Zum Inhalt wechseln


In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


Foto

THE STEEL HELMET (Samuel Fuller/USA 1951)


"If I was right all the time I'd be an officer."

The Steel Helmet (Die Hölle von Korea) ~ USA 1951
Directed By: Samuel Fuller


Nach einer verpatzten Exekution durch die Nordkoreaner robbt der Infanterie-Sergeant Zack (Gene Evans), die Hände auf dem Rücken zuammengebunden, inmitten der Leichen seiner Kameraden umher. Ein einheimischer Junge (William Chun) befreit ihn und weicht ihm fortan nicht von der Seite. Bald stoßen Zack, sein kleiner Freund und der mittlerweile noch hinzugestoßene, farbige Sanitäter Thompson (James Edwards) zu einem anderen, sich auf dem Weg zu einem verlassenen buddhistischen Tempel befindenden Batallion. Der Zielpunkt soll zu einem Beobachtungsposten umfunktioniert werden. Die geschickte Intervention eines feindlichen Soldaten (Harold Fong) macht dies jedoch alles andere als einfach.

Samuel Fuller, selbst ein hochdekorierter Kriegsveteran und hernach als Pressemann trätig, musste sich, speziell in den heimischen Breitengraden, häufig des völlig kurzsichtigen Vorwurfes erwehren, zynisches Kino für Kommissköpfe zu machen, wie er selbst einer sei. Natürlich könnte diese Einordnung nicht weiter von ihrem Zielobjekt entfernt sein; tatsächlich scheute Fuller keine harten, unbequemen Motive, war dabei jedoch stets ebenso sensibel wie aufrichtig in der Wahl seiner Mittel und konnte sich rasch unter den französischen und später auch den deutschen Kritikern als einer der führenden US-Autorenfilmer profilieren. "The Steel Helmet" ist nach zwei kleineren Produktionen, die ich hoffentlich bald noch nachholen kann, sein erster von mehreren Kriegsfilmen und gleich ein Musterexemplar jener Gattung. Fuller installiert ein kammerspielartiges Szenario, ist stets ganz nah an den Gesichtern mit seiner Kamera, was dazu führt, dass jene denkwürdigen Frontalansichten häufig das gesamte Bild ausfüllen. Für politische Diskussionen ist inmitten dieses nur selten mit Aktion lockenden Werkes hinreichend Platz, für Diskurse über Rassismus, über Glauben und über Freundschaft. Dabei macht Fuller aus seinem grundsätzlich pro-amerikanistischen Gedankengut keinen Hehl; nur, dass die Realität häufig andere Wege beschreitet als sie die Bill of Rights möglicherweise einst vorsah, dafür wäre direkt niemand verantwortlich zu machen. Am wenigsten der "universal soldier" Zack, die comiceske Figur eines typischen G.I., stoppelbärtig, kantig, mit zugekniffenen Augen und einem Zigarrenstummel zwischen den gebleckten Zähnen. Dieser Mann, der bereits den "Letzten" (gemeint ist der Zweite Weltkrieg) mitgemacht hat, hat seine ganz speziellen Ansichten über Soldaten- und Offizierstum, ist nicht sonderlich gebildet, aber hart im Nehmen und vor einem möglichen Kriegstrauma in etwa so gefeit wie Mutter Teresa vorm Tripper. Dass ausgerechnet dieser harte Brocken am Ende seine Impulsivität zu bereuen hat und zum Umdenken gezwungen ist, spiegelt die Vielschichtigkeit von Fullers bravourösem Werk wider.

9/10

Samuel Fuller Independent Koreakrieg Militaer Belagerung


Foto

HOPE AND GLORY (John Boorman/UK, USA 1987)


"The law of life. Cruel isn't it?"

