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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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JUNGLE WOLF (Charlie Ordoñez/USA 1986)


"I've been stuck in traffic."

Jungle Wolf (Der Dschungelwolf) ~ USA 1986
Directed By: Charlie Ordoñez

Der Einzelkämpfer und Vietnamveteran Steve Parrish (Ron Marchini) soll mal wieder die Kastanien aus dem Feuer holen: Im mittelamerikanischen Bananenstaat San Sebastian haben die roten Rebellen unter dem verrückten Hernandez (Romy Diaz) einen US-Botschafter (Tony Carreon) gekidnappt, um mit ihm einen den Partisanen-Ältesten Zapien (Joonee Gamboa) aus der Gefangenschaft freizupressen. In San Sebastian angekommen, muss Parrish feststellen, dass er keineswegs offene Türen einrennt, befreit Zapien in einer Nacht- und Nebelaktion und bringt ihn, verfolgt von Regierungstruppen, zu Hernandez. Dieser knallt Zapien kurzerhand ab und nimmt Parrish gefangen. Es gelingt ihm, sich zu befreien, den Botschafter rauszuhauen und den Urwald unter Feuer zu setzen. Am Ende wird er jedoch von der eigenen Regierung verraten und mitten im Feindgebiet zurückgelassen.

Ron Marchini, der Billigactionfilmfans liebstes Turnschuhgesicht und spätestens im Showdown seiner paar Filme häufig im gelben Muskelshirt unterwegs, ersann und produzierte dieses sparsame Sequel zu "Forgotten Warrior" mit seiner Firma "Romarc Inc." im Alleingang und ließ es wiederum von Charlie Ordoñez inszenieren. Die Folge ist eine ziemlich beliebige Abfolge von Ballereien und Explosionen, die den geneigten Zuschauer bei aller Liebe etwas zu ermüden drohen und dessen Geduld und Toleranz auf eine harte Probe stellen. Nicht nur, dass die Lateinamerikaner durchweg sichtbr von Philippinos gespielt werden, offenbart das Drehbuch auch noch herbe politische Unkenntnis. Ständig ist von einem "neuen Vietnam" die Rede, dass es unbedingt abzuwenden gelte und dessentwegen Parrish sich trotz aller heimischen Idylle mit seinem Sohnemann (Dax Nicholas) trotzdem wieder ins Feuer begibt. Heute ist die Parrish-Trilogie, wahrscheinlich zu Recht, weitgehend vergessen - ich persönlich mag sie als nostalgische Frühjugend-Erinnerung immer noch ganz gern. Bin aber zugegebenermaßen nicht sonderlich stolz darauf.

4/10

Charlie Ordoñez Sequel Trash Ron Marchini Independent


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THE MERCENARIES (Jack Cardiff/UK, USA 1968)


"Piss off!"

The Mercenaries (Katanga) ~ UK/USA 1968
Directed By: Jack Cardiff

Kongo, zu Beginn der sechtiger Jahre: Kurz nach dem Abzug der belgischen Kolonialregierung herrscht Aufruhr und Anarchie im Land. Die Söldner Curry (Rod Taylor) und Ruffo (Jim Brown) sollen im Auftrage einer Mining Company und des kongolesischen Präsidenten Ubi (Calvin Lockhart) eine Gruppe Kolonialisten sowie ein größeres Kontigent Diamanten aus einer von Rebellen kontrollierten Zone herausholen. Dazu steht ihnen ein Güterzug zur Verfügung sowie eine mittelmäßig ausgebildete Soldatengruppe, der der nazistische Offizier Henlein (Peter Carsten) vorsteht. Während Curry von dem ursprünglich im Lande beheimateten Ruffo Manches über Moral und menschliche Integrität lernt, schmiedet Henlein bereits eigene Pläne bezüglich der Diamanten. Nachdem der Auftrag unter harten, besonders zivilen Verlusten durchgeführt werden konnte, schlägt Henleins Stunde...

