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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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FLYING LEATHERNECKS (Nicholas Ray/USA 1951)


"Now you're talking!"

Flying Leathernecks (Stählerne Schwingen) ~ USA 1951
Directed By: Nicholas Ray

1942: Der harte, aber gerechte Air-Force-Major Dan Kirby (John Wayne) unterstützt als Kommandeur der Bomberstaffel "Wilcats" die US-Streitkäften dabei, mit Guadalcanal und später Okinawa entscheidende strategische Ziele im Pazifikraum von den Japanern zu erobern. Dabei leidet er zuweilen unter Selbstzweifeln und gerät ein ums andere Mal in Konflikt mit seinem Captain Griffin (Robert Ryan).

"Flying Leathernecks" ist wohl weniger Nicholas Ray zuzurechnen als seinem Produzenten Howard Hughes, der mit der Herstellung des Films einmal mehr seinem berühmten Fliegerei-Fetisch huldigen konnte. Allerdings rekrutieren sich die Luftkampf-Sequenzen mit Ausnahme der Nahaufnahmen natürlich so gut wie durchweg aus dokumentarschem Archivmaterial, wie auch zahlreiche Einstellungen der Navy- und Infanterie-Schlachten. Zudem prallten im Zuge der Produktion höchst unterschiedliche Interessen aufeinander: Hughes hatte ein Heldenporträt der Air-Force-Piloten im Sinn und stand damit natürlich in einer Reihe mit dem erzkonservativen Wayne und dem ebenfalls auftretenden Jay C. Flippen, während die linken Künstler Nicholas Ray und Robert Ryan natürlich gegenteilige Ziele verfolgten. Entsprechende Konflikte waren somit vorprogrammiert und zogen sich durch die gesamte Entstehung des Films, der immerhin Rays erste Farbregie darstellte, dafür jedoch verhältnismäßig blass wirkt. Erwartungsgemäß blieb es die einzige Kollaboration zwischen Regisseur und Hauptdarsteller. Für Dukes Karriere indes bildet "Flying Leathernecks" lediglich ein weiteres Monument seiner karriereumfassenden, kriegstreiberischen Anstrengungen und einen weiteren Eintrag der schier unüberblickbaren Anzahl von Pazifikkriegsfilmen, in denen er den stolzen, amerikanischen Heroen mimen konnte.

6/10

Nicholas Ray Howard Hughes Pazifikkrieg Hawaii Guadalcanal WWII James Edward Grant


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FROM HERE TO ETERNITY (Fred Zinnemann/USA 1953)


"Nobody ever lies about being lonely."

From Here To Eternity (Verdammt in alle Ewigkeit) ~ USA 1953
Directed By: Fred Zinnemann

Hawaii, 1941: Private Prewitt (Montgomery Clift) lässt sich nach Oahu versetzen, weil er in seiner letzten Kompanie allzu sehr gemobbt wurde. Man hat dort versucht, ihn zum Boxen zu nötigen, obwohl Prewitt dem Faustkampf entsagt hat, seit er einem Gegner beim Sparring das Augenlicht nahm. Doch auch hier macht ihm aus denselben Gründen alle Welt das Leben schwer - bis auf den überaus fairen Sergeant Warden (Burt Lancaster) und Prewitts alten Kumpel Maggio (Frank Sinatra). Warden bändelt seinerseits mit der Frau (Deborah Kerr) des leichtlebigen Captain Holmes (Philip Ober) an und Maggio bekommt Ärger mit dem feisten Sergeant Judson (Ernest Borgnine). Da nehmen die japanischen Verbände Kurs auf Pearl Harbor...