Hope And Glory ~ UK/USA 1987
Directed By: John Boorman


Für Bill (Sebastian Rice Edwards), einziger Sohn und mittleres Kind der Londoner Familie Rowan, ist der heraufziehende Zweite Weltkrieg keineswegs ein Grund für Entsetzen und Traurigkeit. Obgleich sein Dad (David Hayman) sich freiwillig zum Kriegsdienst meldet: Die Bombenangriffe der deutschen Flieger verfolgt Bill zusammen mit seiner Ma (Sarah Miles) und seinen zwei Schwestern (Sammi Davis, Geraldine Muir) aus dem heimischen Luftschutzbunker heraus mit gespannten Adrenalinschüben. Seine beeindruckende Granatsplitter-Sammlung wächst stetig an und in den ausgebombten Ruinen lässt es sich vorzüglich spielen. Der Schulunterricht wrd immer wieder durch Fliegeralarm unterbrochen und die Wochen, die Bill und seine Familie bei dem etwas knarzigen Großvater (Ian Bannen) auf dem Land verbringen, werden zur erlebnisreichsten Zeit überhaupt für ihn.

Ausgerechnet die entbehrungsreichen Jahre des Zweiten Weltkriegs als periodischen Hintergrund für eine nostalgische Kindheitsgeschichte zu nutzen, mag zunächst keinem allzu offensichtlichen Einfall geschuldet sein; was Boorman jedoch daraus macht, ist bestes britisches Philanthropenkino, das nur ganz selten einmal von ernsthaften oder nachdenklichen Momenten durchbrochen wird. Boormans Fokus lagert darauf, zu zeigen, dass sich durch bloßen, kindlichen Enthusiasmus, gekoppelt mit der bedingungslosen Annahme gegebener, durch nichts änderbarer Zustände - schon gar nicht durch die Machtlosigkeit eines Neunjährigen - alles noch so Widrige bewältigen lässt. Diese unbeschwerte, liebenswerte und lebensbejahende Sicht der Dinge macht "Hope And Glory" zu einem von Boormans schönsten Filmen.

9/10

John Boorman WWII England London Familie Kinder


Foto

THEY WERE EXPENDABLE (John Ford/USA 1945)


"Listen sister, I don't dance."

They Were Expendable (Schnellboote vor Bataan) ~ USA 1945
Directed By: John Ford


Die US-Navy-Offiziere Lt. Ryan (John Wayne) und Lt. Brickley (Robert Montgomery) kommandieren eine kleine Flotte von Torpedobooten, die den Japanern anno 41 vor der philippinischen Küste das Leben schwer macht. Als die Admiralität unter General MacArthur (Robert Barrat) angewiesen wird, sich in Australien in Sicherheit zu bringen, sind Ryan und Brickley für den ungefährdeten Transport der Herren bis Mindanao zuständig. Dort gibt es erneut diverse Reibereien mit dem Feind, bis auch die beiden Lieutenants abgezogen werden und es zum Schrecken der gelben Gefahr heißt: "We shall return!"

Vor Heldenpathos triefendes, leicht verspätetes Propaganda-Kino vom Meister.
Da "They Were Expendable" nun John Ford als Regisseur aufweist, ist zumindest mit einer technischen und logistischen Bravourleistung zu rechnen, die dann auch recht mühelos eingelöst wird; Seeschlachten und Gefahrensituationen sind mitreißend und realistisch inszeniert. Zudem war Ford ja stets jener Regisseur, der Duke zu seinen besten Leistungen antreiben konnte, wie diese dritte Kollaboration des Gespanns (von insgesamt zehneinhalb) denn auch ausgezeichnet demonstriert. Die alles andere als subtilveräußerte 'Glory-Glory-Hallelujah'-Motivkette des Films lässt sich unter rein historischen Gesichtspunkten möglicherweise auch damit erklären, dass es sich um Fords ersten feature film nach einer vier Jahre umfassenden und mit stolzen Orden dekorierten Zeit als (Semi-)Dokumentarfilmer im Dienste der US-Armee handelt. Ansonsten ist alles comme toujours - die Navy-Leute, fern von daheim, sind raubeinige, mutige Gesellen mit Sorgen und Nöten, die Japaner eine gesichtslose Masse, die, respektive deren maritime Zerstörer, die Kamera allerhöchstens mal aus zehn Kilometern Entfernung in die Linse nimmt. Das hat ganz bestimmt seine historische und filmgeschichtliche Bedeutung und auch Berechtigung, ist jedoch ansonsten nicht immer umweglos genießbar.

