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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE STONE KILLER (Michael Winner/USA, I 1973)


"What hit him?" - "A complete state of death."

The Stone Killer (Ein Mann geht über Leichen) ~ USA/I 1973
Directed By: Michael Winner


Nachdem er wegen seiner rüden Methoden von New York nach L.A. strafversetzt wurde, kommt Lieutenant Torrey (Charles Bronson) einer großangelegten Mafiaaktion auf die Spur: Der aus Sizilien stammende Pate Don Vescari plant, mithilfe eines eigens für diesen Auftrag trainierten, ausschließlich aus Vietnam-Veteranen bestehenden Killer-Kommandos sämtliche seiner Konkurrenten aus dem Weg zu räumen und damit eine seit über vierzig Jahren schwelende Vendetta endlich in die Tat umzusetzen.

Nicht das erste und nicht das beste Werk der langjährigen Kollaboration Winner/Bronson, dennoch aber ein sehr passabler Genrebeitrag, der sich mit flottem Score (Roy Budd), einigen Derbheiten und emsigen Schnitzereien an der Ikonisierung von Bronsons hell illuminierter Rächerfigur ziemlich nahtlos in den zeitgenössischen Action- und Polizeifilm einreiht. Mit Martin Balsam als großem, wörtlich unfassbaren Antagonisten steht Bronson ein Gegner von Format gegenüber; leider jedoch kommt es zu keinem direkten Duell zwischen den beiden. Ferner dürfte dies einer der wenigen, wenn nicht der einzige Bronson-Film sein, in dem Charley am Ende vor dem Geschick und der Übermacht des organisierten Verbrechens kapitulieren muss und nur zweiter Gewinner bleibt. Das ist angesichts der späteren Karriere des Bestrafers von beinahe schon göttlichen Gnaden ein wenig unbefriedigend, angesichts des ansonsten unterhaltsamen Resultats inklusive flotter Verfolgungsjagd jedoch verschmerzbar.

6/10

Mafia Los Angeles New York Michael Winner


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TROPA DE ELITE (José Padilha/BR, NL, USA 2007)


Zitat entfällt.

Tropa De Elite ~ BR/NL/USA 2007
Directed By: José Padilha


Rio de Janeiro, 1997: Auf den als unbeirrbar gefürchteten BOPE-Offizier Nascimento (Wagner Moura) warten harte Zeiten. Neben seinem alltäglichen Geschäft, dem Kampf gegen die unzähligen großen und kleinen Drogendealer in den Favelas, kündigt sich ein Papstbesuch an und der Kirchenvater geruht ausgerechnet bei einem im Slum wohnhaften Bekannten zu nächtigen. Das entsprechende Areal muss also rechtzeitig gesichert werden. Hinzu kommen sich mehrende Panikattacken, die Nascimento innerlich unter Druck setzen sowie die unmittelbar bevorstehende Geburt seines kleinen Sohnes. Ein baldiger Nachfolger als Einheitsleiter muss her. Allein, wer soll es sein - der ultrabrutal vorgehende Neto (Caio Junqueira) oder der idealistische, zugleich nach einer Anwaltskarriere strebende Matias (André Ramiro)?

