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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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RENEGADES (Jack Sholder/USA 1989)


"Don't call me 'Chief'."

Renegades ~ USA 1989
Directed By: Jack Sholder


In Philadelphia treffen der von seinen Kollegen durchweg missmutig beäugte Cop Buster McHenry (Kiefer Sutherland) und der Lakota-Indianer Hank Storm (Lou Diamond Philips) 'by accident' aufeinander. Beide suchen sie den Gangster Marino (Rob Knepper); McHenry, weil Marino ihn bei einem Undercover-Einsatz überrumpelt und fast ermordet hätte und Storm, weil dfer Unhold eine heilige Stammeslanze entwendet und seinen Bruder (Gary Farmer) erschossen hat. Das ungleiche Duo muss sich erst zusammenraufen, kann am Ende aber erwartungsgemäß reüssieren.

Typisches buddy movie aus den für buddy movies goldenen Tagen der Achtziger; hier einmal in der vergleichsweise jungen Konstellation weißer Bulle-Indsman, nachdem man Polizisten bereits in schwarz-weiß gepaart hatte, in gelb-weiß, kriminell-nichtkriminell, als Mensch-Hund, Mensch-Zombie, Mann-Frau, alt-jung etc. "Renegades" brachte da zugegebenermaßen nichts umwerfend Neues und begnügt sich selbstbewusst damit, solide Genreware abzuliefern samt einer ausufernen Verfolgungsjagd und mehreren zünftigen Schießereien. Die Sympathisanten der beiden Protagonisten dienen dabei nur als Kanonenfutter und vertiefte Anlässe für sich auftürmende Rachegelüste, die dann am Ende mit etwas simpler, aber visuell schön ausformulierter Symbolik auch befriedigt werden sollen. Jack Sholder war damals noch jemand, mit dem man rechnen musste, bevor er irgendwann anfing, laue TV-Ware am Fließband herzustellen und ihm der Geist des Kinos irgendwie abhanden kam, einer gestohlenen, heiligen Indianerlanze gleich.

6/10

Philadelphia Buddy Movie car chase Jack Sholder


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TATORT - SPIELVERDERBER (Peter Ariel/BRD 1987)


"Scheiße."

Tatort - Spielverderber ~ BRD 1987
Directed By: Peter Ariel


Hinter dem Mord an einer Prostituierten im Rotlichtmilieur verbirgt sich viel mehr als Schimanski (Götz George) und Thanner (Eberhard Feik) zunächst ahnen: Es geht um Erpressung und eine international operierende Organisation von Waffenschiebern. Und welche Rolle spielt dabei der eigentlich doch ganz sympathisch anmutende BKA-Mann Tumler (Wolfgang Wahl)?

Kein Höhepunkt der Reihe, sondern nicht mehr oder weniger als ein solide aufgebauter Fernsehkrimi mit seinen zwei, drei Momenten. Gegen Ende des Jahrzehnts, nachdem die beiden Kino-Schimanskis gelaufen waren, erhöhten sich merklich die Budgets und Actionanteile der Filme. Hier etwa gibt es gleich mehrere, zünftige Prügeleien, aus denen Schimanski zumeist als Sieger hervorgeht, die allerdings kaum besser aussehen als eine Stuntshow im Bottroper Movie-Park. Und dann ist da noch Schimmis nerviges tête-à-tête mit der Barfrau und Sängerin Jenny (Jenny Evans), das den Zug des Ganzen merklich ausbremst. Die besten Momente gehören Wolfgang Wahl, dem großen Lichtblick dieses Serienbeitrags.

6/10

Ruhrpott Peter Ariel Schimanski TV-Film Tatort


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TATORT - ZWEIERLEI BLUT (Hajo Gies/BRD 1984)


"Macht doch das Licht aus, ihr Säue!"

