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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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THE UNDYING MONSTER (John Brahm/USA 1942)


"There are some things that are beyond the understanding of us that live on this Earth!"

The Undying Monster (Das unsterbliche Monster) ~ USA 1942
Directed By: John Brahm

Auf der walisischen Aristokraten-Familie Hammond liegt ein mysteriöser Fluch, der in nebligen Frostnächten eine seltsame, mörderische Kreatur ihr Unwesen treiben lässt. Als der Schlosserbe Oliver (John Howard) scheinbar von dem Untier angefallen wird, nimmt sich der Londoner Polizeichemiker Curtis (James Ellison) des Falls an. Offenbar wissen mehrere der Beteiligten, darunter die Dienerschaft und der Hausarzt Colbert (Bramwell Fletcher) mehr, als sie preisgeben wollen...

Gotische Horrorfilme waren damals eher ein Fall für die Universal, so dass der bei Fox produzierte "The Undying Monster" durchaus als kleine Ausnahmeerscheinung gewertet werden darf. Pikanterweise nahm sich Brahms Film darüberhinaus des bisher kaum abgepflügten Motivs der Werwölfe an - ein mit Ausnahme dreier Universal-Klassiker bis dato kaum beackertes Areal des Phantastischen Films. So sind die Ähnlichkeiten speziell zu Waggners "The Wolf Man" augenfällig: Der leicht arrogant wirkende Spross einer ohnehin im Aussterben begriffen scheinenden, europäischen Dynastie trifft der tragische Fluch der Laykanthropie und erst das späte, beherzte Eingreifen einer befreundeten Figur kann ihm Frieden schenken. Wallende Nebel, finstere Nächte, unheimliches Wolfsgeheul - man kennt das. In "The Wolf Man" liegt das Hauptaugenmerk jedoch auf dem - durchaus komisch konnotierten - Ermittlepaar Curtis und seiner etwas einfältigen Sekretärin Christy (Heather Thatcher), deren angebliche Sensibilität für Übernatürliches eher ihrer starken Autosuggestion zuzuschreiben ist. Bei größerem Erfolg, so könnte ich mir vorstellen, hätte "The Undying Monster" womöglich sogar als Serienauftakt für eine Reihe mit phantastischen Abenteuern des Duos fungieren mögen. Es bleibt also alles ein wenig bieder und ohne jenen Mut zur surrealen Note, die das Geschäft der Universal-Horrorfilme bestimmte.
Nichtsdestotrotz handelt es sich um eine liebens- und für Freunde dieser Gruselperiode bestimmt lohnenswerte Arbeit.

6/10

Schloss John Brahm Fluch Werwolf Wales


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BURKE & HARE (John Landis/UK 2010)


"I did it for love!"

Burke & Hare ~ UK 2010
Directed By: John Landis

Edimburgh, 1827: Die beiden höchst unterschiedlichen Mediziner Dr. Knox (Tom Wilkinson) und Dr. Monro (Tim Curry) konkurrieren um das größte Renommee ihrer Zunft in der Stadt. Hauptbestandteil ihres jeweiligen Ruhm sind anatomische Studien, wozu sie permanent neue Leichen benötigen. Als die beiden Ganoven und Berufsnepper William Burke (Simon Pegg) und William Hare (Andy Serkis) dies spitz bekommen, wittern sie eine veritable Geldquelle. Und tatsächlich: Dr. Knox zeigt sich hocherfreut über ihre "Lieferungen" und ermöglicht Burke und Hare mit seinen Zahlungen ein luxuriöses Leben. Zunächst fallen den Beiden die Leichen noch wie zufällig in den Schoß, als der Nachschub jedoch zu versiegen droht, nehmen Burke und Hare die Sache selbst in die Hand...