Knüppelharte Studie über den Einsatz der BOPE in den Favelas von Rio. Bei der BOPE handelt es sich um eine martialische, unter Militärherrschaft stehende Polizeieinheit, die sowohl dafür bekannt ist, absolut rücksichtslos vorzugehen, das heißt, auch unter regelmäßigem Einsatz von Folter und tödlicher Gewalt, als auch dafür, garantiert unbestechlich zu sein. Rodrigo Pimentel, einer der Autoren der Vorlage, war selbst jahrelang BOPE-Offizier und schildert seinen authentischen Arbeitsalltag in bürgerkriegsähnlichen Zuständen in beklemmender Art und Weise. Der Einsatz der BOPE wird dabei durchaus kritisch beäugt und keineswegs, wie manche kritische Stimmen dem Film vorwarfen, glorifiziert. Ganz zweifellos wird herausgestellt, in welch abartiger Weise die Polizisten als reaktionäre Terrorsäer instrumentalisiert werden und wie nutzlos auf der anderen Seite ihr mitunter tödlicher Einsatz ist. Die langjährige Erfahrung demonstriert nämlich hinlänglich, dass die Zahl der in Drogengeschäfte involvierten Personen in den Favelas keinesfalls geschrumpft ist und dass die Einschüchterungs- und Gewalttaktik der BOPE ergo weithin fruchtlos geblieben ist.
Padilha inszeniert sein kleines Epos in farbgefilterten, messerscharfen Bildern und mit Handicam, einer seltsamen, gleichwohl funktionalen Mischung aus Stilisierung und Naturalismus. Die Wahl dieser Mittel kommt dem Film und seinem Anliegen durchaus zugute und verschafft dem in globaler Hinsicht ja zwangsläufig unbedarften Publikum somit einen zwischen Hyperrealismus und Beklemmung pendelnden Eindruck dessen, was sich da zwischen von Zuckerhut und Copacabana tagtäglich abspielt.

9/10

Favelas Rio de Janeiro Slum José Padilha Brasilien


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RED RIDING: 1974/1980/1983 (Julian Jarrold, James Marsh, Anan Tucker/UK 2009)


"To the North - where we can do what we like."

Red Riding: 1974/1980/1983 ~ UK 2009
Directed By: Julian Jarrold/James Marsh/Anan Tucker


West Yorkshire im Norden Englands. Hinter pittoresk-grauer Industriekulisse ereignet sich in einer über neunjährigen Zeitspanne Ungeheuerliches: Kinder werden ermordet, vergewaltigt und verstümmelt aufgefunden, die Polizei und das gesamte Rechtssystem sind durch und durch korrupt, unliebsame oder gar aufbegehrende Mitwisser und Schnüffler werden beseitigt und statt der wahren Täter hilflose Sündenböcke eingesperrt, ein böser Immobilienhai (Sean Bean) zieht im Hintergrund die Fäden, derweil noch ein Serienmörder (Joseph Mawle) Prostituierte abschlachtet und die Rechtschaffenen, wie der Journalist Dunford (Andrew Garfield), der von außerhalb herbestellte Ermittler Hunter (Paddy Considine) oder der kleine Anwalt Piggott (Mark Addy) rein gar nichts mehr zu bestellen haben.