Beinharter Söldnerkracher, der immerhin zehn Jahre vor McLaglens "The Wild Geese" nahezu alles Wichtige zum Thema formuliert und zeigt - in Bildern freilich, deren Farbkompositionen lediglich die Kategorsierung 'Poesie' gerecht wird; die, wenngleich sichtlich nicht in Afrika, sondern in der Karibik aufgenommen, der visuellen Sprache eines Jack Cardiff würdig sind. Wobei das Kameragenie es hier beim Inszenieren belassen hat. Dennoch wird der Mastermind sich nicht lumpen lassen haben, hier und da auch einmal eine Einstellung vorzunehmen. "The African Queen" lässt grüßen.
An "The Mercenaries" ist neben seiner Bildpracht jedoch noch vieles andere denkwürdig: Sein antirassistischer Habitus etwa, der freilich um den Preis einer deutlich expliziteren Gewaltdarstellung als damals im Studiofilm üblich, seinen Platz einnahm; die Musik Jacques Loussiers und die feine Besetzung, innerhalb derer man auch die schöne Yvette Mimieux oder den altgedienten Hammer-Recken André Morell antrifft. Die Jahre haben "The Mercenaries" ein wenig von seiner früheren Wuchtigkeit einbüßen lassen, dennoch ist und bleibt er einer der elementaren Urväter des in den Folgejahrzehnten zur Blüte gereiften Söldnerfilms.

8/10

Jack Cardiff Afrika Kongo Söldner Diamanten


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THE MORTAL STORM (Frank Borzage/USA 1940)


"I've never prized safety. I prized courage."

The Mortal Storm (Tödlicher Sturm) ~ USA 1940
Directed By: Frank Borzage

Als Hitler und die Nazis 1933 in den Reichstag einziehen, stehen Deutschland selbst im tiefsten Bayern noch einschneidende Veränderungen bevor. Der biologische Gleichheit und Antirassismus predigende, jüdische Professor Roth (Frank Morgan) landet alsbald im KZ, sein familiärer Freund Martin Breitner (James Stewart), der Roths Tochter Freya (Margaret Sullavan) liebt, zieht indes die Flucht über die österreichische Grenze vor. Als auch Freya in tödliche Gefahr gerät, kehrt Martin ein letztes Mal zurück, um sie zu sich zu holen.

Eine der ersten Hollywood-Reaktionen auf den von Hitler vom Zaun gebrochenen Zweiten Weltkrieg in Europa, sozusagen ein Avantgarde-Propaganda-Stück. Borzage inszeniert sein Plädoyer für Freiheit und Gleichheit geradeheraus; mit beeindruckender, poetischer Leidenschaft. "The Mortal Storm" wühlt in den Emotionen seines Publikums, besonders denen des deutschen (wenn selbiges auch erst zwölf Jahre nach Kriegsende erstmals offiziell in den Genuss dieses wunderbaren Films kommen durfte), auf eine für die damalige Zeit unerhört intime Weise. Wenn auch nicht sonderlich differenziert, so wird doch versinnbildlichend dargestellt, wie schnell es mit jedweder Entspannung vorbei sein kann, wenn urplötzlich Faschisten das Sagen haben und alles und jeden Andersdenkenden bereits kurz nach der Machtübernahme sukzessive auszumerzen beginnen - durch Drohungen, aktive Gewalt, Wegsperren, Exekution, wenn nötig. Bücherverbrennungen erschüttern die ohnehin von Sorgenfalten gekrauste Stirn des Professors, ehemalige Nachbarn und Freunde, Familienmitglieder gar, lassen sich blind und euphorisch von der braunen Welle mitreißen. Wie gut nachvollziehbar sich da in des jungen Jimmy Stewarts Gesicht Unverständnis, Wut, Trauer und Fassungslosigkeit widerspiegeln angesichts solcher Entwicklungen im einstmals geliebten Vaterland - das lässt staunen und evoziert sogar Empathie, wenngleich hier Hollywood dabei ist, altweltliche Geschichte zu illustrieren.
Mit Ward Bond als sadistischem Nazischergen.

9/10

Frank Borzage Holocaust Nationalsozialismus Widerstand Flucht Bayern Alpen Berge Familie period piece WWII


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THE NIGHT OF THE GENERALS (Anatole Litvak/UK, F 1967)


"Murder is the occupation of Generals."

