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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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GIÙ LA TESTA (Sergio Leone/I 1971)


"When there's revolution, there's confusion."

Giù La Testa (Todesmelodie) ~ I 1971
Directed By: Sergio Leone

Zwei ungleiche Männer ziehen sich gegenseitig hinab in die Wirren der Mexikanischen Revolution: Sowohl für den Strauchdieb Juan Miranda (Rod Steiger) als auch den exilierten irischen Ex-Rebellen John Mallory ist 'Revolution' zunächst kein Thema. Miranda gibt sich betont opportun und unpolitisch, während Mallory als Revoluzzer im eigenen Lande Freundschaftsverlust und Verrat erlebt hat und just davor eigentlich fliehen wollte. Als sie dann doch auf Seiten Zapatas aktiv werden und sich den bösartigen Colonel Reza (Antoine Saint-John) zum Feind machen, erleben die beiden, bald zu Freunden gewordenen Männer die ganze Palette von blutigen Preisen, die im Zuge eines Regierungssturzes bezahlt werden müssen.

Und wieder zurück zu jener Mischung aus Humor und Elegie, die zwei Filme vorher bereits "Il Buono, Il Brutto, Il Cattivo" auszeichnete. Demonstrativ geäußertes politisches Desinteresse und Ignoranz werden ersetzt durch moralische Integrität; der schlitzohrige Einzelgänger ist schließlich bloß ein Staubkorn angesichts des furchtbaren Sturms, den das Wesen des Krieges entfacht. Nach dem ersten, eher luftig angelegten Drittel, in dem Miranda und Mallory sich kennen lernen, gegenseitig aufs Kreuz legen und ihre erste gemeinsame Mission, nämlich die Befreiung politischer Häftlinge, durchführen (Miranda freilich noch unfreiwillig), ändert sich der Ton schlagartig. Einem Massaker, das die beiden Freunde an einer Regierungstruppe begehen, folgen der Mord an Mirandas Familie, eine erst durch den Verrat des zuvor gefolterten Dr. Villega (Romolo Valli) ermöglichte Massenexekution im strömenden Regen und schließlich die finale Abrechnung mit Reza. Die Toten türmen sich meterhoch und machen "Giù La Testa" zu Leones kompromisslosestem Film. Dazu bekommen wir eine der schönsten Filmmusiken, die Ennio Morricone je komponierte und die mit ihrer teils bahnbrechenden Traurigkeit bereits auf das große Meisterwerk "Once Upon A Time In America" hindeutet. Rod Steiger beweist erneut, welch ein fantastischer Schauspieler er war und auch der pferdegebissige Coburn ist großartig wie immer. Mir hat "Giù La Testa" heuer im Direktvergleich besser gefallen als "C'Era Una Volta Il West", weil Leone hier darauf verzichtet, gleich von Beginn an Oper um der Oper Willen zu präsentieren, sondern sein Epos sich fast unmerklich und ganz von allein entfalten lässt, bis man am Ende wie erschlagen im Sessel sitzt.

10/10

Sergio Leone Mexiko Mexikanische Revolution period piece Historie Irische Revolution Amerika-Trilogie Freundschaft Rache Italowestern


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THE BRIDGE ON THE RIVER KWAI (David Lean/USA, UK 1957)


"You're two of a kind, crazy with courage. For what? How to die like a gentleman. How to die by the rules - when the only important thing is how to live like a human being!"

The Bridge On The River Kwai (Die Brücke am Kwai) ~ USA/UK 1957
Directed By: David Lean