Gleich drei Regisseure verfilmten mittels formal recht differenter Ansätze das eigentlich unbedingt kinotaugliche "Red Riding Quartet" des Autors David Peace für den britischen Channel 4, wobei "1977", der zweite Teil des Zyklus, zu Lasten des strengen Dreijahres-Rhythmus der Vorlage ausgespart wurde. Die Romane sind mir leider nicht bekannt, so dass ich nicht beurteilen kann, wie schmerzlich das fehlende Segment letzten Endes vermisst werden muss. Immerhin bleibt auch den nunmehr zur Trilogie geschrumpften Filmen dank des glücklicherweise immens pedantischen Scriptautors Tony Grisoni ihre Stimmigkeit ohne Einbußen erhalten.
"Red Riding" beginnt am Vorabend der langjährigen politischen Herrschaft der Tories unter Margaret Thatcher und weist sogleich den mentalen Weg der folgenden Dekade. Sean Bean gibt dafür stellvertretend gleich in "1974" einen wunderbar kompakten Abriss der Zeitzeichen, wobei West Yorkshire im Zuge einer wohldurchdachten Offerte seines durchtriebenen Bauunternehmers Dawson zum Opfer eines großkapitalistischen Albtraums wird, in dem niemand, der Ethik, Gerechtigkeit und Wahrheitsfindung als Lebensmaximen schätzt, mehr etwas verloren hat, so er nicht in Bälde sein Leben zu verlieren trachtet. Es scheint fast, als habe sich eine satanische Bruderschaft sämtlicher sozialer Schlüsselpositionen und Trägerposten bemächtigt und treibe nun ihre zwischen abartiger Perversion und Machthunger pendelnden Ränkespiele im beschaulichen Nordosten des Landes. Von 'Todesschwadronen' innerhalb der Polizei ist gleich zu Beginn die Rede, und was zunächst wie ein überzogenes Wortgeplänkel anmutet, erweist sich schon bald als grausame Realität, in der Einschüchterung, Folter und Mord gesetzlich legitimierte Werkzeuge geworden sind. Peace bzw. sein Adept Grisoni liefern dabei Stoff für ein insgesamt fünfstündiges Mammutwerk in drei Aufzügen und mit jeweils wechselnden Protagonisten und Beziehungsgeflechten. Dabei bleibt die Spannungsschraube permanent streng angezogen und zum Durchatmen so gut wie keine Zeit, zumal die fotschreitenden Enthüllungen und Eröffnungen immer neue (wenn auch mitunter bereits recht früh erahnbare) Unfassbarkeiten zutage fördern. Wenigstens gönnt man den Zuschauern zumindest ein kleines Fünkchen Gerechtigkeit am Ende dieser allumfassenden Mär der Finsternis. Zumindest in den USA scheint "Red Riding" mit ein paar Kopien im Kino gelaufen zu sein - ein wahres Verbrechen an der Kunst, dass dem hier nicht so ist.

9/10

James Marsh Journalismus Serienmord Anan Tucker Thatcherismus TV-Film Julian Jarrold England


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HEAT (Michael Mann/ USA 1995)


"I don't know how to do anything else." - "Neither do I."

Heat ~ USA 1995
Directed By: Michael Mann


Lt. Vincent Hanna (Al Pacino) vom LAPD gilt als besonders verbissener Ermittler, worunter auch seine Ehe - bereits die dritte - stark zu leiden hat. Als er auf den Profiräuber Neil McCauley (Robert De Niro), Kopf einer straff organisierten Gang, aufmerksam wird, enspinnt sich zwischen den beiden sehr ähnlichen Männern ein Duell, dessen tosende Auswirkungen die Stadt bis in ihre Grundfesten erschüttern.

"Police & thieves in the streets..." falsettierte Junior Murvin in seinem berühmten, von Lee "Scratch" Perry produzierten Reggae-Dub-Klassiker von 1976 und lieferte damit eine eigentlich großartige, textliche Vorlage für Michael Manns opus magnum. Schade, dass das Stück im fertigen Film gar nicht zum Einsatz kommt, es hätte einen zentralen Platz verdient gehabt.
Dieses Remake seines eigenen, sechs Jahre älteren Fernsehfilms "L.A. Takeover" demonstriert wiederum Manns große Könnerschaft: Nicht nur, dass er sich rühmen konnte, die beiden italoamerikanischen Schauspiel-Giganten Pacino und De Niro gemeinsam auf die Leinwand gebracht zu haben, bleibt von "Heat" rückblickend vor allem seine allseitige Perfektion, das minutiöse Vermeiden von schwachen Momenten, ganz so, als sei es darum gegangen, ultimatives Kino zu erschaffen. Dabei steht der Titel des Films im Kontrast zu seinem Wesen. Das wäre nämlich besser mit "Cool" tituliert worden.
Was an "Heat" so gefällt, ist sein blindes Vertrauen in Bilder und Stimmungen; Worte, Dialoge, Verbales erscheinen fast unwichtig angesichts seiner alles überwältigenden Visualität. Auch hängt der Film noch deutlich an der Vordekade und führt vor Augen, dass Mann eigentlich ein ewiges Kind der Achtziger ist. Und was das Duell Pacino - De Niro anbelangt? Entscheidet nach meinem Dafürhalten klar zweiterer für sich. Nicht nur, dass McCauley durch seinen lauernden, schweigsamen und fast durchweg besonnenen, klar an klassischen Melville-Gestalten orientierter Charakter als klar Überlegener der Rivalen dasteht, geht mir Pacinos luzides, offensiv-bekokstes Gestikulieren und Fingergeschnippe zuweilen schon fast auf den Zeiger. Wenn, das Ende ist ja bekannt, in einer besseren Welt stets der Cop als Gewinner aus dem ewigen Spiel Gut gegen Böse hervorgehen muss, dann hätte ich mir zumindest dieses eine Mal eine schlechte herbeigewünscht. Wenn McCauley, die schöne Amy Brenneman an seiner Seite, am Ende doch noch die scharfe Kehre zugunsten seiner dummen Rache macht, rutscht mir jedesmal wieder das Herz in die Hose. Dieser... Idiot.

