Zum Inhalt wechseln


In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


Foto

THE LIVING DAYLIGHTS (John Glen/UK 1987)


"Why didn't you learn the violin?"

The Living Daylights (Der Hauch des Todes) ~ UK 1987
Directed By: John Glen

Der angebliche sowjetische Überläufer Georgi Koskov (Jeroen Krabbé) warnt den Secret Service vor einem Geheimprojekt des neuen KGB-Chefs Pushkin (John Rhys-Davies): "Smiert Spionam"; 'Tötet alle (West-)Agenten'. James Bond (Timothy Dalton) findet rasch heraus, dass es sich dabei lediglich um einen Schwindel Koskovs handelt, der bezweckt, dass Pushkin durch Bond ermordet werden soll. Pushkin steht seinerseits nämlich einem hinterrücks initiierten, multimillionenschweren Waffen- und Opium-Deal zwischen Koskov und dem US-Waffenschieber Brad Whitaker (Joe Don Baker) im Wege und soll daher möglichst unauffällig aus dem Weg geräumt werden. Zusammen mit Koskovs naiver Freundin Kara (Maryam d'Abo) wird der von den Übeltätern gefasste Bond bis nach Afghanistan verschleppt, wo er die Pläne der Gegenseite mithilfe der Mudschahidin durchkreuzt.

Ein toller neuer Bond-Interpret in einem wie stets bei Glen routiniert inszenierten, ingesamt betrachtet jedoch leider etwas farblosem Film. Als gesetzter Agententhriller spielt "The Living Daylights" sicherlich in der Oberliga, zumal er als Zeiporträt um inoffizielle Waffendeals und die sowjetische Okkupation Afghanistans durchaus seine Meriten besitzt. Timothy Dalton, der die bevorzugten Darsteller Sam Neill und Pierce Brosnan ablöste, ringt der Figur neue Nuancen ab und entwickelt besonders auf dem romantischen Sektor ganz eigene Stärken. Sein weiblicher Support Maryam d'Abo unterstützt dies ganz hervorragend. Leider jedoch wirft der Verzicht auf einen überlebensgroßen Bösewicht dem Script Steine in den Weg. Genau wie in "Octopussy" gibt es jetzt ein Widersacher-Trio, bestehend aus Krabbé, Baker und Andreas Wisniewski als abtrünnigem KGB-Killer Necros(!). Baker ist mit seinem ganzen Militär- und Diktatoren-Trara im Grunde ein durchaus brauchbarer Charakter, wird jedoch mit kaum mehr als zwei wesentlichen Auftritten völlig verspielt. Krabbé wirkt, wenngleich sicherlich ansprechend aufspielend, mit seinem bereits im Script angelegten, übertrieben opportunistischen Habitus bestenfalls wie ein comic relief. An Jordan und Berkoff reichen beide nicht heran, wie auch der schöne, aber harmlos wirkende Wisniewski kein Kabir Bedi oder Richard Kiel ist. Kurz gesagt, mit dem Verzicht auf einen wirklich starken Gegner fehlt dem Film bei aller übrigen Qualität ein unverzichtbares Herzstück. Und Felix Leiter (John Terry) verkommt zur Randnotiz. Eine weitere, von Wehmut getragene Feststellung: Der Soundtrack zu "The Living Daylights" markierte den Serien-Schwanengesang des großen John Barry, der dem Bond-Franchise mit seinem Weggang ein elementares Charakteristikum nahm.

7/10

John Glen James Bond 007 Kalter Krieg Tschechoslowakei Österreich Wien Afghanistan Marokko Tanger Heroin Gibraltar car chase


Foto

A VIEW TO A KILL (John Glen/UK 1985)


"Not this way! That way!"

A View To A Kill (Im Angesicht des Todes) ~ UK 1985
Directed By: John Glen

Nachdem James Bond (Roger Moore) in der Beringsee einen gegen elektromagnetische Strahlen resistenten Microchip bei einem toten Kollegen sichergestellt hat, soll er dessen Ursprung auf die Spur kommen. In Frankreich stößt Bond umgehend auf den pferdenärrischen Großindustriellen Max Zorin (Christopher Walken), der seine von ihm entwickelten Chips nicht nur zu Dopingzwecken einsetzt, sondern noch etwas viel Größeres plant: Er will Silicon Valley überfluten, um sich das Monopol für die Microchip-Herstellung zu sichern.