Tatort - Zweierlei Blut ~ BRD 1984
Directed By: Hajo Gies


Schimanski (Götz George) ist zum Mäusemelken zumute: Sein Kollege Thanner (Eberhard Feik) haust nach einem Ehestreit mitsamt Schildkröte Eckhard bei ihm in der Wohnung und bringt den gesamten Alltag aus der Fasson. Derweil kommt beim Spiel MSV-RWE ein Italiener ums Leben. Der Platzwart Ludwig (Gerhard Olschwewski) will gesehen haben, dass eine Gruppe jugendlicher Rocker (u.a. Dietmar Bär) in ein Gerangel mit dem Toten verwickelt worden seien. Schimanski spielt den V-Mann und nähert sich den Kids an, wird jedoch rasch enttarnt...

Zu einer zünftigen Revier-Anthologie, wie sie die Tatort-Schimanskis ja im Prinzip darstellen, gehört natürlich auch ein Einblick ins Fußballfanmilieu. "Zebrastreifen, weiß und blau - ein jeder weiß..." etc. Der wahre Schlager sind dabei die porträtierten Jugendlichen, die das definitive Abziehbild des bourgeoisen Delinquentenbildes anno 1984 inkarnieren dürften. So richtig konnte man sich bei der subkulturellen Zugehörigkeit der Jungs (von denen einige fraglos über 25 sind) wohl nicht einig werden, außer darin, dass sie allesamt arbeitslose Trinker und Pöbler sind. Sollen das nun Punks sein, Neonazis oder doch bloß die guten alten Racker, äh Rocker? Auch egal. Schimmi, damals gerade stramme 46, wird von dem der Clique vorstehenden Dietmar Bär unentwegt als "Opa" bezeichnet. Hat er das wirklich verdient? Zum Kriminalfall ist zu sagen: Da hat man bereits Besseres und vor allem Spannenderes erlebt. Aber "Zweierlei Blut" ist ja auch aus ganz anderen Gründen zum Mini-Evergreen gereift. Musik: Spliff.

7/10

Fußball Hajo Gies Hooligan Ruhrpott Schimanski Tatort TV-Film Subkultur


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SERPICO (Sidney Lumet/USA, I 1973)


"The system's corrupt."

Serpico ~ USA/I 1973
Directed By: Sidney Lumet


Kaum dass der New Yorker Officer Frank Serpico (Al Pacino) seinen Dienst antritt, wird er mit der allgegenwärtigen Korruption in der städtischen Polizeietage konfrontiert. Serpico enthält sich wie selbstverständlich jeder versuchten Bestechung und nimmt keinerlei Geld an, wodurch er jedoch zunächst den Argwohn und dann den unverblümten Hass seiner Kollegen auf sich zieht. Diverse Versetzungen in andere Reviere machen es ihm nicht leichter, im Gegenteil. Je einflussreicher die Abteilung, desto höher die gezahlten Summen. Bald geht Serpico mit seinen Erfahrungen an die Öffentlichkeit und muss fortan um sein Leben fürchten.

Der erste Film aus Lumets großem Zyklus über die New Yorker Gesetzesmächtigen und ihre zutiefst verfaulten Eingeweide. "Serpico" basiert auf der wahren Geschichte eines Idealisten, dessen Mut zur Ehrlichkeit ihm irgendwann so sehr zugesetzt hat, dass er fast sein Leben lassen musste und schlussendlich emigriert ist. Eine bodenlos wütende Systemkritik und der unbedingte Wille zum Realismus zeichnen den Film aus und verleihen ihm exakt jenes naturalistische Ausrufezeichen, das vielen Studiowerken dieser Phase zuteil ist. Al Pacinos Anlegung seiner Rolle erwies sich nachträglich als ikonographisch, besonders innerhalb der italoamerikanischen Gemeinde - Beispiele für Epigonen sind rasch gefunden; so hatte etwa Tony Manero in "Saturday Night Fever" ein "Serpico"-Poster in seinem Zimmer, derweil Sylvester Stallone gar eine äußere Komplettmetamorphose für "Nighthawks" durchlief.
Dino De Laurentiis hat "Serpico" korproduziert und verliehen, eine Relation, die angesichts des Resultats auf den ersten Blick ein wenig schräg anmutet, jedoch Methode hat - zumal es einen der ersten Versuche des Italieners markiert, seine Fühler Richtung Hollywood auszustrecken. Damals war noch vieles möglich.

