der von Clinton green veräußerten, kleinen und großen biografischen Schnitzer ist es, die einem dieses (inklusive des ewig stichelnden Gastgebers) Septett vergällt - vor allem der Umgang damit beweist, mit welcher Art merkwürdiger Gesellschaft man es zu tun hat. Der unerwartete Mord in der Mitte des Films sorgt dann für eine cleveren Richtungswechsel in der Narration, worauf eine Art christie'sches Auflösungspuzzle erfolgt, ohne Meisterdetektiv freilich, dem wiederum ein Schlenker nachfolgt. Am Ende ist im Grunde alles wie zuvor; es gibt zwei Tote mehr und noch ein paar Möglichkeiten, seine Mitmenschen zu erpressen, dafür scheint sich ein vielversprechendes Filmprojekt anzubahnen - vielleicht jenes, welchem wir gerade beigewohnt haben?
Ebenjene Doppelbödigkeit macht Ross' Film so faszinierend, neben Ross' voller Hinweise steckender Inszenierung, die einem am Ende nochmal unübersehbar vor den Kopf geknallt wird. Eine schönes Exerzitium in Aufmerksamkeit, Konzentration und "richtigem" Hinschauen somit auch.

9/10

Herbert Ross Riviera Film Freundschaft Mittelmeer Reise Ensemblefilm Anthony Perkins


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LE PETIT BAIGNEUR (Robert Dhéry/F, I 1968)


Zitat entfällt.

Le Petit Baigneur (Balduin, der Trockenschwimmer) ~ F/I 1968
Directed By: Robert Dhéry

Castagnier (Robert Dhéry), der Chef-Konstrukteur des Schiffebauers Fourchaume (Louis De Funès), gewinnt mit seinem neuen Segelboot "Kleiner Sausewind" eine Regatta in San Remo. Sofort findet das Bötchen reißenden Absatz bei den anwesenden Werftenchefs. Zurück in Frankreich will Castagnier seinem Chef die frohe Kunde überbringen, dieser jedoch hat wegen eines anderen firmischen Missgeschicks einen cholerischen Anfall und feuert Castagnier mit Pauken und Trompeten. Als Fourchaume dann vom Erfolg des "Kleinen Sausewinds" erfährt, tut er zusammen mit seinem getreuen Frauchen (Andréa Parisy) alles, um Castagnier für die Firma zurückgewinnen. Leider verursacht er mit seinen Schmeicheleien mehr Chaos als alles Andere...

Hübsch hyperaktiver und hübsch typischer Film für De Funès, der einmal mehr in seiner Paraderolle als permanent dem Herzinfarkt nahe, emotional unbeherrschte Kapitalistenkarikatur reüssiert. Dabei sind es wie immer mehr die kleinen, feinen Momente, die zu wahrem Gelächter herausfordern, etwa der, wenn Fourchaume inmitten heilloser Cholerik urplötzlich leise dem seltsam anmutenden (Wohl-)Klang eines Deckels lauscht, der aus einer Kartenrolle gezogen wird und sich dann so daran erfreut, dass er dies gleich mehrfach wiederholen muss. Das ist De Funès par excellence und weniger die späteren, sich zu Tode reitenden Actionszenen mit einem durchdrehenden Traktor oder einem abgetriebenen Außenklosett. Tatsächlich büßt der Film gegen Ende dann doch sehr an Frische und Originalität ein - beschränkt auf begrenzten Raumaktionismus, wie im theatralesken "Oscar", den De Funès allein durch seine physische Präsenz ausfüllt, war der Mann ja sowieso stets am Besten.

6/10

Robert Dhéry Frankreich Geschwister





Filmtagebuch von...

Funxton

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