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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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CURSED (Wes Craven/USA 2005)


"You're a monster!" - "Join the club."

Cursed (Verflucht) ~ USA 2005
Directed By: Wes Craven


Die beiden Geschwister Ellie (Christina Ricci) und Jimmy (Jesse Eisenberg) weder nach einem Unfall in den Hollywood Hills von einem Werwolf attackiert. Während Jimmy gleich ahnt, was los ist, leugnet Elllie hartnäckig die Zusammenhänge. Der nächste Vollmond jedoch naht schon und Ellie und Jimmy, die noch ganz andere private Probleme auszukämpfgen haben, sind nicht die einzigen Werwölfe in Tinseltown...

Craven, Script-Autor Kevin Williamson und die Weinsteins haben sich vermutlich eine Wiederholung der "Scream"-Knallerei gewünscht, das Resultat jedoch pendelt hübsch rhythmisch zwischen 'bescheiden' und 'affektiert'. Williamson kann kaum mehr verklären, dass seine Art zu schreiben zur Masche verkommt; die lutschigen Teenager-Schicksale, mit denen die Einfallslücken von "Cursed" gestopft sind, könnten jedenfalls auch snobistischem Handtaschenblödsinn wie "Melrose Place" et al. entstammen uns gehen mir sowas von am Arsch vorbei, dass ich's schon gar nicht mehr sagen kann. Dass hier ausgerechnet jener Mann Metteur en scène sein soll, der dem Kino einst "The Hills Have Eyes" und "A Nightmare On Elm Street" geschenkt hat, mag man kaum glauben. Aber manchmal blitzt es dann doch noch auf, das unter Schichten von Verjüngungs-Make-Up schlummernde Raffinement des Wes Craven. Wenn Shannon Elizabeths Torso kurz nach Beginn mit weit aufgerissenem Mund versucht, dem Unausweichlichen zu entgehen, dann gibt der Film Versprechen ab, die er leider überhaupt nicht einzulösen vermag. Der computeranimierte Werhund Zipper jedenfalls bringt mein Maß mal echt zum Überlaufen.
O-H M-Y G-O-D.

3/10

Geschwister Hollywood Werwolf Wes Craven


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INFESTATION (Kyle Rankin/USA 2009)


"Even post-apocalypse I'm just the selfish drunk."

Infestation ~ USA 2009
Directed By: Kyle Rankin


Anstelle von Zombies überfallen diesmal menschengroße Insekten per Blitzkriegtaktik die USA, spinnen die Leute in Konkons ein oder verwandeln sie wahlweise in Insekt-Mensch-Hybriden. Der soeben aus seinem Schreibtischjob gefeuerte Offizierssohn Cooper (Chris Marquette) rettet sich zusammen mit ein paar Bürokollegen über die Runden und erhält schließlich die Gelegenheit, seine tief in ihm schlummernden Heldenqualitäten unter Beweis zu stellen.

Flotte kleine B-Horrorcomedy, für schmales Geld in Bulgarien gedreht und, wie mir scheint, von einer wachsenden Zahl globaler Verehrer hofiert. "Infestation" ist nicht sonderlich weit entfernt vom jüngeren Komödiengusto um die Apatow-Schule; Chris Marquette und sein stoisches Spiel erinnerten mich latent an den jungen Adam Sandler, wobei Marquette sogar die größeren Pausbacken vorweisen kann. Der recht regelmäßig wiederholte Hauptwitz des Scripts besteht darin, bestimmte Erwartungshaltungen des Publikums zu unterminieren, indem es sie aufgreift, um ihre Conclusio dann kurzerhand ins Gegenteil zu verkehren. Das ist in der Tat ziemlich trocken und lustig und wird dank der kurzen Spielzeit des Films und der allenthalben bemühten, wirklich ansehnlichen Monster-F/X auch nicht überstrapaziert. Das von Cooper entwickelte Ruf- und Ignorierspiel ist übrigens wirklich phantastisch und sollte eigentlich an jedem gräulichen oder zumindest grauen Arbeitsplatz Schule machen.