9/10

Los Angeles Michael Mann Remake Heist Duell


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L.A. TAKEDOWN (Michael Mann/USA 1989)


"All I am is what I'm going after."

L.A. Takedown (Showdown In L.A.) ~ USA 1989
Directed By: Michael Mann


Der beinharte Cop Vincent Hanna (Scott Plank) wird auf eine straff organisierte Gang aufmerksam, die ihre minutiös geplanten Raubzüge in ganz L.A. abwickelt. Hannas beruflicher Fanatismus macht sich wiederum in seinem Privatleben bemerkbar. Derweil plant Patrick McLaren (Alex McArthur), der Kopf der Gangster, seinen letzten Coup durchzuziehen, um sich dann zur Ruhe setzen zu können. Da lernen sich die beiden Antagonisten per Zufall kennen...

Sechs Jahre vor "Heat" (demnächst in diesem Theater) entwickelte und realisierte Michael Mann bereits die Idee um zwei Widersacher auf entgegengesetzten Gesetzesseiten, die sich tatsächlich als sympathisch und ebenbürtig wahrnehmen und deren Duell daher umso tragischer wird. Die erste Variation entstand allerdings fürs Fernsehen und erweist sich schon aufgrund der korsettierten Lauflänge und der diversen anderen medialen Einschränkungen als dem großen Remake keinesfalls ebenbürtig. Dennoch lohnt "L.A. Takedown" den Blick, zumal als schicker Genrefilm seiner Zeit und insbesondere als jeweilige Zeitzeichen illustrierender Bestandteil der Mann'schen Filmographie. Diverse der ihm wichtigen, immer wieder bemühten Topoi werden hier gestriffen: Kriminelle Ehrenkodexe, professionelle Integrität, Freundschaft, Verrat. "Heat" brachte die formale Perfektion und trifft einige umwegsamere oder auch ganz andere Handlungsentscheidungen, im Großen und Ganzen aber bildet "L.A. Takedown" fraglos das entsprechende Saatgut. Dazu gibt's außerdem eine von Billy Idol eingesungene, flotte Coverversion von "L.A. Woman" (die sich in Wahrheit allerdings etwa ebensoweit vom Original bewegt wie der Film selbst von seiner Wiedererweckung).

7/10

Heist TV-Film Michael Mann Los Angeles Duell


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MANHUNTER (Michael Mann/USA 1986)


"Dream much... Will?"

Manhunter (Blutmond) ~ USA 1986
Directed By: Michael Mann


Um einen Serienmörder (Tom Noonan) zu fassen, der jeweils bei Vollmond ganze Familien abschlachtet und bereits zweimal zugeschlagen hat, reaktiviert der FBI-Beamte Jack Crawford (Dennis Farina) seinen ehemaligen Profiler Will Graham (William Petersen), der sich, nachdem ihn die Festsetzung des früheren Ziels Dr. Hannibal Lecktor (Brian Cox) beinahe Verstand und Leben gekostet hätte, im Ruhestand befindet. Graham nimmt zwecks Verhinderung weiterer Morde an und sieht sich erneut mit einem so brillanten wie gestörten Geist konfrontiert, der zudem in geheimem Informationsaustausch mit Grahams altem Widersacher Dr. Lecktor steht.

