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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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DIE SÄGE DES TODES (Jess Franco/BRD 1981)


"Mord! Dufte!"

Die Säge des Todes ~ BRD 1981
Directed By: Jess Franco

In einer kleinen, von der eleganten Manuela (Nadja Gerganoff) bewirtschafteten Hotelanlage an der Costa Blanca findet ein Spanisch-Intensivkurs für deutsche Touristen statt. Dort geht jedoch auch ein wahnsinniger Mörder um, der sich für seine ausschließlich weiblichen Opfer besonders unangenehme Todesarten ersinnt. Die Studentin Angela (Olivia Pascal) lebt bald nurmehr in Todesangst, zumal sie keine Ahnung hat, wer denn nun der Schlitzer ist: Der junge Ladykiller Antonio (Peter Exacoustos), der verrückte Gärtner (Otto W. Retzer) mit der Heckenschere, oder vielleicht doch Manuelas geisteskranker, entstellter Bruder Miguel (Alexander Waechter)?

Lustige und vor allem absolut einzigartige Mischung aus Discokomödie und Slasher, von der Münchner LISA unter Wolf C. Hartwig produziert und von Tausendsassa Jess Franco so lustlos wie nur eben möglich inszeniert. Das Script stammt von dem seinerzeit nicht minder vielbeschäftigten Erich Tomek, der hier unter dem flotten Pseudonym "Rayo Casablanca" tätig war, vermutlich, damit ihn niemand prompt mit dieser ziemlich schmuddeligen Episode in Verbindung bringen musste. Irgendwann kommt aber sowieso mal alles raus, Señor Casablanca, wenn auch manchmal mit einiger Verspätung. "Die Säge des Todes" ist natürlich beseelt von lupenreinem Schwachsinn, vollkommen dämlich und unübersichtlich erzählt. Ein paar der auf der Tonspur blubbernden Klänge stammen wohl vom damaligen Synthiegott Frank Duval, der Anfang der Achtziger sogar mit ein paar Singles die Charts anführte. Nicht, dass sie hier dazu taugten, besondere Spannung zu evozieren, aber der Atmosphäre abträglich sind sie ebensowenig. Leider gibt sich Olivia Pascal hier ausnahmsweise sehr zugeknöpft (was wohl überhaupt der Grund war, warum sie die Rolle annahm - einmal nicht blankziehen zu müssen). Das Beste am Film ist freilich LISA-Faktotum Otto W. Retzer, der am Ende nochmal richtig bekloppt kucken und mit der Gartenschere herumfuchteln darf. Ein treffender Kommentar zu der ganzen dullen Chose, die hier serviert wurde.

4/10

Jess Franco Spanien Slasher Splatter Europloitation Trash Lisa-Film


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NIGHTMARE (Romano Scavolini/USA 1981)


"George Tatum isn't dangerous!"

Nightmare ~ USA 1981
Directed By: Romano Scavolini

George Tatum (Baird Stafford), der als Kind (Scott Praetorius) seine Eltern (William Kirksey, Christina Keefe) bei einem abseitigen Liebesakt beobachtet und sie danach als Reaktion seiner Hilflosigkeit mit einer Axt erschlagen hat, sitzt in der geschlossenen Psychiatrie, wo ihn nunmehr die Albträume der Vergangenheit quälen. Während sein Verhaltenstherapeut (Bill Milling) ihn für fähig genug hält, Freigänge anzutreten, ahnt er nicht, dass George insgeheim zugleich ein neuartiges Medikament zugeführt wurde, das seine Psychose oberflächlich beseitigt, zugleich jedoch Georges tief verwurzelte Aggressionen intensiviert. Als George in Freiheit ist, begibt er sich nach einem ihn nur noch mehr verstörenden Streifzug über die 42. Straße nach Florida, wo sein kleiner, ebenfalls mit seltsamen Verhaltensweisen bestückter Sohn C.J. (C.J. Cooke) und dessen Mutter (Sharon Smith) mit ihrer neuen Familie in jenem Haus wohnt, in dem sich schon damals die erste Bluttat zugetragen hat.