7/10

Insekten Apokalypse Independent Monster Kyle Rankin


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SCREAM (Wes Craven/USA 1996)


"It's all one big movie."

Scream ~ USA 1996
Directed By: Wes Craven

Das beschauliche kalifornische Städtchen Woodsboro wird von einem Serienmörder mit einer Munchs "Schrei" nachempfundenen Geistermaske terrorisiert. Im Mittelpunkt der tödlichen Aufmerksamkeit steht offenbar die Schülerin Sidney Prescott (Neve Campbell), deren Mutter vor genau einem Jahr selbst einem - oder möglicherweise dem - Mörder zum Opfer fiel.

Mitte der Neunziger war das Slasher-Genre praktisch nicht mehr präsent, selbst die letzten Ausläufer der langlebigen Serien um die berühmten Schlitzer Jason Voorhees, Michael Myers und Freddy Krueger lagen bereits einige Zeit zurück und die entsprechenden Franchises brach. Der junge Autor Kevin Williamson ahnte wohl, dass eine halbwegs erfolgsversprechende Renaissance nur durch Ironie und Selbstreferntialität möglich wäre und ersann ein vor gattungsinternen Reminszenzen berstendes Script namens "Scary Movie", das dann später in "Scream" umgetauft wurde. Die damals als Förderer innerhalb der Indie-Szene schwer angesagten Weinstein-Brüder deckelten das Ganze produktionstechnisch und Genre-Legende Wes Craven übernahm die Inszenierung. Perfekte Arrangements allerorten also, die dann auch ein wahrhaft großes Resultat lieferten. "Scream" zeichnet sich in vorderster Front dadurch aus, dass er nicht nur die strikten Regeln des Slasher zu kennen preisgibt, sondern dass er diese darüberhinaus dekonstruiert und lustvoll mit Füßen tritt. Alles, was sich im Laufe der letzten achtzehn Jahre an inhaltlichen Topoi, Finten und Obligationen für diese Art Film angesammelt und etabliert hatte, findet sich hier auf den Kopf gestellt, von der bösen Anfangssequenz bis hin zur Mörderdemaskierung. Die filmindustrielle Erosion, die "Scream" bis heute nach sich zieht, spricht Bände. Nicht nur kamen diverse neue Maskenmörder mitsamt ihren Fortsetzungen aufs Tapet; mittlerweile hat auch jeder halbwegs erfolgreiche Slasher der siebziger und achtziger Jahre sein Remake erhalten. Die Basis allerdings liegt hier.

9/10

Slasher Kalifornien Hommage Wes Craven Splatter Satire Serienmord


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SCHWERKRAFT (Maximilian Erlenwein/D 2009)


"Ich bin jetzt kriminell. Und fühle mich gut dabei."

Schwerkraft ~ D 2009
Directed By: Maximilian Erlenwein


Der Bankangestellte Frederick Feinermann (Fabian Hinrichs) muss eines Tages miterleben, wie sich vor seinen Augen ein Kunde, dem Frederick zuvor einen Kredit gelündigt hat, erschießt. Ab diesem Zeitpunkt ist dem in einer einsamen, oberflächlichen Existenz lebenden jungen Mann klar, dass ein Ausbruch hermuss. Zuisammen mit seinem alten Bekannten Vince (Jürgen Vogel), der ihm zufällig wiederbegegnet, beginnt Frederick, in die Villen reicher Bankkunden einzubrechen.