Für mich hat "A View To A Kill" eine ganz besondere biographische Bedeutung, war es doch der erste Bond-Film, den ich im Kino sehen durfte. Ein Ereignis, das man nicht vergisst, zumal ich damals, mit neun Jahren, bereits den Höhepunkt meines fandoms erreicht hatte. Jeder Zeitungsschnippsel zu James Bond wurde gesammelt und sorgsam archiviert bis mehrere dicke Ordner zustande kamen, das Merchandising-Karussel samt Büchern, Soundtracks, 7"-Singles, Hörspielen und Spielzeug totgefahren. Keine Ahnung, wo der ganze Krempel geblieben ist. "A View To A Kill" im Kino jedenfalls, das war damals mein ganzer knirpsiger Stolz. Es störte mich auch nicht, dass Roger Moore mit 57 vielleicht etwas zu alt für die Rolle war. Ich liebte (und liebe) den Titelsong von Duran Duran, die ich ehedem sowieso ganz toll fand und freute mich über meinen ersten Promi-Schwarm Tanya Roberts, die mir bereits aus "The Beastmaster" und "Sheena" in warmer Erinnerung war. Inmitten all der relativ gesetzten Bond-Gegner der vergangenen und kommenden Jahre gab es fürderhin mit dem von Heiner Lauterbach exzellent synchronisierten Christopher Walken außerdem mal wieder einen richtig schön durchgedrehten Monopolisten in bester "Goldfinger"-Tradition, wie überhaupt große Teile der Story ein recht freches Selbstplagiat desselben darstellen. Den kruden Nebenplot um Zorin als Nazi-Steroid-Retortenkind (wie man weiß wurde in der deutschen Fassung aus lächerlichen Pietätsgründen daraus ein Ostblock-Produkt) finde ich immer noch erstklassig. Die sicherlich plausiblen Kritikpunkte störten mich damals natürlich allesamt nicht, wie überhaupt mein Blick auf diesen speziellen Bond-Film noch heute ein höchst verklärter sein dürfte.

8/10

Schnee John Glen James Bond 007 Frankreich Paris Kalifornien Silicon Valley San Francisco Terrorismus car chase Pferderennen


Foto

NEVER SAY NEVER AGAIN (Irvin Kershner/UK, USA, BRD 1983)


"Too many free radicals. That's your problem."

Never Say Never Again (Sag niemals nie) ~ UK/USA/BRD 1983
Directed By: Irvin Kershner

Als die Terrororganisation SPECTRE zwei Cruise Missiles stiehlt und die Westmächte damit erpresst, reaktiviert der britische Secret Service seine retirierten 00-Agenten. Nach einem von M (Edward Fox) verordneten Aufenthalt in einem Wellness-Hotel, in dem James Bond (Sean Connery) bereits erste Hinweise bezüglich des Falls erhält, heißt es für den Agenten wieder, zur Weltrettung zu schreiten. Zunächst macht er die Bekanntschaft des Industriellen Maximilian Largo (Klaus Maria Brandauer), wie Bond bald herausfindet, die treibende Kraft hinter dem Unternehmen. Nachdem Bond Largos Geliebte Domino (Kim Basinger) für sich gewonnen hat, macht er sich daran, die Pläne von SPECTRE zu vereiteln.

Durch Kevin McClorys Exklusivrechte am "Thunderball"-Script war es ihm möglich, mit unabhängigen Mitteln ein Remake desselben als Konkurrenzproduktion zu der offiziellen Eon-Reihe zu initiieren. Nach längerer Planung wurde daraus "Never Say Never Again", der kurz nach "Octopussy" startete und als besonderen Coup Sean Connery in der Hauptrolle präsentierte. Am Ende musste er sich in kommerzieller Hinsicht dennoch gegen die professioneller beworbene Konkurrenz geschlagen geben. Trotz diverser Drehbuch-Querelen und Planungsumwürfe mag ich Kershners Film jedoch etwas lieber als Glens. Er wartet im Gegensatz zu "Octopussy" nämlich mit deutlich witzigeren Gags auf, hat mit Klaus Maria Brandauer einen formidablen Widersacher, der der Gilde deutschsprachiger Bond-Bösewichte einen grandiosen Eintrag hinzusetzt und mit der noch jungen Kim Basinger eine wahre Augenweide zu bieten. Auf manches klassische Bond-Merkmal muss zwar verzichtet werden respektive ist einiges an Umgewöhnung erforderlich - Titel- und Prä-Titel-Sequenz vermischen sich hier, die Story ist, ähnlich wie damals "Casino Royale" in einer möglichen Zukunft des ergrauten Helden angesiedelt, der hier präsentierte Blofeld (Max von Sydow) hat keine Glatze (wobei - die hatte Charles Gray ja auch nicht), Bonds CIA-Spezi Felix Leiter (Bernie Casey) derweil ist dunkelhäutig. Alles jedoch keine Probleme, mit denen man nicht fertig würde, um den heimlichen Sieger des bizarren Bond-Duells nochmals hervorzuheben.

