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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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JET PILOT (Josef von Sternberg/USA 1957)


"Oh, Palm Springs..."

Jet Pilot (Düsenjäger) ~ USA 1957
Directed By: Josef von Sternberg

In Alaska erhält der Airforce-Offizier Jim Shannon (John Wayne) "Besuch" von der über die Beringsee entkommenen Pilotin Anna Marladovna (Janet Leigh). Der aufreizenden Art der schönen Russin kann sich Shannon nur schwer entziehen. Um die drohende Ausweisung Annas zu verhindern, heiratet er sie vom Fleck weg. Dann jedoch erfährt er, dass Anna in Wahrheit eine gegnerische Spionin ist, die ihm militärische Geheimnisse über die US-Luftwaffe entlocken sollte. Scheinbar aus Liebe flüchtet er nun mit der von der Inhaftierung bedrohten Anna in die UdSSR, wo er tatsächlich selbst als Spion tätig wird. Mithilfe einer Wahrheitsdroge versuchen die Russen, Shannon auszuquetschen. Als Anna endlich ihre Liebe zu Shannon eingestehen kann, befreit sie ihn in letzter Sekunde und fliegt mit ihm zurück in die USA - diesmal endgültig.

"Jet Pilot", wie "The Conqueror" von Howard Hughes produziert und auch betreffs seiner Schilderung einer anscheinend unmöglichen Liebesbeziehung dem Zweitgenannten nicht unähnlich, kam erst mit einer Verspätung von rund acht Jahren in die Kinos. Dafür gab es mehrere Gründe: Der politische Stoff um eine Ost-West-Liebe schien trotz längerer Hollywood-Tradition urplötzlich zu brisant, um Thema eines einfachen Unterhaltungsfilms zu sein; Howard Hughes dokterte noch lange nach Josef von Sternbergs Einsatz an dem Film herum und fügte immer wieder Szenen und Details hinzu, um "Jet Pilot" 'technically up to date' zu halten. Letztlich erwiesen sich alle diese Maßnahmen als fruchtlos. Lange nach Hughes' Weggang von der RKO kaufte die Universal die Aufführungsrechte für "Jet Pilot" und brachte ihn doch noch auf die Leinwand, unter genau jenen Vorzeichen, die Hughes stets zu vermeiden suchte: Er wirkte nunmehr nämlich veraltet, in der Fliegerei gab es längst neue Innovationen und dass Duke plötzlich in einem Film deutlich jüngerer aussah als noch im letzten davor, kam den Leuten spanisch vor. Ganz hübsch misogyn indes der Gedanke, dass politische Überzeugung niemals gegen die Natur der Weiblichkeit ankommen kann: Janet Leigh zieht am Ende Nylons, Steaks und John Wayne Planwirtschaft, Kreml und Stalin vor. Esc lebt sich "drüben" vielleicht nicht so idealistisch, aber doch deutlich bequemer. Nun, was man Lubitsch und Wilder verzeiht, kann man auch einem Duke Wayne nachsehen, meine ich.

6/10

Josef von Sternberg Jules Furthman Howard Hughes Fliegerei Kalter Krieg Don Siegel


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ACROSS THE PACIFIC (John Huston/USA 1942)


"Mine's bigger than yours."

Across The Pacific (Abenteuer in Panama) ~ USA 1942
Directed By: John Huston

Zum Schein lässt sich der Agent Rick Leland (Humphrey Bogart) unehrenhaft aus der Armee entlassen und signalisiert den Wunsch, zu den Japanern überzulaufen. An Bord eines japanischen Kreuzers, der über den Panamakanal von der Ost- zur Westküste der USA übersetzt, lernt er neben der netten Alberta (Mary Astor) auch den asiaphilen Dr. Lorenz (Sidney Greenstreet) kennen und freundet sich mit ihm an. Bald zeigt der vermeintliche Soziologe Lorenz sein wahres Gesicht: Er stiftet Rick an, ihm gegen Bezahlung den Lageplan eines panamaischen Militärflughafens zu verschaffen. Auf der Plantage von Albertas Vater hat Lorenz zudem eine geheime Startbahn für einen japanischen Bomber errichtet, der den Panamakanal als Schiffspassage für die Navy unbrauchbar machen soll.