"Nightmare", auch bekannt (respektive berüchtigt) als "Nightmare In A Damaged Brain", legte gemeinsam mit William Lustigs "Maniac" einen unverbrauchten Ansatz des sich gerade höchster Beliebtheit erfreuenden Slasherfilm-Genres vor: Die pathologische Perspektive auf das mörderische Innenleben des Killers. Während Lustig jedoch vieles an Interpretationpotenzial dem Zuschauer überließ und seinen Protagonisten Frank Zito mit zumeist nüchternen, bald dokumentarischen Bildern durch das herbstliche Manhattan verfolgte, orientiert sich Scavolini eher an der Konzeption von Carpenters "Halloween", als dessen Plagiat man "Nightmare" böswilligerweise durchaus bezeichnen könnte. Die inhaltlichen Strukturen beider Filme ähneln sich recht stark, wobei Scavolini den eleganten Perfektionismus des überwältigenden Vorbildes bewusst außen vor lässt und stattdessen ungewaschenes, rohes Underground-Kino mit Hang zur Exploitation feilbietet. Dennoch, und das ist das eigentlich Bemerkenswerte an dem in Deutschland nach wie vor beschlagnahmten "Nightmare", vermeidet der Film die in dieser Gattung höchst gefährlichen Untiefen der Selbstzweckhaftigkeit. Trotz seiner drei, vier sehr blutigen Momente ergibt sich die längst legendäre Reputation des Films somit wiederum eher aus der protestgeschwängerten Hilflosigkeit, mit der ihm die Zensoren und Jugendschützer einst fast zwangsläufig begegnen mussten. Es dürfte dem damaligen Publikum recht schwer gefallen sein, sich mit einem so nachhaltig gestörten (und dabei derart intensiv porträtierten) Protagonisten zu arrangieren. Verständliche Wahrnehmung, unverhältnismäßige Reaktion. Man kennt das zur Genüge.

6/10

Romano Scavolini Serienmord Splatter Familie Psychiatrie New York Underground Florida Independent Slasher Exploitation


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HOBO WITH A SHOTGUN (Jason Eisener/CA 2011)


"Welcome to Fucktown!"

Hobo With A Shotgun ~ CA 2011
Directed By: Jason Eisener

Ein Landstreicher (Rutger Hauer), dessen größter Traum darin besteht, einen Rasenmäher zu erwerben um dann ein Miniunternehmen damit zu starten, landet in einer von totaler Anarchie beherrschten Kleinstadt. Hier hat der verrückte Gangsterboss Drake (Brian Downey) das Sagen, der mit seinen nicht minder durchgedrehten Söhnen (Gregory Smith, Nick Bateman) sowie dem kompletten Polizeiapparat als Helfershelfer die Stadt in einem Sumpf aus Blut und Gewalt taucht. Der Landstreicher sieht sich dieses Übel ein paar Stunden lang mit zunehmend besorgtem Blick an, bis er auf die Prostituierte Abby (Molly Dunsworth) trifft, die seinen Beschützerinstinkt weckt. Von nun an ist eine kurzum erworbene Remington-Schrotflinte des Landstreichers ständige Begleiterin - und er macht reichlich Gebrauch von ihr.

Nach "Machete" der zweite auf einem Fake-Trailer des "Grindhouse"-Projekts von Rodriguez und Tarantino basierende Langfilmadaption. Qualitativ tun sich beide Werke nicht viel, allerdings kann man Eisener wohl bescheinigen, etwas mehr Mut zur Konsequenz aufgebracht zu haben. Sein Film benötigt jedenfalls keine großen Stars oder eine große Werbemaschinerie, um seine liebenswerte Wirksamkeit zu belegen und zu pflegen. Stattdessen verlässt sich "Hobo With A Shotgun" ganz auf das Konglomerieren und Neukompilieren beliebter Vorbilder aus dem Exploitation- und Genrefach. Wenn die Titelsequenz mit Michael Holms ja so trügerischem Hauptthema aus "Hexen bis aufs Blut gequält" losgeht, dann ahnt man schon, dass einem in der Folge eher kein neues Glücksbärchi-Abenteuer ins Haus steht. Später gibt es dann sogar noch Michel Colombiers "L'Alpagueur"-Thema zu hören. Mehr als taugliche Inspirationsquellen sind das. Jason Eisener wird in der Vorbereitungsphase sicher auch den einen oder anderen Troma-Film geschaut haben. Nicht allein, dass seine Stadt auch Tromaville heißen könnte, da in ihr, wie anno dazumal, Müll und Menschenmüll kaum mehr trennbar sind; formt sich der komplette Film ein wenig nach "The Toxic Avenger", dessen Figureninventar, zumindest auf der bösen Seite, ein ganz ähnliches Charakterpotenzial bereithielt. Jedenfalls: Es geht ordentlich zur Sache in "Hobo", bewusst undezent, dabei aber stets hinreichend sympathisch.