The Night Of The Generals (Die Nacht der Generale) ~ UK/F 1967
Directed By: Anatole Litvak

Warschau, 1942: Major Grau (Omar Sharif) von der Abwehr will den bestialischen Mord an einer Prostituierten aufklären, den augenscheinlich ein Wehrmachtsgeneral begangen hat. Drei Verdächtige kommen als Täter in Frage: Der paraphil veranlagte von Seidlitz-Graber (Charles Gray), der hintergründige Kahlenberg (Donald Pleasence) und der eben eingetroffene Kriegsheld Tanz (Peter O'Toole). Als Grau zu bohren anfängt, wird er just befördert und nach Paris abkommandiert, wo zwei Jahre später, kurz vor der Verschwörung vom 20. Juli, wiederum alle drei Generäle anwesend sind und wiederum eine Prostituierte getötet wird. Als Grau den Täter ermittelt, wird er von diesem erschossen. Rund zwanzig Jahre später macht sich Inspector Monard (Philippe Noiret), einst bei der Résistance und Dympathisant von Grau auf, den Fall seines ermordeten Freundes zu einem runden Abschluss zu bringen. Die Spur führt nach Hamburg, wo soeben eine Hafendirne erstochen wurde...

Whodunit, Naziploitation, Kitsch, Kriegsfilm, Synopse der Stauffenberg-Verschwörung: "The Night Of The Generals" will Vieles sein, und das Schönste: Er leistet alles von dem, was er sich vornimmt, seinem bravourösen Regisseur Litvak sei Dank. Höchst aufwändig und mit größter Sorgfalt an Originalschauplätzen hergestellt, nutzt Litvak die stattliche Erzählzeit für den Entwurf eines dichten Narrationsnetzwerks mit diversen gleichberechtigt agierenden Pro- und Antagonisten, wiederum verkörpert von einem grandiosen Darstellerensemble höchsten Ranges. An der Spitze des illustren Figurenmosaiks steht natürlich Peter O'Toole mit einer dankbaren Performance als dem Wahnsinn verfallener Herrenmenschen-Soldat. Über seine militärischen Pflichten hinaus Richtung NSDAP-Spitze zu katzbuckeln pflegend und dabei bereits oberflächlich ein Neurosen-Inventar (angesichts dessen Reichhaltigkeit jeder Analytiker feuchte Hände bekäme) bietend, beweist O'Toole nach "Lawrence Of Arabia" erneut, dass er nicht nur zu den großen Exzentrikern, sondern auch zu den großen Könnern der Filmschauspielwelt zählt. Doch auch Pleasence als dem Steinhäger zugetaner Verschwörer und besonders im Kino gern zelebrierten, antinazistischen Wehrmachtsoffizier ist mehr als eine Bank. Ganz kurz gibt sich Christopher Plummer als Rommel die Ehre und wie immer ist ein inspirierendes Vergnügen, "Langstreckenläufer" Tom Courtenay, der eigentlich die geheime Hauptrolle spielt, dessen Name es angesichts all der Leinwandstars jedoch sicherlich an internationaler Zugkraft vermissen ließ, zuzuschauen. Splendid.

8/10

Anatole Litvak period piece Serienmord Nationalsozialismus Widerstand Verschwörung 20. Juli WWII Hans Hellmut Kirst Warschau Paris Hamburg Militär Rommel


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CAPTAIN AMERICA: THE FIRST AVENGER (Joe Johnston/USA 2011)


"This isn't a back alley, Steve, this is war!"

Captain America: The First Avenger ~ USA 2011
Directed By: Joe Johnston

Die Allieerten sägen bereits beträchtlich an Hitlers Thron, als der schmächtige Gefreite Steve Rogers (Chris Evans) sich bereit erklärt, am Supersoldaten-Experiment des Wissenschaftlers Dr. Erskine (Stanley Tucci) teilzunehmen: Dieses soll dazu dienen, die Physis des Probanden mittels eines speziellen Serums und Bestrahlungen zu perfektionieren. Tatsächlich wird Steve zum Muskelprotz - seine "Mission" besteht vorläufig aber darin, an der "Heimatfront" für Kriegsanleihen zu werben. Erst ein Abstecher nach Europa macht ihm bewusst, dass seine Fähigkeiten in ganz anderer Form genutzt werden müssen. Auch der Nazi Johann Schmidt (Hugo Weaving) hat nämlich mit dem Supersoldaten-Serum herumexperimentiert und ist zum bösen, nunmehr der Organisation 'Hydra' vorstehenden Red Skull geworden. Und dessen Entschlossenheit stellt selbst Hitlers Machtstreben in den Schatten.