"Manhunter" gehört unbedingt in die Phalanx der repräsentativen Filme seines Jahrzehnts; von ästhetischer Warte aus betrachtet erzählt er mehr über seine Zeit und deren mentale Begleiterscheinungen als die meisten anderen um ihn herum entstandenen Kinostücke. Im Nachhinein wurde Manns Inszenierungsstil häufig als "kalt", "statisch" und "unnahbar" bezeichnet, was das Wesen seines Films freilich nur sehr unzureichend wiedergibt. Tatsächlich erreicht der Regisseur etwas, was seinen Zunftgenossen nur höchst selten gelingt: Die perfekte Fusion aus Oberfläche und Substanz nämlich, oder, metaphysisch-geschwollen formuliert, aus Materie und Geist. Um sein kriminalistisches Talent der Empathie voll zur Geltung zu bringen, muss Graham sich, und darin liegt zugleich die große Gefahr für ihn, völlig von sich selbst lösen und zunächst in eine gewaltige psychische Leere eintauchen. Dieser Prozess wird von Manns dp Dante Spinotti (der kurioserweise auch für die atmosphärisch ganz anders geartete Zweitverfilmung zuständig war) in brillante, in Verbindung mit den sphärischen Klängen unvergessliche Bilder gefasst. Der Film scheint angefüllt mit harten Formen und scharfen Kanten, die Innenarchitektur der von Dollarhyde entvölkerten, bereits für den Wiederverkauf renovierten Häuser wirkt stets genauso tot wie ihre vormaligen Bewohner. Eine schrecklich-logische, existenzielle Ordnung wohnt alldem inne, der Graham wiederum fast um seiner selbst Willen auf die Spur kommt. Dazwischen wirken Szenen wie etwa jene tolle mit Joan Allen und dem betäubten Tiger wiederum unglaublich vital.
All das ergibt ein in seiner Gesamtheit gleichsam morbides und auf seine ganz spezielle Weise bezaubernd schönes Werk von höchster Kunstfertigkeit.

10/10

Profiling Michael Mann Madness Hannibal Lecter Serienmord FBI Thomas Harris


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BASIC INSTINCT (Paul Verhoeven/USA 1992)


"Games are fun."

Basic Instinct ~ USA 1992
Directed By: Paul Verhoeven


Detective Nick Curran (Michael Douglas) soll den Fall eines während des Koitus mittels eines Eispickels ermordeten Rockstars (Bill Cable) untersuchen. Alles deutet auf Catherine Tramell (Sharon Stone), Kriminal-Romancieuse und Freundin des Toten, als Täterin hin. Wie sich noch zusätzlich herausstellt begleiten das Leben der eiskalten Blondine eine Kette seltsamer Analogien zwischen ihren Büchern und ihrer Biographie. Als Curran eine Affäre mit Catherine beginnt, begibt er sich auf dünnstes Eis...