8/10

Jason Eisener Exploitation Hommage Splatter


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DIARY OF A MADMAN (Reginald Le Borg/USA 1963)


"You're mine, judge."

Diary Of A Madman (Tagebuch eines Mörders) ~ USA 1963
Directed By: Reginald Le Borg

Frankreich gegen Ende des 19. Jahrhunderts: Der allseits beliebte und gutmütige Richter Simon Cordier (Vincent Price) will die Motive des zum Tode verurteilten Serienmörders Girot (Harvey Stephens) in Erfahrung bringen und besucht ihn daher in seiner Zelle. Girot eröffnet Cordier, seine Morde unter dem Einfluss eines formlosen, bösen Wesens, des 'Horla' begangen zu haben und geht dann auf den Richter los, der sich zur Wehr setzen und Girot töten kann. Nun ist der herrenlose Horla ständiger Begleiter Richter Cordiers und zwingt auch ihn, der selbst mit den Dämonen der Vergangenheit zu kämpfen hat, bald, Böses zu tun.

Nach der berühmten Kurzgeschichte "Der Horla" von Guy de Maupassant entstanden, zeigt Le Borgs Film Vincent Price in einer seiner ikonisch(st)en Rollen. Die Diversität dieses einerseits so liebenswerten Menschen mit seiner herrlich beruhigenden Stimme und dem Dämonischen, das er bei jedem Bedarf herauszukehren wusste - Attribute eines großen Schauspielers eben - kamen selten besser zum Tragen als in Prices Part als Richter Simon Cordier. So gehört der nicht permanent straff inszenierte Film auch ganz Price, der mit Ausnahme von Prolog und Epilog in nahezu jeder Szene präsent ist. Zu der Schauermotivik ist zu sagen, dass Maupassants Horla eine gänzlich ungewohnte Kreatur des Grauens darstellt, eine körperlose, für den Menschen unsichtbare Entität, deren reinster Boshaftigkeit geschuldetes Wesen sie veranlasst, Böses zu tun. Die Quelle reinen Verbrechens. Am Ende stellt sich dann nochmal die Frage, ob der Horla tatsächlich existierte oder lediglich der Einbildung eines wahnsinnig Gewordenen entsprang. Der bei Gogol entliehene Filmtitel lässt ja eher Zweiteres vermuten. Aber wir, die Zeugen von Richter Cordiers Unheil, wissen es besser...

7/10

Reginald Le Borg Guy de Maupassant Fin de Siècle Frankreich Bohéme period piece


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THE WOMAN (Lucky McKee/USA 2011)


"So what are you gonna do?"

The Woman ~ USA 2011
Directed By: Lucky McKee

Der erfolgreiche Anwalt und Familienvater Chris Cleek (Sean Bridgers) entdeckt beim Jagen im Wald eine verwahrlost lebende Frau (Polyanna McIntosh). Wie ein Tier fängt er sie ein und kettet sie in seinem Kellerverschlag an. Seiner Familie, Gattin Belle (Angela Bettis), der ältesten Tochter Peggy (Lauren Ashley Carter), Sohn Brian (Zach Rand) und der jüngsten, Darlin (Shyla Molhusen) erklärt Chris feierlich und wie selbstverständlich, er habe sich vorgenommen, die Frau zu domestizieren, sie also im Zuge eines Pseudoexperiments nach und nach der Zivilisation anzupassen, als sei er praktizierender Behaviorist. Tatsächlich wird immer mehr offensichtlich, dass Cleek die Frau nur festhält, um seine sexuellen Gelüste an ihr abarbeiten zu können und dass sich hinter der Fassade der braven Spießerfamilie schon seit Langem ein perverser Albtraum etabliert hat.

Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich bis zur Postlektüre nach dem mich unvorbereiteterweise komplett plattwalzenden "The Woman" noch nie etwas bewusst von Jack Ketchum gehört habe, offenbar jawohl eine unerlässliche Hausnummer innerhalb der modernen Horrorliteratur. Auch wusste ich demzufolge natürlich nicht, dass die Romanvorlage bereits der dritte Teil einer Trilogie ist und der zweite (den ich mir schleunigst nachbestellt habe) bereits verfilmt wurde.
McKees gewaltiger Film, ganz ohne Frage ein Meilenstein des augenzwinkernden transgressiven Kinos, erklärt jedenfalls der postmodernen Misogynie den rücksichtslosen, offenen Krieg und sollte eigentlich zum therapeutischen Pflichtprogramm für jeden (potenziellen) Frauenfeind und Kinderschänder ernannt werden. Chris Cleek, Zerrspiegelbild des gelackten Bourgeois und Familienvaters, hinter dessen glattgebügelter, wohlfrisierter Stirn sich die schlimmsten Testosteronphantasien breitmachen, ist das zugleich bedauerns- und hassenswerteste Individuum, das ich seit langem im Film ausmachen konnte. "The Woman" schürt die sich gegen ihn richtende Verachtung auf eine so effektive Weise, dass sein lyrischer Tod am Ende noch viel zu gut erscheint: Diesem "Menschen" wünscht man Höllenqualen bis in alle Ewigkeit. Nach einem solchen Pygmalion der Paraphilie, dieser bitterbösen Diametralkarikatur des vom Regisseur selbst gespielten Mediziners Itard aus Truffauts "L'Enfant Sauvage", hat man das Gefühl, den Akteur Sean Bridgers aber auch wirklich nie mehr in irgendeinem Film, geschweige denn im realen Leben sehen zu wollen. Auch eine Leistung.
Angesichts der Erfahrungen innerhalb meines Berufsstandes bin ich als Laienfuturologe ja schon seit längerem der latenten Erwartung, dass uns mittelfristig eine Amazonengesellschaft bevorstünde. Im Hinblick auf die von "The Woman" beschworene, katalytische Kraft urtümlicher Weiblichkeit fühle ich mich darin nurmehr bestätigt.
Wollte nach "The Woman" ursprünglich noch einen weiteren Film schauen. Ging nicht. War zu kaputt.

9/10

Satire Lucky McKee torture porn Hommage Kannibalismus Jack Ketchum Terrorfilm Feminismus Splatter Parabel Transgression Sexueller Missbrauch


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THE HOLE (Joe Dante/USA 2009)


"I'm not afraid."

The Hole ~ USA 2009
Directed By: Joe Dante

Die beiden Jungs Dane (Chris Massoglia) und Lucas (Nathan Gamble) ziehen mit ihrer alleinerziehenden Mum in das Kleintädtchen Bensonville. Im Keller ihres neuen Hauses entdecken sie eine wohlfeil verschlossene Luke, unter der ein scheinbar bodenloses Loch schlummert. Zusamme mit dem Nachbarsmädchen Julie (Haley Bennett) kommen sie dem Abgrund auf die Spur: Darin wohnt nämlich eine dämonische Kraft, die ihren Herausforderern deren höchstpersönliche Urängste vor Augen führt.

