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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE GUNFIGHT AT DODGE CITY (Joseph M. Newman/USA 1959)


"Great job for me - croupier with a medical exam!"

The Gunfight At Dodge City (Duell in Dodge City) ~ USA 1959
Directed By: Joseph M. Newman

Der Spieler Bat Masterson (Joel McCrea) kauft sich in Dodge City in den Saloon 'Lady Gay' ein, um daraus ein Mini-Casino mit ordentlichem Gewinnabwurf zu machen. Sein Bruder Ed (Harry Lauter) konkurriert derweil gerade mit dem Ganoven Jim Regan (Don Haggerty) um den Sheriffsposten in der Stadt. Als Ed hinterrücks von einem alten Feind (Richard Anderson) Bats erschossen wird, macht dieser zunächst fälschlicherweise Regan für den Mord verantwortlich und will sich an ihm rächen. Stattdessen besinnt er sich jedoch eines Besseren und lässt sich an Eds Statt zum Sheriff von Dodge City wählen. Diesen Posten droht er allerdings wieder zu verlieren, als er einen geistig behinderten Jungen (Wright King) vor dem Galgen rettet. Regan wittert seine Chance, nun endlich mit Masterson abzurechnen.

Ein beachtlicher Film um das heute seltsam erscheinende, damals jedoch keineswegs ungewöhnliche Wirken des Sheriffs Bat Masterson, der gleichzeitig als Casinobesitzer und Gesetzeshüter aktiv war und dessen Aktivitäten als Abenteurer noch ganz andere Extravaganzen beinhalteten. Der echte Masterson war ein Zeitgenosse und Freund Wyatt Earps, mit dem er in Dodge teilweise zusammenarbeitete - "The Gunfight At Dodge City" klammert jene Bekanntschaft wohl nicht ganz unbewusst aus und verquickt stattdessen Fakten aus Earps Biographie mit denen aus Mastersons. Der Internist Tremayne (John McIntire) bekleidet dabei eine Art 'Doc Holliday'-Substitut und die Saloonchefin Lily weist Parallelen zu Hollidays Geliebter Kate Elder auf. Als wesentlich bedeutsamer denn solche historischen Ratespielchen erweist sich derweil die Fähigkeit Newmans, seinem nur knapp achtzigminütigem Werk einen beinahe epischen Anstrich zu verleihen. Sicherlich geschieht vieles ad hoc und ohne umständlich formulierte Präludien; Breitwand und allgemein spürbare Wertigkeit dieser Mirisch-Produktion jedoch wirken der manchmal über sich selbst zu stolpern drohenden Erzählung erfolgreich entgegen.

8/10

Joseph M. Newman Kansas Historie Biopic Duell Bat Masterson


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7TH CAVALRY (Joseph H. Lewis/USA 1956)


"Can you forgive a worried groom?"

7th Cavalry (Die 7. Kavallerie) ~ USA 1956
Directed By: Joseph H. Lewis

Ende Juni des Jahres 1876 kommt Captain Benson (Randolph Scott) mit seiner Zukünftigen Martha (Barbara Hale) zurück nach Fort Lincoln. Anstatt seines besten Freundes General Custer und dessen stolzem 7. Kavallerieregiment findet er dort jedoch nurmehr Witwen und ein paar Betrunkene beim Ausnüchtern vor. Custer hat während Bensons Abwesenheit und ohne dessen Wissen die Häuptlinge Sitting Bull und Crazy Horse angegriffen und ist von diesen vernichtend geschlagen worden. Benson steht nun als Feigling ohne Ehre da; jedermann mit Ausnahme Marthas glaubt, er habe sich bewusst aus Fort Lincoln entfernt als Custers Offensiventschluss bereits feststand. Als das Kommando ergeht, die Leichen der Gefallenen am Little Bighorn zu bergen, meldet sich Benson freiwillig, um seine Ehre wieder herzustellen.