John Landis ist für mich stets ein Sorgenkind gewesen. Nachdem er drei seiner Komödien aus den Siebzigern und Achtzigern auf den vorderen Plätzen meiner Lieblingsfilme platzieren und den Rest als kaum minder geschätzte Qualitätsobjekte in meinem Kopf zu verankern wusste, kam irgendwann das große, böse Loch in den Neunzigern. Nach dem immer noch gloriosen "Coming To America" brach Landis ein; man munkelt, dass daran ein langwieriger und zermübender Gerichtsprozess betreffs fahrlässiger Tötung im Zuge des "Twilight Zone"-Projekts nicht ganz unschuldig war. Hierbei waren der Schauspieler Vic Morrow und zwei widerrechtlich am Set anwesende Kinder vom Rotor eines Helikopters enthauptet und hernach Landis mitsamt einem Großteil der am Set anwesenden unter Anklage gestellt worden. Zwar wurde der Komödienmeister freigesprochen, doch seine Filme litten fortan unter einer kritisch höchstens mühevoll zu umreißenden Kraft- und Formlosigkeit. "Beverly Hills Cop III", "Susan's Plan" und "Blues Brothers 2000" sind dafür drei hervorstechende Beispiele. Es folgte eine elfjährige Absenz von der Leinwand-Inszenierung, die nun mit "Burke & Hare" ihr vorläufiges Ende fand. Für Landis und sein Publikum bedeutet dieser Film etwas geflissentlich Unerwartetes, nämlich die Rückkehr zu alter Größe; einen Film, der sich kein bisschen um gegenwärtige Vorgaben schert, sondern formal und atmosphärisch an frühere Großtaten anschließt. Mittels perfekt eingefangenen Lokalkolorits und einer ästhetisch ausgesucht reizvollen Bildsprache erzählt "Burke & Hare" die bereits mehrfach erfolgreich adaptierte Geschichte der West-Port-Morde, allein mit der Neuerung, dass die Titelhelden sich diesmal als zwei überaus liebenswerte Zeitgenossen gezeichnet finden, die lediglich einem etwas unkonventionellen Beruf nachgehen. Besonders Simon Pegg, der sich zum Mäzen einer mittellosen Bühnen-Aktrice (Isla Fisher) aufschwingt muss man einfach ganz doll liebhaben. Hinzu kommen angemessen verrückte, regelrecht tiefschürfende Meditationen und historische Mutmaßungen, die die beiden Protagonisten nachträglich zu Helden des Zeitalters der Aufklärung deklarieren, die Medizin und Kunst um wichtige Schritte nach vorn gebracht haben.
Mit Landis ist also wieder zu rechnen. Das macht mich glücklich.

9/10

John Landis West-Port-Morde Schottland Edinburgh Groteske period piece Historie Serienmord Medizin Aufklärung Burke & Hare


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GHOSTS OF MARS (John Carpenter/USA 2001)


"Tide's up. Time to stay alive."

Ghosts Of Mars ~ USA 2001
Directed By: John Carpenter

Auf dem kolonialisierten und industriell ausgebeuteten Mars gibt es seit jüngerer Zeit immer wieder seltsame "Zwischenfälle", die die politische Hoheit mit Besorgnis erfüllen. Als eine Polizeitruppe um die junge Lt. Melanie Ballard (Natasha Henstridge) den gesuchten Schwerverbrecher James "Desolation" Williams (Ice Cube) von einer Minenkolonie aus ins Gefängnis eskortieren soll, werden die Mars-Cops Zeuge eines jener Ereignisse: Sämtliche der Arbeiter sind entweder tot und verstümmelt oder haben sich in wilde, archaisch anmutende Krieger verwandelt, die denn auch sogleich auf alles losgehen, was sich bewegt. Wie Ballard von der Wissenschaftlerin Whitlock (Joanna Cassidy) erfährt steckt dahinter ein uraltes, auf dem Mars beheimatetes Geistergeschlecht, das, einem Inkubus gleich, als körperlose Wesen einen Wirt in Besitz nehmen und komplett beherrschen kann. Die Schlacht zwischen Menschen und Dämonen um die Vorherrschaft auf dem Planeten bricht los...