Zuallererst bin ich Joe Dante schonmal persönlich dankbar, dass er nunmehr die Finger von Bugs-Bunny-Filmen zu lassen scheint. Desweiteren ist "The Hole" aber trotzdem kein unkomplizierter Fall: Dante hat nämlich mit einem - man muss es schlichtweg so hart formulieren - unterdurchschnittlichen Script zu tun, das Genremotive aufbereitet, die schon vor zwanzig Jahren ein alter Hut waren. Das große, finstere Es, das sich von den Ängsten seiner Opfer nährt, kennen wir aus "A Nigfhtmare On Elm Street" und "It". Das tiefe Loch auf dem hauseigenen Grundstück als zusätzliche, paranormale Bedrohung der ohnehin angeknacksten Institution Familie gabe es bereits in "The Gate", das Motiv des ungreifbaren Bösen als letzten Endes kathartisch-therapeutische - und somit durchaus heilsame - Kraft gab es in analoger Form in Flynns "Brainscan". Wahrscheinlich hat Mark L. Smith (nicht zu verwechseln mit dem "Fall"-Vokalisten Mark E. Smith), von dem das Buch stammt, auch mal Liebermans "Satan's Little Helper" gesehen, denn die gesamte Szenerie von "The Hole" erinnerte doch sehr an selbigen. Bruce Dern wird übel verheizt, die Kinderdarsteller sind eher sorgfaltslos gewählt. Aber irgendwas hat der Film, das ihn dann doch noch sehenswert erscheinen lässt, zumindest, wenn man Dantes Motivation beim Filmemachen kennt. Seine Schöpfungen waren eigentlich fast immer subversive Komödien für Adoleszente, so ähnlich wie die monströsen Drive-In-Filme der Fünfziger und Sechziger, bloß mit einem stets verschmitzten Lächeln in den dunklen Gässchen der set pieces. Davon nimmt sich "The Hole" nicht aus; eine (unterforderte) kreative Kraft lässt sich tief in ihm wittern und dann wird die thematische Analogie zu Abrams viermal so teurem und von einer ungleich fetteren Promotion skandiertem "Super 8" offensichtlich, zu dem ich mir neulich noch dachte, dass er eigentlich auch einen guten Dante-Film abgegeben hätte (was mich erst auf die Idee brachte, mir "The Hole" zu besorgen und anzuschauen). Vielleicht ist das alles gar keine hölzerne Plagiatsmaschinerie und vielleicht sollte man dem visuell brillant gestalteten Showdown mehr Bedeutung beimessen, als ich es gegwärtig tue. Vielleicht entpuppt sich "The Hole" inmitten all seiner mäßig aufgeblasenen 3D-Effekte in ein paar Jahren sogar noch als richtig guter Film. Vielleicht...

5/10

Kinder Familie Coming of Age Kleinstadt Joe Dante Teenager 3-D


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GAMES (Curtis Harrington/USA 1967)


"For you the game is over."

Games (Satanische Spiele) ~ USA 1967
Directed By: Curtis Harrington

Jennifer (Katharine Ross) und Paul Montgomery (James Caan) sind ein typisches, wohlhabendes New Yorker Greenwich-Village-Hipster-Ehepaar: Kinderlos, Kunst sammelnd, Kicks suchend. Ihre wie performancegleich inszenierten Partys sind mittlerweile legendär in der Szene. Als die alternde Kosmetikvertreterin Lisa (Simone Signoret) für ein paar Tage bei ihnen einzieht, beginnen die Montgomerys, merkwürdige Spielchen zu spielen, die dazu dienen, sich gegenseitig zu erschrecken. Als dabei eines Tages versehentlich der Lebensmittelbote Norman (Don Stroud) erschossen wird, bekommt insbesondere Jennifer es mit der Angst. Paul entsorgt die Leiche zwar auf geschicktem Wege, doch Normans rachsüchtiger Geist scheint das Haus nicht verlassen zu wollen...

Wer ein wenig in der Horrorthriller-Geschichte der Sechziger beflissen ist, der hat es nicht schwer, vorauszusehen, worauf "Games" inhaltlich hinausläuft: Aldrichs "Hush... Hush, Sweet Charlotte" und vor allem mehrere Filme der britischen Hammer ("Paranoiac", "Nightmare", "Scream Of Fear") bedienten sich allesamt jenes beliebten Verunsicherungsmoments, in dem eine mehr oder weniger vorbelastete Dame von einigen böswilligen bis sadistisch veranlagten Komplottanten aus zumeist rein monetär motivierten Gründen und mittels inszenierten Spuks in die Klappsmühle gebracht werden soll. Hier ist die schöne Katharine Ross das Opfer und ihr Mann, der am Ende jedoch auch nicht viel zu lachen hat, der fiese Drahtzieher des Ganzen. Für den später leider dem - wahrscheinlich infolge seiner bequemen Unkompliziertheiten - lockenden Fernsehen verfallenen Curtis Harrington, dessen Kinoarbeiten Schifferle noch Mitte der Neunziger so treffend als "terra incognita" bezeichnete, war "Games" der vierte von insgesamt leider nur neun Leinwandlangfilmen. Immerhin konnte er dazu auf die Produktionsmittel eines großen Studios (Universal) und eine überaus ansehnliche Besetzung, darunter die Signoret während ihrer kurzen Hollywood-Gastspielreise, zurückgreifen. Dass diese im Film eine Deutsche mit ominöser Vergangenheit spielt, in der deutschen Fassung jedoch als Ungarin veräußert wird, ist für diese Zeit nichts sonderlich Seltsames. Für Harrington jedoch gilt: Die Raumkonstruktion ist sein Star, die Innenausstattung des architektonisch wundervollen New Yorker Hauses ein Traum. Auf dieser inszenatorischen Spielwiese, die Harrington allerhöchstens für minimale Gegenschnittsequenzen (etwa wenn Jennifer telefoniert) verlässt, vollbringt der Regisseur geradezu Meisterliches. Dass seine Geschichte sich eben nicht gerade als die innovativste hervortut, damit muss (und kann) man leben.