Über böse Fu-Manchus, dicke Verräter und Pistolen als Penisersatz: Seinen dritten Langfilm, besetzt mit drei Hauptdarstellern aus seinem Erstling "The Maltese Falcon" in ähnlichen Parts (außer Mary Astor, die diesmal brav ist und Bogeys Freundin bleiben darf), konnte John Huston nicht mehr ganz fertigstellen, weil er kurz vor Drehschluss einberufen wurde, um Dokumentarfilme für die Army zu machen. Der Routinier Vincent Sherman beendete den chronologisch abgefilmten "Across The Pacific" und hatte somit immerhin die Ehre, Bogeys denkwürdigen Einsatz am MG, mit dem er die Bösewichte schlussendlich samt und sonders lahmlegt, auf Zelluloid zu bannen. Ein charmanter Reißer, der Bogarts neues Heldenimage festigte, war das erstklassige Resultat. Die ursprüngliche Story sah Oahu als Zielobjekt für die Verschwörer vor, was der tatsächliche Überfall der Japaner am 7. Dezember 41 zunichte machte: Die tatsächliche Realität hatte die filmische einmal mehr überholt; Bogey konnte Pearl Harbor nun nicht mehr retten.

8/10

John Huston Vincent Sherman WWII Panama New York Militär Verschwörung Pazifikkrieg


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A DANDY IN ASPIC (Anthony Mann/UK 1968)


"What's an existentialist, then?" - "Well, it's slightly more complex than romping around naked."

A Dandy In Aspic (Der Todestanz eines Killers) ~ UK 1968
Directed By: Anthony Mann

Der sowjetische Doppelagent Krasnevin (Laurence Harvey) infiltriert als ein gewisser 'Eberlin' den britischen Geheimdienst und hat bereits einige Mitarbeiter aus dessen Reihen im Namen von Mütterchen Russland liquidiert. Krasnevin wünscht sich allerdings nichts sehnlicher, als endlich das schmutzige Spionagegeschäft quittieren und in die Heimat zurückkehren zu können. Da erhält er just von den Briten den Auftrag, in Berlin einen russischen Killer mit unbekannter Herkunft ausfindig zu machen und zu töten - einen gewissen Krasnevin - und damit sich selbst. Zusammen mit dem übereifrigen Gatiss (Tom Courtenay) begibt er sich in der Mauerstadt auf eine höchst prekäre Jagd.

Anthony Mann konnte seinen letzten Film nicht mehr fertigstellen; ein vor Ort in Berlin erlittener Herzinfarkt kostete ihn das Leben. Der Hauptdarsteller Laurence Harvey stellte die fehlenden Teile an seiner Statt fertig.
"A Dandy In Aspic" wagt den nicht immer ganz schlüssigen Brückenschlag zwischen der lebensunfreundlichen Spionage-Tristesse eines Le Carré und den fröhlichen Bond-Plagiaten des 'Swinging London'. Laurence Harveys Figur pendelt als eine Art bipolar gestörter Charakter zwischen depressiver Lebensmüdigkeit und viriler Agenteneleganz. Stets wie aus dem Ei gepellt auftretend wünscht er sich einerseits einen Schlussstrich, hat jedoch auch nichts dagegen, mit dem quirlig-naiven Bohème-Mädchen Caroline (Mia Farrow) in die Federn zu hüpfen. Die narrative Kunst des Films besteht in dem bewährten Suspensekniff, den Zuschauer auf das Wissensniveau des Protagonisten herabzulassen, so dass man das teils verwirrende Szenario als ebenso heillos wahrnimmt wie der (Anti-)Held der Geschichte. Über jeden Zweifel erhaben sind die erlesenen Formalia von "A Dandy In Aspic": die endzeitlich anmutenden, sepiafarbenen Bilder Londons und Berlins und Quincy Jones' atmosphärische Klänge. Derart gefällig kombiniert ergeben sie einen formidablen Rückblick auf jene paranoide Epoche.