Erfreulich bodenständige, schwarze Komödie in "Fight Club"-Tradition. Aus der Geschichte um einen jungen, im Establishment fest verankerten Anzugträger, der an einem Zeitpunkt seines Lebens feststellt, dass das doch längst nicht alles sein kann, macht Erlenwein im Gegensatz zu dem episch arbeitenden Fincher ein Drei-Personen-Kammerspiel. Auch beschränken sich die psychischen Untiefen seines Protagonisten auf das "alltäglichere" Problem einer bipolaren Störung. Die tiefgehende Persönlichkeitsspaltung eines Edward Norton ergreift von Fabian Hinrichs keinen Besitz, da ihn vermutlich jenes Schlüsselereignis um den Selbstmord seines Kunden noch gerade rechtzeitig davor bewahrt. Auch wird hier, in guter deutscher Tadition, immerhin die Liebe als letzter Ausweg angeboten. Dass Fredericks missgünstige Umwelt ihm diese finale Fluchtmöglichkeit jedoch versagt, steht auf einem anderen Blatt. Diese Geschichte endet nicht damit, dass die Hochfinanz in tausend Teile gesprengt wird, sondern ganz alltäglich - mit dem Knast nämlich. Und natürlich mit einem wunderschönen Song, "Let Your Light In, Babe" von Robert Forster, für dessen Verwendung Erlenwein allein schon ein Star of Fame gebührt.
Guter, alter Nationalrealismus.

7/10

Maximilian Erlenwein Satire Heist


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MOON OVER PARADOR (Paul Mazursky/USA 1988)


"I hate actors."

Moon Over Parador (Mond über Parador) ~ USA 1988
Directed By: Paul Mazursky


Der New Yorker Schauspieler Jack Noah (Richard Dreyfuss) findet sich nach Dreharbeiten in der lateinamerikanischen Bananenrepublik Parador urplötzlich in einer ganz neuen Rolle wieder: Er soll den nach einem Herzinfarkt verstorbenen Diktator Alphonse Simms (Richard Dreyfuss) in der Öffentlichkeit verkörpern. Nach anfänglichem Zögern nimmt Jack das zunächst für ein paar Tage veranschlagte Engagement an und verkörpert dann über ein Jahr lang den verblichenen Simms. Eine gute Gelegenheit für Jack, dem Land ein paar Reformen angedeihen zu lassen, derweil "sein" Kabinettsminister Strausmann (Raul Julia) im Hintergrund vor Wut schäumt.

Ganz nette Farce, die jedoch mit Topoi hantiert, die schlicht eine Nummer zu groß für ihr Erscheinungsbild geraten sind. Wie man treffende Politsatire macht, hat Mazursky jedenfalls nicht so recht verinnerlicht. Man ahnt, dass er seinem Publikum gern einen zweiten "Great Dictator" geschenkt hätte, das Resultat bewegt sich jedoch eher im typisch lauen Dunstkreis der üblichen Spätachtziger-Komödie. Kein Vergleich mit dem sehr viel ausgewogeneren "Down And Out In Beverly Hills".
Was "Moon Over Parador" seinen gesunden Glamour verleiht, ist seine durch die Bank famos aufspielende Besetzung, insbesondere die illuster besetzten Nebenrollen, in denen etwa Reinhard Kolldehoff und Marianne Sägebrecht als in Simms' Diensten stehender, geflohener Altnazi nebst beleibtem Töchterlein zu sehen sind, der große Fernando Rey als Simms' Kammerdiener und natürlich Sammy Davis Jr. als er selbst. Zudem ist Mazursky in der Rolle von Simms' keifender Mutter eine Schau. In den wenigen, von diesen Charakterköpfen bestimmten Szenen, erreicht der Film eine Qualität, die man ihm auch für sein Gesamtbild gewünscht hätte. Leider ragt dieses jedoch nicht über biederes Mittelmaß hinaus.

5/10

Paul Mazursky Diktatur Satire


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MOTEL HELL (Kevin Connor/USA 1980)


"Meat is meat, and a man's gotta eat."

