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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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RESURRECTION (Russell Mulcahy/USA 1999)


"There are fifty ways to fuck up a crime and if you can think of twenty of them, you're a genius."

Resurrection ~ USA 1999
Directed By: Russell Mulcahy


Polizei-Detective Prudhomme (Christopher Lambert) wird mit einem sich als religiöser Fanatiker entpuppenden Serienmörder konfrontiert. Offenbar plant der Täter, pünktlich zu Ostern eine Christus-Gestalt aus verschiedenen Körperteilen zusammenzusetzen, die jeweils von modernen Pendants der Apostel entnommen wurden. Als der Killer gewahr wird, wer ihm auf den Fersen ist, beginnt er, Prudhomme privat zu attackieren.

Ein aus zahlreichen, wohlbekannten Versatzsstücken bestehendes Serienkiller-Derivat mit überdeutlichen "Seven"-Anleihen, das eher durch Mulcahys Ästhetik an Interesse gewinnt denn durch seine x-mal durchgekaute Story. Der Held ist ein so intelligenter wie bereits durch biographische Facetten (er gibt sich die Schuld für den Unfalltod seines kleinen Sohnes) angreifbarer Polizist, der die Welt nunmehr als einen einzigen Sündenfall begreift, sein Partner wird von Leland Orser gespielt, nebenbei ein weiteres Verbindungsglied zu "Seven" (Orser spielte seinerzeit den Freier mit dem Dolchdildo), der in vielen Filmen der Neunziger - und so auch hier - als jammervolle Opferfigur auffindbar war. Mulcahys d.p. spielt gerne am Sucher und am Zoomdreher herum, was manchmal ziemlich manieristisch wirkt; der fortwährende Chicagoer Regen kam dem Team ganz bestimmt wie gerufen. Abseits des Gemeckeres bleibt ein wegen seiner ansprechend inszenierten Formalia dennoch überdurchschnittlicher Thriller, der mir schon aufgrund seines Hanges zum derben Naturalismus schon immer deutlich besser gefallen hat als der übliche zeitgenössische Krempel wie "Copycat", "The Bone Collector" oder die beiden Cross-Filme mit Morgan Freeman. Außerdem gibt David Cronenberg sich die Ehre in einer Nebenrolle als katholischer Priester.

6/10

Russell Mulcahy Fanatismus Serienmord Madness Chicago Profiling


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DIE KATZE (Dominik Graf/BRD 1987)


"Das Leben ist 'ne Sau - gut, wenn sie manchmal geschlachtet wird."

Die Katze ~ BRD 1988
Directed By: Dominik Graf


Von einem Düsseldorfer Luxushotel aus steuert der Profiverbrecher Probek (Götz George) eine Geiselnahme in der gegenüberliegenden Bank. Diese führen sein Partner Junghein (Heinz Hoenig) und dessen Adlatus Britz (Ralf Richter) durch. Probek hat die Aktion schon im Vorhinein minutiös geplant und unter anderem die Frau (Gudrun Landgrebe) des Bankdirektors Ehser (Ulrich Gebauer) für seine Zwecke eingespannt. Außerdem verfügt er über modernste Abhörtechnik und weiß so über jeden geplanten Schritt des zuständigen Beamten Voss (Joachim Kemmer) Bescheid. Das Geiseldrama entwickelt sich zu einem technisierten Tauziehen zwischen Polizei und Gangstern.

1988 war der deutsche Genrefilm so gut wie tot, während die übrigen Kinobeiträge von hierzuland irgendwo im Sumpf des Gelangweilt-prätentiösen dahindümpelten. Da kam der seinerzeit noch recht frische Regisseur Dominik Graf daher und spendierte dem Kino einen lupenreinen Thriller aus nationaler Produktion. Ein beinahe revolutionäres Geschenk. Götz George, der schon in den Jahren zuvor einen neuerlichen Popularitätsschub durch seine "Tatort"-Engagements als Kommissar Schimanski hatte verbuchen können, wurde nach "Abwärts" bereits zum zweiten Mal innerhalb dieser Karriereperiode abseits seines ewigen Klischeeparts besetzt. Als Probek ist er ein eiskalter und zäher Profi, dem kaum etwas eine mimische Regung abringt, der sein Metier als eine Art Sport begreift und der so gar nichts mehr hat von jenem etwas prolligen Parka-Ermittler aus dem Pott. Die Figur Probek darf vielmehr als Eherbietung an große französischen Vorbilder aus der Ecke Melville betrachtet werden. Und auch Grafs kernige Inszenierung bewegt sich weit abseits vom TV-Einerlei dieser Tage. Sie liefert exakt die pointierte Kühle und Berechnung, die ein Film dieser Kuleur benötigt, den schmissigen "Titel"-Song "Good Times" von Eric Burdon nicht zu vergessen.
Die aktuell unter dem Schirm einer FAZ-Reihe erschiene DVD bietet im Gegensatz zu der letztjährig veröffentlichten Fassung endlich eine Abtastung im Originalformat (wenn auch nur von einer etwas angegriffenen Kinokopie, was aber nicht wesentlich stört) und ist erstmals ungekürzt. Ein heißer Tipp für die gegenwärtig kühlen Tage.

8/10

Dominik Graf Heist Kidnapping


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MYSTIC RIVER (Clint Eastwood/USA, AU 2003)


"Admit what you did."