10/10

Sidney Lumet New York


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THE OFFENCE (Sidney Lumet/UK 1973)


"My... God."

The Offence (Sein Leben in meiner Gewalt) ~ UK 1973
Directed By: Sidney Lumet

Detective Johnson (Sean Connery), englischer Provinzpolizist, ist durch mehrere schreckliche Diensterlebnisse schwer traumatisiert. Als er glaubt, in der Person des aufgegriffenen Familienvaters Kenneth Baxter (Ian Bannen) eines seit längerem gesuchten Kindervergewaltigers habhaft geworden zu sein, versucht er diesem in einem nicht genehmigten Verhör ein Geständnis zu entlocken. Johnson lässt sich jedoch über Gebühr provozieren und prügelt Baxter zu Tode. Die angrenzende Untersuchung demonstriert Johnsons desolaten psychischen Zustand und zeigt, dass er schon seit längerem hätte suspendiert werden müssen.

Kammerspielartiges Polizistenpsychogramm, dass den verzweifelt gegen sein Bond-Image anspielenden Connery in einer unglaublich intensiven Performance zeigt, die jeden ihm schlechte Schauspielqualitäten anheim stellenden, einsichtigen Hobbykritiker mundtot machen sollte. Lumet inszeniert ein wild waberndes Gebräu aus Rück- und Vorausblenden, deren Sinn und Wirkung sich zur Gänze erst spät offenbaren und die das sich zu Beginn wie selbstverständlich einstellende Heldenbild des Protagonisten zunächst ansägen, um es dann vollständig zu demontieren. Die Schuldfrage bezüglich des gefassten, mutmaßlichen Verbrechers wird vom Film bewusst nicht beantwortet, es geht auch gar nicht um sie, sondern einzig um die in jedem Falle erschütternde Behandlung, die ihm im Polizeigewahrsam zuteil wird. Johnson, der zu Beginn als einer der typischen Callahan-Epigonen der frühen Siebziger eingeführt wird, entblättert sich nur zögerlich vor dem vorsätzlich irritierten Zuschauer. Am Ende stehen Desolation, Isolation, nachgewiesene Soziopathie und besonders die schlimme Gewissheit, dass kein Systemrepräsentant vor durchgebrannten Sicherungen gefeit ist.

9/10

Sidney Lumet England Verhör


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LETHAL WEAPON 3 (Richard Donner/USA 1992)


"We can't shoot a dog. People? Okay, but not dogs."

Lethal Weapon 3 (Lethal Weapon 3 - Die Profis sind zurück) ~ USA 1992
Directed By: Richard Donner


Einmal Steifendienst und zurück: Nachdem Riggs (Mel Gibson) und Murtaugh (Danny Glover) aus Versehen ein Gebäude in die Luft gejagt haben, müssen sie in Uniform die Straßen von L.A. sichern. Doch ein punktum aufgehaltener Banküberfall katapultiert sie mitsamt Beförderung umgehend zurück in den gehobenen Beamtendienst, wo sie einen Fall von Waffenschmuggel und Immobilienbetrug aufzukären haben, hinter dem der Ex-Cop Jack Travis (Stuart Wilson) steckt.