Motel Hell (Hotel zur Hölle) ~ USA 1980
Directed By: Kevin Connor


Schweinefarmer Vincent Smith (Rory Calhoun) und seine Schwester Ida (Nancy Parsons) sind im ganzen County für ihre leckeren Räucherwürstchen nebst angrenzendem Landhotel bekannt und beliebt - dass das in den Fleischprodukten befindliche Brät mit der nicht ganz alltäglichen Zutat Menschenfleisch angereichert ist, bleibt indes Vincents und Nancys kleines Geheimnis. Auch ihr Bruder Bruce (Paul Linke), der örtliche Sheriff, ahnt nichts. Als Vincent eines Tages die hübsche, auf ältere Männer fixierte Terry (Nina Axelrod) in die Hände fällt, steckt er diese nicht in sein kleines 'Spezialbeet', sondern lässt sie bei sich im Hause wohnen. Kurz bevor die Hochzeitsglocken läuten, was sowohl Ida als als auch der ebenfalls in Nancy verliebte Sheriff Bruce mit Missfallen beobachten, kommen einige unbequeme Wahrheiten auf den Tisch.

Kevin Connor, der seinen Popularitätsgrad bis dato vornehmlich durch die Inszenierung kleiner britischer Amicus-Monsterfilme mit schlechten Tricks und Doug McClure aufgebaut hatte, schlug mit "Motel Hell" eine ganz andere Richtung ein und gliederte sich ein in die illustren Reihen der Regisseure von Backwood-Horrorfilmen. Im Gegensatz zu vielen anderen Vertretern des Subgenres erkennt "Motel Hell" jedoch sein subversives, komisches Potential und macht aus dem zugrunde liegenden Stoff kurzerhand eine bitterböse Country-Satire, die zahlreiche sich innerhalb dieses Kontextes anbietende Themen wie religiöse Bigotterie und pathologische Sexualität aufgreift. Ungewöhnlich auch die Gestaltung des Protagonisten, der mit dem sympathischen, weißhaarigen Rory Calhoun eine Verkörperung findet, die man so gar nicht mit einem Irren, der kannibalische Gelüste als Lösung für die globale Überbevölkerung wähnt, assoziieren mag.
Hat man sich einmal auf den abseitigen Humor und die etwas schleppende Narration von "Motel Hell" eingelassen, darf man jedenfalls mit der einen oder anderen mehr oder weniger spaßigen Überraschung rechnen.

6/10

Backwood Kidnapping Kevin Connor Satire Kannibalismus Slasher


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STREET SMART (Jerry Schatzberg/USA 1987)


"That's my man!"

Street Smart (Glitzerner Asphalt) ~ USA 1987
Directed By: Jerry Schatzberg


Die Karriere des New Yorker Journalisten Jonathan Fischer (Christopher Reeve) stagniert. Unter den Reportage-Ideen, die er seinem Chef Avery (Andre Gregory) regelmäßig vorträgt, ist auch die, einen Bericht über einen der jenseits der 110. Straße tätigen pimps zu schreiben. Diese stößt auf prompte Gegenliebe, allein die Umsetzung erweist sich als prekär. Niemand aus dem Milieu will sich von Jonathan interviewen lassen. Also denkt dieser sich, angesichts seiner knapp angelegten Deadline, kurzerhand selbst eine Geschichte aus, die mit ihrem lockeren Stil prompt zum Renner wird. Diesen Zuhälter Tyrone mit den flotten Sprüchen will jeder der Manhattaner High Snobiety kennenlernen. Tatsächlich hat der fiktive Tyrone ein reales Pendant namens 'Fast Black' (Morgan Freeman) und dieses steht gegenwärtig wegen Mordes vor Gericht. Als Jonathan und Fast Black sich begegnen, ist dies für Jonathan der Anfang einer immer brenzliger werdenden Situation.