6/10

Philippinen WWII John Ford Pazifikkrieg


Foto

DECISION BEFORE DAWN (Anatole Litvak/USA 1951)


"A man is a traitor when he betrays himself."

Decision Before Dawn (Entscheidung vor Morgengrauen) ~ USA 1951
Directed By: Anatole Litvak


Winter 1944: Die Allierten setzen deutsche Kriegsgefangene als Spione ein, die wichtige strategische Informationen über die Gegenseite liefern sollen. Während die meisten von ihnen die Situation des unzweideutigen Verrats am Vaterland mit falscher opportunistischer Selbstsicherheit in Angriff nehmen, ist der junge Pilot Karl Maurer (Oskar Werner) der Überzeugung, nunmehr auf der richtigen Seite zu stehen. Maurer soll bei Mannheim den Standort einer deutschen Panzerdivision in Erfahrung bringen und wird Zeuge der chaotischen Zustände in einem dem Untergang geweihten Land.

Man könnte "Decision Before Dawn" vielleicht als anglogermanischen Film bezeichnen, denn auch wenn er als Studiofilm von der Fox hergestellt wrde, seine Seele ist deutsch. Der 33 aus Deutschland emigrierte Litvak bekam eine späte Gelegenheit zur nachträglichen Abrechnung mit dem Reich und auch, wenn Richard Basehart als Hauptdarsteller geführt wird, kreist der Film natürlich ganz um den großartigen Oskar Werner und seine denkwürdige Präsentation eines zweifelnden Helden.
Für Hollywood-Verhältnisse führt "Decision Before Dawn", eine der wenigen Produktionen, die vor Ort in Trümmer-Deutschland entstanden sind, einen immensen Realismus spazieren. Die chaotischen Verhätnisse im von Bomben eingedeckten, sich jedoch nicht stellen wollenden Reich werden in beeindruckend authentischer Weise widergespiegelt; die Menschen, denen Maurer, der von den G.I.s den Decknamen 'Happy' erhalten hat, begegnet, sind Repräsentanten einer Nation vor dem Kniefall: Der ekelerregende SS-Mann (Wilfried Seyfert), die reisende Hure (Hildegard Knef), der herzkranke Wehrmachts-Offizier (O.E. Hasse). Gesichter, die vom baldigen Ende künden.

9/10

Deutschland Spionage WWII Nationalsozialismus Anatole Litvak


Foto

MACARTHUR (Joseph Sargent/USA 1977)


"I can't walk on water."

MacArthur ~ USA 1977
Directed By: Joseph Sargent


Militärischer Genius, einfache Soldatenkluft, Riesenpfeife im rechten Mundwinkel, besonnener Aktionismus: Das ist General MacArthur (Gregory Peck), maßgeblicher Feldherr der Alliierten im Zweiten Weltkrieg. Abwechselnd mit Orden dekoriert und bei Präsident Truman (Ed Flanders) in Ungnade fallend, erobert MacArthur Stück für Stück den östlichen Pazifikraum, beginnend mit den Phillipinen. Als schließlich die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen werden, distanziert er sich von der "modernen Art, Krieg zu führen". Später, im Koreakrieg, wird MacArthur reaktiviert und verbucht mit der Einnahme von Incheon einen ersten wichtigen Sieg für die US-Streitkräfte in dieser Auseinandersetzung.

Dass die Generäle Patton und MacArthur sich gegenseitig nicht riechen konnten, ist bloß eine von vielen Fußnoten um diese beiden großen Kriegsstrategen, die unterschiedlicher kaum sein konnten und die doch manches verband. Ein wesentlicher Unterschied dürfte in MacArthurs Hang zur Diplomatie gelegen haben, die ihm beinahe das Amt des Präsidenten angetragen hätte, welches er dann jedoch an seinen Konkurrenten Eisenhower abtreten musste. Immerhin geht MacArthur in punkto Ehrungen als großer Sieger aus dem Offiziersscharmützel heraus: Bis heute ist er der meist- und höchstdekorierte Soldat der US-Militärgeschichte. Charakterlich war Patton zweifelsohne der interessantere Mensch und ganz nebenbei auch Scott der Peck deutlich überlegene Schauspieler. So ist denn auch Schaffners Film im Direktvergleich der deutlich bessere, wobei ihm eben auch eine dankbarere Motivkette nebst besseren Konditionen zur Verfügung stand. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Sargents Offiziersporträt nicht sehenswert wäre, ganz im Gegenteil. Auf rein formaler Ebene handelt es sich wahrscheinlich um die vollkommenste arbeit des Regisseurs. Ein Markenzeichen seines dp Mario Tosi, der für De Palma auch "Carrie" fotografiiert hat, ist der fast schon übertriebene Einsatz von Weichzeichnern. In Kombination mit der kargen, aber sehr pointierten Beleuchtung und einer farblichen Beschränkung auf die Sepiatöne der khakifarbenen Marine-Uniformen ergibt Tosis visuelle Gestaltung einen ädthetischen Hochgenuss, der allein "MacArthur" bereits lohnenswert macht. Ganz abgesehen davon, dass in mehrererlei Hinsicht der Lernfaktor des Films kaum zu unterschätzen ist.