Nach den auf ihre spezielle Weise jeweweils grandiosen Vorgängern macht Donner das im Prinzip richtige und verlagert seine Geschichte auf die intime, familiäre Beziehung der beiden Polizistenfreunde. Joe Pesci als humoriger Ergänzungspfeiler aus "Lethal Weapon 2" wird wieder aufgegriffen und wie selbstverständlich in die Story integriert, wie auch sonst das Franchise noch wesentlich stärker zur Comedy hin tendiert als es im zweiten Teil bereits angedeutet wurde. Zwar gehen die meisten Gags in Ordnung und reichen für einen Lacher hier oder einen Schmunzler dort; leider geht diese Entwicklung jedoch auf Kosten der zwingenden Härte, die "Lethal Weapon" und auch das Sequel als knackige 80s-Actioner noch ausgezeichnet hatte. Die Profis sind zur familientauglichen Unterhaltung degradiert worden und haben damit einen immens wichtigen Teil ihres Blutgeästs stillgelegt. Irgendwo in der Ferne des kalifornischen Horizonts meint man schon, den bedrohlichen Wortzug "TV-Serial" entziffern zu können. Die noch schlimmere Albtraum-Entsprechung wäre die Sitcom. Glücklicherweise blieb uns das (bislang) erspart. Bin gespannt, wie lange noch, nachdem Glover kaum mehr im Kino zu sehen ist und Gibson sich durch alles in die Schlagzeilen bringt, außer durch seinen Beruf.

7/10

Los Angeles Buddy Movie Richard Donner Sequel


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TATORT - GRENZGÄNGER (Ilse Hoffmann/BRD 1981)


"Gerade oder ungerade?"

Tatort - Grenzgänger ~ BRD 1981
Directed By: Ilse Hoffmann


Inspektor Hollai (Günther Maria Halmer), ein Kollege und Kumpel Schimanskis (Götz George), der drei Jahre lang als V-Mann im "Milieu" tätig war, kehrt, nachdem seine Tarnung aufgeflogen ist, in den aktiven Polizeidienst zurück. Dort scheint er sich, nach einem durchaus privilegierten Leben als Schein-Gangster jedoch nicht mehr recht einfinden zu wollen. Während Schimanski ihm aufgrund alter Sympathien dennoch traut, wittert Thanner (Eberhard Feik) bereits Lunte. Handelt es sich bei einem von Hollai entdeckten Plan für einen Geldtransporter-Überfall, den der unkoschere Spielwarenhändler Kessenich (Charles Brauer) durchzuführen gedenkt, bloß um ein geschicktes Ablenkungsmanöver?

Im zweiten "Schimmi"-Tatort wird neben einer Menge Schabau auch einiges an König Pilsener getrunken, was den Film schonmal grundsympathisch macht. Dazu kommt, dass man einiger pittoresker, um nicht zu sagen dreckig-stinkender Ecken von Duisburg ansichtig wird, die damals das Stadtbild prägten, darunter die noch unfusionierten Thyssen-Werke, die Rheinwiesen und ein paar richtig schöne Oppa-Kneipen. Wie könnte mir das missfallen, da ich daran doch teilweise jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit vorbeikomme. Darüberhinaus hat "Grenzgänger" mit Günther Maria Halmer einen überaus sympathischen Antagonisten für Schimmi zu bieten, der am Ende sogar kurz die Trümpfe in der Hand hält. Der Schluss bleibt dann zwar offen, ich denke jedoch, man kann in diesem Fall ausnahmsweise zugunsten des Angeklagten interpretieren. Ansonsten ist die angesichts heutiger Sehgewohnheiten schon akute Schnittarmut geradezu erfrischend. Und der mittlerweile ja weniger wohl gelittene Willi Thomczyk als kleiner Schmierloddel und Polizeispitzel ist auch noch dabei. Dass der mal so jung war, möchte man gar nicht glauben, aber spätestens sein unverwechselbarer Pott-Akzent verrät ihn. Innerhalb der einzelnen Aufzüge gibt es, zumindest, sofern sie Dialoge beinhalten, wenn überhaupt nur ganz wenige Close-Ups und Umschnitte, was das Können der Darsteller zwingend unterstreicht. Wie immer nur das Beste aus Ruhort - da sehe ich, großmütig wie ich so bin, sogar über den Westernhagen-Soundtrack hinweg.