8/10

Curtis Harrington New York Ehe


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FINAL DESTINATION 5 (Steven Quale/USA 2011)


"Just what we want."

Final Destination 5 ~ USA 2011
Directed By: Steven Quale

Weil der Firmenangestellte Sam (Nicholas D'Agosto) eine Vision von einem grausligen Busunglück auf einer einstürzenden Brücke hat, können er und sieben seiner Kollegen sich knapp das Leben retten. Nicht für lange jedoch, denn wie wir alle wissen, ist mit dem Grimmen Schnitter nicht gut Kirschen essen.

All quiet on the Southern Front: Nachdem sich James Wong und David R. Ellis bei der Inszenierung der "Final Destination"-Filme immer so schön abgewechselt haben, kommt Wong seinen inszenatorischen Pflichten einfach nicht mehr nach, sondern tritt an den Kinodebütanten Steven Quale ab, der dem Franchise jedoch auch nichts Neues hinzuzufügen weiß. Das bewährte, wiederum genüsslich-zynisch aufgelöste Rezept der Serie bleibt nahezu unverändert, nur, dass der mysteriöse Alleswisser William Bludworth (Tony Todd, nach zweimaligem Aussetzen wieder an Bord) diesmal mit was bislang noch Unbekanntem herausrückt: Wer nämmlich anderen das Leben nähme, so die mörderische These, könne sein eigenes um die verbliebene Lebenszeit des Getöteten verlängern! Also gibt es am Ende erwartungsgemäß einen über all die Greuelfälle wahnsinnig Gewordenen, der genau dies zu praktizieren versucht - mit erwartungsgemäß gelindem Erfolg. Die Schlusspointe ist derweil nicht sonderlich gut durchdacht und passt nicht so recht mit Tony Todds vorherigem Bericht zusammen. Etwas schlampig geschrieben, das Ganze. Ansonsten gefällt insbesondere die wie bei einem Bond-Film komponierte Titelsequenz, und natürlich jenes charakteristische Faktum, dem sei Dank man sich wiederum reuelos und sogar noch untangierter als in den letzten Filmen im computergenerierten Lebenssaft (widersprüchlich? Aber hallo!) suhlen kann. Selbst innerhalb der Filmdramaturgie schert keinen mehr, dass alle Nase lang und auf einen halben Meter Entfernung irgendwem die Birne wegfliegt oder selbiger in tausend Teile zerrissen wird. "Huch, schon wieder von oben bis unten eingesaut. Heute muss ich mich aber oft umziehen..."

6/10

Prequel Steven Quale Splatter


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FINAL DESTINATION 2 (David R. Ellis/USA 2003)


"What? Pigeons?"

Final Destination 2 ~ USA 2003
Directed By: David R. Ellis

Aufgrund einer Schreckensvision verzichtet die junge Kimberly (A.J. Cook) darauf, auf den Highway Richtung Daytona einzubiegen und siehe da: Kurz darauf erschüttert ein gewaltiger Unfall die Straße, dem Kimberly und ein paar Andere wegen ihrer übernatürlichen Voraussicht entkommen konnten. Doch schon bald holt sich der Sensenmann nach und nach auch die ihm kurzfristig Entfleuchten. Bizarr wird es, als Kimberly mithilfe der in diesen Dingen erfahrenen Clear Rivers (Ali Larter) feststellt, dass sämtliche der involvierten Personen irgendwie mit den Opfern des vor einem Jahr stattgefundenen "Todesflug" 180 in Zusammenhang stehen...