7/10

Pazifikkrieg Philippinen Biopic WWII Militaer Joseph Sargent Koreakrieg Historie period piece


Foto

PATTON (Franklin J. Schaffner/USA 1970)


"I won't have cowards in my army."

Patton ~ USA 1970
Directed By: Franklin J. Schaffner


Militärischer Genius, luxuriöse Staffage, freches Mundwerk und Reibeisenstimme: Das ist General Patton (George C. Scott), maßgeblicher Feldherr der Alliierten im Zweiten Weltkrieg. Abwechselnd mit Orden dekoriert und in Ungnade fallend, rückt Patton, nachdem er Rommel (Karl Michael Vogler) in Nordafrika geschlagen und Sizilien eingenommen hat, auf Berlin vor und vernimmt quasi Hitlers letzten Seufzer. Doch das Ende des Kriegs bedeutet auf bittere Art auch das Aus für seine Helden.

Auf filmischer Ebene vermutlich ebenso brillant wie seine Titelfigur auf der militärischen, ist "Patton" einer jener Filme, von denen man trotz ihrer stattlichen Länge insgeheim nicht möchte, dass sie überhaupt mal enden, in die man sich hineinschmiegt wie in eine weiche Himmelbettgarnitur. Zwar offeriert der von Coppola gescriptete, späte Abriss einer schillernden Militärbiographie eigentlich kaum Behagliches, doch es ist Scotts ungeheure Darstellung, die einen so hineinsaugt in ihre Gefilde. Patton ist kein Patriot, er könnte im Prinzip auch für die Gegenseite antreten. Das Wesen des Krieges ist, was ihn interessiert, die Optionen, Finten, der bloße Kampf. "Das ist es, was ich lebe, wofür ich geboren bin", sagt er einmal ganz leise und verzückt im Angesicht eines mit verstümmelten Leichen übersäten Schlachtfeldes und macht den Krieg damit, wie des Öfteren, zum lyrischen Objekt. Anflüge von Sympathie hat dieser Eisenfresser bloß für seine Adjutanten und Kammerdiener übrig - und natürlich für seine Gegner auf dem Feld. Ansonsten ist Patton der ultimative Zyniker und Misanthrop. Vielleicht ist er das auch nicht, in jedem Falle erachtet ihn die Welt als einen solchen. Am Ende, nachdem der Kampfeslärm verstummt ist und der Schlachtenqualm sich verzogen hat, bleibt Patton nurmehr sein Hund, ein überaus feiger Bullterrier namens Willi. Böse Schicksalsironie.

9/10

D-Day Ardennen-Offensive Historie Biopic period piece Nordafrika-Feldzug Rommel Francis Ford Coppola Franklin J. Schaffner Militaer WWII


Foto

FAREWELL TO THE KING (John Milius/USA 1989)


"I have a special relationship with the spirits."