Haltlose Geschichtsklitterung und Heldenpathos in einer der etwas unausgegoreneren Ranown-Produktionen, denen dann auch nicht Boetticher und Kennedy vorstanden, sondern etwas unbedarftere Köpfe. Custers Ruf allerdings, das muss man hinzufügen, war zur Entstehungszeit von "7th Cavalry" noch nicht komplett ruiniert und militärische Siege über Indianer gehörten noch immer zum gut unterhaltenden Genreton. Dabei sind kritische historische Stimmen im Film durchaus vernehmbar; Custers bereits in vorbereitender, stragischer Hinsicht klägliches Versagen, das zu einem der wenigen großen indianischen Triumphe gegen die US-Kavallerie führte, klammert "7th Cavalry" zwar nicht aus, ihm wird in der heldenhaften Person Tom Bensons, den das Script als "besten Freund Custers" veräußert, jedoch vehement widersprochen. Auf welch plumpe Weise sich die in Schlachtfeldnähe verbliebenen Sioux schließlich von Benson und seinen Männern aufs Kreuz legen lassen, spricht ebenfalls nicht sonderlich für die vormaligen Sieger.
So ist "7th Cavalry" ein formal einwandfreier, ideologisch mitunter jedoch höchst naiv vorgetragenerer Kavalleriewestern, den Scott in der Hauptrolle und Lewis' Regie sehenswert machen.

7/10

Joseph H. Lewis Kavallerie Little Big Horn Historie General Custer Indianer Militär Montana


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QUIGLEY DOWN UNDER (Simon Wincer/AU, USA 1990)


"Some men are born in the wrong century. I think I was born on the wrong continent."

Quigley Down Under (Quigley, der Australier) ~ AU/USA 1990
Directed By: Simon Wincer

Weil ihm dort eine fürstliche Bezahlung versprochen wird, reist der Schafschütze Matthew Quigley (Tom Selleck) an die Ostküste Australiens, wo ihn der Rancher Elliott Marston (Alan Rickman) in seine Dienste nimmt. Was Quigley erst vor Ort erfährt: Marston benötigt keinesfalls wie angekündigt einen Dingojäger, sondern einen Killer, der die auf seinem Grund befindlichen Aborigines ermordet. Quigley kommentiert diese eröffnung mit einer tracht Prügel für Marston und wird hernach mit der ebenfalls aus Texas stammenden Witwe Cora (Laura San Giacomo) ins Outback verfrachtet. Nach ein paar Tagen werden sie von Aborigines gefunden und gesund gepflegt, nur um daraufhin Zeugen zu werden, wie ihre Retter von Marstons Männern abgeknallt werden. Als später auch noch die Frau (Evelyn Krape) eines unbeteiligten Eisenwarenhändlers (Ron Haddrick) wegen Marston sterben muss, begibt sich Quigley auf einen Ein-Mann-Rachefeldzug gegen den verhassten Rancher.

Stolzer Aussiewestern nach profund klassischer Brauart, den der in Känguruhland geborene Wincer mit einer Menge Sinn für leidenschaftliche Ausuferung und Lokalpatriotismus vor der eigenen Haustür fertigen konnte. Der "Quigley Down Under" innewohnende, große Enthusiasmus ist in jeder Minute des Films spürbar; die Figuren, der Held und seine schwer traumatisierte Gespielin, wachsen einem ans Herz und man beginnt nach einiger Gewöhnungszeit, mit ihnen zu fiebern und zu fühlen, unterdessen Basil Poledouris' Score in bester Tradition eines ehrwürdigen Elmer-Bernstein-Hosianna wummert.
Dass derweil im Prinzip das gesamte Storyfundament einer höchst unlogischen Prämisse entspringt und auch einige Wendungen innerhalb der charakterlichen Motivationsgefüge bestenfalls nur verschwommen nachvollziehbar sind, gerät infolge der überwältigenden Audiovisualität - um die es neben Quigleys beeindruckend langem Gewehr überhaupt nur geht in Wincers Film - zu einer vernachlässigenswerten Begleiterscheinung. Außerdem findet man hierin Alan Rickman in der mittleren seiner drei hinreißend ausgeflippten Schurkenrollen.
Ein Film zum bereitwilligen Hineinfallenlassen.