Marvels letzter Wegbereiter bevor es im nächsten Frühling endlich heißen soll: "Avengers assemble!" Nach Hulk, Iron Man und Thor nun also der finale elementare Baustein der Ur-Besetzung des Teams, der bereits 1942 in Print-Aktion getretene Captain America. Der einstmals patriotischste aller Comichelden trägt, nach all den Jahren und seinem mittlerweile handelsüblichen Tod mitsamt Auferstehung, zwar immer noch seine ikonischen Sterne und Streifen in rotweißblau, ist aber längst nicht mehr der systemtreue Naivling, als den ihn ungebildetere Zeitgenossen so gern hinzustellen trachten. Außerdem ist er die erste Figur, die durch einen inhaltlichen Kunstgriff vom Golden- ins Silver Age überführt wurde. Wie man zu Beginn der Sechziger erfährt, war Steve Rogers nämlich rund zwanzig Jahre lang in einem Eisblock eingeschlossen, konnte durch seine gesteigerten körperlichen Fähigkeiten jedoch überleben. Für die aktuelle Adaption, der vierten nach einem alten Serial aus den Vierzigern, zwei TV-Produktionen mit Reb Brown von 79 und einem rund zwanzig Jahre alten, keinesfalls so mies wie behauptetem B-Schinken von Albert Pyun, mussten daraus fette sieben Dekaden werden, wodurch der "Zeitsprung" des Helden natürlich noch deutlich an Brisanz gewinnt. Da "Captain America: The First Avenger", wie jeder Superheldenfilm ohne Ordnungszahl hinterm Titel, primär dazu dient, die origin der Titelfigur auszuwalzen, bleibt man von großen Charakterwandlungen und -wendungen verschont. Als Regisseur empfahl sich der ansonsten völlig medioker zu Erke gehende Auftragsfilmer Joe Johnston dennoch; immerhin hat er vor zwanzig Jahren das schöne vintage superhero movie "The Rocketeer" inszeniert, in dem es ebenfalls um einen wissenschaftlich bzw. technisch "verbesserten" Helden und gegen die Nazis geht. Heute dürfte es Johnston um einiges leichter gehabt haben, seinen Stoff zu illustrieren; immerhin sind Superhelden im Kino anno 11 (noch) der letzte Schrei. "Captain America" bleibt auch qualitativ vollends im Rahmen seiner Mitstreiter. Zu ambitioniert, um kläglich abzustinken, zu gedrungen, um wirklich toll zu sein, bietet Johnstons Film exakt das, was man von ihm erwarten kann.

7/10

WWII Marvel Monster Joe Johnston Comic Captain America Superhelden


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MASTER AND COMMANDER: THE FAR SIDE OF THE WORLD (Peter Weir/USA 2003)


"You want your children to sing the "La Marseillaise?""

Master And Commander: The Far Side Of The World (Master And Commander - Bis ans Ende der Welt) ~ USA 2003
Directed By: Peter Weir

Im Jahre 1805 kreuzt die Fregatte 'H.M.S. Surprise' der Royal Navy in Richtung Südsee, um das französische Kriegsschiff 'Acheron' zu kapern, das den Kriegszug Napoleons auf dem Seeweg bis in die Kolonien tragen soll. Der Captain der Surprise, ein erfahrener Seekriegs-Haudegen namens Jack Aubrey (Russell Crowe), lässt sich zweimal fast von der Acheron überlisten, bis er im Zuge einer teils von immens glücklichen Zufällen überschatteten Aktion das feindliche Schiff übernehmen kann.