Fartewell To The King ~ USA 1989
Directed By: John Milius


Pazifik, 1945: Der britische Offizier Fairbourne (Nigel Travers) erhält von der Admiralität den Auftrag, die Ureinwohner auf Borneo für den Kampf gegen die anrückenden Japaner zu gewinnen. Überrascht stellt Fairbourne fest, dass die Dschungelstämme einen Weißen zu ihrem König gemacht haben: Den amerikanischen Deserteur Leearoyd (Nick Nolte). Jener ist tief in die Kultur der eingeborenen eingetaucht, hat eine Familie gegründet und besteht darauf, dass seine Souveränität anerkannt wird, wenn der Krieg ersteinmal vorbei ist. General MacArthur (John Bennett Perry) geht nur zum Schein auf Learoyds Wünsche ein. Nachdem die Japaner unter hohem Blutzoll zurückgeschlagen wurden und der Krieg beendet ist, soll sich Learoyd dann doch vor einem Kriegsgericht verantworten.

Milius' erster Film nach seiner erzreaktionären Drittweltkriegsdystopie "Red Dawn" zeigt sich von deutlich versöhnlicherer Gestalt. Basierend auf einem Roman von Pierre Schoendorffer fügt der auteur diverse Motive nach Conrad ("Heart Of Darkness") und Kipling ("Lord Jim") zusammen, stiehlt einen Hauch Epik von Leans "Lawrence Of Arabia" und antizipiert darüberhinaus noch Malicks "The Thin Red Line", der wie "Farewell To The King" die Zerstörung unschuldiger Natur durch "zivilisiertes" Kriegsgeschehen thematisiert.
Abgesehen davon bleibt der Film in konventionellen Bahnen, müht sich manchmal vergeblich, Empathie für seine Hauptfiguren zu schüren und bietet nur in seltenen Momenten die innere Kraft auf, die man noch von Milius' früheren Werken zu schätzen weiß. Wirklich packend wird es wahlweise eigentlich nur dann, wenn durchschimmert, wie sehr der Regisseur der Faszination der Wildnis vor Ort erlegen ist und die formale Zeit für schwelgerische Bilder findet oder wenn es inhaltlich um ein abgespaltetes Korps der Japaner geht, das sich zu urweltlichen Kannibalen zurückentwickelt hat.
Noltes zum Chargieren neigende Performance verzeiht man ihm, zumal in Anbetracht seiner üblichen Auftritte, gern, wobei der eindrucksvollste Auftritt notabene James Fox zugeschrieben werden muss, der leider nur wenig Spielzeit bekommen hat.

7/10

John Milius WWII period piece Ethnics Militaer Pazifikkrieg Freundschaft Borneo Kannibalismus Pierre Schoendorffer


Foto

MRS. MINIVER (William Wyler/USA 1942)


"I think it's lovely having flowers named after you."

Mrs. Miniver ~ USA 1942
Directed By: William Wyler


Die fünfköpfige Familie Miniver lebt ein glückliches, wenngleich ereignisarmes Leben im beschaulichen Londoner Vorort Belham. Als die ersten Wehrmachtsbomber über die Insel fliegen, übt man sich in typisch britischem Stoizismus, doch bald schon lässt sich das unaufhörlich nahende Kriegsgrauen nicht mehr leugnen. Auch das stolze Domizil der Minivers fält einer Fliegerbombe zum Opfer Vin (Richard Ney), der älteste Sohn, tritt freiwillig der Luftwaffe bei. Mrs. Miniver (Greer Garson) hilft derweil mittels unbeugsamer Courage, den Krieg gegen die Deutschen auf heimischem Boden zu gewinnen.

Meisterliches von William Wyler. Zwar lässt sich nicht ableugnen, dass "Mrs. Miniver" "auch nur" einer der vielen Propagandafilme seiner Zeit ist, ebensowenig jedoch, dass er sein Heil jedoch für eine gute Sache einlöst - dafür nämlich, angesichts grausiger Zeiten das persönliche Rückgrat zu stärken. Das macht ihn als Zeitdokument wertvoll, als cineastisches Bravourstück jedoch noch umso wahrhaftiger. Spätestens wenn das hässliche Antlitz des Krieges die Zivilbevölkerung erreicht, wird seine ganze philosophische Absurdität greifbar; wenn kleine Kinder angstvoll unter nächtlichen Bombenblitzen zittern und weinen müssen und Jungverheiratete gleich wieder durch den Tod getrennt werden. Wyler beherrscht die Emotionsklaviatur, die nötig ist, um eine Geschichte wie "Mrs. Miniver" zeitlos und kitschbefreit zu erzählen, geradezu perfekt. Die Menschen, die zwanghaft vom Kriege gezeichnet werden, müssen in Erzählungen wie dieser durchweg liebenswert und aufrecht sein, um den größtmöglichen Effekt zu erzielen. Dass "Mrs. Miniver" nebenbei voll ist von inszenatorischen Kabinettstückchen und einige große Darstellervorstellungen in sich vereint, scheint angesichts seiner sonstigen Größe beinahe zum angenehmen Nebeneffekt degradiert. So mag es sich auch erklären lassen, dass die womöglich bewegendste Szene in diesem mutmaßlichen Kriegsfilm vor dem scheinbar unspektakulären Hintergrund einer Preisverleihung der Blumenzüchter spielt.