Besonders in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre wandte sich die unabhängige Produktions- und Verleihgesellschaft Cannon neben dem Actionfilmgeschäft der Herstellung prestigeträchtiger Autorenprojekte zu. Selbst als Kassengift geltende oder zumindest als diesbezüglich gefährlich erachtete Filmemacher wie John Cassavetes, Lina Wertmüller, Barbet Schroeder, Nicolas Roeg oder Robert Altman erhielten so unerwarteten finanziellen Rückenwind, um das eine oder andere Herzensprojekt auf die Beine stellen zu können. Vermutlich war es gerade dieser Appetit auf Renommee abseits vom B-Film, der den Cannon-Chefs Menahem Golan und Yoram Globus neben einigen unrentablen Wahnsinnsinvestitionen letztlich das Genick brach. Für den aus dem New-Hollywood-Umfeld stammenden Jerry Schatzberg jedenfalls bildete der von der Cannon produzierte "Street Smart" die Chance, nach vierzehn Jahren im Nirvana des Mediokren seinen ersten bedeutsamen Film machen zu können. Die Geschichte wandelt sich von einer bissigen Sozialsatire nach und nach zu einem knackigen Thriller, bis sie schließlich in einen handelsüblichen, nichtsdestotrotz jedoch wirkungsvollen Racheplot mündet. Schatzberg inszeniert das mit großem Können und ebenso großem Elan und lässt seine beiden Antagonisten ein dramaturgisch brillant arrangiertes Duell austragen. Morgan Freeman, seit "The Shawshank Redemption" ja der nette Onkel Tom vom Dienst, ist als psychopathischer Zuhälter Fast Black vermutlich in der diabolischsten Rolle seiner Laufbahn zu sehen. Wie gut war der Mann doch einst als veritabler Bösewicht. Reeve strampelt mithin erfolgreich gegen seinen "Superman"-Strampler an, auch wenn er hier erneut einen Großstadt-Reporter spielen muss.
"Street Smart", soviel ist sicher, lohnt die Wiederentdeckung!

8/10

Satire Jerry Schatzberg Journalismus Fernsehen Prostitution New York


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MOTHER'S DAY (Charles Kaufman/USA 1980)


"Don't go messin' up in Deep Barons!"

Mother's Day (Muttertag) ~ USA 1980
Directed By: Charles Kaufman


Als Studentinnen bildeten sie noch das 'Rat Pack' - drei beste Freundinnen wider das Establishment und wider das Patriarchat. Zehn Jahre später hat die dumpfe Anpassung dann auch von ihnen Besitz ergriffen: Trina (Tiana Pierce) ist beim Film und schmeißt in Hollywood wilde Kokspartys, Abbey (Nany Hendrickson) pflegt ihre ewig zeternde Mutter und Jackie (Deborah Luce) fällt immer weiter auf parasitäre Ausnutzertypen herein. Das alljährliche Klassentreffen der Drei gerät da zum willkommenen Ausgleich. Dummerweise verirrt sich das Trio in diesem Jahr ausgerechnet nach Deep Barons, einem Örtchen in der tiefsten Waldprovinz, in dem lediglich eine verrückte Alte (Beatrice Pons) mit ihren beiden debilen Söhnen (Frederic Coffin, Michael McCleery) haust. Letztere überfallen die Freundinnen, entführen, vergewaltigen und quälen sie, was die unglückselige Jackie nicht überlebt. Trina und Abbey können fliehen und üben blutige Rache für Jackies Tod.