8/10

Simon Wincer Australien Rassismus Duell Outback Ranch


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LONESOME DOVE (Simon Wincer/USA 1989)


"It's not dying I'm talking about, it's living."

Lonesome Dove (Der Ruf des Adlers) ~ USA 1989
Directed By: Simon Wincer

Südtexas, 1876: Die beiden Ex-Texas-Ranger Gus McCrae (Robert Duvall) und Woodrow Call (Tommy Lee Jones) sind in dem entlegenen Städtchen Lonesome Dove sesshaft geworden und verdienen ein paar Dollar mit dem Zureiten von Wildpferden. Doch das Fernweh lockt. Von ihrem früheren Kollegen Jake Spoon (Robert Urich) erfahren sie, dass im nördlichen Montana noch weite Regionen unerschlossen sind und sich dort bislang nicht ein Rinderzüchter niedergelassen hat. Kurzerhand stehlen Gus und Woodrow sich ein paar Rinder von jenseits der mexikanischen Grenze zusammen und brechen zusammen mit ihren alten Freunden Pea (Timothy Scott) und Deets (Danny Glover) sowie einigen jungen Cowboys zu einem 2500-Meilen-Treck nach Montana auf. Parallel dazu macht sich Sheriff Johnson (Chris Cooper) aus Arkansas an die Verfolgung des wegen Totschlags gesuchten Jake Spoon, was Johnsons Frau Elly (Glenne Headley) dazu nutzt, ihm wegzulaufen.

Hierzulande faktisch unbemerkt erlebte der in den späten Achtzigern einmal mehr in seinen letzten Todeszuckungen liegende Western eine seiner bahnbrechendsten Reanimierungen, nämlich in Form der vierteiligen TV-Miniserie "Lonesome Dove", die die Adaption des ersten Teils eines Wildwest-Zyklus des Texaners Larry McMurtry darstellte. Western und Fernsehen standen bis dahin in einem eher stiefmütterlich zu betrachtenden symbiotischen Verhältnis, das zwar ellenlang gespielte Klassiker wie "Bonanza", "The Virginian", "Rawhide" oder "Gunsmoke" hervorgebracht hatte, die sich jedoch der zumindest damals noch recht eng korsettierten Form des Serienformats ergeben mussten. 1989 lief dann "Lonesome Dove", ein Film, der eigentlich bloß seiner Länge von insgesamt 380 Minuten auf sein Premierenmedium angewiesen war. Von vorbereiteten Werbepausen und Cliffhangern keine Spur, Simon Wincer und sein dp Dean Semler bewegen sich ganz im Takt der majestätischen, an Elmer Bernstein und John Barry erinnernden Klänge von Basil Poledouris. Dabei stellte die Produktion ein offenes kommerzielles und künstlerisch Wagnis dar: Mit einem imposanten Budget von 25 Millionen Dollar nahm "Lonesome Dove" die wehmütige Endzeitstimmung Peckinpahs auf bzw. die von "Dances With Wolves" und "The Unforgiven" vorweg. Er schreckte nicht vor visuellen Härten zurück und gewann mit der Hauptdarstellerriege, zu der sich noch Diane Lane, Frederic Forrest, Gavan O'Herlihy, Anjelica Huston und Steve Buscemi gesellten, eine Besetzung, die bereits erahnen lässt, dass dies kein ordinäres TV-Gebalze wie etwa die vier Jahre später folgende, fürchterliche Serie "Dr. Quinn, Medicine Woman" markieren dürfte. Von nur sehr wenigen Schwächen und der einen oder anderen dramaturgischen Unausgewogenheit abgesehen braucht "Lonesome Dove" im Direktvergleich selbst mit den oben erwähnten, cineastischen Meilensteinen nicht zurückstecken. Im Gegenteil: Vieles, wozu anderen Genrevertretern schlechthin die Erzählzeit fehlt, kann hier in aller epischen breite ausgewalzt werden; die Figuren wachsen einem ans Herz, bevor sie eines oftmals grausamen, unverdienten Tode sterben müssen und es lässt sich garantiert niemals vorhersehen, was als nächstes passieren mag. "Lonesome Dove" mäandert wie ein langer Fluss durch den unberührten Südwesten des Landes, oft ruhig, beschaulich und schön dahinplätschernd, dann aufgepeitscht von Wind und Wetter, nur um bald darauf wieder zu seinem vorherigen Format zurückzuschrumpfen und schließlich stolz in den Ozean zu münden und sich dort mit dem Allewigen zu vereinen.