9/10

England WWII Propaganda Familie William Wyler London Best Picture


Foto

A BRIDGE TOO FAR (Richard Attenborough/USA, UK, 1977)


"I've got lunatics laughing at me from the woods. My original plan has been scuppered now that the jeeps haven't arrived. My communications are completely broken down. Do you really believe any of that can be helped by a cup of tea?"

A Bridge Too Far (Die Brücke von Arnheim) ~ USA/UK 1977
Directed By: Richard Attenborough


September 1944: Der britische Feldmarschall Montgomery ersinnt die in mehreren Schritten auszuführende "Operation Market-Garden", innerhalb derer alliierte Streitkräfte über die belgische Grenze in Holland einmarschieren und mehrere strategisch bedeutsame Brücken nehmen sollen, um so den Weg um den Westwall herum und hinein ins Ruhrgebiet, das industrielle Herz Nazideutschlands, gewährleisten zu können. Der Widerstand der Wehrmacht ist, besonders bei der Brücke von Arnheim, unerwartet groß und die meisten der beteiligten Soldaten fallen.

Eines der ambitionierten Studio-Großprojekte der siebziger Jahre, die mit gigantischem finanziellen und technischem Aufwand und einer auserlesenen All-Star-Cast gegen die von den Kritikern noch immer heißgeliebte New-Hollywod-Schiene anstinken sollten. "A Bridge Too Far" (im angelsächsischen Sprachgebrauch bezeichnet diese Phrase ganz allgemein das 'kleine Quäntchen zuviel'), gescriptet von dem zuvor für "All The President's Men" und "The Marathon Man" tätigen Drehbuch-Genius William Goldman, meistert seine Mission dabei absolut zuverlässig. Die nicht weniger als fünfzehn renommierte internationale umfassende Besetzung, die meisten darunter ganz nebenbei frühere und spätere Oscar-Preisträger, wird sorgsam auf die unterschiedlichen Szenarien verteilt: Neben den Kommandozentralen werden mehrere Einheiten bei ihren Fortschritten und Rückschlägen beobachtet. Elliott Gould und Paul Maxwell nehmen Eindhoven, Ryan O'Neal, Michael Caine, Robert Redford und James Caan sind um die Gegend von Nijmwegen am Start, Sean Connery sitzt ohne Funk in einem Bauernhaus fest und Anthony Hopkins findet sich gleich an der Arnheimer Straßenbrücke von Hardy Krüger und Maximilian Schell eingekesselt. Gene Hackman und seine Luftlandetruppen eilen zur Rettung, werden jedoch aufgerieben. Laurence Olivier ist ein heldenhafter holländischer Arzt und Liv Ullmann als seine rasch hinzurekrutierte Krankenschwester. Dirk Bogarde und Wolfgang Preiss residieren derweil als zynische Kommentare zum Besten gebende Oberbefehlshaber in kostbaren Samtsesseln und tun bei Tee und gutem Essen, wie ihnen geheißen. Auch wenn Goldman mehrfach beteuert, dass Atteboroughs und sein Werk "einer der wenigen Filme sei, die den Wahnsinn und sie Sinnlosigkeit des Krieges spürbar machten", so haben wir hier natürlich vor allem stupend inszeniertes Actionkino und bare Heldenverehrung im ganz großen Stil. Einzelne Szenen wie die Luftlandung, Caans selbstmörderische Fahrt mit einem Jeep an der deutschen Waldfront entlang und natürlich ganz besonders die am hellichten Tag erfolgte Übersetzung und Aufreibung der alliierten Truppen über die Waal sind meisterlich inszeniert und besitzen zum Teil die Anmut eines filigran choreographierten Balletts. So bleibt "A Bridge Too Far" weniger als ein Film in Erinnerung, der wegen seiner Gehaltfülle trumpft denn vielmehr als ein Erlebnis für die entsprechend justierten Sinne, das beinahe ebenso vom Größenwahn beseelt ist wie die authentischen, historischen Vorbildereignisse.