Dass "Mother's Day" auch nach stattlichen drei Dekaden nichts von seinem einstigen transgressiven Wirkungsgrad verloren hat, konnte ich gestern beobachten, als aus meinem Mitbetrachter, einem sehr guten Freund, etwa nach der Hälfte des Films die Empörung herausplatzte: So etwas sei ungehörig, krank, gehöre in die Tonne und überhaupt sei die hiesige Beschlagnahmung des Films vollkommen gerechtfertigt. Wir haben dann ersatzweise Savinis eine Etage tiefer eingetrages "Night"-Remake geschaut.
Ich kann für mich dieses spezielle Erlebnis durchaus als kleine Erweckung verbuchen, denn im Prinzip hat in den letzten zwanzig Jahren kontroverser Filmobservierung noch nie einer meine Mitbeobachter den emotionalen Ausknopf gedrückt, zumindest hat er oder sie jenes dann nicht lauthals kundgetan. Vielleicht ist gerade "Mother's Day" ein oder gar der Film, der dies verdient: Nach einem bereits recht unwirschen Prolog, in dem der Mutter und ihren zwei dummen Augusten ein Hippie-Pärchen zum Opfer fällt, lässt sich Kaufman ausgiebig Zeit, sein Protagonistinnen-Trio vorzustellen und ein bisschen flotte Sozialsatire zu betreiben (die Szene auf Trinas Party bildet wohl eine der rotzigsten und treffsichersten existenten Attacken des Indie- auf den Studiofilm). Danach bricht über die bereits als heimelig empfundene Atmosphäre einer radikalen Zäsur gleich der ansonsten typische Rape-&-revenge-Plot herein; der zuvor in trügerische Sicherheit gewiegte Zuschauer muss sich zwangsläufig verraten und verkauft vorkommen, besonders, wenn er innerhalb der Genre-Schranken unerfahren ist. Dass Kaufman ferner etliche besonders qualvolle Szenen, so etwa die Anschläge auf die beiden Söhne oder die Fluchtsequenz, in der Abbey Trina im Schlafsack abseilt und sich dabei die Hände zerreißt, genüsslich ausdehnt und zu einer fast physisch spürbaren Zerreißprobe werden lässt, gehört zu seinem perfiden Konzept, das sein Publikum förmlich dazu einlädt, den Film abzulehnen und zu verabscheuen. Für mich ist "Mother's Day" allerdings nach wie vor eine erfrischend boshafte Satire um geschlechtliche Orientierungslosigkeit in mittelbarer Nacholge der sexuellen Revolution und zudem ein Zeugnis jugendlicher Radikalität und mutigen Filmemachens, wie es lediglich ein paar Jahre später, als Charles mit seinem Bruder Lloyd und Michael Herz (die auch an "Mother's Day" mitarbeiteten) das Troma-Konzept zu erfinden und gleichzeitig zu Tode zu reiten begann, leider vollkommen verlustig ging.

8/10

Exploitation Backwood Rape Revenge Underground Michael Kaufman Troma Groteske Independent Transgression Splatter


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TEEN WOLF (Rod Daniel/USA 1985)


"Stick to that, and everything else is cream cheese."

Teen Wolf ~ USA 1985
Directed By: Rod Daniel


Der sich selbst auf langweilige Weise durchschnittlich wahrnehmende Kleinstadt-Teenager Scott Howard (Michael J. Fox) bemerkt eines Tages, dass er sich bei Bedarf in einen Werwolf verwandeln kann. Allerdings ist diese Mutation rein physischer Natur: Unter dem Fell steckt nach wie vor der Highschool-Normalo. Dass Scott als Wolf allerdings ein grandioser Basketball-Spieler ist und zur Kultfigur sämtlicher Jugendlichen der Stadt avanciert, erweist sich als ein mehr als angenehmer Nebeneffekt - zumindest kurzfristig, denn mit der Beliebtheit kommt auch die Arroganz...

"Teen Wolf" ist eine der schönsten Coming-of-Age-Comedies der achtziger Jahre und gerade durch den brillanten Einfall, ein uraltes Schauermotiv zu benutzen, um eine ansonsten recht unspektakuläre Geschichte ums Erwachsenwerden symbolhaft einzukleiden, etwas Besonderes unter all seinen diversen Artgenossen.
Scott Howard präsentiert sich als bewusst typisierte Teenager-Figur, wie sie auch bei John Hughes vorkommen könnte: Ein WASP-Kid ohne große Zukunftsaussichten, dessen netter Vater (Scott Hampton) einen Eisenwarenladen besitzt, dessen durchaus charmante Sandkastenfreundin (Susan Ursitti) die verfestigte Geschwisterbeziehung langsam aber sicher liebend gern übergehen und mehr mit ihm anstellen würde. Dafür ist Scott jedoch zunächst blind und interessiert sich stattdessen wesentlich mehr für die arrogante Highschool-Schönheit (Lorie Griffin). Da gibt es den Bully (Mark Arnold), der ihn nicht in Ruhe lässt, den Trainer (Jay Tarses - mit Abstand witzigste Figur des Films), der ihn par tout nicht verstehen will. Mit der Hilfe seines Dads und seiner Freundin bewältigt Scott dann aber die Kardinalsaufgabe, den Wolf Wolf sein zu lassen und stattdessen seine eigenen Qualitäten als Durschschnittstyp zu akzeptieren. Daniels' Inszenierung bleibt dabei stets gediegen, unmanieriert und weithin überraschungsfrei, was dem Film und seiner verhaltenen Narration jedoch sehr gut tut.
Film mit Wohlfühlgarantie, ist auch mal was Schönes.