Meisterlicher Abenteuerfilm von Peter Weir, der den Zauber vergleichbarer alter Hollywood-Produktionen wie Walshs "Captain Horatio Hornblower R.N." beschwört, ohne jedoch Gefahr zu laufen, die natürliche Patina jener Werke aufzugreifen und stattdessen einen technisch makellosen, bald jungenhaften Seekriegsfilm alter Schule schafft, der seinen fast schon aggressive Anachronistik zu seiner stärksten Waffe macht: Unter Aufwendung aller gegenwärtigen Möglichkeiten und dazu parallel ohne jedwede Anbiederung an postmoderne Kino-Couture geht Weir stur seinen Weg und erzählt seine Geschichte, als gelte es, viktorianischen Jungs von 13 Jahren den Atem zu rauben. Dass er dabei - mit Verlaub - auf das potenzielle Gegenwartspublikum pfeift wurde ihm am Box Office quittiert: "Master And Commander" floppte erwartungsgemäß brutal. Umso schöner, dass dieser offenkundige Kindheitstraum so naturbelassen zu sehen ist. Einer von Weirs schönsten und besten Filmen, so viel ist mal sicher.

10/10

Peter Weir Napoleonische Kriege period piece Seefahrt


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GALLIPOLI (Peter Weir/AU 1981)


"I'll see you when I see you." - "Yeah. Not if I see you first."

Gallipoli ~ AU 1981
Directed By: Peter Weir

Australien, 1915: Der talentierte Sprinter Archy Hamilton (Mark Lee) will trotz seiner 17 Jahre unbedingt zur leichten Kavallerie, um den Briten bei Gallipoli im Kampf gegen die Türken beizustehen. Der nur wenig ältere Frank Dunne (mel Gibson), den Archy bei einem Wettkampf kennenlernt und mit dem ihn bald eine enge Freundschaft verbindet, lässt sich mitreißen, landet jedoch bei der Infanterie. Dennoch treffen die beiden sich im Einsatz wieder, allerdings unter furchtbaren Umständen: Die völlig verblendete Admiralität schickt die australischen Soldaten mitten ins Sperrfeuer der türkischen MGs, nur, um angeblich den Vorstoß der Briten zu decken.

Weirs trauriges Kriegsepos steht ganz in der Tradition von Remarques "Im Westen nichts Neues": Unfähig, das Frontgeschehen realistisch einzuordnen, folgen praktisch jugendliche Rekruten dem verlogenen Lockruf von Patriotismus und Ehre und glauben, dass ihre Uniformen vor allem dazu dienen, junge Damen zu beeindrucken. Im Falle der Australier und Neuseeländer, die im Laufe des Stellungskrieges bei Gallipoli zu Tausenden von der türkischen Gegenwehr aufgerieben wurden, ist dieses Kapitel von besonderer Bitterkeit, stellten sich die Jungsoldaten doch im Prinzip auf eine Seite, die bestenfalls im übertragenen bzw. im Commonwwealth-Sinne die ihrige war, nur um dann als Kanonenfutter verheizt zu werden. Gibson, damals noch jung und noch nicht von der Prä-Senilität angegriffen, und besonders sein Partner Lee repräsentieren eingängig jenes wehmütige Kapitel des Abschieds von der Unschuld, das selbst die Überlebenden dereinst nurmehr als Krüppel wird heimkehren lassen. Auditiv höchst beeindruckend: Der Einsatz von Jarres "Oxygene (Pt. 2)" vor den Laufsequenzen neben vornehmlich klassischer Musik von Strauß und Bizet.

9/10

Coming of Age Peter Weir WWI Ägypten Australien Sport Historie period piece Freundschaft


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THE SAND PEBBLES (Robert Wise/USA 1966)


"Hello, Engine; I'm Jake Holman."

The Sand Pebbles (Kanonenboot am Yangtse-Kiang) ~ USA 1966
Directed By: Robert Wise

China, 1926: Die verworrene politische Situation im Reich der Mitte ebnet dem Nationalisten Chiang Kai-shek den Weg, während den ausländischen Kräften im Land zunehmendes Misstrauen entgegenschlägt. Vor diesem Hintergrund wird der Maschinist Jake Holman (Steve McQueen) auf das auf dem Yangtse kreuzende Kanonenboot 'San Pablo' versetzt. Es dauert nicht lang, bis der misstrauische Holman die eigenwilligen hierarchischen Strukturen um die Besatzung durchschaut; dennoch gewinnt er einige wenige gute Freunde, darunter den Kuli Po-han (Mako) und den warmherzigen Frenchy (Richard Attenborough). Selbst mit dem linientreuen, aber gerechten Captain (Richard Crenna) kommt Holman aus. Dennoch wird die äußere Situation weiter zunehmend brenzlig, bis den Amerikanern allerorten offener Hass entgegenschlägt und die Evakuierung einer Mission flussaufwärts nurmehr unter schweren Verlusten zu bewerkstelligen ist.