Großes, legendäres Hollywoodkino, das vor allem mit seinem triumphal aufspielenden Ensemble protzen kann. Zinnemanns vergleichsweise zurückgenommene Inszenierung lässt sich kaum mehr mit der seines vorletzten Films "High Noon" vergleichen, so dass man nicht zwingend den Eindruck zurückbehält, dass beide Filme von ein- und demselben Regisseur stammen. Die sich hier abzeichnenden und zutragenden Konflikte sind deutlich romantischerer und weltlicherer Natur; es geht um Rache, Liebe, Leidenschaft, elementare dramatische Topoi also. Entsprechend weniger stilistischer Kniffe bedarf die Bebilderung der Geschichte. Stattdessen so weitschweifende wie kitschige Symbolismen; etwa um den klassischen, erotischen Clinch zwischen Lancaster und Kerr zu verbildlichen, zeigt die Kamera jene berühmten Bilder gewaltiger Meeresbrandung, die sich später so ikonographisch wie spöttisch betrachten ließen. Einen wirklich fiebrigen Hauch erhält "From Here To Eternity" dann gegen Ende, als der Angriff auf Pearl Harbor erfolgt. Die zuvor geschilderten, existenziellen Probleme der Protagonisten werden auf einen Schlag nichtig und klein. Jetzt geht es nurmehr ums nackte Überleben und die ängstlichen Spekulationen bezüglich weiterer Kriegsinvolvierung. Und unser Held, der wie immer Ehrfurcht gebietend traurige Monty Clift, fällt eher zufällig, ohne viel Aufhebens. Nur ein Unfallopfer, unter Vielen.

9/10

Freundschaft Militär James Jones Pazifikkrieg WWII Hawaii Pearl Harbor


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RICHARD III (Richard Loncraine/UK 1995)


"Plots have I laid..."

Richard III ~ UK 1995
Directed By: Richard Loncraine

Und regieren soll er im Zeichen des Keilers: In einem fiktiven Parallelengland des frühen bis mittleren 20. Jahrhunderts, in dem die konstitutionelle Monarchie sich durch diktatorische ersetzt findet, lebt der ebenso machthungrige wie skrupellose Richard III (Ian McKellen). Durch den bürgerkriegseingebundenen Sturz des amtierenden Herrschergeschlechts und die spätere Beseitigung sämtlicher potenzieller Nachfolger wird Richard selbst zum König Englands, dessen Schreckensherrschaft jedoch von Anbeginn auf wackligen Beinen steht.

Zeitgenössisch aufbereitete Shakespeare-Adaption, in der aus dem erbarmungslosen Emporkömmling Richard von York ein lupenreiner Faschist des vergangenen Centenniums wird; ein geradezu betörend verwerfliches Individuum in einer Studie des Bösen und des Machtmissbrauchs, dem samt und sonders die Eigenschaften des satanischen Despoten zukommen. Bucklig und linksseitig verkrüppelt, von einem natürlich-verschlagenen Gesichtsausdruck und ungepflegten Zähnen gebeutelt ist seine Physis; derweil sich hinter den Falten seiner Stirn Lug, Trug, Feigheit, Intriganz, Gier und gar Impotenz verbegen. Eine ganze Palette unangenehmer Eigenschaften entstellt also das Wesen der Titelgestalt, die von McKellen dennoch mit einer so verführerischen Diabolik personifiziert wird, dass man sie eigentlich nie zur verdienten Gänze verabscheuen lernt. Die Faszination des Bösen; auch sie kennzeichnet faschistische Systeme. Loncraines Inszenierung findet sich als geprägt von edelster Eleganz und dennoch stets in völliger Gleichmut mit der Seele des Stücks, dabei getragen von einer feinen ironischen Note, die besonders zum Tragen kommt, wenn Richard sich an uns, sein Publikum, wendet und uns hineinzuziehen sucht in seine humanen Abgründe.

9/10

William Shakespeare Richard Loncraine London England Biopic Dystopie


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THE GLORY GUYS (Arnold Laven/USA 1965)


"It's your turn now."

The Glory Guys (Die glorreichen Reiter) ~ USA 1965
Directed By: Arnold Laven

In Windeseile muss Captain Harrod (Tom Tryon) von der 3. Kavallerie ein Regiment zusammenstellen und für einen von seinem karrieresüchtigen Vorgesetzten General McCabe (Andrew Duggan) geplanten Feldzug gegen die Sioux ausbilden. Nicht nur, dass Harrods Männer fast durch die Bank undisziplinierte Amateure darstellen, die besonderen Schliffs bedürfen, hat er sich auch noch mit dem Scout Sol Rogers (Harve Presnell) um die Liebe der schönen Lou (Senta Berger) zu rivalisieren und unter dem Größenwahn des Generals zu leiden. Am Ende bekommen jedoch fast alle, was sie verdienen.