Der wegen ein paar Nacktszenen damals als Semiporno gehandelte (und vornehmlich aus diesem Grunde unrechtmäßig erfolgreiche) "Basic Instinct" kann mit dem Abstand der Jahre nicht verleugnen, kaum mehr als heiße Luft zu produzieren. Besonders im Vergleich zu den beiden voreangegangenen Schätzchen "RoboCop" und "Total Recall" erweist sich dieser laue Erotikthriller, der immerhin filmhistorisch von vordergründigem Interesse ist als einer jener Filme, die als Auslöser eines ganzen Erdrutsches von Epigonen und Plagiaten dastehen, als herb enttäuschendes Durchschnittsfabrikat. Verglichen mit dem deutlich intelligenteren "De Vierde Man", der bereits Jahre zuvor eine ganz ähnliche Richtung einschlug und zum Thema Suspense deutlich mehr zu sagen wusste, verzichtet das Script des Trivialschreibers Eszterhas sogar noch auf das geringste Quentchen Irrealis - vermutlich, um sein Publikum nicht durch drohende Überforderung zu vergrätzen. Das einzige, was neben Michael Douglas' wie immer solider Leistung an diesem Versuch, an Hitchcocks Thron zu kratzen, auch rückblickend noch zur Gänze zu überzeugen vermag, ist die Musik von Jerry Goldsmith.
Als merkwürdig leeres Hochglanzprodukt der orientierungslosen Frühneunziger nach wie vor faszinierend, als Verhoeven-Film jedoch in dessen unterem Schaffenssegment.

6/10

Madness femme fatale neo noir Literatur Paul Verhoeven San Francisco Joe Eszterhas Amour fou Serienmord


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SHAFT (John Singleton/USA 2000)


"It's my duty to please that booty."

Shaft ~ USA 2000
Directed By: John Singleton


Der stets streitbare Police Detective John Shaft (Samuel L. Jackson) legt endgültig die Marke nieder, als der süffisante, rassistisch motivierte Totschläger Walter Wade Jr. (Christian Bale) schon zum zweiten Mal gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt wird. Shaft beschützt eine unter Druck gesetzte Tatzeugin (Toni Collette) und knöpft sich Wade auf bodenständige Weise als Privatermitller vor, ganz in der Tradition seines legendären Onkels (Richard Roundtree).

Gelungener Relaunch der berühmten Blaxploitation-Reihe aus den Siebzigern, die sich ganz klar nicht als Remake, sondern als Fortführung der Ur-Trilogie versteht. Der "Original-Shaft" tritt, schon das eine Ehrerbietung nach Maß, noch immer auf und keinen Deut leiser; Jackson legt seine Figur erst gar nicht als simple Neuauflage nach 25-jährigem Dornröschenschlaf an, sondern charakterisiert den Titelhelden als knallharten Gerechtigkeitsfanatiker an der Schwelle zum Selbstjustizler, der sich das schwarze Selbstbewusstsein nicht wie sein berühmter Onkel über die Jahre antrainieren musste, sondern dem es gleich in die Wiege gelegt wurde. Singleton erweist sich als hervorragender Actionregisseur mit perfektem Gespür für Timing und äußere Kurzweil, der fulminante Score von David Arnold ist deutlich mehr als eine bloße Reminszenz an Isaac Hayes' klassisches Original.
Hübscher, kleiner Machoscheißdreck.

7/10

Selbstjustiz John Singleton New York Remake


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NIGHTHAWKS (Bruce Malmuth/USA 1981)


"There is no security."

Nighthawks (Nachtfalken) ~ USA 1981
Directed By: Bruce Malmuth


Neben anderen New Yorker Beamten werden auch die beiden hartgesottenen Streifenopolizisten DaSilva (Sylvester Stallone) und Fox (Billy Dee Williams) werden zwecks Terrorabwehr umgeschult. Grund der plötzlichen Panik: Der international gesuchte Bombenleger Wulfgar (Rutger Hauer) und seine Gespielin Shakka (Persis Khambatta) sollen sich mitten in Manhattan niedergelassen haben. Tatsächlich lassen die ersten staatsfeindlichen Aktionen nicht lange auf sich warten und in DaSilva und Wulfgar haben sich flugs zwei Intimfeinde par excellence gefunden.