8/10

Werwolf Coming of Age Rod Daniel Teenager


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EVIL DEAD II (Sam Raimi/USA 1987)


"I'll swallow your soul!"

Evil Dead II (Tanz der Teufel II - Jetzt wird noch mehr getanzt) ~ USA 1987
Directed By: Sam Raimi


Als der Städter Ash (Bruce Campbell) mit seiner Freundin Linda (Denise Bixler) Urlaub in einer abgelegenen Waldhütte macht, werden sie von entfesselten Dämonen heimgesucht. Ash wehrt sich tapfer gegen die Versuche der Wesen, ihn unter ihre Gewalt zu bringen, unterliegt aber zumindest phasenweise. Mitten im Trubel kommt Annie (Sarah Berry), die Tochter des verschwundenen Altertumsforschers Professor Knowby (John Peakes), jener zugleich Besitzer der Hütte, nebst drei anderen Personen (Dan Hicks, Kassie Wesley DePaiva, Richard Domeier) in Ashs neuem Domizil an um den fröhlichen Teufelsreigen mitzufeiern.

Um mit größeren monetären Mitteln im Gepäck das offenbar noch längst nicht abgegraste Ideen-Reservoir von "The Evil Dead" weiter ausbeuten zu können, reduzierte Sam Raimi für den Prolog die im ersten Teil erzählte Vorgeschichte kurzerhand auf zwei Personen und setzte dann dort an, wo der rasante Vorgänger aufhörte. Der arme Ash wird zum Spielball der Dämonen und sein Leben zu einem sadistischen Perpetuum mobile des Bösen - eine Flucht aus der Hütte ist für ihn nicht mehr möglich, ebensowenig wie ein langfristiges Bezwingen der frechen Spukgestalten. Erst die auf den fehlenden Seiten des Necronomicon verborgenen Zaubersprüche, die Annie Knowby glücklicherweise im Gepäck hat, können, so erfahren wir, die Dämonen aus unserer Zeit verbreiben. Am Ende landet der mittlerweile einhändige Ash mitsamt Kettensägenprothese und doppelläufiger Winchester dann unter lautem Protest im Mittelalter.
Auch wenn Raimis Zugeständnisse an den Mainstream und ein größeres Zelpublikum hier bereits deutlich werden - "Evil Dead II" präsentiert sich als immer noch verrückt genug, um aufgeschlossene Freunde und Fans des Originals hinreichend zu erfreuen. Der Slapstick-Humor wird hier zum Hauptmotiv; Ashs Duell gegen seine eigene, separierte Hand, die ihrem ehemaligen Besetzer unverhohlen den Stinkefinger zeigt, ist dafür lediglich das vordringlichste Beispiel. Ansonsten reduzieren sich die Ekelsequenzen auf zwei, drei Momente und das wars damit.
Auf Kenner des Vorgängers wartet ein lustiges Spiel mit ihren Erfahrungen und Erwartungen, die dann oftmals lustvoll unterminiert oder zerstreut werden. Geschmacklosigkeiten wie eine Vergewaltigung durch das Unterholz schenkt sich Raimi nun und macht daraus lieber anderweitigen visuellen Blödsinn. Ansonsten bleibt dieser zweite Teil eine - wenn auch sehr spaßige und sehenswerte - Variation des Erstlings und letzten Endes reine Zurschaustellung einer optionalen alternativen Herangehensweise.

8/10

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Funxton

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