Verhältnismäßig wenig bekannter, dafür umso feinerer Kavallerie-Western in der Tradition der entsprechenden Filme Fords; versehen mit einem epischen Hauch, aufwändig inszeniert und mit großangelegten Massenszenen garniert. Viel Herzschmerz, Männerfreundschaft und Heldentum kennzeichnen die noch recht geordnete, weithin unschattierte Welt von "The Glory Guys". Das entsprechende Script dazu stammt von Peckinpah, der sich in Teilen bei der späten Biographie General Custers bediente. Abgesehen von der wohl bewusst unterschiedlich gehaltenen Physiognomie entspricht der Charakter General McCabes recht exakt dem historisch verbrieften von Custer und auch die finale Schlacht zwischen Indianern und Soldaten ähnelt stark den berühmten Ereignissen vom Little Big Horn.
Peckinpah soll wohl auch angefangen haben, den Film zu inszenieren, um dann später vom B-Film-Routinier Laven abgelöst zu werdeen; davon ist jedoch bestenfalls wenig zu spüren. Allerdings sprechen manche Details dann doch dafür, etwa die Besetzungsauswahl. Ansonsten finde ich bemerkenswert, dass ich die Gratwanderung zwischen Western und Kriegsfilm selten so zugespitzt vorgefunden habe, wie im Falle von "The Glory Guys". Die Indianerkriege dienen nämlich vor allem als geschichtliche Blaupause für ein mit allen Wassern gewaschenes Kriegsepos, was eine Klassifizierung des Films als letzteres denn auch umweglos ermöglicht.

8/10

Indianer Kavallerie Sam Peckinpah Arnold Laven Indianerkriege


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THE YOUNG LIONS (Edward Dmytryk/USA 1958)


"You're in a splendid constitution for a man of your age. Are you a vegetarian?" - "No, alcoholic."

The Young Lions (Die jungen Löwen) ~ USA 1958
Directed By: Edward Dmytryk

Drei sehr unterschiedliche Männer erleben den Zweiten Weltkrieg auf ebenso unterschiedliche Art: Der bayrische Skilehrer Christian Diestl (Marlon Brando) gibt sich betont unpolitisch, fällt jedoch auf die großen Reden der Nazis herein und lässt sich bereitwillig als Wehrmachtsoffizier instrumentalisieren. Der New Yorker Sänger und Showstar Michael Whiteacre (Dean Martin) zieht überhaupt nur in die Armee ein, um nicht vor seiner dräuenden Freundin (Barbara Rush) als Feigling dastehen zu müssen und für den stillen, sensiblen Verkäufer Noah Ackerman (Montgomery Clift), den Whiteacre zufällig bei der Musterung kennenlernt und mit dem er sich anfreundet, bedeutet der Krieg genau jene kleine Notwendigkeit, als die ihn die meisten alliierten Soldaten auffassen. Am Ende werden nur zwei von ihnen lebend zurückkehren, obwohl alle drei es verdient hätten.

Großatmiges Kriegsdrama des für pathetische Heldenstoffe alles andere als ungeeigneten Edward Dmytryk. Vorzüglich besetzt mit zumindest zwei der größten method actors ihrer Tage (Brando und Clift), dem ewigen Vorzeigeentertainer und charmanten Tunichtgut Dean Martin und nicht zuletzt dem großen Maximilian Schell gehört "The Young Lions" zu jenen Filmen, die ihr "angeborenes" inneres Strahlen bis heute bewahren konnten und die exemplarisch demonstrieren, welch versierte Handwerker und Könner einst in Hollywood tätig waren. Im Rahmen seiner Gattung unterscheidet sich Dmytryks Werk nicht wesentlich von den anderen teuren, zeitgenössischen Kriegsfilmen. Bemerkenswert vielleicht, dass hier ein Wehrmachtssoldat nicht allein zum Protagonisten ausgerufen wird, sondern ferner einen gewissen, tragischen Heldenstatus zugesprochen bekommt. Weiterhin wird gegen Ende unverblümt von den deutschen Vernichtungslagern und der "Effizienz" ihrer grauenhaften Zweckmäßigkeit gesprochen, sowie die Befreiung eines (fiktiven) KZ gezeigt. In diesen Punkten geht "The Young Lions" dann schon über das übliche inhaltliche und dramaturgische Genre-Einerlei hinaus. Dass der Film unterschwellig ein Hohelied auf den Heldenmut der G.I.s anstimmt, vermag er wegen seiner vollendeten Gesamtheit durchaus zu tragen.