8/10

Widerstand period piece Operation Market-Garden Historie Nationalsozialismus WWII Richard Attenborough


Foto

LOST COMMAND (Mark Robson/USA 1966)


"Well, what the hell can I do..."

Lost Command (Sie fürchten weder Tod noch Teufel) ~ USA 1966
Directed By: Mark Robson


Nach der desaströsen Niederlage von Dien Bien Phu kehren Colonel Raspeguy (Anthony Quinn) und sein Batallion von Fallschirmjägern nach Frankreich zurück. Die ersehnte Beförderung zum General bleibt dem sturköpfigen, bauernstämmigen Offizier weiterhin versagt, weswegen er sich einen baldigen Folgeeinsatz erhofft und findet: Raspeguy soll nach Algerien ziehen, um dort eine Gruppe Rekruten zu schleifen und den noch vereinzelt stehenden Separatisten entgegenzutreten. Ausgerechnet einer von Raspeguys eigenen Männern, Lt. Mahidi (George Segal), erweist sich als Guerilleraanführer, der diverse Anschläge gegen die Franzosen von den Bergen aus leitet. Pikanterweise verliebt sich zudem des Colonels rechte Hand, Capitan Esclavier (Alain Delon), ungewahr in Mahidis nicht minder radikale Schwester Aicha (Claudia Cardinale)...

Über den Algerienkrieg sind nur wenige bedeutsame Filme gemacht worden, in erster Instanz und unerreicht natürlich "La Battaglia Di Algeri". Robsons "Lost Command", im selben Jahr entstanden, dürfte so ziemlich das diametrale Gegenstück und als Basis einen gänzlich differerierenden Ansatz zu Pontecorvos Meisterwerk repräsentieren: Als buntes, stargespicktes Hollywoodkino hat er so wenig mit einer realitätsorientierten Darstellung der Ereignisse zu tun wie wohl jedes andere im silver age entstandene Monumentalstück auch.
Der Betrachtungsansatz muss also bereits a priori ein ganz anderer sein. Robson, der aus der Val-Lewton-Schule stammt und einige der schönsten Filme aus dessen RKO-Zyklus angefertigt hat, war stets ein immens wechselhafter Filmemacher. Von ebenjenen intimen kleinen Psychostudien in expressionistischem Schwarzweiß bis hin zu großem, teurem Katastrophenkino in den Siebzigern reicht seine Bilanz. "Lost Command" steht irgendwo unentschlossen dazwischen. Augenscheinlich bewusst enthält sich Robson des großen Pathos und betrachtet die zeigenössische Militärgeschichte des traditionellen Kolonialstaats Frankreich aus einer an sich gesunden Distanz heraus (und, wie die überaus libenswerte letzte Einstellung beweist, einem deutlichen Sympathieüberhang für die Algerier). Für eine runde Filmdramaturgie ist diese emotionale Askese allerdings nur bedingt förderlich; "Lost Command" wirkt über weite Strecken unbeteiligt und unpersönlich. Dass er darüberhinaus jedoch nicht langweilt, ist vor allem Anthony Quinns wie immer unglaublicher Präsenz zu verdanken, der wie so oft nicht nur ganze Szenen dominiert, sondern sogar den gesamten Film in seiner Hand zu halten scheint. Allein seine Darstellung macht "Lost Command", abseits von dessen technischer und formaler Strenge, bereits sehenswert.

7/10

Mark Robson Kolonialismus Indochinakrieg Algerienkrieg





Filmtagebuch von...

Funxton

    Avanti, Popolo

  • Supermoderator
  • PIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIP
  • 8.268 Beiträge

Neuste Kommentare