"Nighthawks" dokumentiert noch im Stile der knochentrockenen Polizeifilme der Siebziger die schon damals latente Angst vor dem großen Schreckgespenst des internationalen Terrorismus - eine Gefahr, die sich für die Supermacht USA wegen ihrer perfiden Funktionsweise im Gegensatz zu Staatskonflikten als kaum greifbar darstellte. Ausgerechnet New York wird zum Ziel von Wulfgars brutalen Anschlägen, nachdem sein Gesicht durch eigenes Verschulden in der alten Welt publik wurde und er von dort fliehen musste. Die Motive Wulfgars und seiner offensichtlich orientalischer Herkunft entstammenden Kollegin (ob die beiden eine erotische oder eine rein professionelle Bindung eint, bleibt offen) werden dabei nie eindeutig geklärt. Wulfgar gibt zwar an, er sei ein "Systemfeind", scheint auf der anderen Seite aber gegen gutes Entgelt für jegliche Kundschaft zu arbeiten (sein erster im Film gezeigter Anschlag auf ein Londoner Warenhaus geschieht offenbar im Auftrag der IRA) und, sobald es auf eigene Rechnung geht, für lauthalse Profilierung seiner eigenen Person sorgen zu wollen. Die Geschichte belässt es bei dieser Schwammigkeit und interessiert sich wesentlich mehr für die Antagonistenbeziehung DaSilva - Wulfgar, wobei auch diese eher allgemeinplatziert und psychologisch betrachtet sowieso völlig unzureichend konstruiert erscheint. Womit sich "Nighthawks" hingegen in den Überdurchschnitt rettet, sind seine Darstellungen urbaner Polizeiarbeit. Stallone sieht in "Nighthawks" nicht nur ganz ähnlich aus wie das große italoamerikanische Vorbild "Serpico", die Sache will's, dass auch seine Methoden sich kaum von dessen Arbeitsweise unterscheidet. In mancherlei Beziehung antizipiert "Nighthawks" außerdem den fünf Jahre jüngeren "Cobra": Ein zunächst nicht greifbarer Gegner; Ermittlungen in den städtischen Subkulturen, die der Suche nach der Nadel im Heuhaufen gleichen. Dazu noch die lustvoll vorgetragene Biographie DaSilvas, die verdächtig nach der eines gewissen John Rambo klingt - für Stallones sukzessive Autoikonisierung in den Achtzigern erweist sich "Nighthawks" im Nachhinein als unverzichtbares Mosaikstück.

7/10

Sylvester Stallone Terrorismus New York Bruce Malmuth


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EXPERIMENT IN TERROR (Blake Edwards/USA 1962)


"So you're in danger."

Experiment In Terror (Der letzte Zug) ~ USA 1962
Directed By: Blake Edwards


Ein Unbekannter bedroht die Bankangestellte Kelly Sherwood (Lee Remick) - sie solle 100.000 Dollar mitgehen lassen und ihm übergeben. Andernfalls ginge es Kelly oder ihrer jüngeren Schwester Toby (Stefanie Powers) schlecht. Kelly wendet sich vertrauensvoll ans FBI und findet in John Ripley (Glenn Ford) einen versierten Ermittler.

Dieses Experiment fällt mir deutlich zu schleppend und vor allem zu lang aus. Anstatt die Story mit ihrer cleveren Prämisse auch in ein formal strenges Korsett zu bringen und zügig abzuwickeln, ergeht sich das Script in diversen unwesentlichen Nebensträngen, die für manchen dramaturgischen Durchhänger sorgen und "Experiment In Terror" so zeitweilig das mitunter Schlimmste angedeihen lassen, was man einem Film nachsagen kann: Er langweilt. Ein wenig heraus reißen das Ganze dann wieder die prächtige Schwarzweißkamera, Henry Mancinis wie immer brillanter Score und Edwards' zuweilen konzentrierte Mise-en-scène, die etwa das Finale in einer zum Rest des Films unverhältnismäßigen technischen Brillanz erstrahlen lässt.
Dennoch: Der Mann ist und bleibt ein Komödienregisseur. Punktum.

5/10

Kidnapping Erpressung FBI Blake Edwards Heist





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