8/10

TV-Film Schimanski Tatort Ruhrpott Ilse Hofmann


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BULLITT (Peter Yates/USA 1968)


"Frank, we must all compromise." - "Bullshit."

Bullitt ~ USA 1968
Directed By: Peter Yates


Lt. Frank Bullitt (Steve McQueen) vom San Francisco Police Department erhält von dem profilierungssüchtigen Senator Chalmers (Robert Vaughn) persönlich den Auftrag, einen immens wichtigen Kronzeugen namens Johnny Ross (Pat Renella) zu beschützen, der in Kürze in einem publicityträchtigen Prozess gegen die Mafia aussagen soll. Ross wird ermordet, Bullitts Partner (Carl Reindel) schwer verletzt. Das Seltsame ist nur, dass Ross seinen Mördern offenbar selbst die Hotelzimmertür geöffnet hat. Während Chalmers vor Wut schäumt, findet Bullitt heraus, dass der echte Ross mitnichten tot ist und stattdessen einen allzu vertrauensseligen Strohmann (Felice Orlandi) geopfert hat.

Archetypisch komponierter Polizeifilm, ohne den so ziemlich alles, was sich bis heute im Genre tummelt, undenkbar wäre. Von der Charakterisierung der Titelfigur, eines höchst ehrgeizigen, wortkargen und verbissenen Berufsfanatikers, dessen Berufsethos sich jedoch zumindest noch vor der Wohnungstür abstellen lässt - ein Persönlichkeitszug nebenbei, den selbst direkte Epigonen wie Popeye Doyle und Harry Calahan schon nicht mehr auzfweisen können -, über die Demonstration eines repressiven, leistungsorientierten Obrigkeitssystems bis hin zu den hier noch vergleichsweise spartanisch eingesetzten Actionsequenzen (auf ganze drei entsprechende Szenen bringt es der Film, wobei deren Herzstück, die kunstvoll gefilmte Verfolgungsjagd, pursten Kinoklassizismus darstellt) sollten beinahe sämtliche Elemente aus "Bullitt" in den künftigen Jahren immer wieder auftauchen. Eine solche Entwicklung markiert ja stets ein Zeichen für einen ikonografischen Film und damit zugleich meist ein sich niemals abnutzendes Sahnestück der Leinwandistorie. Und ein solches ist "Bullitt", ganz ohne Zweifel.

10/10

Peter Yates car chase San Francisco


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IN THE ELECTRIC MIST (Bertrand Tavernier/USA, F 2009)


"You been drunk a long time. Pretty soon all the trees and alligators will be talking to you."

In The Electric Mist ~ USA/F 2009
Directed By: Bertrand Tavernier


Dave Robicheaux (Tommy Lee Jones), trockener Alkoholiker, Experte für Fischerei im Bayou und außerdem noch bodenständiger, durch fast nichts aus der Ruhe zu bringender Polizist in Louisiana, wird in einem Fall um Prostituiertenmord nicht nur mit dem ihn umgebenden, bedrohlich schwelenden Sumpf aus Korruption und Kriminalität konfrontiert, sondern auch mit seiner eigenen Vergangenheit.