8/10

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ARGO (Ben Affleck/USA 2012)


"Argo fuck yourself."

Argo ~ USA 2012
Directed By: Ben Affleck

Teheran, 1979: Nachdem der todkranke Shah ins amerikanische Exil geflüchtet ist, überziehen Khomeinis fanatische Glaubensbrüder den Iran mit einer neuerlichen Welle des Terrors. Zu den Aktionen gehört auch die Erstürmung und anschließende Geiselnahme der US-Botschaft in der Hauptstadt. Sechs Mitarbeiter können jedoch rechtzeitig fliehen und sich nach Umwegen in der kanadischen Botschaft verstecken, die ständige Angst vor Entdeckung im Genick. Eine tollkühne Befreiungsaktion muss her; diese ersinnt der Spezialist Tony Mendez (Ben Affleck), indem er die Ankündigung einer angeblichen Hollywood-SciFi-Produktion namens "Argo" schaltet, in den Iran reist, sich als Produzent des Streifens ausgibt, die sechs Flüchtlinge mit falschen Pässen als weitere Stabsmitglieder ausstattet und sie so außer Landes schmuggelt.

Die "Argo"-Story ist dermaßen filmreif, dass man sich im Prinzip sehr wundern muss, warum sie erst jetzt in Angriff genommen wurde. Wie dem auch sei: Übersieht man geflissentlich das Hohelied, das Affleck auf die USA und die CIA anstimmt und mit dem die auch durch die Genannten begangen bzw. übersehenen Ungeheuerlichkeiten im Iran schlicht paraphrasiert werden, bleibt ein hervorragender Thriller, der besonders gegen Ende von nahezu unerträglicher Spannung gekrönt wird. Mit einem brillanten Auge für Zeitkolorit nutzt Affleck "Argo" nicht nur zur Wiedergabe der Ereignisse von Teheran, sondern auch als sanfte Hollywood-Satire. Die Filmmetropole, durcheinandergebracht von auteurism und einer irrwizigen Suche nach neuen, erfolgsversprechenden Stoffen durch die lahmgelegten Studiobosse, liegt ebenso brach wie ihr Wahrzeichen in den Hills. Dies war der einzige Zeitpunkt, zu dem eine solche Aktion wie sie Mendez durchführte, überhaupt nur ansatzweise möglich war. So ist "Argo" auch als temporäre Zustandsbeschreibung sehenswert - solange er sich auf amerikanischen Boden beschränkt. Mit Mendez' Einreise in den Iran geht allerdings dann auch die alttypische tendenziös-populistische Berichterstattungsweise des US-Films einher. Damit lässt sich, unter Bewahrung eines Bruchteils kritischer Blickwinkel, leben - wenn der Rest so stimmungsvoll daherkommt wie in diesem Fall. Außerdem gibt es eine kleine, aber feine Einspieler-Auswahl großartiger kontemporärer Songs.

8/10

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CASINO ROYALE (Martin Campbell/UK, USA, CZ, D, BS 2006)


"I'm sorry I'm not sorry."