9/10

Simon Wincer Larry McMurtry Texas Montana Treck Viehtrieb TV-Film TV-Serie Freundschaft


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DISTANT DRUMS (Raoul Walsh/USA 1951)


"Nothing but fish and turtles! I'm about to grow gills!"

Distant Drums (Die Teufelsbrigade) ~ USA 1951
Directed By: Raoul Walsh

Florida 1840: Zusammen mit dem ortskundigen Captain Wyatt (Gary Cooper) soll Navy-Offizier Tufts (Richard Webb) eine Strafexpedition gegen eine Seminolen-Festung anführen. Nachdem die dort gefangenen Geiseln befreit und das Gemäuer in die Luft gejagt worden ist, finden die Männer ihren Seerückweg abgeschnitten. Daher bleibt ihnen keine andere Wahl, als sich mitten durch das unwegsame Gelände der Everglades zurückkämpfen, die wütenden Indianer dicht auf den Fersen.

Sümpfe, Palmen, weiße Strände und Alligatoren? Das kann doch kein Western sein! Ist es aber doch irgendwie, denn letzten Endes läuft "Distant Drums" trotz des ungewohnten Schauplatzes am Ostzipfel des Kontinents auf die alte Genrefehde Army vs. Natives hinaus. Gary Cooper, wie ich angesichts Walshs wunderhübscher Technicolor-Explosionen einmal wieder feststellen konnte, noch immer der wohl cinegenste Star, der je auf der Leinwand zu sehen war, ist wunderbar: Obschon bereits an die 50 liefert er ungedoubelt einige grandiose Männerszenen: Die schönste davon dürfte eine schaumlose Glattasur mit seinem Fahrtenmesser sein, die den ihn anhimmelnden Richard Webb so beeindruckt, dass er es gleich selbst versuchen muss und sich prompt schneidet. Doch das ist nicht alles: Coop trägt die hübsche Mari Aldon durch einen alligatorverseuchten Tümpel, erklimmt eine hohe Steinwand per Seil und ficht mit dem ihm nachstellenden Seminolenhäuptling einen Unterwasser-Showdown per Messer aus. Arthur Hunnicutt und Ray Teal liefern das zusätzlich nötige Genrekolorit. Der seltene Brückenschlag zwischen Western und klassischem Abenteuerfilm vollzieht sich in diesem Film von Walsh, einem seiner schönsten Farbfilme nebenbei, somit höchst erfolgreich.

8/10

Raoul Walsh Florida period piece Indianer Südstaaten


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TWO FLAGS WEST (Robert Wise/USA 1950)


"Please obey my orders, Lieutenant."

Two Flags West (Vorposten in Wildwest) ~ USA 1950
Directed By: Robert Wise

Der inhaftierte Konföderierten-Colonel Tucker (Joseph Cotten) und rund fünfzig seiner Männer erhalten die Option, sich der Union anzuschließen und mitzuhelfen, einen Außenposten in New Mexico gegen feindliche Indianer zu verstärken. Tucker nnimmt an. Im vernachlässigten Fort Thorn, in dem ausschließlich Kriegsversehrte und Häftlinge stationiert sind und dem mit Major Kenniston (Jeff Chandler) ein verbitterter, hochneurotischer Offizier vorsteht, fühlen sich der zwangsdegradierte Tucker und seine Leute allerdings keineswegs gleichberechtigt behandelt mit den Nordstaatlern. Schon bald wird der Gedanke zur Flucht akut, als aufgrund eines schweren strategischen Missgriffs Kennistons jedoch die Apachen das Fort zu überrennen drohen, entscheidet sich Tucker zur Wahrung seiner militärischen Pflicht.