Eine trotz ihrer vermeintlich hintergründigen Imperialismus-Parabel ziemlich infantile Kiste sowie Carpenters letzter Film vor einer kürzlich beendeten, zehnjährigen (Leinwand-)Schaffenspause; ich weiß gar nicht ob selbst- oder zwangsverordnet - für beides hätte ich Verständnis. Von der früheren inszenatorischen Sensibiltät, die Carpenters Regie so auszeichnete, ist hier nichts mehr zu spüren. "Ghosts Of Mars" ist kaum mehr denn wenig innovatives ("Event Horizon" und besonders "Pitch Black" lassen grüßen) Holzhammerkino, das mit enervierend lautem Thrash-Metal auf der Soundspur und verworrenen Rückblenden beharrlich darum ringt, sein Publikum nicht dem Schlummer der Langeweile anheim fallen zu lassen. Hier und da rollen ein paar Häupter; die physiognomisch etwa zwischen Bantu und Bava Jr.s "Dämonen" einzuordnenden Besessenen sind nämlich Kopfjäger. Natasha Henstridge in der Hauptrolle fand ich überraschend angenehm, dafür chargieren so gut wie alle anderen Darsteller bloß wild herum und können ebensowenig atmosphärische Schwingungen evozieren, wie der Rest des an diesem selbsternannten Humbug beteiligten "Kreativ"-Teams.
Im Prinzip bietet "Ghosts Of Mars" einmal mehr exakt jene im Film unselten vorkommende Obskurität, lustig sein zu wollen und dabei doch kläglich auszusehen. Für Regisseur XYZ fiele das nicht weiter ins Gewicht, für Carpenter ist es ein weiterer, trauriger Schritt in eine mir unerfindliche Burn-Out-Richtung.

4/10

Kolonialismus Mars John Carpenter Drogen


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VAMPIRES (John Carpenter/USA 1998)


"You are truly a pile of dog shit, Cardinal." - "Yeah, that's right."

Vampires (Vampire) ~ USA 1998
Directed By: John Carpenter

Der abgebrühte Vampirjäger Jack Crow (James Woods) und seine Leute sind zwar nicht ganz im Auftrag des Herrn unterwegs, aber zumindest im Auftrag des Vatikan: Die katholische Kirche weiß nämlich bereits seit Jahrhunderten von der Existenz der Blutsauger und hat ein paar wenige Fanatiker auf dem Globus damit beauftragt, sie auszumerzen. Als Crow auf den Ahnherr aller Vampire, den slawischen Ex-Geistlichen Valek (Thomas Ian Griffith) stößt, fackelt dieser nicht lang und dezimiert Crows Team bis auf ihn selbst und seinen Kumpel Montoya (Daniel Baldwin) im Zuge einer feucht-fröhlichen Party. Zusammen mit dem neu hinzugestoßenen Padre Guiteau (Tim Guinee) und der bereits gebissenen Hure Katrina (Sheryl Lee) verfolgen Crow und Montoya Valek, der seinerseits einen finsteren Plan zur Potenzierung seiner Macht verfolgt.

"Vampires" hatte ich doch deutlich besser in Erinnerun, als er mir letzthin vorkam. Carpenter scheint für seinen ungewohnt vorlauten, comicesken Vampirwestern einiges von Tarantino abgeschöpft zu haben, möchte aber offenkundig zugleich, dass sein Epos den staubigen Gestus eines Walter Hill an den Gaumen seiner Genießer hinterlässt. Ob ihm dies gänzlich gelungen ist, halte ich zumindest für streitbar. Besonders der schmalschultrige James Woods in seiner Rockerkluft hat die undankbare Aufgabe, so arschcool und unantastbar rüberzukommen, dass sein Schicksal, geschweige denn seine christliche Aufgabe einen überhaupt nicht mehr tangieren. Da ist man schon wesentlich an Daniel Baldwin dran, dem die Erotik und demzufolge sein verquerer Todeswunsch einen paradoxen Strich durch die Rechnung machen. Auch Griffith als Vampirkönig ist gar nicht mal so übel, wobei er genau die Attribute in sich vereint, die der auffallend homophobe Crow ihm so gern abspräche: Jenes "schwuchtelige", gepflegte osteuropäisches Charisma, auf das die Damen seit Lugosi so fliegen und bereitwillig ihre Hälse (oder Schenkel) darbieten. Vielleicht ist das überhaupt der Ansatzpunkt, "Vampires" eine Metaebene zu unterstellen - der vermeintliche Held als peinliche Nummer und sein Gegner als heimlicher Gewinner der Herzen. Der Einzige, der wirklich Gefallen an seiner Beteiligung gefunden zu haben scheint, ist Maximilian Schell, von dem sich zumindest ahnen lässt, wie gebührend unwichtig er das Ganze genommen haben wird. Zwar ist "Vampires" beileibe kein Sackhauer wie "Escape From L.A."; dazu ist er dann doch zu sympathisch; eine veritable Rückkehr zu früherer Form jedoch verwehrt Carpenter auch dieser Film.