8/10

Irvin Kershner James Bond 007 Bahamas Karibik Arabien Remake Frankreich Nizza Atombombe car chase


Foto

FOR YOUR EYES ONLY (John Glen/UK 1981)


"Yasso!"

For Your Eyes Only (In tödlicher Mission) ~ UK 1981
Directed By: John Glen

Im Ionischen Meer kentert das britische Spioangeschiff 'St. Georgius', an dessen Bords sich ein ATAC befindet, ein mobiler Computer für den Startbefehl von Atomraketen. Auf der Jagd nach dem System entbrennt ein Wettrennen zwischen James Bond (Roger Moore) und dem für die Russen arbeitenden Heroin-Schmuggler Kristatos (Julian Glover), der neben diversen anderen Schweinereien auch die Eltern der schönen Melina (Carole Bouquet) auf dem Gewissen hat, die ihrerseits im Auftrag Ihrer Majestät zuvor ebenfalls nach dem ATAC gesucht hatten. Die rachsüchtige Melina, Bond und Kristatos' Konkurrent Columbo (Topol) arbeiten zusammen.

Das inszenatorische Debüt des vormaligen Cutters und 2nd-Unit-Regisseurs John Glen markiert den Auftakt zur bis heute langelebigsten Regieserie innerhalb des Bond-Franchise: Beispiellose fünf Filme in Folge dirigierte Glen für Albert R. Broccoli und prägte damit das Gesicht der Reihe für die gesamte Dekade der Achtziger. Glen zeichnete sich durch konzentrierte Routine aus, die gewissermaßen ihre Vorhersehbarkeit zu einem vordringlichen Erkennungsmarkmal erhob. Im positiven Sinne 'englischer' wirkten die Bond-Filme nie wieder; Glen profilierte sich als straighter Arbeiter, der dafür Sorge trug, dass zwischen 81 und 89 im Zweijahresrhythmus jeden Sommer ein neuer Bond auf der Matte stand. Auch befasste er sich, unter der heimlichen Ägide der Autoren Richard Maibaum und Michael G. Wilson freilich, mit dem kalten Wettlauf der Weltmächte wie sonst kein anderer Bond-Regisseur.
Damit nicht genug wirkte "For Your Eyes Only", ganz besonders im Vergleich zum Direktvorgänger "Moonraker" wieder sehr 'grounded', deutlich erwachsener, ernsthafter und durchdachter und führte Bond sozusagen wieder zurück auf Kurs. Gleich am Anfang, in der diesmal recht ausführlichen Pre-Title-Sequence, besucht der Agent das Grab seiner einst von Blofeld ermordeten Frau Tracy, nur um danach ein letztes Mal mit seinem totgeglaubten Erzfeind konfrontiert zu werden. Diesmal darf davon ausgegangen werden, dass Blofeld dieses Duell nicht überlebt; ein weiterer, prononcierter Schlussstrich unter einstige SciFi-Anleihen. Mit dem aalglatten, freundlich wirkenden Ari Kristatos erhält Bond schließlich ein Gegenüber, das mitnichten wahnsinnig ist, dafür aber einen umso feisteren Sadismus pflegt. Überhaupt ist das Figurenarsenal des Films bemerkenswert: Es wimmelt vor echten Charakteren und Figuren bis in Kleinstparts, seien es der steroidgepumpte DDR-Athlet Kriegler (John Wyman), der wortkarge Killer Locque (Michael Gothard), den Bond mit einer für Roger Moores Interpretation ungewohnten Genugtuung tötet, oder italienische Agent Ferrara (John Moreno): Es bereitet viel Freude, der Einführung und Ausarbeitung der Figuren zuzusehen. Außerdem bietet "For Your Eyes Only" mit Carole Bouquet eine exorbitante Schönheit in der weiblichen Hauptrolle, der ausnahmsweise jeder chauvinistisch-lächerliche Wink abgeht sowie mit Griechenland als mediterraner Kulisse einige wahrhaft fernsüchtig machende Einblicke.

9/10

John Glen James Bond 007 Spanien Griechenland Italien Schnee Rache Kalter Krieg Albanien car chase


Foto

MOONRAKER (Lewis Gilbert/UK, F 1979)


"Why did you break up the encounter with my pet python?" - "I discovered it had a crush on me."