Einer von drei Western, die der für sein genreübegreifendes Arbeiten bekannte Regisseur Wise in einer Spanne von acht Jahren gefertigt hat. Mit gewichtiger Unterstützung aus dem ford'schen Lager - Scriptautor Frank S. Nugent war einer von Fords Hausschreibern, was auch der inhaltliche Bezug zu "Fort Apache" verdeutlicht - bildete der Kavalleriewestern "Two Flags West" deren mittleres Element. Eine recht ungewöhnliche Besetzung in nicht eben typischen Rollen, Joseph Cotten als untadeliger Held, Jeff Chandler als profilneurotischer Kommisskopf und Cornel Wilde als tapferer junger Vermittler, vermittelt bereits ein qualitatives Gardemaß, hinzu kommen Linda Darnell und die beiden ole' standards Jay C. Flippen und Arthur Hunnicutt als militärischer Doppelkopf. Möglicherweise hätte die Verwendung von Technicolor "Two Flags West" gut getan, da er sich weniger kantig als entsprechende Arbeiten von Ford oder Mann ausnimmt und seine romantischen Komponenten um unerfüllte Liebe, Freundschaft, Ehre und Heldenmut durchaus kultiviert. Eigentlich ein Film, für den Farbe gemacht ist.

8/10

Robert Wise New Mexico Sezessionskrieg Kavallerie Belagerung


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BRAND OF SHAME (Byron Mabe/USA, D 1968)


Zitat entfällt.

Brand Of Shame (Django Nudo und die lüsternen Mädchen von Porno Hill) ~ USA/D 1968
Directed By: Byron Mabe

Django (Steve Stunning) kommt nach Porno Hill, um seine Zeitungsredaktion zu betreuen. Auf dem Weg trifft er die jungfräuliche Minenerbin Milly Quark (Darlene Darling) - Liebe auf den ersten Blick. Um Milly und ihre Karte vor den unsittlichen Zugriffen des gierigen Hacker (Steve Vincent) und dessen stadtweit vertretenen Schergen zu beschützen, muss Django sich allerlei Kniffe einfallen lassen.

Time for some intense namedropping: Andreas Mannkopff, Renate Küster, Joachim Kemmer, Beate Hasenau, Edith Hancke, Gerd Duwner, Alexander Welbat: Personenbezeichnungen, mit denen der ordinäre Kinogänger möglicherweise nicht allzu viel anfangen kann, die dem Synchronenthusiasten jedoch vorkommen müssen, wie ein kleines who's who der frühen Siebziger-Jahre-Berliner-Nonsens-Filmvertonungskunst. Wer für das deutsche Dialogscript verantwortlich ist, weiß ich nicht, aber sollte es Brandt oder Brunnemann gewesen sein - und diese Vermutung liegt aus gegebenen Gründen nahe-, müssen selbst diese Herren das Ding unter schwerster Polytoxikomanie zusammenklambüsert haben. Der bare, hanebüchene Schwachsinn nämlich, der hier ohne Unterlass in verbaler Form durchexerziert wird, sucht selbst im paralyrischen Schaffen jener beiden Herren seinesgleichen. "Brand Of Shame" ist ursprünglich ein kleiner, billiger Sexwestern ohne jedweden Gebrauchswert, den der Schweizer Produzent und Verleiher Erwin C. Dietrich seinerzeit ankaufte, einige zusätzliche Szenen (um das in freier Natur kopulierende Paar Bumso und Bumsi, die das Geschehen aus der ferne stellvertretend für den ausbleibenden Dramenchor kommentieren) filmte, sich den göttlichen Titel einfallen und in Berlin mit diesem güldenen Stück bundesdeutscher Kneipensynchro veredeln ließ. So entstand nachträglich ein Film, den man, ähnlich wie heimliche Klassiker vom Schlage "Supermänner gegen Amazonen", eher akustisch denn optisch wahrnimmt, oder sagen wir zumindest, dessen in nachträglicher Instanz erschaffene, metaleptische Audiovisualität das Werk erst wahrhaftig in den Status des Banhofskino-Gesamtkunstwerkes erhebt.