Thailand, 1943. Als der ein mitten im Urwald liegendes Kriegsefangenenlager kommandierende Colonel Saito (Sessue Hayakawa) den britischen Oberst Nicholson (Alec Guinness) und dessen Regiment übersandt bekommt, ahnt der fanatische, japanische Offizier nicht, dass ein ihm in punkto Dickköpfigkeit ebenbürtiger Duellant ins Haus steht. Nicholson weigert sich strikt, Saitos der Genfer Konvention widersprechender Anordnung, derzufolge auch die Offiziere beim geplanten Bau einer Brücke über den Fluss Kwai körperlich arbeiten sollen, Folge zu leisten. Dafür wird er geschunden und gefoltert, kann sich am Ende jedoch gegen Saito, der die Brücke termingerecht fertiggestellt bekommen muss, durchsetzen. Damit nicht genug wird der Brückenbau bald zu Nicholsons höchstpersönlicher Obsession und zu einem widersinnigen Symbol für den ungebrochenen Kampfgeist der britischen Armee. Der aus Saitos Lager entkommene Amerikaner und Hochstapler Shears (William Holden) erhält schließlich den Auftrag, Nicholsons Brücke im Zuge eines waghalsigen Kommandounternehmens zu sprengen...

Mit "The Bridge On The River Kwai" begann ein neuer Abschnitt in der Regisseurs-Karriere David Leans. Bereits populär geworden durch einige, vergleichsweise spartanisch gefertigte britische Kunstwerke, fertigte Lean ab 1957 nurmehr große, prachtvolle Historienepen mitsamt Überlänge und Breitformat, die ihm jeweils immer gigantischere Meriten eintrugen und immer ausgedehntere kreative Pausen nach sich zogen. Dies hatte zur Folge, dass Lean in den knapp drei Dekaden zwischen 1957 und 1984 nur fünf Filme inszenierte, wobei der Abstand zwischen den letzten beiden immerhin satte vierzehn Jahre betrug. Die sich leicht als Trilogie um angeknackste Helden im Clinch der Geschichte lesen lassenden ersten drei Meisterwerke dieser absoluten Phalanx großer Kinokunst beginnt eben mit "The Bridge On The River Kwai", einem Kriegsopus, das um ganze fünf in Identitätskrisen befindliche Männer kreist. Da sind der japanische Offizier Saito, dessen Lebensmaxime sich gänzlich aus dem Bushidō speist, sein in berufsethischer Hinsicht nicht minder verbohrter, englischer Berufsgenosse Nicholson, dessen bürokratische Kriegssicht ihn langsam den Verstand kostet, der flapsige und zynische Amerikaner Shears, ein reiner Opportunist und Antiheld, schließlich der wiederum fanatische Brite Warden (Jack Hawkins), prinzipiell ein Bruder Nicholsons im Geiste, am Ende jedoch dessen letztes Verhängnis und schließlich der Sanitätsoffizier Clipton (James Donald), der einzige Mann dieses Quintetts, der eine klare Sicht der Dinge wahren kann. Abseits von der sorgfältig ausgearbeiteten und jeweils brillant dargestellten Charakterzeichnung dieser Figuren sowie einem allgegenwärtigen Galgenhumor wirft Lean natürlich auch diverse Schauwerte in die Waagschale, man denke nur an die ausufernde Natursymbolik - beispielsweise die bei einem Dschungelgefecht aufsteigenden Scharen von Fledermäusen.
Die kulturelle Hinterlassenschaft dieses großen Kunstwerks zuvorderst: "The Bridge On The River Kwai" ist ein Film, an dem man aufgrund seiner perfekten Stimmigkeit und Balance auch nach 55 Jahren rein gar nichts ändern möchte.

10/10

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TWELVE O'CLOCK HIGH (Henry King/USA 1949)


"I think I shall stay drunk until I'm not confused anymore..."

Twelve O'Clock High (Der Kommandeur) ~ USA 1949
Directed By: Henry King

Nachdem Colonel Keith Davenport (Gary Merrill) sich emotional allzu sehr in die Führung der noch frisch in England stationierten 918. Bomberstaffel der USA Air Force hat involvieren lassen, wird er seines Kommandos enthoben. An Davenports Stelle tritt sein guter Freund General Savage (Gregory Peck), der sich vornimmt, einen anderen, deutlich härteren Kurs als Davenport einzuschlagen, was ihm zunächst auch gelingt. Recht bald muss Savage jedoch einsehen, dass sture Geradlinigkeit und menschliche Wärme sich tatsächlich nur schwer auf denselben Nenner bringen lassen.