Moonraker ~ UK/F 1979
Directed By: Lewis Gilbert

Nachdem ein Raumpendler der von dem Großindustriellen Hugo Drax (Michael Lonsdale) gefertigten 'Moonraker'-Serie entführt wird, kommt James Bond (Roger Moore) ins Spiel. Um den Verbleib des Space Shuttle zu klären, lernt er zunächst dessen Erbauer kennen. Drax macht keinen Hehl daraus, dass er Bond am Liebsten gleich wieder loswerden will und alsbald stellt sich dem Superagenten eine Todesfalle nach der anderen in den Weg. Zusammen mit der CIA-Kollegin Holly Goodhead (Lois Chiles) kommt Bond schließlich Drax' wahren Plänen auf die Schliche: Der Wahnsinnige will die gesamte Menschheit mit Nervengift auslöschen und eine neue Superrasse auf der Erde aussetzen und züchten. Um dieses Vorhaben zu vereiteln, müssen Bond und seine Gespielin ins Weltall aufbrechen...

Im Grunde nur eine Variation des Vorgängerfilms "The Spy Who Loved Me", thematisch mit diesem unzweideutig identisch und sogar mit der Lieblingsfan-Ingredienz 'Jaws' (Richard Kiel) re-garniert, ist selbst der Storyaufzug vollkommen halbherziger Natur. Warum und wie Bond Drax auf die Schliche kommt - der eigentliche Grund ist sein von ihm selbst gekapertes Raumschiff - wird irgendwann gegen Ende in einem Nebensatz abgehandelt wie ein notwendiges Übel. In jedem Fall ist Drax ein ganz hübsch dämlicher Superverbrecher, wenn er die Weltöffentlichkeit für sich zu interessieren beginnt und das Gelingen seiner Pläne für eine solche Lappalie aufs Spiel setzt - ein ganzer Plot als einziger MacGuffin. Der Produktion ging es offenkundig einzig und allein darum, die gerade aufziehende SciFi-Mania nicht ungenutzt vorüberziehen und den bereits faltiger werden Heroen auch in extraterrestrischen Sphären reüssieren zu lassen. Aus Kiels Beißer wird - das Script lässt ihn diesmal ganz gezielt niemanden töten und stellt ihm zur zusätzlichen Vermenschlichung ein blondes Quietscheentchen zur Seite - ein lustiger Sidekick, der jede zuvor so nett geschürte und geschätzte Bedrohlichkeit einbüßt. "Moonraker" macht aus seiner Anbiederung an Kinder und Jugendliche als nachwachsende Zuschauergeneration keinen Hehl und lässt Bond im Schoße der Familienunterhaltung ankommen. Zugegeben - als Kind fand ich ihn auch sehr toll.
Das product placement kommt so unverhohlen penetrant wie selten daher und avanciert von un an zu einem zusätzlichen Franchise-Trademark: Ein getarnter Krankenwagen der Bösewichte rast am Zuckerhut an gut vier verschiedenen Werbeplakaten vorbei, die die Panavision-Linse selbstverständlich passgenau einfängt. Besonders 7 Up hat offenbar ordentlich reingebuttert.
Der wiederum großartig komponierende John Barry hat sich derweil bei seinem Vorgänger Marvin Hamlisch die Unart abgeschaut, altbekannte Partituren zu Zwecken vordergründigen Humors zu adaptieren (hier sind es derer gleich fünf: Chopin, Leoncavallo, Tschaikovsky, Strauß und Elmer Bernstein - puh!). Angedenk all dessen fast schon ein kleines Wunder, dass dieser wiederum über Gebühr alberne Bond-Film fürs Erste den kommerziellen Höhepunkt der Reihe markierte. Aber der Pöbel wollte und bekam sie eben, seine Laserstrahlen.

6/10

Lewis Gilbert John Glen James Bond 007 Brasilien Rio de Janeiro Venedig Italien Weltraum Terrorismus Madness Kalifornien


Foto

THE SPY WHO LOVED ME (Lewis Gilbert/UK 1977)


"Can you play any other tune?"

The Spy Who Loved Me (Der Spion, der mich liebte) ~ UK 1977
Directed By: Lewis Gilbert

Ein mysteriöses neues 'U-Boot-Ortungssystem' macht den Geheimdiensten in West und Ost zu Schaffen: Urplötzlich verschwinden ein russisches und ein britisches U-Boot spurlos im Atlantik. Zeitgleich werden James Bond (Roger Moore) und die KGB-Agentin Anya Amsova (Barbara Bach), deren Liebhaber (Michael Billington) Bond pikanterweise kurz zuvor im Spionenclinch töten musste, gemeinsam von ihren Chefs auf die Suchmission geschickt. Vor Sardinien machen sie schließlich den Urheber des Geschehens ausfindig: Den wahnsinnigen, ozeanophilen Milliardär Stromberg (Curd Jürgens), der den Dritten Weltkrieg provozieren und eine neue Zivilisation am Meeresgrund schaffen will.