8/10

Edward Dmytryk Irwin Shaw WWII Nationalsozialismus Nordafrika-Feldzug


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CLOAK AND DAGGER (Fritz Lang/USA 1946)


"Everyone to leave leaves a hole."

Cloak And Dagger (Im Geheimdienst) ~ USA 1946
Directed By: Fritz Lang

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs lässt sich der amerikanische Nuklearspezialist Alvah Jesper (Gary Cooper) vom Geheimdienst anheuern, um herauszufinden, wie weit die faschistische Achse in Europa mit dem Bau der Atombombe gediehen ist. Die Aussicht, seine alte Schriftkorrespondentin Katerin Lodor (Helen Thimig) wiederzusehen, erscheint ihm allzu verlockend. In der Schweiz will er die Lodor zunächst aufsuchen und in Sicherheit bringen, doch die widerständischen Befreiungsversuche scheitern. Als nächstes gilt es, den in Italien festgehaltenen Professor Polda (Vladimir Pokoff), der mit der Gefangenschaft seiner Tochter erpresst wird, herauszuholen. Zusammen mit der Widerstandskämpferin Gina (Lilli Palmer), in die er sich verliebt, gelingt Jesper das waghalsige Unternehmen.

Erfrischend sorgfältig gemachter Spionagethriller unter Prononcierung starker, dem Mannsvolk ebenbürtigen Frauencharakteren, der wie viele der um diese Zeit von Lang gemachten Kriegsfilme mit knallharter Kritik am Faschismus nicht spart. "Cloak And Dagger" zeigt ein Mitteleuropa der Verunsicherung und des Schweigens, in dem jeder Verdacht und jede falsche Bewegung umgehend zur Verhaftung führen kann. Anders als die späteren Agentenabenteuer, die den Kalten Krieg als Weltkulisse für ihre poppig-exotische Action benutzten, kann hier von "classic excitement" kaum die Rede sein. Das Dritte Reich liegt wie eine bleierne Kuppel über dem bereits teilzerbombten Kontinent und die Angst vor Massenvernichtungswaffen in den Händen Hitlers oder Mussolinis ist allgegenwärtig. Filme wie "Cloak And Dagger", "Ministry Of Fear" oder auch "The Seventh Cross", die eben allesamt von Immigranten gemacht sind, verdeutlichen weit über das übliche propagandistische Hollywood-Schema dieser Tage hinaus die äußere Besorgnis über die Zustände und sind damit durchweg immens wichtige Zeitzeugnisse.

8/10

Widerstand Atombombe Fritz Lang Schweiz Italien WWII Nationalsozialismus


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THE EAGLE (Kevin Macdonald/UK, USA 2011)


"You are free, my friend."

The Eagle (Der Adler der neunten Legion) ~ UK/USA 2011
Directed By: Kevin Macdonald

Im Jahre 140 kommt der Zenturio Marcus Aquila (Channig Tatum) nach Britannien, um seinem Vater, der rund 20 Jahre zuvor mit der neunten Legion in Kaledonien verschwunden ist, nachzueifern. Nach einem verlustreichen Einsatz gegen einen Keltenstamm muss Marcus sich schwer verwundet auskurieren und erfährt, dass das Feldzeichen der neunten Legion, der römische Adler, niemals bis vor den Hadrianswall zurückgebracht wurde. Zusammen mit seinem neuen Sklaven, dem selbstbewussten Häuptlingssohn Esca (Jamie Bell), macht sich Marcus auf, den Adler von den Briganten zurückzuerobern und somit die seit dem Verschwinden seines Vaters angeknackste Familienehre wiederherzustellen.

Im Prinzip nichts anderes als eine Art Sequel zu Neill Marshalls letztjährig erschienenem "Centurion", der das bis heute rätselhafte Verschwinden der neunten Legion im schottischen Hochland zum Thema hatte. Auch hier stehen zwei Helden, deren Beziehung allerdings durch das Herr-Sklave-Verhältnis deutlich verkompliziert wird im Mittelpunkt dessen, was man getrost als "Abenteuerfilm vor historischem Hintergrund" bezeichnen kann und wie "Centurion" ist "The Eagle" vor allem ein Film für leicht für Geschichtliches zu begeisternde Zuschauer, die sich nicht vor dem Gegensatz Form-Sujet scheuen und sich von einer betont zeitgenössischen Visualisierung (welche sich im Übrigen immer noch tapfer an Scotts "Gladiator"-Standards hält) nicht in die Suppe spucken lassen. Auf jeden Fall sieht "The Eagle" recht hübsch aus, ist hier und da spannend und um einiges weniger blutig ausgefallen als "Centurion". Ob man das nun positiv bewerten möchte oder eher umgekehrt, liegt wie so häufig im Auge des Betrachters. Ich selbst bin ja ein großer Freund von Schwert-&-Blutwurst-Platten und hätte mir hier und da vielleicht etwas mehr Detailfreude gewünscht. Dennoch eine nette Ergänzung zu "Centurion" und letztlich auch genau auf dessen qualitativer Augenhöhe.