Ellis' Sequel legte im Grunde erst den eigentlichen Kurs der "Final Destination"-Reihe fest: Hier werden die Inszenierungen der Tode und Todesarten zu wahren Höhepunkten des guten schlechten Geschmacks, denen man in großer Runde spätestens ab der "Taubenszene" praktisch nurmehr tosende Ovationen mitsamt hysterischem Gelächter schenken muss. Das ist dann förmlich Eventkino, in dem Plot und dramaturgische Vernetzung kaum mehr denn eine Alibifunktion besitzen, es sei denn, man wird fintenmäßig auf ein dann doch nicht stattfindendes Schreckensereignis eingestimmt, s. etwa der fehlschlagende Pistolen-Selbstmord. Ebendiese Klaviatur beherrscht Ellis vorzüglich und kann dem Erstling von Wong somit einen durchweg ebenbürtigen Nachzügler zur Seite stellen, der mit wirklich einfallsreichen Splattereinlagen trumpft und spätestens in der Schlusseinstellung versichert, dass man mit "Final Destination 2" so ziemlich alles anstellen darf, nur eines bitte nicht: Ihn ernst nehmen.

7/10

David R. Ellis Splatter Sequel Unfall


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FINAL DESTINATION (James Wong/USA 2000)


"This gives me a rush!"

Final Destination ~ USA 2000
Directed By: James Wong

Der Schüler Alex Browning (Devon Sawa) sitzt schon im Flugzeug zu seiner bevorstehenden Exkursion nach Paris, da jagt ihm eine realistische Absturzvision gewaltige Panik ein. Zusammen mit fünf Mitschülern, Clear (Ali Larter), Carter (Kerr Smith), Terry (Amanda Detmer), Billy (Seann William Scott),
seinem besten Freund Tod (Chad Donella) und einer Lehrerin (Kristen Cloke) verlässt Alex den Flieger, der kurz darauf tatsächlich explodiert. Als nur wenige Wochen später Tod eines unerwarteten Todes stirbt, den Alex per Vision vorausahnen konnte, ist dieser sich sicher: Der Tod hat einen Plan und lässt sich nur höchst ungern in die Karten pfuschen!

Seit nunmehr rund zwölf Jahren versichert uns die "Final Destination"-Serie mit ihrem stets neu aufgewärmten (und letztlich beliebig dehnbarem) Konzept, dass der effektivste aller Mörder immer noch der Tod selbst ist. Bevor mir morgen der fünfte Teil ins Haus flattert, wollte ich also die Reihe nochmal fix Revue passieren lassen, wobei eine solche Maßgabe wohl speziell bei diesem Franchise komplett unnötig ist. Wie dem auch sei; der Originalfilm ist wohl immer noch der, der sich und seine Story am Ernstesten nimmt, ohne permanent in Richtung Grand Guignol und Splatterkomödie zu schielen, wie es die Nachfolger dann ja mit zunehmender Intensität praktizieren sollten. Der unangenehmste Tod, der in "Final Destination" gestorben wird, ist zugleich einer der unangenehmsten der gesamten Reihe: Nämlich Tods Strangulationstod in der Wanne, den ich noch immer als höchst unerträglich empfinde und der praktisch ohne einen Tropfen Blut exerziert wird. Wenn ab dem zweiten Teil permanent Leute zerfetzt werden, dann ist das jedenfalls nurmehr komisch und von eher pervertierter (oder zweckdienlicher - je nach Perspektive) Natur. Über die wong'sche Nominal-Hommage mit all den nach im klassischen Genrefilm beschäftigten Prominenten benannten Charakteren mag man kurz schmunzeln, sich dann aber ganz schnell über die effektive Unoriginalität dieser Idee bewusst werden. Genau dieselbe hatte Joe Dante nämlich schon rund zwanzig Jahre zuvor. Insgesamt bleibt ein inhaltlich passables, formal gelungenes Genreprodukt, das in Kombination mit seinen Sequels der Gattung einen der nettesten Motivschübe seit langem zu versetzen mochte.

7/10

James Wong Splatter Teenager Flugzeug





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