Eines der besonders flamboyanten Beispiele für das sterbende Studiokino der Sechziger: Aufwändig, überlang, gehalten in der klassischen Struktur mit Ouvertüre und Intermission berichtet "The Sand Pebbles" von historischen Dramen vor exotischem Hintergrund. Eine feine Besetzung mit ein paar Stars und Newcomern (die als hero's love interest zu sehende Candice Bergen etwa stand gerade am Anfang ihrer Karriere) transportiert die zwischenmenschlichen Tragödien, die Jake Holman jeweils nur Momente des Glücks bescheren, bevor seine Freunde nach und nach irgendwelchen Schicksalsschlägen zum Opfer fallen. Man staunt und lässt sich all das gern gefallen; wirklich mitreißend wie etwa bei David Leans großen Leinwand-Opern ist es aber nie. Und genau aus dieser Tatsache heraus erklärt sich gleichermaßen auch der Niedergang des alten Hollywood, das man in einigen älteren Produktionen Wises ohnedies bereits überkommen wähnte: Trotz Überambition, höchster Professionalität und altbekannter Qualitäten scherte es einfach niemanden mehr, was da auf der Leinwand vor sich ging; trug es sich doch schlicht allzu fernab der bitteren Lebenswirklichkeit zu und bot einen pathetischen Eskapismus, den kaum mehr jemand aus der jungen Generation zu schlucken bereit war. Dieses Misstrauen in die eigene Gestalt, und parallel dazu die Angst davor, luziden Größenwahn wie in den Bronston-Produktionen abzuliefern, merkt man dem hier und da allzu verhaltenen "The Sand Pebbles" deutlich an. Entsprechend zwiespältig ist er, überwiegend positiver Tendenzen zum Trotze.

7/10

Robert Wise China period piece Freundschaft


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FOR WHOM THE BELL TOLLS (Sam Wood/USA 1943)


"Nothing can ever part us now, can it?"

For Whom The Bell Tolls (Wem die Stunde schlägt) ~ USA 1943
Directed By: Sam Wood

Kastilien, 1937: Die Franquisten gewinnen an Boden, während der republikanisch-liberale Widerstand in den Provinzen zunehmend geschwächt wird. Der amerikanische Partisan und Sprengstoffexperte Robert Jordan (Gary Cooper) unterstützt die Guerilla, indem er brisante Aufträge von der Generalität annimmt und ausführt. Seine jüngste Mision führt ihn in die Berge vor Segovia, wo er eine nachschubsichernde Brücke sprengen soll. Zuvor trifft er dort eine kleine Schar Widerstandskämpfer, darunter die resolute Pilar (Katina Paxinou), der zwielichtige Pablo (Akim Tamiroff) und die schöne María (Ingrid Bergman), in die Robert sich heftig verliebt.

Hemingway nahm Sam Wood die Verfilmung seines Romans, der sich auf der Leinwand in eine glühende, üppige Farb-Schmonzette verwandelte, ziemlich übel. Die Paramount zielte wie sämtliche der übrigen Studios darauf ab, das Konkurrenzwerk "Gone With The Wind" zu toppen, was jedoch aussichtslos blieb, trotz Hemingways wunderbaren Stoffs und seiner politisch höchst integren Aussage. Letzten Endes läuft das in dramaturgischer Hinsicht eher kammerspielartig gehaltene, in den schroffen Sierras von Kalifornien und im plüschigen Studio-Atelier gefilmte Drama ohnehin bloß darauf hinaus, Cooper und die Bergman als Traumpaar zu verkaufen, was die Inszenierung dann auch meisterlich bewerkstelligt. Das Ende mitsamt einem der heroischsten Heldentode der Filmgeschichte ist herzzereißend und nötigt mir jedesmal wieder ein Tränchen ab. Die Bergman war nie schöner und erotischer denn als "cropped head", der Cooper selbigen so gut wie mühelos verdreht.
Vieles kann man an "For Whom The Bell Tolls" auch schwach finden, oder ihm vorwerfen; dass er sülzig und trivial ist etwa, dass die Spanier statt rustikalem Spanisch ein rustikales Englisch mit spanischem Akzent sprechen (ein Problem freilich, dass sich Hemingway bereits beim Schreiben seines Romans stellte und nach vielerlei Ansicht nur unbefriedigend von ihm gelöst wurde), dass die Figuren Abziehbilder und Klischees sind. Dann wird man vor lauter Griesgrämigkeit aber einen herrlich romantischen Film mit traumhaft schöner Musik von Victor Young versäumen, baucherwärmende Bilder in Dreistreifen-Technicolor und die schönsten Close-Ups von der Bergman, die es im Kino gibt. Man entscheide selbst.