Casino Royale ~ UK/USA/CZ/D/BS 2006
Directed By: Martin Campbell

Zum zweiten Mal geschaut und erst jetzt, sozusagen im kontextuellen Direktvergleich, seine eigentliche intraspezifische Bedeutsamkeit durchblickt. "Casino Royale" ist jawohl das, was man im Zeitjargon als "Reboot" bezeichnet und nach dem ziemlich furchtbaren "Die Another Day" die einzig mögliche Konsequenz, das Franchise zu bewahren und erfolgreich weiterzuführen. Präsentiert wird eine Melange aus Vergangenheit und Gegenwart, Bonds Charakter zeigt sich verjüngt und die Figur sozusagen von Grundauf formatiert, um neu beschrieben werden zu können. Der Agent ist nun wieder in etwa im selben athletischen Alter und Zustand, in dem er 44 Jahre zuvor seinen ersten Filmeinsatz durchzustehen hatte, hat gerade seine Doppelnull erorben und sich seine ersten Meriten als staatlich legitimierter Killer verdient, ein Geschäft, das ihm augenscheinlich keine besonderen inneren Konflikte beschert. Judi Dench hat man fürs Erste beibehalten - warum auch nicht, sie ist ja ganz okay. Einen Q oder R oder ein analoges Arsenal lebensrettender Comicwaffen gibt es dankenswerterweise nicht (mehr), dafür ein deutlich realitätsangebundeneres Gewaltpotenzial, das beste Dialogscript seit Ewigkeiten und ganz wunderbare Darsteller, wobei neben der, ich betrachte ihn mittlerweile als solche, denkbar bestmöglichen modernen Bond-Inkarnation Daniel Craig, besonders Eva Green in Erinnerung bleibt.
Eine solch umfangreiche Frischzellenkur, hart, knackig und vollkommen auf der Höhe, das war und ist ein ganz exzellent geglücktes Rettungsmanöver.

8/10

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DIE ANOTHER DAY (Lee Tamahori/UK, USA 2002)


"Time to draw the line."

Die Another Day (Stirb an einem anderen Tag) ~ UK/USA 2002
Directed By: Lee Tamahori

Nach vierzehn Monaten in Gefangenschaft des korrupten nordkoreanischen Colonels Tan-Sun Moon (Will Yun Lee) kommt James Bond (Pierce Brosnan) durch einen Austausch gegen den Killer Zao (Rick Yune) wieder frei. M (Judi Dench), frustriert wegen des Verlusts und im irrtümlichen Glauben, 007 habe unter Folter die Identität eines getöten US-Agenten preisgegeben, will ihn danach in den Ruhestand zwangsversetzen lassen, doch macht sich der wütende Bond unter vorübergehender chinesischer Schirmherrschaft unverzagt auf, seine Reputation und seinen Agentenstatus zu retten. Er findet heraus, dass der totgeglaubte Moon sich mittels eines chirurgischen Eingriffs eine neue Identität als Milliardär Gustav Graves (Toby Stephens) geschaffen hat und mittels dieser plant, den Killersatelliten 'Icarus', der Sonnenenergie bündeln und freisetzen kann, für einen Angriff auf Südkorea einzusetzen. Zusammen mit der NSA-Agentin Jinx Kohnson (Halle Berry) geht Bond gegen Moon vor.

Mit "Die Another Day" dürfte die Bond-Serie ihren bisherigen Tiefpunkt erreicht haben. Was man hier aufgetischt bekommt, entspricht nurmehr einer willkürlich zusammengestoppelten Menagerie audiovisueller Reize nebst diversen, teils blamablen Grenzüberschreitungen ungeschriebener Tabus und mitunter erschreckend durchsichtigen CGIs. Wo früher, in der guten, alten Zeit, noch perfekte Illusion und großartige Handarbeit triumphierten, herrscht jetzt nurmehr industrielle Fließband-Leere, die sich in lächerlichen Gimmicks wie einem Camouflage-Auto oder albernen Actionszenen wie jener, in der Bond durch das Eismeer und zwischen Gletschern umhersurft, niederschlagen. Überflüssige Bullet-Time-Effekte und ein Versuch, den bereits im Vorgängerfilm hochgeschraubten "Erotik-Faktor" nochmals zu potenzieren, scheitern kläglich. Schließlich muss man "Die Another Day" die schlimmstmögliche aller Einordnungen zukommen lassen: Es gab bereits Bond-Filme, die waren vergleichsweise überspannt ("You Only Live Twice", "Moonraker") oder dünnblütig ("The Man With The Golden Gun", "Octopussy"), mitunter sogar ärgerlich ("GoldenEye"). Dieser jedoch ist der erste, der mich mittlerweile mehrfach vollkommen unberührt und gleichgültig zurückließ. Dazu noch dieser grauenhafte Titelsong... Würg!