Harry Saltzman hatte in den Sack gehauen und Insolvenz angemeldet, die bisher längste Pause zwischen zwei Bond-Premieren, nämlich gute zweieinhalb Jahre, ergab sich daraus als zwangsläufiger Effekt. Mit dem teuren "The Spy Who Loved Me" betrat das Bond-Franchise nach zahlreichen vorherigen Liebäugeleien mit ihm nunmehr endgültig das Terrain der Science Fiction: Einen dermaßen verrückten Gegner hatte Bond bisher jedenfalls nicht aus der Bahn zu schubsen gehabt, Goldfinger und Blofeld eingeschlossen. Stromberg ging es nicht um die Anhäufung von persönlichem Reichtum durch Terror und Erpressung, die Monopolisierung eines Edelmetalls, eines Suchtmittels oder erneuerbarer Energien; hier stand dem Superagenten zu dessen verständlicher Verwirrung erstmals ein barer Idealist gegenüber, der tunlichst jede unnötige Aufmerksamkeit zu vermeiden suchte, dem jedwede Anstrengung der Weltmächte, seine Pläne zu unterminieren, lediglich als lästige Stolpersteine erscheinen mussten und der nichts Geringeres im Auge hatte als die bedingungslose Auslöschung der globalen Zivilisation.
Wie zur Bestätigung dieser befremdlichen Bedrohlichkeit trug Karl Stromberg, von dem normannischen Kleiderschrank Curd Jürgens, angelegt als eine Art Gert-Fröbe-Reprise, sogar Schwimmhäute zwischen seinen Fingern - ein Amphibienmensch vielleicht und deshalb so irre? Wie dem auch sei - rückblickend findet sich "The Spy Who Loved Me" ziemlich umjubelt und gilt als Moores "Goldfinger"-rangiger Serienbeitrag. Zieht man, wie erwähnt, Jürgens und die vielen anderen Selbstplagiierungen vom monströsen Leibwächter (hier: Richard Kiel) über das Superauto bis hin zu wieder aufgewärmten Ideen ("You Only Live Twice", ironischerweise ebenfalls von Lewis Gilbert in Szene gesetzt, wird mehr als einmal zitiert) als Qualitätsmerkmale hinzu, mag dies vielleicht zutreffen. Ich selbst bin da etwas zwiegespalten: Moores Ironie wird möglicherweise zu stark prononciert, man heuchelt völlig verlogen etwas von Gleichberechtigung (der Bond-Sexismus zeigt sich hier lediglich auf perfidere Art, ist ansonsten aber mindestens so aggressiv wie eh und je), die Musik, diesmal von Marvin Hamlisch, ist bestenfalls nett, bis hierher jedoch die schlechteste in einem Bond-Film (erst Eric Serra stellte diesen Negativrekord neuerlich ein) und der Film von noch auffälligerer Selbstzweckhaftigkeit als gewohnt. Trotzdem ist er aus genau den genannten Gründen, die ein jeder Bond-Apologet ebensogut positiv auszulegen vermag, ein starker, substanzieller Serienbaustein, der infolge seines kommerziellen Erfolges die Nachfolger stark beeinflusste und eine neue Linie vorgab.

8/10

James Bond 007 Lewis Gilbert Italien Sardinien Ägypten U-Boot Haiangriff Österreich Schnee Kalter Krieg John Glen Madness car chase Schweiz


Foto

THE MAN WITH THE GOLDEN GUN (Guy Hamilton/UK 1974)


"Who'd want to put a contract on me?" - "Jealous husbands, outraged chefs, humiliated tailors - the list is endless."

The Man With The Golden Gun (Der Mann mit dem goldenen Colt) ~ UK 1974
Directed By: Guy Hamilton

James Bond (Roger Moore) erhält eine vermeintliche Morddrohung durch den berüchtigten Auftragskiller Francisco Scaramanga (Christopher Lee), der seine Opfer mittels goldener Pistole und goldenen Geschossen für eine Million Dollar pro Job ins Jenseits befördert. Bond bietet an, Scaramanga ausfindig zu machen, bevor dieser ihn findet und muss dafür über den Nahen bis in den Fernen Osten reisen, wo er Scaramangas Spur in Hong Kong aufnimmt. Dort kommt er gerade rechtzeitig, um zu erleben, wie Scaramanga einen vermissten Solartechniker erschießt. Bond findet heraus, dass der Killer für den thailändischen Großindustriellen Hai Fat (Richard Loo) arbeitet, der das Monopol für Solarenenergie an den Meistbietenden zu verkaufen sucht. Scaramanga jedoch will das Geschäft selbst machen und zieht sich, nachdem er Hai Fat getötet hat, auf seine Insel im chinesischen Meer zurück. Bond, der mittlerweile herausgefunden hat, dass die vorgebliche Todesbotschaft mitnichten von Scaramanga, sondern von dessen verräterischer Konkubine Andrea (Maud Adams) stammt, die den Agenten zur Ermordung ihres verhassten Hausherrn veranlassen will (wofür auch sie sterben muss), reist ihm hinterher.