In einer der besten und differenziertesten Darstellungen, die man von ihm genießen kann, gibt Gregory Peck in diesem Film seines Hausregisseurs Henry King den symbolisch getauften Offizier Frank Savage, der als couragierter Schreibtischhengst ein grandioser militärischer Analytiker sein mag, dessen weicher Kern unter rauer Schale jedoch bald sichtbarer wird als es ihm lieb ist. Als sich unter schweren anfänglichen Interferenzen erstmal die richtige Wellenlänge zwischen ihm und seinen Männern eingestellt hat, beginnt er, exakt dieselben "Fehler" zu machen wie sein Vorgänger und Freund Keith Davenport und bezahlt sein immenses Verantwortungsbewusstsein und den humanistischen Sieg der Empathiefindung mit einem schweren Nervenzusammenbruch, die wiederum eine Kommandoablöse fordern. "Twelve O'Clock High" geht es weniger um die Darstellung des Kriegs als Männerabenteuer, wie es zu dieser Zeit etwa diverse Filme mit John Wayne zu praktizieren pflegten, sondern um die durchaus differenzierte Darstellung des Militärpersonals als austauschbare Zahnrädchen. Menschlichkeit ist für die Stabsführung ein Fremdwort und sollten dioe Sympathien doch einmal allzu innig und damit professionalitätsgefährdend werden, ist ein personneler Wechsel vonnöten. Ähnlich wie später "Saving Private Ryan" gestaltet sich Kings Film in Rückblendenform und ähnlich wie Spielbergs eher von Schauwerten dominiertes Drama nimmt sich "Twelve O'Clock High" heraus, heroischem Soldatenrum eine kleine Heldenballade zu stiften. Nur nimmt man dies hehre Ansinnen dem vorliegenden Werk allein aufgrund seiner periodischen Verbundenheit als wesentlich authentischer ab.

9/10

Henry King WWII Luftkampf England Freundschaft


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THE RAID (Hugo Fregonese/USA 1954)


"Take the flag. It's yours."

The Raid (Unter zwei Flaggen) ~ USA 1954
Directed By: Hugo Fregonese

Zusammen mit sechs weiteren Konföderierten-Offizieren gelingt Major Benton (Van Heflin) die Flucht aus einem Unionsgefängnis über die kanadische Grenze. Die Männer erhalten den Auftrag, parallel zu Shermans Vorstoß nach Savannah den Krieg in den Norden zu tragen und dort Kleinstädte im Grenzgebiet zu überfallen. Diese Aktionen sollen dafür sorgen, dass kurzfristig Militär vom Süden abgezogen werden muss. Als erstes steht das beschauliche Städtchen St. Albans auf dem Plan. Hier gibt sich Benton als kanadischer Geschäftsmann aus, der ein Farmgrundstück erwerben möchte. Er kommt bei der Witwe Bishop (Anne Bancroft) unter und verliebt sich in sie. Dennoch drückt Benton seine Pläne mit aller Macht durch, selbst um den Preis hoher persönlicher Verluste.

Eiun kleiner Rohdiamant unter den Kriegswestern, von Fregonese mit einer stattlichen Besetzung (neben Heflin und der Bancroft gibt es Lee Marin, Richard Boone, Peter Graves und Claude Akins zu bewundern) für das Mini-Studio Panoramic gemacht. Verliehen wurde "The Raid" später von der Fox, doch die gedämpften production values, die sich etwa in einer relativ schmucklosen Farbgestaltung widerspiegeln, sind unverkennbar. Als umso wichtiger nimmt sich der Kern der Geschichte aus, der starke Diskurse über persönliches Ethos in Kriegszeiten verhandelt und eine kärgliche, von vornherein zum Scheitern verurteilte Romanze beschreibt.
In höchste moralische Bedrängnis gerät Benton, als er seinen unzuverlässigen Kameraden Keating (Marvin) zu erschießen genötigt wird und von den ahnungslosen Bürgen von St. Albans als Held des Nordens gefeiert wird. Unfähig, die in diesen Momenten höchst akute Wahrheit auszukotzen steht der strahlende Ritter wider Willen hier kurz vorm Zusammenbruch. "The Raid" ist voll von solcherlei Spitzfindigkeiten und mittels einer inneren Spannung komponiert, vor deren Ausgereiftheit man nur den Hut ziehen möchte.