6/10

Road Movie Vampire Kirche Mexiko John Carpenter Splatter


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VILLAGE OF THE DAMNED (John Carpenter/USA 1995)


"Emotion is irrelevant. It is not our nature."

Village Of The Damned (Das Dorf der Verdammten) ~ USA 1995
Directed By: John Carpenter

Eines schönen Sommertages fällt das kleine Städtchen Midwich in ein exakt sechsstündiges Koma. Sämtliche Lebewesen in der Umgebung werden abrupt bewusstlos und wachen hernach auch wieder auf, sofern sie nicht Opfer irgendwelcher Ohnmachts-Unfälle geworden sind. Kurz darauf werden bei zehn der in und um Midwich beheimateten Frauen Schwangerschaften festgestellt. Die für die Regierung tätige Wissenschaftlerin Dr. Verner (Kirstie Alley) ahnt sogleich: Die Befruchtungen haben etwas mit dem Blackout zu tun. Die schwangeren Frauen lassen sich gegen eine ordentliche Bestechungssumme überreden, die Babys auszutragen und sie später regelmäßig untersuchen zu lassen. Bis auf eine Totgeburt entwickeln die Kinder eine seltsame physiognomische Gleichförmigkeit, erweisen sich zudem als hochintelligent, bar jeder Emotion und mit telepathischen Suggestivkräften ausgestattet. Jeder, der sich ihnen nähert, bekommt diese zu schmecken und je mehr die Kinder sich ausgegrenzt fühlen, desto aggressiver reagieren sie...

Leider habe ich Wolf Rillas Originalversion der Geschichte, nachdem ich sie einmal vor etlichen Jahren im Fernsehen gehen habe, überhaupt nicht mehr präsent; ein Umstand, über den ich mich jetzt im Nachhinein etwas ärgere und dem ich alsbald mal Abhilfe schaffen werde. Carpenters als Auftragsarbeit inszeniertes Remake hat mir jedoch recht gut gefallen, wenngleich merklich weniger Herzblut darin steckt als in seinen früheren Regieleistungen und der Film hier und da wirkt wie eine der vielen Kabel-TV-Produktionen um Alien-Invasionen, die in den Achtzigern und Neunzigern aus den USA geschwappt kamen. Zumindest müht sich der Regisseur um eine halbwegs zeitgenössische Aufarbeitung des Plots um die merkwürdigen kleinen Wasserstoff-Blondies, deren Unheimlichkeit sich nicht nur in ihrem infantilen Heino-Look widerspiegelt, sondern vor allem in der scheinbaren Boshaftigkeit (die freilich nur aus menschlicher Perspektive als solche durchgeht, da die Alien-Hybriden lediglich den im Prinzip höchst rationalen Wesenszug, sich unangenehmer Gegner kurzerhand zu entledigen), mit der sie ihre humane Umwelt manipulieren. Ganz herrlich wird das gegen Ende, als eine kleine Armee anrückt, um die Horrorkinder von der Erde zu tilgen, sich dann jedoch restlos gegenseitig dezimiert. Ansonsten kann ich mir schon vorstellen, dass Rillas Film sich vor dem Hintergrund der politparanoiden Fünfziger um Einiges interessanter gestaltet.

6/10

John Carpenter Kleinstadt Aliens Kinder Invasion


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PRINCE OF DARKNESS (John Carpenter/USA 1987)


"Say goodbye to classical reality, because our logic collapses on the subatomic level - into ghosts and shadows."