7/10

Antike period piece Schottland Kevin Macdonald Historie Roemisches Reich


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SECRET AGENT (Alfred Hitchcock/UK 1936)


"You get beautiful wife, I get nothing. Caramba!"

Secret Agent (Geheimagent) ~ UK 1936
Directed By: Alfred Hitchcock


London, 1916: Der auch als Autor berühmte Soldat Edgar Brodie (John Gielgud) segnet nur zum Schein das Zeitliche - tatsächlich soll er in neuer Identität als Spion Richard Ashenden in der Schweiz einen feindlichen Agenten ausfindig machen und eliminieren, der für den Vorstoß der britischen Nahost-Armee bei Damaskus eine besondere Gefahr darstellt. Zusammen mit einem mexikanischen Profikiller namens "General" und einer ihm kurzerhand zugeteilten "Tarn-Ehefrau" (Madeleine Carroll) wird Ashenden bald fündig. Doch erweist sich der sympathische Mr. Caypor (Percy Marmont) im Nachhinein als das falsche Zielobjekt. Der wahre Agent läuft immer noch frei herum und bereitet sich schon für seine Reise nach Konstantinopel vor...

Ein erster kleiner Lieblingsfilm. "Secret Agent" ist zwar seltsam unperfekt und merkwürdig widersprüchlich in der Kreierung seiner Atmosphäre und betreffs seiner Figurenzeichnungen, dafür bietet er jedoch auch eine unablässige Abfolge wundervoller Szenen und Augenblicke. Die Seele des Films ist tatsächlich nicht so sehr der steife Shakespeare-Akteur Gielgud, den ja bekanntlich nie ein Wässerchen trüben konnte, sondern der große Peter Lorre, der als "General Pompellio Montezuma De La Vilia De Conde De La Rue" eine wahre Zirkusvorstellung gibt: Gleichrangig eiskalter und sadistischer Profikiller auf der einen und lustiger kleiner, notorischer Filou und Buddy auf der anderen Seite; eine der schizophrensten Figuren der gesamten Filmgeschichte. Formidabel! Praktisch jede Sequenz, in der Lorre auftritt, gehört von Anfang an ihm, mit seiner Lockenperücke und einem ungewohnten Ohrring spielt er sich wie ein Derwisch durch seinen so ambivalenten Part. Dann gibt es zum Beispiel eine herzzereißende Szene mit einem laut aufheulenden Dackel, der spürt, das sein Herrchen ermordet wurde, eine aufwändige, phantastisch gefilmte und geschnittene Actionszene in einer Schokoladenfabrik und schließlich das spannende Zugfinale. Anders als der Vorgänger "The 39 Steps" nicht unbedingt ein urtypischer Hitchcock, dafür einer, der rundum glücklich macht.

9/10

Alfred Hitchcock Spionage period piece Schweiz based on play Zug WWI


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THE RAGGEDY RAWNEY (Bob Hoskins/UK 1988)


"I'm cursed. We're all cursed."

The Raggedy Rawney (Raggedy - Eine Geschichte von Liebe, Flucht und Tod) ~ UK 1988
Directed By: Bob Hoskins


In einem namenlosen, mitten im Krieg befindlichen Land verkleidet sich der junge Deserteur Tom (Dexter Fletcher) als "Rawney", eine Art verrückte Waldhexe, und schließt sich einer Gruppe fahrender Leute an. Nachdem diese, abergläubisch wie sie sind, Tom, die Rawney, zunächst willkommen geheißen haben, sind sie bald überzeugt, dass er/sie ihnen nur Unglück bringt: Erst ertrinkt der behinderte Sohn (Timothy Lang) einer der Mitreisenden (Zoë Wanamaker), dann geraten die Zigeuner in einen empfindlichen Konflikt mit Soldaten. Schließlich bekommt Jessy (Zoë Nathenson), die Tochter des Treckführers Darky (Bob Hoskins), ein Kind unbekannter Herkunft. Wer steckt dahinter?