8/10

Hugo Fregonese Sezessionskrieg Militär Vermont


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THE BOYS IN COMPANY C (Sidney J. Furie/USA, HK 1978)


"Move it up until the private in front of you smiles."

The Boys In Company C (Die Boys von Kompanie C) ~ USA/HK 1978
Directed By: Sidney J. Furie

1968 durchlaufen einige junge Marine-Rekruten einen harten Drill, bevor sie nach Vietnam entsendet werden, um dort einige ihnen teils äußerst widerstrebende Missionen durchzuführen. Ein völlig inkompetenter Platoon-Führer (Scott Hylands), die miese, imperalistische Moral der US-Armee und andere Angelegenheiten machen ihnen ihren lebensgefährlichen Job alles andere als leicht.

In der zweiten Welle von Vietnamkriegs-Filmen gegen Ende der Siebziger befand sich neben den beiden großen Meisterwerken "The Deer Hunter" und "Apocalypse Now" auch dieses Kleinod, dass ganz ohne große Skandale, zwanghafte Regisseure oder Stars auskommen musste und seine Sache dennoch vortrefflich bewerkstelligt. Der sich bei Cimino als Identitätsverlust und bei Coppola als metaphorische Bilderwelt manifestierende Kriegsirrsinn zeigt sich in "The Boys In Company C" Furie im Zuge einer höchst realistischen Schilderung: Einige stinknormale Prä-Twens, teils auf der Flucht vor bürgerlichen Existenzfallen, teils auf der Suche nach lockeren Geschäften oder auch einfach nur Opfer der eigenen Bildungsferne, lässt sich anwerben, um für die USA Weltpolizei zu spielen. In Südostasien angekommen stehen sie einer Mischung aus Fremdkultur und Entwicklungsland gegenüber, werden in einen für sie kaum nachvollziehbaren Bürgerkrieg verwickelt, mit Geschlechtskrankheiten infiziert oder heroinsüchtig. Von Sperrfeuer, Landmienen und Guerillaangriffen gar nicht zu reden. Furie involviert sich selbst nur so weit wie eben nötig in seine Inszenierung und scheut selbst vor banal erscheinenden Allerweltsepisoden nicht zurück. Es bedarf eben nicht immer gleich Wagner, um großes Kino zu machen. Dass am Ende ein Amateur-Fußballspiel über persönliche Ehrbegriffe entscheidet, krönt "The Boys From Comany C" geradezu. Schließlich hat's noch R. Lee Ermey, realer Veteran und Ex-Drill-Instructor, in seiner ersten von diversen zumeist sehenswerten und bisweilen bereits legendären Filmrollen ebendiesen Zuschnitts.

8/10

Sidney J. Furie Vietnamkrieg Vietnam period piece Militär Ausbildung Freundschaft Fußball


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TROPIC THUNDER - DIRECTOR'S CUT (Ben Stiller/USA, UK, D 2008)


"We're supposed to be a unit!" - "Suck my unit."