Prince Of Darkness (Die Fürsten der Dunkelheit) ~ USA 1987
Directed By: John Carpenter

Ein verstorbener Priester hinterlässt eine kleine Schatulle, in der sich ein Schlüssel befindet. Mit diesem erhält man Zugang zum Kellergewölbe einer alten Kirche in Downtown L.A., in dem sich ein transparenter Krug mit einer permanent rotierenden, grünen Flüssigkeit befindet. Der Kirchenmann scheint der letzte Repräsentant einer geheimnisvollen Sekte namens "Bruderschaft des Schlafs" gewesen zu sein. Pater Loomis (Donald Pleasence) ahnt nach einigen Recherchen um die Bedeutung jener Bruderschaft und auch um die der Substanz, zieht um ganz sicher zu sein jedoch einige Wissenschaftler der UCLA zu Rate. Zusammen soll die aus Professoren und Studenten u.a. der Quantenphysik, Theologie und Radiologie bestehende Gruppe ein Wochenende in der Kirche verbringen und die Flüssigkeit analysieren. Schon bald kristallisiert sich die schreckliche Gewissheit heraus: Hinter dem grünen Stoff verbirgt sich nichts anderes als das konzentrierte Böse, der Sohn Satans, der dereinst die Rückkehr seines Vaters auf die Erde vorbereiten soll. Schon bald fallen die ersten Studenten der unheilvollen Macht der Substanz zum Opfer, während die anderen Traumbotschaften aus der Zukunft erhalten.

Perfekter Horrorfilm, dem es an rein gar nichts mangelt und der nopchmal Carpenters ganze Meisterschaft bezüglich der Kreierung von beinahe physischer Atmosphäre demonstriert. Bemerkenswert auch, dass die grandios ersonnene Geschichte (unter dem Pseudonym Martin Quatermass) von ihm selbst stammt: Die Organisation Kirche nebst ihren gesamten Grundfesten stellt sich hier als eine Organisation dar, deren einziger Sinn und Zweck darin besteht, über die einst eingepferchte Höllenessenz zu wachen und deren Existenz geheimzuhalten. Über die Jahrhunderte ist jedoch lediglich die ominöse "Bruderschaft des Schlafes" als sakraler Ableger im Bilde über diese Wahrheit. Darüber, warum nun das jahrtausendealte Gebräu ausgerechnet in Los Angeles steht, sollte man ebensowenig nachdenken wie über zwei, drei andere als selbstverständlich vorgegebene Fakten, dann nämlich erlebt man ein gar vorzügliches Genrefest, das eine noch heute nach Ebenbürtigem suchende, zutiefst bedrohliche Stimmung kreiert. Diese resultiert primär aus der finalen Gewissheit, dass nicht etwa das Gute (Christus wird als außerirdischer Botschafter deklariert), sondern das Böse als Negation allen Seins real existent ist und "auf der anderen Seite", hinter den Spiegeln nämlich, beharrlich auf sein neuerliches Reüssieren wartet. Die Idee mit den im Traum übermittelten Unterbewusstseinsbotschaften aus der Zukunft ist supertoll und die entsprechenden Szenen, in denen man jeweils eine schwarz silhouettierte Gestalt aus dem Inneren der Kirche treten sieht, sind von wohliger Beklemmung. Schließlich die göttliche Finaleinstellung; vermutlich die tollste, die es bei Carpenter zu sehen gibt.
Nach wie vor einer meiner absoluten Lieblingsfilme des Regisseurs und das beste Indiz dafür, dass der Mann tatsächlich mal visionäres Kino machen konnte.

10/10

Apokalypse Kirche Los Angeles John Carpenter Satan Belagerung


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CHRISTINE (John Carpenter/USA 1983)


"You better watch what you say about my car. She's really sensitive."