Diese naive Antikriegsfabel markierte Bob Hoskins' Debüt als Regisseur. Produziert wurde es von George Harrisons Firma 'Handmade Films' in deren sehr britische Linie der Film hervorragend passt, ist er doch unverkennbar ein Produkt seines Landes und von dessen Mentalität. Ganz bewusst ist "The Raggedy Rawney" lokal und zeitlich entrückt bzw. nicht zuzuordnen. Einerseits könnte sich die Geschichte in einem Bürgerkriegsgebiet auf dem Balkan abspielen, andererseits tragen die Personen englische Namen und sprechen starken Dialekt. Ferner weiß man nicht, wer da überhaupt mit wem im Krieg liegt - die Uniformen geben keine Auskünfte und die Tatsache, dass die Armee vornehmlich damit beschäftigt scheint, Deserteure einzufangen bzw. Verweigerer am Waffendienst zu schnappen, wirkt umso bedrückender. Darky und seine fahrende Truppe symbolisieren derweil eine gesellschaftsautarke, ausgelassene, bald hippieeske Lebensfreunde, die sich lediglich durch die ständige Flucht vor den Militärs aufrecht erhalten lässt. Der traumatisierte Rekrut Tom, der schon nach wenigen Tagen Seiten vom Krieg gesehen hat, die keinen anderen Schluss zulassen als für immer genug davon zu haben, passt recht gut zu den fahrenden Gesellen, allein sein Zugang zu ihnen ist vielleicht etwas umwegig und am Ende von harten, rückblickend vielleicht vermeidbaren Verlusten gesäumt.

8/10

Bob Hoskins Zigeuner Road Movie Erwachsenenmaerchen Parabel


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THE DESERT RATS (Robert Wise/USA 1953)


"One cognac for the Field Marshal!"

The Desert Rats (Die Wüstenratten) ~ USA 1953
Directed By: Robert Wise


Tobruk, 1941: Die strategisch wertvolle, heftig umkämpfte libysche Festung wird Schauplatz eines zähen Gefechts zwischen einer beinharten Truppe australischer Soldaten unter dem Komando des britischen Offiziers MacRoberts (Richard Burton) und der Panzerbrigade Rommels (James Mason).

Krieg, Abenteuer, Männer, Mut. "The Desert Rats" ist ein Musterbeispiel für den kommerziellen Kriegsfilm der fünfziger Jahre, der die Aufopferungen der Vorgängergeneration auf die denkbar professionellste Art und Weise zu Actionfilmzwecken auszuschlachten wusste. Wenn der Wüstenkrieg in Nordafrika hier als "wahre Höllle" bezeichnet wird, dann verkommt das zur bloßen Makulatur, denn "The Desert Rats" macht vor allem eines: Ganz viel Spaß. Kein hier vorgestellter Charakter ohne einen Funken Sympathie im Leib, keiner, der nicht zumindest ein bisschen Stolz im Leibe hat und schon gar keiner ohne pure Mannesehre. Im Grunde sind alle bloß eine große Familie, selbst die gegnerischen Soldaten stehen einem hier näher als die heimische Familie, die ja sowieso mittelfristig in einer Paralleldimension lebt. Denkwürdig die Szene zwischen Burton und Mason (übrigens eine von nur zwei, in denen letzterer zu sehen ist, der wohl nur engagiert ward, weil er zwei Jahre zuvor schon einmal für die Fox gerommelt hatte): Stolze Kampfgockel, einer geschwelter als der andere, keiner einen Schritt zurückweichend. Und der eine zumindest etwas mehr im Recht - immerhin kämpft er für die "Richtigen"; entlarvend die Figurenzeichnung es alten Trinkers Tom Bartlett (Robert Newton): einst, im Zivilleben MacRoberts' Lehrer, nun ein einfacher Gefreiter und sein Untergebener, der sich selbst als armseliger Feigling outet und am Ende die größte Heldentat vollbringt. Krieg mit Happy End, in "The Desert Rats" wird das Unmögliche möglich gemacht.

6/10

Robert Wise Widerstand Militaer Rommel Nordafrika-Feldzug WWII Tobruk





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Funxton

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