Tropic Thunder - Director's Cut ~ USA/UK/D 2008
Directed By: Ben Stiller

Um einige Derbheiten reicher gestaltet sich der rating-freie Director's Cut von Ben Stillers frecher Studio-Satire, für den, um man ihn hierzulande sehen zu können, man einen Blu-ray-Player benötigt. Insgesamt hat mir der Film dennoch etwas weniger gut gefallen als beim ersten Mal und die Satire kam mir nicht mehr ganz so schnittig vor sowie um den einstigen, seinerzeit Staunen machenden Überraschungseffekt beraubt. Trotzdem bleibt "Tropic Thunder" ein recht erquicklicher Spaß um den Traumfabrik-Wahnsinn der alles verschlingenden US-Filmindustrie, der jedoch als Produkt ebendieser Dienstleistungssparte wiederum genügend Vernunft wird walten lassen, um niemandem aus dem realen Biz wirklich ans Bein zu pinkeln. Dass die Darsteller allesamt zur Eigenverballhornung fähig sind, wenn nicht sogar neigen, haben sie ja längst alle mal unter Beweis gestellt. Ben Stiller zum Beispiel ist ja eine wandelnde Selbstparodie (und sieht dennoch stets aus wie aus dem Ei gepellt, der eitle Geck), insofern soll er ruhig den leicht debilen Star auf Oscar-Fang geben. Im Endeffekt ist das vermutlich ohnehin er selbst.

7/10

D.C. Ben Stiller Frat Pack Satire Groteske Vietnam Heroin Drogen Film im Film Hollywood


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VON RICHTHOFEN AND BROWN (Roger Corman/USA 1971)


"When you hunt, you think about your hunting, don't you?"

Von Richthofen And Brown (Manfred von Richthofen - Der Rote Baron) ~ USA 1971
Directed By: Roger Corman

1916 kommt der frühere Kavallerie-Soldat Manfred von Richthofen (John Phillip Law) zur bei Verdun stationierten Jagdstaffel 2, wo er sich als unkonventioneller, aber ebenso genialer Luftkämpfer einen Namen macht. Von Richthofen steigt schließlich zu einem der Popstars des Kaiserreichs auf, doch auf der Gegenseite lauert schon sein späterer Todfeind, der kanadische Mechaniker Roy Brown (Don Stroud), der eine wesentlich bodenständigere Einstellung zur Kriegsführung besitzt als dessen Kontrahent von Richthofen.

Einer von Cormans besten Filmen, der den erklärten Produktionsökonomen einmal mehr als Regisseur von Weltformat ausweist, so ihm nur die entsprechenden monetären Mittel zur Verfügung standen. In einer sonderbaren Mischung aus großer Faszination und kühler Distanziertheit nähert sich Corman der späten Vita des legendären Roten Barons an, der ja noch heute als einer der wenigen deutschen Schlachtfeldhelden zweier Weltkriege gilt, welche man fasziniert observieren kann, ohne unmittelbar in den Verdacht des unverhältnismäßigen Verschuldungspatriotismus zu geraten. Eng verbunden ist dieser Umstand liegt natürlich auch mit von Richthofens Einstellung zu den Dingen. Seine offene Rivalität zu dem bereits damals nazistisch auftretenden Kampfgenossen Hermann Göring (Barry Primus) verhilft ihm dabei ebenso zu gesteigerter Sympathität wie seine Hinterfragung des vom Vater (Ferdy Mayne) eisern verteidigten Standesdünkels der kaiserlichen Gesellschaft. Doch auch von Richthofens Widersacher Roy Brown (dessen tatsächlicher Abschuss des Roten Barons später als historisch unwahrscheinliches Faktum dargelegt wurde) erlebt dem Filmtitel gemäß eine tiefere, tatsächlich sogar noch deutlich empathischere Charakterisierung. Er gibt sich angeekelt von dem tradierten Kriegsbegriff der Briten, die ungeniert auf ihren Gegner trinken und versucht, seinem bluitigen Geschäft einen Hauch Menschlichkeit abzuringen. In der wahrscheinlich schönsten und bedeutungsvollsten Szene des Films flirtet er mit einer schönen Französin, die am Fenster ihres Hauses steht und lädt sie zu einem Motorradausflug ein. Als sie ihm die Tür öffnet, stellt er mit schwerlich verborgenem Entsetzen fest, dass sie kriegsversehrt ist und nur ein Bein hat. Mit einer ihm gerade zurecht kommenden Einsatz-Ausrede entschuldigt er sich und verspricht, wiederzukommen. Ob er diese Ankündigung einhält, verschweigt der Film, aber begründete Zweifel bleiben. In einem Krieg ist keiner frei von Schuld, auch nicht der Gewinner.