9/10

Berge Ernest Hemingway Sam Wood Spanischer Bürgerkrieg period piece


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IRONCLAD (Jonathan English/UK, USA, D 2011)


"You're not a coward."

Ironclad ~ UK/USA/D 2011
Directed By: Jonathan English

Nachdem König John (Paul Giamatti) im Juni 1215 die Magna Charta unterzeichnet hat, gibt er sich mitnichten mit der Aufgabe seines Throns zufrieden. Stattdessen heuert er eine Horde dänischer Krieger an, mit deren Hilfe er den Thron zurückzuerobern sucht. Auf seinem folgenden, blutigen Privatfeldzug massakriert John unter anderem einen Abgesandten (Marcus Hoyland) des Papstes. In Canterbury haben derweil Erzbischof Langdon (Charles Dance) und der Freiherr von Albany (Brian Cox) von Johns ungeheuerlichem Vorgehen vernommen. Mit kirchlichem Segen macht sich Albany auf, eine schlagkräftige, siebenköpfige Söldnertruppe zusammenzustellen, die strategisch entscheidende Burg von Rochester zu nehmen und gegen den marodierenden König und seine Männer zu verteidigen, bis Hilfe vom französischen Festland naht.

Furios gefertigte Mittelalter-Action und innerhalb dieses bei genauerer Betrachtung doch recht rar besetzten Genres einer der lohnenswertesten Filme, die ich bislang zu Gesicht bekommen habe. Jonathan English steht ein grandioses Darsteller-Ensemble zur Verfügung, das er reichhaltig zu nutzen weiß; hinzu kommt seine ganz besonders an der akuraten Schilderung von Zeitkolorit und Milieu interessierte Inszenierung. Dabei fabuliert er, anders als etwa Verhoeven in seinem vorsätzlich dreckigen "Flesh & Blood", das Hochmittelalter als eine Ära herbei, die zwar von wesentlicher, oberflächlicher Hässlichkeit durchzogen ist, in der Mannesehre, Freundschaft und Gottvertrauen jedoch feste Werteplätze bekleiden. Anders formuliert: Die klassischen Ingredienzien tapferer Helden, hundsföttischer Bösewichte und schöner Edeldamen finden allesamt ihre Position und irgendwie gehören sie ja auch genau hierher.
Die Darstellung der reichhaltig vorhandenen Kampfesszenen geschah wie mittlerweile üblich mit der Shutterkamera; der diesbezügliche Gewöhnungseffekt hat sich jetzt endlich auch bei mir eingestellt. Ansonsten ist "Ironclad" von bemerkenswerter, splattatternder Brutalität, die entsprechende Merkmale jedes anderen Historienfilms der letzten Jahre durchweg in den Schatten stellt. Als die FSK "Ironclad" ungeschnitten mit einer 16er-Freigabe durchgewunken hat, muss ein Ufo über dem Gebäude geschwebt sein. Oder die Damen und Herren haben parallel zur Filmbeschau ihre Aufmerksamkeit vornehmlich "Angelika Kallwass" gewidmet. Egal, schauen und staunen.
Entschiedene Empfehlungen sind sonst meine Sache nicht, aber wer historische Schlachtengemälde im Allgemeinen und Mittelalterfilme im Besonderen mag, kommt an "Ironclad" nicht vorbei.

8/10

Ritter Mittelalter Jonathan English Belagerung period piece Historie





Filmtagebuch von...

Funxton

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