Der eilends nachgeschobene zweite Moore-Einsatz ist etwas albern geraten. Einige ziemlich schmierige Gags sind darin, die einen undefinierbaren Altherrencharakter besitzen und der Versuch, sich nach der Blaxploitation- auch noch an die Easternwelle zu heften und einem Wink Richtung der mitunter zweitklassigen Mondo-Schinken jener Jahre zu vollziehen (das "Bottoms Up" etwa war ein echter Club in Kowloons Rotlichtviertel, der erst vor vier Jahren dichtgemacht hat und für einen dicken Logik-Faux-pas - 'blooper' nennt man's wohl - im Film sorgt), schlägt jeweils auf ganzer Linie fehl. Mit der dümmlichen, wenngleich wohlgeformten Agentenkollegin Mary Goodnight (Britt Ekland) bekommt Bond seine wohl nervigste Gespielin ans Bein gebunden, die sich durch ihre Tapsig- und Tolpatschigkeit eher als Hindernis denn als Hilfe entpuppt. Immerhin ist die Re-Integrierung des von Clifton James gespielten, latent rassistischen Südstaatensheriffs J.W. Pepper, der natürlich ganz zufällig mit seiner Frau Mabel Urlaub in Bangkok macht, als 007 dort agiert, halbwegs lustig geraten. Ansonsten muss man schon einräumen, dass vieles hier in der Rückschau für einen Bond-Film recht peinlich und zeitüberkommen erscheint, ähnlich, wie es bereits bei dem ersten 'Fernost-Bond' "You Only Live Twice" der Fall ist. Der große Tom Mankiewicz räumte denn auch nachträglich ein, dass er bei "The Man With The Golden Gun" nicht mehr ganz auf seiner wahren Bond-Höhe verweilte und nach der mehrfachen Überarbeitung des Scripts daher das Franchise auch ein für allemal verließ.

6/10

James Bond 007 Guy Hamilton Hong Kong Macao Libanon Beirut Thailand Bangkok Energiekrise Profikiller car chase


Foto

LIVE AND LET DIE (Guy Hamilton/UK 1973)


"A white face in Harlem. Good thinking, Bond."

Live And Let Die (Leben und sterben lassen) ~ UK 1973
Directed By: Guy Hamilton

James Bond (Roger Moore) erhält den Auftrag, die fast zeitgleiche Ermordung dreier britischer Agenten in den USA und auf der Karibikinsel San Monique zu untersuchen. Seine Suche beginnt in New York, wo er, kaum am Flughafen angekommen, schon von der Gegenseite attackiert wird. Hinter den Aktionen macht Bond schließlich den Inseldespoten Dr. Kananga (Yaphet Kotto) ausfindig, der sich zuweilen gern als Gangsterboss Mr. Big maskiert. Kanangas Plan sieht vor, den Heroinhandel in den USA komplett unter seine Kontrolle zu bringen und sämtliche Süchtigen an sein Unternehmen zu ketten. Als Bond seine jungfräuliche Hellseherin Solitaire (Jane Seymour) dazu bringt, sich in ihn zu verlieben und sie durch Defloration für Kananga "unbrauchbar" macht, bringt er den gefährlichen Verbrecher noch mehr gegen sich auf.