Christine ~ USA 1983
Directed By: John Carpenter

Der schüchterne Teenager Arnie (Keith Gordon) ist ein Außenseiter, wie er im Buche steht: Von den Eltern bevormundet, von den Mitschülern spöttisch belächelt, von den lokalen Bullys drangsaliert. Nur sein Kumpel Dennis (John Stockwell), eigentlich das komplette Gegenteil von Arnie, hält zu ihm. Als Arnie in der Nachbarschaft einen schrottreifen 58er Plymouth Fury entdeckt, ist er gleich Feuer und Flamme für den Wagen. Allerdings ändert sich parallel zu dem Erwerb und der fortschreitenden Restaurierung des Fahrzeugs auch Arnies Wesen. Zunächst wirkt er deutlich selbstbewusster und kommt mit Leigh (Alexandra Paul), dem hübschesten Mädchen der Schule zusammen, dann erscheint er zunehmend arrogant und schließlich neurotisch und sogar gefährlich. Als Dennis und Leigh feststellen, dass "Christine", wie bereits der Vorbesitzer des Plymouth ihn getauft hat, nicht nur ein höchst brisantes Eigenleben führt, sondern zudem mit Arnie eine mörderische Romanze pflegt, gilt es für sie buchstäblich, das Auto aus dem Verkehr zu ziehen...

Ich bin ja ein großer Freund all der King-Adaptionen, die so in den Achtzigern, besonders in den frühen, entstanden sind, obgleich etliche der Anhänger des Autors meinen, es handle sich dabei größenteils um eher schlechte Romanverfilmungen. Da Kings Prosa mir andererseits nie viel bedeutet hat, kam ich mit diesem Vorwurf stets gut zurecht, um nicht zu sagen: ich mag die Filme lieber als die ihnen zugrunde liegenden Romane. "Christine" bildet da keine ausgesprochene Ausnahme. Nachdem Carpenter für seine, respektive Rob Bottins Make-Up-Eskapaden in "The Thing" harsche Kritik einzustecken hatte, folgte eine eher softe Phase moderat gemachten Genrekinos, deren Startpunkt "Christine" markiert. Nachdem sich mit De Palma, Kubrick, Hooper und Cronenberg bereits einige namhafte Kollegen kingscher Stoffe angenommen hatten, hielt nun ein weiterer Filmemacher mit klangvollem Renommee Einzug in die entsprechende Phalanx, mit einem nach meinem Dafürhalten qualitativ brauchbarem Resultat. Zwar wurde der Besessenheitsfaktor der Vorlage zugunsten einer Art "regressiven Coming-of-Age-Story" fast völlig getilgt, in filmischer Hinsicht erweist sich diese Entscheidung jedoch als eine durchaus glückliche. Keith Gordon, der den teenage nerd bereits mehrfach interpretiert hatte, konnte seinem Rollenschema als Arnie Cunningham eine tiefgehende Schicht hinzusetzen. Die Wandlung vom klischiert gezeichneten Prügelknaben hin zum Psychopathen, der weit über das freundschaftliche Ziel der bloßen Defloration, das ihm sein Kumpel Dennis abzuverlangen sucht, hinausschießt, interpretiert er mit einer geradezu denwürdigen Intensität. Andererseits merkt man dem Film eine gewisse inszenatorische Zurückhaltung an - Carpenters Regiesignatur lässt sich nicht verleugnen, der Mut (oder die Freiheit, je nach Betrachtung) zu einer etwas krasseren, transzendenteren Regie hätte "Christine" allerdings keinesfalls geschadet. Was bleibt, ist ein stark zeitbezogener, guter, wenn auch nicht überragender Genrebeitrag.

7/10

John Carpenter Stephen King Auto Coming of Age Teenager Schule Freundschaft


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THE FOG (John Carpenter/USA 1980)


"11:55, almost midnight. Enough time for one more story."

The Fog ~ USA 1980
Directed By: John Carpenter

Am 21. April feiert das verträumte kalifornische Küstenstädtchen Antonio Bay seinen 100. Geburtstag. Dass die Stadtgründung ohne einen mehrfachen Raubmord nicht möglich gewesen wäre, erfährt der schockierte Pater Malone (Hal Holbrook) aus dem wiederentdeckten Tagebuch seines Großvaters: Einst lockte dieser, seines Zeichens ebenfalls Geistlicher, mitsamt fünf Kumpanen einen kleinen Küstenklipper mit Leprakranken an Bord per falschem Leuchtfeuer gegen die Felsen und stahl das darauf befindliche Gold. Ebenjene Bedauernswerten kehren nun, umgeben von einer gewaltigen Nebelbank, nach Antonio Bay zurück, um Rache für die ihnen damals widerfahrene Unbill zu nehmen.