6/10

Byron Mabe Trash Sleaze


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CANYON PASSAGE (Jacques Tourneur/USA 1946)


"The illusion of peace is upon us."

Canyon Passage (Feuer am Horizont) ~ USA 1946
Directed By: Jacques Tourneur

Der Geschäftsmann Logan Stuart (Dana Andrews) reist aus Oregon mit Lucy (Susan Hayward), der Verlobten seines Freundes George Camrose (Brian Donlevy), zurück in das gemeinsame Heimatstädtchen am Südrand Oregons. Camrose, der örtliche Bankier, hat hohe Pokerschulden und bekommt seine Spielsucht nicht in den Griff. Und noch mehr Unwägbarkeiten folgen: Der gewalttätige Herumtreiber Bragg (Ward Bond) neidet Stuart Geld und Erfolg, statt in seine Verlobte Caroline (Patricia Roc) ist Stuart in Lucy verliebt und die Indianer werden zunehmend aggressiv gegen die Siedler.

Tourneurs erster Farbfilm und erster Western ist eines von Hollywoods schönsten frontier movies überhaupt. Man wird schwerlich ein leuchtenderes Technicolor finden als das von Edward Cronjager verwendete und die Ford-Standards Ward Bond und Andy Devine adeln "Canyon Passage" durch ihre eher ungewohnten Rollen - Devine ist als herzlicher Familienvater zu sehen, Bond als verbrecherischer Vergewaltiger und Mörder. Der Film zeigt mit Südoregon ein ungewöhnliches Siedlerfleckchen und geht einher mit dem im ähnlichen Milieu spielenden "The Big Trees". Beide Filme vereint zudem ihre jeweils ambivalente Charakterzeichnung: niemand ist frei von Schuld. George Camrose wird über seinen Traum zu finanzieller Unabhängigkeit zum Mörder, Logan Stuart und Lucy sind ineinander verliebt, obwohl sie sich beide anderen versprochen haben. Ihr Weg zueinander wird erst frei über Camroses Tod - ein recht perverser Beginn für eine tragfähige Beziehung. Ganz wunderbar auch die Darstellung des forcierten Miteinanders zwischen Siedlern und Indianern. Man hat Angst voreinander, beschwichtigt sich und lässt sich weitgehend in Ruhe, die akute Spannung, die Angst vor stets möglichen Übergriffen, die eine Katastrophe begünstigen könnten, liegt permanent in der Luft. Tourneur versteht es vortrefflich, diese merkwürdige Atmosphäre zwischen heimeligem Zusammenhalt und unentwegter Bedrohlichkeit greifbar zu machen.
Meisterwerk.

10/10

Jacques Tourneur Oregon Freundschaft Kalifornien


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ALONG THE GREAT DIVIDE (Raoul Walsh/USA 1951)


"You're all guilty. You'll all pay."

Along The Great Divide (Den Hals in der Schlinge) ~ USA 1951
Directed By: Raoul Walsh

Um den alten Pop Keith (Walter Brennan) vor der Lynchjustiz des Rinderbarons Ed Roden (Morris Ankrum) zu bewahren, schafft ihn der verbissen gesetzestreue US-Marshal Merrick (Kirk Douglas) mit seinen zwei Deputys Shear (John Agar) und Gray (Roy Teal) nach Santa Loma, der nächstliegenden Stadt mit Gerichtsbarkeit. Pop soll Rodens Sohn erschossen haben, als dieser ihn bei einem Viehdiebstahl überraschte. Der Alte beteuert jedoch seine Unschuld. Ebenso von dieser überzeugt ist Pops Tochter Ann (Virginia Mayo). Merrick verspricht eine faire Verhandlung für Pop, zumal er darin eine Chance der Wiedergutmachung sieht: Dereinst trug er die Mitschuld am Tode seines Vaters. Roden jedoch lässt nicht locker; er und sein zweiter Sohn Dan (James Anderson) verfolgen die Eskorte gnadenlos weiter...