3/10

James Bond 007 Lee Tamahori Nordkorea Kuba London Island Hong Kong


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THE WORLD IS NOT ENOUGH (Michael Apted/UK, USA 1999)


"One tires of being executed."

The World Is Not Enough (Die Welt ist nicht genug) ~ UK/USA 1999
Directed By: Michael Apted

Nachdem der Ölmagnat Robert King (David Calder) durch einen Terroranschlag ums Leben gekommen ist, übernimmt seine Tochter Elektra (Sophie Marceau) sein Imperium, dessen derzeitiges Hauptprojekt den Bau einer Pipeline von ost nach West umfasst. James Bond (Pierce Brosnan) nimmt Kontakt zu Elektra King auf und lernt damit bald zwangsläufig auch den Terroristen Renard (Robert Carlyle) kennen, mit dem Elektra seit einer Kidnappingaktion eine verhängnsvolle Beziehung verbindet. Das Paar plant, mittels einer Atombombe Istanbul zu attackieren und den Bosporus zu verseuchen, um sich eine Monopolstellung für den Öltransport zu verschaffen.

Insgesamt noch passabel, ließ allerdings auch dieser Brosnan-Bond das alte Flair vermissen und versuchte, durch blödsinnige Repetierungen und Albernheiten dem ausgehöhlten Blockbuster-Zeitgeist dienlich zu sein. Mit Desmond Llewelyn verschwand nun auch das letzte traditionelle Element aus der Serie, was sich durchaus symbolisch auffassen lässt. Eine müde Story, die glaubt, sich durch einen ins Finale integrierten Verzweiflungsakt Bonds figurale Bedeutsamkeit erkaufen zu können, passt sich dem mittelmäßigen Eindruck nahtlos an. Da hilft auch die Bemühung, den sauberen Sex der Filme auf ein erotischeres Level anzuheben und von pathologischer Sexualität zu berichten wenig, im Gegenteil. In diesen Punkten erweist sich "The World Is Not Enough" als widerlich reaktionär und von einem prüden, triefendem Konservativismus geprägt, der zum gegebenen Zeitpunkt nun wirklich nicht mehr zeitgemäß war.

6/10

Michael Apted James Bond 007 Türkei Istanbul Aserbeidschan Paraphilie


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TOMORROW NEVER DIES (Roger Spootiswoode/UK, USA 1997)


"Don't ask." - "Don't tell."

Tomorrow Never Dies (Der Morgen stirbt nie) ~ UK/USA 1997
Directed By: Roger Spottiswoode

James Bond (Pierce Brosnan) macht die Bekanntschaft des größenwahnsinnigen Medienmoguls Elliot Carver (Jonathan Pryce), der im südchinesischen Meer mittels eines selbstentworfenen Stealth-Schiffes samt maritimem Riesenbohrer einen Zusammenstoß zwischen der britischen Marine und der chinesischen Luftwaffe inszeniert und damit ad hoc einen globalen Krisenherd schafft. Zum Zwecke hoher Einschaltquoten und einer Exklusivberichterstattung riskiert Carver somit den Dritten Weltkrieg. Bond und die chinesische Agentin Wai Lin (Michelle Yeoh) wissen dies zu verhindern.