8/10

Roger Corman WWI Fliegerei Luftkampf Manfred Von Richthofen Biopic


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THE CHARGE OF THE LIGHT BRIGADE (Tony Richardson/UK 1968)


"Has anybody seen my regiment?"

The Charge Of The Light Brigade (Der Angriff der Leichten Brigade) ~ UK 1968
Directed By: Tony Richardson

Im Jahre 1851 kehrt der Indien-Veteran Captain Nolan (David Hemmings) nach England zurück und findet sich fortan dem Oberkommando des exzentrischen Lord Cardigan (Trevor Howard) unterstellt, mit dem er immer wieder aneinandergerät und der ihn schließlich wegen einer etikettischen Lappalie (Nolan trinkt in Cardigans Casino Burgunder statt Champagner) in Haft nehmen lässt. Parallel dazu verlebt Nolan jedoch auch glückliche Tage mit seinem alten Freund Morris (Mark Burns) und dessen Frau Clarissa (Vanessa Redgrave), die ein Auge auf Nolan wirft. Als es zum Krimkrieg kommt, rückt das gesamte Regiment Richtung Schwarzmeer aus. Der legendäre 25. Oktober des Jahres 1854, an dem sie Schlacht von Blaklawa geschlagen wird, erweist sich schließlich für alle Beteiligten als ein von strategischer Fehlplanung, Egomanie und Senilität geprägtes, schwarzes Datum der Militärhistorie.

Richardsons in der bitter-ironischen Tradition seiner bisherigen englischen Dramen stehende Antikriegsgroteske verhält sich in punkto Eleganz, Verve und Authentizitätsverpflichtung im Vergleich zu der alten Hollywood-Version von Michael Curtiz in etwa wie eine Flasche Hendrick's zu einem Tonkrug schwarzgebrannten Kentucky-Moonshine-Fusels. Richardson nutzt die Ereignisse jener legendären Attacke von Cardigans Kavallerie-Regiment zu einer breitgefächerten Offensive gegen die ureigene Arroganz des Commonwealth und den Status der Briten im 19. Jahrhundert als selbsternannte Weltpolizei, die bei etwas bedächtigerem Hinsehen natürlich mühelos auf die damals gegenwärtigen Praktiken der US-Außenpolitik übertragbar ist. Formal unterstützt wird dieses Ansinnen nicht allein durch eine vorzügliche Darstellerriege großer Inselschauspieler, sondern auch durch wunderbare Animationssequenzen von Richard Williams, dessen grandiose Trickeinspieler sich an zeitgenössischen, politischen Karikaturen orientieren und dabei stets voll ins Schwarze treffen. Ein bravouröses, nachhaltig beeindruckendes Filmerlebnis steht am Ende jener kreativen Bemühungen; eines, das einem jeden Verehrer des Free Cinema als eine von dessen Pflichtveranstaltungen nur wärmstens ans Herz gelegt werden kann.

9/10

Tony Richardson period piece Historie Satire Krimkrieg Militär Schwarze Komödie


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DELTA FORCE COMMANDO (Pierluigi Ciriaci/I 1988)


Zitat entfällt.

Delta Force Commando ~ I 1988
Directed By: Pierluigi Ciriaci

Nachdem eine Terroristen-Abordnung in seinen puertoricanischen Militärstützpunkt eingedrungen ist, einen Nuklearsprengkopf geraubt und seine hochschwangere Frau (Emy Valentino) erschossen hat, sinnt der Ex-Delta-Force-Kämpfer Tony Turner (Brett Baxter Clark) auf blutige Rache. Mit der zunächst unfreiwilligen Unterstützung des genervten Elite-Piloten Beck (Fred Williamson) verfolgt Turner die Politgangster bis in ihr Versteck in Nicaragua, legt sich mit den Sandinisten an und bekommt am Ende, mit der inoffiziellen Hilfe seines früheren Vorgesetzten (Bo Svenson) seine verdiente Vergeltung.