Man with a star: Einer der stark psychologisch gefärbten Western Walshs, einer Periode entstammend, in dem Douglas, der damals noch vornehmlich auf schurkische Parts abonniert war, den Helden zwischen Schuld und Sühne zu mimen hatte. Ganz astrein nämlich ist sein psychopathologischer Background auch als Marshal Merrick in "Along The Great Divide" nicht; er hat einiges an neurotischen Altlasten mit sich herumzutragen, die den klassischen Wildwesthelden, so er nicht gerade von Duke Wayne gespielt wurde, ja zumeist umtrieben und den Pfad zu dessen Erlösung stets so steinig machten. In diesem Falle ist es der bereits vor Jahren mitverschuldete Tod des eigenen Vaters, der dereinst ohne den möglicherweise hilfreichen Schutz des Sohnes in eine Falle getappt ist und ermordet wurde. Diese Rechnung mit sich selbst hat Len Merrick zu begleichen, ehe er das Mädchen bekommen und 'downsettlen' darf. Der Weg dorthin führt über die gerechte Aufklärung eines neuerlichen Mordfalles, blindwütige Lynchjustiz, durch eine höllische Einöde und natürlich das Vertrauen des Mädchens, das erst noch gewonnen werden will. Für Walsh eine Routineangelegenheit, die er hochemotional und dennoch mit der Gelassenheit des Altmeisters in Szene setzte.

8/10

Raoul Walsh Wüste


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LUST FOR GOLD (S. Sylvan Simon/USA 1949)


"You never loved me, you just loved my gold. You can have it all."

Lust For Gold (Der Berg des Schreckens) ~ USA 1949
Directed By: S. Sylvan Simon

Der junge Barry Storm (William Prince) weiß um einen Goldschatz, den sein Großvater Jacob Walz (Glenn Ford) rund sechzig Jahre zuvor in einem nahezu unauffindbaren Versteck in einem Bergmassiv Arizonas in Besitz genommen hat und begibt sich auf die Recherche danach. Schon seit damals hat die Suche nach dem Gold viele Todesopfer gefordert, darunter einige, die auf das Konto eines geheimnisvollen Scharfschützen gehen. So ist überhaupt die gesamte Geschichte des Schatzes blutbefleckt. Schon Jacob hat einst kaltblütig seinen Partner (Edgar Buchanan) erschossen, um das räuberisch erworbene Gold für sich allein zu haben. Später ist ihm die unheilige Beziehung zu der gierigen Julia (Ida Lupino) selbst zum Verhängnis geworden. Und nun steht Barry mitten im Visier des Heckenschützen...

Eine seltene, dafür umso schönere Melange aus Western und film noir, die besondere Effektivität dadurch erhält, dass sie ihre Geschichte auf zwei Zeitebenen erzählt. Die Virtuosität späterer Regisseure, die Gegenwart und Vergangenheit auch direkt gegeneinander montierten und so ein höheres Maß an Komplexität erreichten, bringt "Lust For Gold" noch nicht auf, die Szenen um Barry bilden die narrative Klammer, während Jacobs Geschichte in Form einer geblockten, zentral gelegenen Rückblende erzählt wird. Jene bildet zugleich das unumwundene Herzstück des Films: Glenn Ford als ruchloser, der Goldgier verfallener Loner ist dabei in einer seiner vollendetsten Leistungen zu sehen, ähnliches gilt für die tolle Ida Lupino. Eines der großen, unbesungenen Paare der Kinogeschichte, die sich verdient, gefunden und infolge ihrer jeweils argwöhnischen Natur aus gegenseitigem Misstrauen heraus zerstört haben. Irgendwo im Dunklen, hinterm Vorhang, warten sie darauf, wiederentdeckt zu werden.

8/10

S. Sylvan Simon George Marshall Arizona Familie Rache Gold femme fatale film noir amour fou





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Funxton

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