Eine besonders formal bemerkenswerte Fingerübung Carpenters, in zwei Arbeitsgängen entstanden. Nachdem "The Fog" nach seiner "ersten Fertigstellung" weder die Produktion noch Carpenter selbst zu überzeugen vermochte, wurde er um einen neuen Score und einige zusätzliche Schauereffekte ergänzt. Heraus kam ein liebenswerter, naiver Gruselfilm mit einigen wenig durchdachten, rein der eigenräsonistischen Kreierung von Atmosphäre verpflichteten Facetten, der deutlich den klassischen E.C.-Comics zugetan ist und sich noch heute als guter Genreeinstieg für potenzielle künftige Liebhaber eignet.
Carpenter macht sich diverse klassische Pulp-Elemente der Gattung zunutze: den titelgebenden Nebel mitsamt gellenden Hörnern, modrige Untote mit Haken und Säbeln, die zur Geisterstunde an die Türen ihrer Opfer bumpern. Am Ende gibt es dann die wiederum traditionelle Hawks-Motivik der Belagerung, diesmal gleich in zwiefacher Form, wobei die finale Einstellung sich ganz dem Schockeffekt und der obligatorischen Flucherfüllung verschreibt. Wie erwähnt kann "The Fog" sich nicht ganz von kleineren Unebenheiten freisprechen, wobei gerade diese sicherlich einen Großteil seines umfassenden Charmes bestimmen. An anderen Stellen, etwa bezüglich der visuellen Einbeziehung der nordkalifornischen Küstenlandschaft oder Carpenters Meisterschaft im Umgang mit auditiver Spannungsschürung zeigt sich der Film dann wieder von einer Stilsicherheit und handwerklichen Perfektion, von der Nachzügler höchstens träumen können. Es sind diese ungeheuer dichten Momente, die "The Fog" seine Brillanz und Nachhaltigkeit verleihen.

9/10

Spuk Nebel Kalifornien John Carpenter Belagerung Leuchtturm Radio


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NIGHT TIDE (Curtis Harrington/USA 1961)


"Good luck, my boy."

Night Tide ~ USA 1961
Directed By: Curtis Harrington

Der Navy-Matrose Johnny Drake (Dennis Hopper) verbringt seinen ersten Landurlaub im lebenslustigen Venice Beach. In einem Jazzkeller lernt er die geheimnisvolle Mora (Linda Lawson) kennen, die sich zunächst abweisend gibt, dann aber auf Johnnys zaghafte Annäherungsversuche eingeht. Wie Johnny erfährt, arbeitet Mora als "lebensechte Meerjungfrau" in einer Sideshow des alten Kapitäns Murdock (Gavin Muir), und auch sonst scheint sie sich über Gebühr mit jener Sagengestalt zu identifizieren. Als Johnny erfährt, dass Moras letzte beiden Freunde im Pazifik ertrunken sind und ihr Verhalten sich zunehmend seltsam gestaltet, beginnt er sich Sorgen zu machen, um Mora und um sich selbst...

Curtis Harringtons erster Langfilm, ein zauberhaftes, kleines Schauermärchen für Erwachsene in der Tradition der Lewton-Produktionen, das seinen Handlungsschauplatz Venice Beach ganz hervorragend porträtiert als eine Art westamerikanischen Ausläufer der Träume, Mysterien und Sonderbarkeiten. Das Küstenstädtchen firmiert hier als Ort der Gegenkultur; eine Combo gemischter Hautfarbe spielt pulsierenden Jazz, Percussionisten laden am Strand zum Tanzen ein, an der Promenade gibt's Kirmesangebote und Sideshows. Es ist ein Venice aller Zeiten, das Harrington hier beschwört, zugleich seine illustre Vergangenheit bewahrend als auch wegweisend Richtung Zukunft. Der junge, auf einer Art schmalem Grat zwischen Biederkeit und latenter Exzentrik zu balancieren scheinende Dennis Hopper passt wunderbar in dieses entrückte Ambiente in seiner Mischung aus Einzelgängertum, Einsamkeit und Sehnsucht. Der alte Kapitän Murdock hätte ursprünglich von Peter Lorre gespielt werden sollen. Nicht, dass Gavin Muir enttäuschend wäre, nur hätte Lorres Mitwirkung "Night Tide", zumindest was mich anbelangt, auf eine noch höhere Ebene gehievt. Glücklicherweise erspart Harrington uns erläuternde Eindeutigkeit am Ende. Für ein rationalitätsfixiertes Publikum liefert er eine plausible, "natürliche" Erklärung für die Geschehnisse, der zuvor konstruierte Mystizismus muss darunter jedoch nicht leiden. Sozusagen ein Abschluss zum Selbstentscheiden.