Nicht nur einer meiner liebsten Bondfilme, sondern auch der vermutlich meistgesehene, zu Kindheitszeiten wohl mindestens einmal die Woche im alten Fisher-Recorder gelandet. Bis heute hat sich diese rostfreie Liebe denn auch nicht verflüchtigt; jetzt kann ich sie allerdings etwas besser eruieren. Da wären zunächst einmal die Blaxploitation-Anleihen und damit ein unbedingtes Zugeständnis an einen Teil zeitgenössischer Popkultur, die im Bond-Sinne freilich "umgedreht" wird: Den reaktionären Rassismus der schwarzen Genrefilme verkehrt "Live And Let Die" einfach wieder ins Gegenteil, was ihm dann auch prompt manch kritische Stimme einheimste. Zu Unrecht, denn der Film lebt von seiner hübschen, weißen Paranoia, die nahezu jedes farbige Gesicht im Film (mit ganzen zwei Ausnahmen) als potenziellen Mitverschwörer denunziert. Dass man in der 'Szene' derweil durchaus Spaß versteht, zeigt die launige Mitwirkung diverser Blaxploitation-Größen von Yaphet Kotto über Julius Harris und Gloria Hendry bis hin zu Tommy Lane und Arnold Williams. Überhaupt ist die Neigung hin zu gemischten Genrezutaten immens und verleiht dem Film ein höchst spezifisches Flair: Bond muss es nicht nur mit Voodoo-Zauber, sondern auch mit diversen Lieblingstieren aufnehmen - Schlangen, Krokodile, Haie, Schlangen - in ebendieser Reihenfolge. Roger Moore führt sich sogleich perfekt ein in seine neue Lebensrolle, die er, sieht man von Connerys inoffizieller 83er-Rückkehr ab, so oft spielte wie außer ihm bis dato niemand. Erstaunlicherweise sieht er gute zehn Jahre jünger aus als sein Vorgänger Sean Connery im 71er "Diamonds Are Forever", obschon er knappe drei Jahre älter ist.
"Live And Let Die" ist der erste Film ohne Q, auch wenn dessen Gegenwart zumindest in Form einer trickreichen Armbanduhr spürbar ist. Für den deutschen Zuschauer gibt es noch eine weitere Zäsur: Nach elf Jahren Berliner Synchronisation wanderte die Vertonung für das hiesige Publikum nun bis 1989 nach München ab, was bedeutete, dass man auf vertraute Standardstimmen wie jene von Siegfried Schürenberg, Konrad Wagner, Wilhelm Borchert oder Friedrich Schoenfelder verzichten musste. Bemerkenswert der Soundtrack mit meinem Lieblingstitelstück: John Barry durfte hier einmal pausieren, stattdessen schrieb 'Beatle # 5' George Martin den fantastischen Score und arbeitete zum ersten Mal seit dem Fab-Four-Schwanengesang "Let It Be" wieder mit Paul McCartney zusammen. Nebenbei hat "Live And Let Die" das schönste Kinoplakat der Reihe. Wenn das nicht Gründe genug sind, um diesen Film lobzupreisen, weiß ich's auch nicht.

10/10

James Bond 007 Guy Hamilton Blaxploitation New York New Orleans Louisiana Haiangriff Schlangen Karibik Heroin Voodoo Südstaaten Harlem Krokodil


Foto

DIAMONDS ARE FOREVER (Guy Hamilton/UK 1971)


"Making mud pies, 007?"

Diamonds Are Forever (Diamantenfieber) ~ UK 1971
Directed By: Guy Hamilton

Nachdem er den entkommenen Blofeld (Charles Gray) vermeintlich erledigt hat, widmet James Bond (Sean Connery) sich einer Diamantenschmuggel-Affäre. Von Südafrika aus gehen die Steinchen zunächst nach Amsterdam, von wo aus Bond ihren Weg weiterverfolgen soll. Hier lernt er die schnieke Schmugglerin Tiffany Case (Jill St. John) kennen, der Bond seine wahre Identität aus naheliegenden Gründen zunächst verheimlicht. Weiter geht es nach Las Vegas, wo die Spur der Diamanten zum öffentlichkeitsscheuen Magnaten Willard Whyte (Jimmy Dean) führt - hinter dessen unsichtbarer Fassade verbirgt sich tatsächlich Blofeld - Bond hatte lediglich einen seiner Doppelgänger eliminiert. Nachdem der von Blofeld gekidnappte, echte Whyte befreit werden kann, findet Bond heraus, wozu Blofeld die Diamanten benötigt: Im All kann er mit Hilfe der Edelsteine einen in einem Satelliten angebrachten Laserstrahl konzentrieren und fixieren und somit jedes beliebige Ziel auf dem Globus unter Beschuss nehmen. Gelenkt wird der Killersatellit von einer Bohrplattform vor Kalifornien aus, die Bond unter Beschuss nimmt.