Auch wenn Tommy Lee Jones als knorriger Südstaatenermittler in jüngerer Zeit alles andere als eine Seltenheit darstellt und sich die eine oder andere böse Zunge fragen mag, ob er denn überhaupt noch jemals eine andere Rolle geben wird - "In The Electric Mist", dessen Titel sich ein wenig nach dem eines betagten Gary-Numan-Songs anhört, markiert zumindest nach meiner Einschätzung einen der Höhepunkte des vorverganenen Filmjahres. Der Film strahlt von der ersten bis zur letzten Einstellung eine knochentrockene Poesie und Gelassenheit aus und scheint selbst durch innere beziehungsweise inhaltliche Stürme nicht aus der Ruhe gebracht werden zu können. Alles wird zu einem großen, diesig-schwülen Amalgam - das Land, seine Menschen (selbst die unsympathischeren, hier gespielt von John Goodman und Ned Beatty), Robicheaux, seine liebenswerte Familie (Mary Steenburgen, Alana Locke) und in vorderster Front seine durch einen unfreiwilligen Acidtrip induzierten Illusionen vom Sezessionskrieg, dessen Auswirkungen das Areal bis heute in ihren unausweichlichen Klauen halten sowie seinem künftigen "Berater", dem Konföderiertengeneral Hood (Levon Helm), der freilich nur in Robicheaux' Geist lustwandelt. Es muss wohl Taverniers europäisch gefärbte, lässige Arbeitsweise sein, die "In The Electric Mist" so gleichermaßen mysteriös wie entspannt dastehen und ihn andererseits für das lokale Publikum eher unverständlich, um nicht zu sagen: ungeliebt werden lässt. Ich für meinen Teil hätte gern mehr davon. Viel mehr.

9/10

Sumpf New Orleans Bertrand Tavernier Louisiana Film im Film Suedstaaten


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THE SEVEN-UPS (Philip D'Antoni/USA 1973)


"Respect for the dead is considered very important. You know that."

The Seven-Ups ~ USA 1973
Directed By: Philip D'Antoni


Die Seven-Ups um Buddy Manucci (Roy Scheider) sind eine kleine, paralegale Truppe der New Yorker Polizei, die von den Kriminellen der Stadt besonders ihrer rüden Ermittlungsmethoden wegen gefürchtet ist. Ausgerechnet Vito Lucia (Tony Lo Bianco), Bestattungsunternehmer, Jugendfreund und Informant Manuccis, beteiligt sich maßgeblich an einem lukrativen Kidnapping-Geschäft, dem nacheinander die großen Mobster der Stadt auf den Leim gehen. Als bei einer dieser Aktionen Manuccis Kollege Ansel (Ken Kercheval) erschossen wird, drehen die Seven-Ups noch gnadenloser auf als ohnehin, um die Kidnapper festnageln zu können.

Ein reaktionärer Filmbericht: "The Seven-Ups" ist ein bleibend sagenhaft guter Polizei- und Actionfilm, bei dem mir jedesmal, da ich ihn sehe, permanent und als Nachhall die blanke Wehmut durch den Kopf schwirrt: 'Sowas wird heute einfach nicht mehr gebaut.' Die Gesichter waren kantig, die Schauspieler, unter ihnen nicht sonderlich schöne, aber eben glaubhafte Charakterköpfe wie Joe Spinell oder Richard Lynch, wirkten lebensecht. Und erst diese zwingende Kreierung von Urbanität. Man getraute sich, vom herbstlich-grauen New York auch die finstersten und schmierigsten Drecksecken abzulichten, um so den notwendigen Effekt gnadenlosen Naturalismus' zu erzielen. Die Verfolgungsjagden (von denen "The Seven-Ups" eine der besten zeigt, die bis dato überhaupt im Film zu bewundern sind - und das wohlgemerkt nicht als Showdown, sondern mittendrin) wurden noch der Bezeichnung "kinetisch" gerecht, ja, organisch waren sie gar und entbehrten jedweder Form allzu offensichtlicher Choreographie. Hinzu kam der stoische Verzicht auf Geschwätzigkeit, Phrasen, Worthülsen, wie sie heute ganz Szenen füllen. Zwar erreicht D'Antonis Film - nebenbei seine einzige Regiearbeit - nicht ganz das große von ihm produzierte Vorbild "The French Connection" (unter anderem, da dessen schmerzlich ambivalente Figurenzeichnung hier keinen Platz findet), bietet jedoch in jedem Fall pures, unverfälschtes Genre-Kino, das einen noch lange im Nachhinein für jede neuerliche Betrachtung dankbar sein lässt.

9/10

Mafia New York Philip D'Antoni car chase





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Funxton

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