Trotz einiger Sparmaßnahmen überraschend sauber inszenierter Ballerspaß aus wohlfeiler, italienischer Fertigung, der durch seine zahlreichen, pittoresk ins Bild gesetzten Explosionen geradezu unirdisch zu leuchten scheint. Ciriaci bietet eine formidable Italoploitation-Besetzung auf; neben dem zwischenzeitlich in Italien gestrandeten Brett Baxter Clark sind das die erwähnten Standards Williamson und Svenson und Mark Gregory, der als psychotischer Oberterrorist mit zierender Mundwinkelnarbe eine überaus gute Figur macht und beweist, dass er zu seinen aktiven Zeiten wesentlich öfter als Bösewicht hätte eingesetzt werden sollen. "Delta Force Commando" gefällt formal durch eine knallige Farbdramaturgie, die mit ihren Dämmerungsszenarien Einiges von der US-Action-Ästhetik der kommenden Dekade antizipiert und inhaltlich durch seine himmelschreiende Naivität, die jedoch ausnahmsweise mal nicht das angebrannte Schlachtfeld Vietnam bemüht. Williamson kommt außerdem durchweg ohne Kotzbalken aus, was dem kleinen Film einen zusätzlichen Sonderstatus sichert.

6/10

Nicaragua Terrorismus Atombombe Pierluigi Ciriaci Europloitation


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PHANTOM RAIDERS (Sonny Sanders/USA, PH 1988)


"You may be a soldier - but you are not a killer."

Phantom Raiders ~ USA/PH 1988
Directed By: Sonny Sanders

Um den zu den Kommunisten übergelaufenen Offizier Marshall (Mike Monty) zu stoppen, muss der Elitekämpfer Python Lang (Miles O'Keeffe) ein Trio alter Kameraden reaktivieren, trainieren und zurück in den Dschungel Vietnams führen. Auch Marshalls vernachlässigter Sohn nimmt an der Mission teil.

Krudes Stück Veteranen-Action, in dem eine unglaubliche Anzahl an Statisten (vermutlich immer dieselben acht bis zehn) das Zeitliche zu segnen hat und dessen Bodycount gegen Ende rekordverdächtige Ausmaße annimmt, um nicht zu sagen, in etwa denselben satirischen Impact hat wie Evan Kims Kampf gegen Dr. Klans Armee in "Kentucky Fried Movie". Dabei ist die Story von "Phantom Raiders", so man sich überhaupt großmütig genug wähnt, von einer solchen zu sprechen, geprägt von geradezu bewundernswerter Belanglosigkeit: Conrads "Heart Of Darkness" resp. "Apocalypse Now" lassen kurz grüßen, ansonsten ist man eigentlich durchweg bass erstaunt über ein derartiges Maß vorsätzlich präsentierter Hohlköpfigkeit. Man erfährt von Miles O'Keeffe, dass heutzutage ja ohne Ninjitsu gar nichts mehr ginge und seine Kampfesgenossen allesamt schwarze Kapuzen aufzuziehen hätten - warum, das bleibt sein großes Geheimnis, wie manches andere auch! Ein bisschen Ninja-Flair wollte der Regisseur Sonny Sanders, fraglos ein rechter Sonnyboy, sich offenbar nicht verkneifen müssen. So wird sich denn u.a. mit Wurfsternen und handlichen Kieselsteinen vor und zurück durch den Urwald gemordet; genug zu tun, um ein ganzes Drittel der Erzähleit als Finale zu deklarieren, gibt es jedenfalls allemal. Und am Ende bleibt noch ein trauriger, kleiner, verwaister Junge zurück, der seine Misere Python Lang und seinen Vasallen verdankt und den Film und Regisseur schlicht vergessen - ich aber nicht, ätsch!
Als eine Reise quer durch die Harmonien des bereits zum Abendrot dämmernden Ballerfilms könnte man "Phantom Raiders" bezeichnen - oder eben auch nur als sagenhaft dumme Asi-Klitsche. Wie würden Sie entscheiden?

5/10

Sonny Sanders Vietnam Vietnamkrieg Trash Exploitation Veteran





Filmtagebuch von...

Funxton

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