Der "Vegas-Bond" präsentiert sich als der witzigste Film der gesamten Serie. Seinen teils absurden, jedoch nie penetranten oder infantilen Humor bezieht er aus der Involvierung Tom Mankiewicz' in die Scriptmaschinerie des Franchise. Dieser nutzte die Gelegenheit, eine erstklassige Vegas-Hommage im Bond-Stil loszulassen, wobei die Idee mit dem paraphrasierten Howard Hughes Willard Whyte offenbar von Cubby Broccoli selbst stammte. Schicke Gastauftritte gibt es, etwa die ewige Gaunervisage Marc Lawrence (später nochmal kurz in "The Man With The Golden Gun" zu sehen) und Sid "Captain Spaulding" Haig in zwei herrlich komischen Auftritten als Killer oder Duke-Spezi Bruce Cabot als schmieriger Casinogangster. Shane Rimmer, einprägsames Brit-Gesicht in Mini-Nebenrollen, versteckt sich auch kurz im letzten Drittel. Ansonsten besitzt "Diamonds Are Forever" nahezu die Gagdichte einer Vollblut-Komödie; Bond kommuniziert fast nurmehr in Onelinern, der lustvoll vorgetragene Sexismus erreicht nach dem diesbezüglich vergleichsweise zurückhaltenden "On Her Majesty's Secret Service" neue Sphären und selbst die Actionszenen geben Anlass zu Gelächter. Noch nie und auch nie wieder danach hat ein Bond-Film das seinem zugrunde liegenden Universum innewohnende, komische Potenzial so hellsichtig erkannt und vorlaut zu einem seiner Verkaufsutensilien gemacht. Ein entsprechend grotesker, nicht von jedem gemochter Film ist das vergnügliche Resultat.

8/10

James Bond 007 Guy Hamilton Las Vegas Holland Amsterdam Diamanten


Foto

ON HER MAJESTY'S SECRET SERVICE (Peter Hunt/UK 1969)


"This never happened to the other fellow."

On Her Majesty's Secret Service (Im Geheimdienst Ihrer Majestät) ~ UK 1969
Directed By: Peter Hunt

In Portugal lernt James Bond (George Lazenby) die psychisch angegriffene Tracy (Diana Rigg) kennen, semi-adelig und außerdem Tochter des korsischen Gangsterbosses Marc Ange Draco (Gabriele Ferzetti). Dieser will Bond überreden, Tracy zu heiraten, im Gegenzug für wichtige Informationen - ein Arrangement, infolge dessen Bond sich erhofft, endlich an Ernst Stavro Blofeld (Telly Savalas) heranzukommen. Tatsächlich macht Bond den Erzschurken ausfindig: In einer Alpenfestung gibt er sich als Graf aus, der eine Stiftung zur Allergienheilung leitet. Tatsächlich hat Blofeld hier das "Virus Omega" gezüchtet, das, einmal freigesetzt, jede beliebige organische Spezies unfruchtbar macht. Bond, der sich, zunächst als Heraldikforscher getarnt, in Blofelds Feste hereintastet, kann den sinistren Plänen des Katzenkraulers den Garaus machen - zu einem hohen Preis allerdings...

Mit George Lazenby sollte ein schauspielerisch ungelernter, australischer Autoverkäufer und Werbedarsteller die Rolle des James Bond ausfüllen. Eine offenbar zwischen ihm und der Produktion entstehende Disharmonie und der etwas schleichende Erfolg des Films sorgten dafür, dass es bei diesem einen Auftritt blieb. Ob Lazenby ein guter Bond war, sei dahingestellt, "sein" Film ist jedenfalls ein Höhepunkt der Reihe. Durch die innovative Montage und einen gehörigen Turbo in den Action- und Kampfszenen sorgt der ehemalige Cutter und 2nd-Unit-Regisseur Peter Hunt dafür, dass "On Her Majesty's Secret Service" insbesondere seine Signatur und die von John Glen in Hunts früherer Funktion trägt. Was die Story anbelangt, so ist hier der entscheidende biographische Einschnitt in Bonds Vita bedeutungsvoll - aus dem massenkulturellen Phänomen, dem längst ums Vielfache seiner Selbst überhöhten Archetypus, wird, zumindest kurzfristig, ein geerdeter Mensch aus Fleisch und Blut. "I love you" - das hatte Bond bereits im Vorgänger von sich gegeben, allerdings lediglich als Erkennungsparole und dazu nur höchst widerwillig. Hier gebrauchte er es plötzlich und einmal in aller gebotenen Aufrichtigkeit - und ließ noch einen Heiratsantrag folgen. Das war und ist schon ziemlich sensationell. Wunderbare Schnee-Action, bis zum Letzten ausgekostet, und John Barrys wiederum erstklassige Kompositionen runden diesen Bond-Beitrag als einen der schönsten ab.

10/10

James Bond 007 Peter Hunt John Glen Schweiz Alpen Schnee Portugal Ehe car chase





Filmtagebuch von...

Funxton

    Avanti, Popolo

  • Supermoderator
  • PIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIP
  • 8.268 Beiträge

Neuste Kommentare