Ein von Sheryl Crow gekrächzter, barbarisch mieser Titelsong lässt nach einer ebenfalls eher bescheidenen Pre-Title-Sequence bereits Schlimmstes befürchten, doch dann kriegt "Tomorrow Never Dies" doch noch ein wenig die Kurve, wenngleich er den endgültigen Beweis antritt, dass James Bond in den Neunzigern einen fürcherlich redundanten Anachronismus darstellte. Ein mit viel gequetschter Mühe herbeifabulierter Bösewicht, von einem sich wie in einem seiner Gilliam-Filme aufführenden Jonathan Pryce bewusst als überlebensgroße Karikatur angelegt, samt nicht minder halbseidenem Stab (Vincent Schiavelli, Götz Otto und Ricky Jay scheinen sich pausenlos zu fragen, ob sie hier richtig sind) sprechen Bände. Ansonsten zieht sich der gesamte, mit unter 120 Minuten denkwürdig kurz ausgefallene Bond-Film besonders an zwei Haupt-Actionszenen hoch; der Verfolgungsjagd in einem Parkhaus nämlich, während der Bonds "neuer 7er-BMW" alle möglichen Kunststückchen vorführt und einer weiteren in den Slums von Saigon per Motorrad. Immerhin scheint der Film aus seinem teuren Megatrash-Appeal keinen Hehl zu machen und stellt sich ganz bewusst unter seine Selbstägide als spielfilmlange Werbemaschnierie für den modernen Playboy- und Men's Health-Leser, der sich im Kino gern in Armani und mit Sonnenbankfreundin vorzeigt. Damit ist er zumindest lustiger und aufrichtiger als sein Vorgänger.

6/10

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GOLDENEYE (Martin Campbell/UK, USA 1995)


"Why can't you just be a good boy and die?"

GoldenEye ~ UK/USA 1995
Directed By: Martin Campbell

James Bonds (Pierce Brosnan) seit neun Jahren totgeglaubter Kollege Alec Trevelyan - 006 - (Sean Bean) hat in Russland das Verbrechersyndikat 'Janus' gegründet, zum einzigen Zweck, sich an der englischen Krone für einst begangenes Unrecht an seiner Familie zu rächen. Trevelyan bringt die Kontrollkonsole des noch aus Zeiten des Kalten Krieges stammenden Killersatelliten 'GoldenEye' in seine Gewalt. Mit dessen todbringender Gewalt lässt sich das gesamte elektromagnetische Netz einer Großstadt lahmlegen, als deren Exempel Trevelyan natürlich längst London ausgewählt hat. Zusammen mit der flüchtigen Programmiererin Natalya (Izabella Scorupco) macht sich Bond an die Zerschlagung Janus'.

Brosnans Einstieg war damals naheliegend. Vermutlich war er der beste Bond zur rechten Zeit; ein mit der nötigen Arroganz ausgestatteter, gut gefönter Dressman, der bei Bedarf auch ein wenig schauspielerisches Können in die Waagschale zu werfen wusste. Andere Faktoren waren da gewöhnungsbedürftiger: Ein weiblicher M (Judi Dench), eine wiederum verjüngte, eher nervige Miss Moneypenny (Samantha Bond), viele in ihrer Selbstreflexivität unerträgliche Gags, die für Neueinsteiger sicherlich einen Quell sprudelnden Amüsements darstellten, alte Gewohnheitstäter jedoch zum Ermüden bringen sollten. Ein kleinformatiger Bösewicht, eine Allerweltsgeliebte, dazu nervende Nebenfiguren wie den russischen Computernerd Grishenko (Alan Cumming), keinen einzigen ernstzunehmenden Nebencharakter (bös verschenkt: Joe Don Baker, Robbie Coltrane), einen enttäuschenden Score von dem bei Luc Besson wesentlich besser aufgehobenen Eric Serra und viel technischen Schnickschnack. Ich mochte ihn damals nicht besonders und mag ihn heute auch nicht lieber: "GoldenEye" ist für Bond-Verhältnisse ein ärgerlicher Abstinker.