Mystic River ~ USA/AU 2003
Directed By: Clint Eastwood


Das Leben der drei Bostoner Freunde Jimmy (Jason Kelly), Sean (Connor Paolo) und Dave (Cameron Bowen) ändert sich eines Tages schlagartig, als Dave von zwei Mißbrauchstätern in ein Auto gezerrt wird und einem vier Tage anhaltenden Martyrium ausgesetzt ist. Viele Jahre später haben sich die Lebenswege der Drei auseinanderentwickelt: Jimmy (Sean Penn) vekehrte einige Zeit in kriminellen Kreisen, Sean (Kevin Bacon) ist bei der Mordkommission und Dave (Tim Robbins) ist noch immer innerlich zerschmettert. Eines Nachts wird dann Jimmys älteste Tochter Katie (Emmy Rossum) ermordet. Sean bekommt den Fall übertragen, Jimmy schwört, dass er den Täter vor der Polizei ausfindig macht und seiner gerechten Strafe zuführt. Als sich die Indizien mehren, Dave könne für Katies Tod verantwortlich sein, kommt es zur Katastrophe.

Einer von Eastwoods komplexesten Filmen. Hatte er rund zwanzig Jahre zuvor in "Sudden Impact" das Thema Selbstjustiz noch in unverhältnismäßig spekulativer Weise abgehandelt, verwendet der Regisseur es für seine Romanadaption "Mystic River", um die entsetzliche Fehlbarkeit persönlicher Rache- und Hassgefühle zu induzieren. Dabei erweist sich besonders die Zeichnung der Figuren und der sie umtreibenden Lebensumstände als umfassend. Eastwood nutzt die ihm zur Verfügung stehende Erzählzeit großzügig, umkreist seine Charaktere in zunehmend enger werdenden Radien, um schließlich in ihr tiefstes Selbst vorzudringen. Am Ende stehen dann Entwicklungen, mit denen vorher nicht zu rechnen war, Lebenslektionen und Verdammnis, wobei selbst diese für Jimmy Markum noch in perverser Weise diskutabel ausfällt. Und die Verwurzelung all dessen lässt sich zurückdatieren auf jenen einen schicksalhaften Tag, an dem Dave Boyle zu den Femden ins Auto stieg. Existenzielle Fragen um Vorbestimmung und Schicksal, Schuld und Verantwortung lasten wie schwere Wolken über Eastwoods monochromem Boston und dem Mystic River, der Jimmys Sünden schlucken muss. Zumindest kann ein Drittel des Trios am Ende in ein vergleichsweise unbeschwertes Leben zurückkehren.
"Mystic River" ist ein alles andere als bequemer Film, sondern rauer, herber Stoff, der die späte existenzialistische Antenne Eastwoods, die sich mit den folgenden Filmen weiter präzisieren wird, auf nachdrückliche Art zur Geltung bringt sowie ein weiterer Beweis dafür, dass sein Regisseur zu den größten Geschichtenerzählern des amerikanischen Films gezählt werden darf und muss.

9/10

Sean Penn Tim Robbins Clint Eastwood Sexueller Missbrauch Dennis Lehane


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THE BIG COMBO (Joseph H. Lewis/USA 1955)


"I think Mr. Diamond needs a drink."

The Big Combo (Geheimring 99) ~ USA 1955
Directed By: Joseph H. Lewis


Mit verbissener Härte versucht Lieutenant Diamond (Cornel Wilde), den skrupellosen Gangsterboss Mr. Brown (Richard Conte) festzunageln. Dieser jedoch windet sich aus jeder noch so ausweglos scheinenden Sackgasse und wird dabei immer dreister in seinen Methoden. Diamonds große Chance ergibt sich, als er mithilfe von Browns Freundin Susan (Jean Wallace) die unter neuer Identität lebende Noch-Ehefrau (Helen Walker) des Verbrecherkönigs ausfindig macht.

Joseph H. Lewis' "The Big Combo" markiert den neben Langs "The Big Heat" zweiten harten Polizeifilm der frühen Post-Noir-Jahre. Die Grundfesten der Story gerieren sich wie bei Lang: Ein unbestechlicher Polizist macht den Kampf gegen das organisierte Verbrechen, respektive gegen eine dieses symbolisierende Schlüsselfigur zu seinem Privatkrieg, der selbst unter größten persönlichen Einbußen geführt wird. Wie in "The Big Heat", in dem Lee Marvin seiner Freundin das Gesicht mit kochendem Kaffee verbrüht, gibt es auch in "The Big Combo" eine denkwürdige Gewalt- bzw. Foltersequenz, in der Diamond von Mr. Brown und seinen Vasallen mittels eines Hörgeräts und Hochprozentigem traktiert wird. Den Part des furchteinflößenden Asphaltsatans übernimmt hier Richard Conte, des öfteren in films noirs zu sehen und in seinen späten Tagen häufiger Gast als altehrwürdiger Mafiaboss. Seinerzeit unerhörte Themen wie Homosexualität (das von Lee van Cleef und Earl Holliman gespielte Killerpärchen ist offensichtlich schwul) und sexuelle Hörigkeit (der Grund, warum Susan nicht von Mr. Brown loskommt) werden in Lewis' Film angeschnitten, ohne sie ausbeuterisch zu gestalten.
All das sind Gründe dafür, dass "The Big Combo" trotz seines Status als kleine B-Produktion mittlerweile auch großflächig als veritabler Klassiker gilt.

8/10

hardboiled film noir Independent Joseph H. Lewis





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Funxton

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