8/10

Meerjungfrauen Ozean Kalifornien Venice Beach Independent Curtis Harrington Erwachsenenmärchen Carnival


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DON'T LOOK NOW (Nicolas Roeg/UK, I 1973)


"Nothing is what it seems."

Don't Look Now (Wenn die Gondeln Trauer tragen) ~ UK/I 1973
Directed By: Nicholas Roeg

Nach dem tragischen Unfalltod seiner fünfjährigen Tochter Christine (Sharon Williams) im hauseigenen Gartenteich sucht das Ehepaar Baxter Zerstreuung im spätherbstlichen Venedig, wo John Baxter sich mit der Restaurierung einer Kirche befasst. Vor Ort lernen John und seine Frau Laura (Julie Christie) zwei alte Damen (Hilary Mason, Clelia Matana) aus Schottland kennen, von denen eine über das "Zweite Gesicht" verfügt. Sie teilen Laura mit, dass Christine im Jenseits glücklich sei und ständig an der Seite ihrer Eltern stehe. Für Laura ist diese Eröffnung ein Segen, derweil John, der um die psychische Gesundheit seiner Frau fürchtet und der laut den Damen ebenfalls übersinnliche Fähigkeiten besitzen und darüberhinaus in Venedig seines Lebens nicht sicher sein soll, von merkwürdigen Wachträumen heimgesucht wird. Zu allem Überfluss treibt ein mysteriöser Serienmörder sein Unwesen in der Lagunenstadt.

Roegs brillanter, morbider Film ist stets aufs Neue ein Erlebnis. Mit für seine exzentrischen Verhältnisse ungewohnter Eingängigkeit und emotionaler Kraft schildert der Filmemacher dieses schreckliches Elterndrama auf die denkbar intensivstmögliche Weise und stürzt sein Protagonistenpaar in einen wahren Albdruck aus literarischen Leitmotiven: Immer wieder trübes Wasser, Scherben, grelles Rot, bröckelnder Stuck, Mosaiksteinchen. Alles scheint zum Stillstand verdammt im allein schon saisonal bedingt sterbenden Venedig, das sich natürlich als stark beeinflusst präsentiert von Thomas Manns bereits nominell verwandter Novelle. Sutherland als Publikumsmedium, der als Vater zu seiner engelhaften kleinen Tochter mutmaßlich die etwas stärkere Bindung der beiden Eheleute hatte, irrt gegen Ende durch die leere, kalte Stadt wie ein von allem Irdischen Verlassener. Als er ein kleines Mädchen, das in denselben roten Regenmantel wie Christine gehüllt ist, zu sehen glaubt, erfüllen sich endlich sich sein trotziges Schicksal und seine latente Todessehnsucht.
Als verstörendstes Bild von "Don't Look Now" empfand ich persönlich eigentlich stets weder den entsetzten John Baxter mit seiner toten Tochter im Arm, noch den schlitzenden Hutzelzwerg (übrigens bei weitem nicht die einzige motivische Parallele zu den damals aktuellen Gialli), sondern die auf der Trauergondel stehende Julie Christie, wohlweislich lächelnd, von den beiden alten, wie stumme Totenwächter hinter ihr platzierten Schottinnen um die Furcht vor dem ewigen Mysterium Tod beraubt.

10/10

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Funxton

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