4/10

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LICENCE TO KILL (John Glen/UK 1989)


"Bless your heart!"

Licence To Kill (Lizenz zum Töten) ~ UK 1989
Directed By: John Glen

Nachdem sein Freund Felix Leiter (David Hedison) vom CIA ausgerechnet in seiner Hochzeitsnacht zum Racheopfer des mächtigen Latino-Drogenbarons Sanchez (Robert Davi) wird - Sanchez bringt Leiters Frau (Priscilla Barnes) um und lässt den Agenten selbst durch einen Hai verstümmeln - schwört Trauzeuge James Bond (Timothy Dalton) Rache. Inoffiziell, denn als M (Robert Brown) von Bonds Plänen erfährt, entzieht er ihm die Lizenz zum Töten. Dies hält Bond freilich nicht davon ab, sich bis in Sanchez' Heim vorzuarbeiten, sich das Vertrauen des Opiumkönigs zu erschleichen und sein Imperium nach allen Regeln der Kunst von innen heraus zu zerstören.

Die Dämmerung einer Ära, und mit einem Knall sollte sie enden. So ernst und persönlich wie hier nahm der Agent Ihrer Majestät keine andere Mission, selbst der langwierige Kampf gegen Blofeld und SPECTRE dürfte im Vergleich zu Bonds Duell gegen Sanchez höchstens eine biografische Fußnote in seiner Spionage-Vita einnehmen. Nicht umsonst bezeichnet John Glen "Licence To Kill" stolz als seinen wahrscheinlich besten Film. Glen war überhaupt stets dann besonders herausragend, wenn er Bond versuchte, eine diffizilere Persönlichkeitsfacette abzuringen. Für einen jeden Bond-Akteur hätte "Licence To Kill" ein Geschenk abgegeben, da er die materialistische Oberflächlichkeit des Heroen zugunsten eines immens fordernden Abenteuers beiseite schob. Timothy Dalton, der nach diesem zweiten Einsatz leider bereits wieder abdankte, nutzt das Script zu einer außergewöhnlichen Darstellung. Auch sonst findet sich der Film fast ausschließlich durch Bestleistungen und Kabinettstückchen geprägt: Robert Davi ist ein wunderbarer irdischer Gegenspieler, seine Mitstreiter Benicio del Toro, Antony Zerbe und Everett McGill sind kaum minder grandios, Wayne Newton als schmieriger Strohman und TV-Prediger Sanchez' ist urkomisch. Ausgewiesene Freunde der Serie registrieren mit ausgeprägtem Wohlwollen den bis hierhin einzigen Doppelauftritt eines Felix-Leiter-Darstellers (dazu noch durch den besonders haften gebliebenen David Hedison aus "Live And Let Die"), die ebenso kesse wie knackige Carey Lowell zählt zu den drei schönsten Bond-Freundinnen und der wunderbar choreographierte, mit zahlreichen Explosionen garnierte Showdown gehört trotz harter Konkurrenz zu den besten Action-Sequenzen des Jahres. Michael Kamen wäre langfristig ein guter John-Barry-Erbe gewesen; leider blieb es bei diesem einen Einsatz. Es ist eine Schande, das ausgerechnet dieser tolle, mutige Beitrag zur Bond-Serie ihr zwischenzeitliches Ende markierte, hervorgerufen durch sein kommerzielles Versagen in Nordamerika. Die saisonale Konkurrenz anno 89, namentlich "The Abyss", "Batman", "Back To The Future II", "Lethal Weapon II", "Star Trek V" oder "Indiana Jones And The Last Crusade" wirkte sich als schlicht erstickend aus. Eine sechsjährige Pause - bis dato die längste zwischen zwei Bond-Filmen folgte und die berechtigte Frage nach der Notwendigkeit einer Reanimation stellt sich manch einem bis heute.

9/10

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Funxton

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