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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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ELENI (Peter Yates/USA 1985)


"My children!"

Eleni ~ USA 1985
Directed By: Peter Yates

Dreißig Jahre nach der Ermordung seiner Mutter Eleni (Kate Nelligan) während der Wirren des griechischen Bürgerkriegs und seiner eigenen Emigration nach Amerika kann der mittlerweile als erfolgreicher Journalist tätige Familienvater Nick Gage (John Malkovich) die Vergangenheit nicht ruhen lassen, nicht, solange die Verantwortlichen noch frei und ungestraft herumlaufen. Unter dem Deckmantel der Korrespondenz reist der rachedurstige Nick nach Athen und wird dort mit der Vergangenheit seiner Familie und seiner Mutter konfrontiert, die einst, nachdem sie ihren Kindern die Flucht ermöglichte, von den kommunistischen Partisanen als Faschistin verleumdet, gefoltert und hingerichtet wurde. Nach einer investigativen Odyssee durch halb Südosteuropa steht Nick schließlich dem Mann (Oliver Cotton) gegenüber, der für den Tod seiner Mutter verantwortlich ist.

Engagiertes Politdrama, in dem sich autobiographische Episoden um den griechischstämmigen US-Journalisten Nicholas Gage und seine Suche nach Wahrheit und Vergeltung aufbereitet finden. Der als Enthüllungsjournalist in brisanten Fragen tätige Times-Mitarbeiter wendete sich in "Eleni" der tragischen Vergangenheit seiner Familie zu und erzählte darin weniger seine eigene Geschichte, denn die seiner Mutter Eleni, einer stolzen, integren Frau, die sich geduldig jedwede Demütigung und Ungerechtigkeit seitens der in der Provinz wütenden DSE-Kämpfer gefallen lässt, bis ihre Kinder in sozialistische Staaten verschickt werden sollen. Als diese Bedrohung über sie hereinbricht, stellt sich Eleni gegen die uneingeladenen Landnehmer und bezahlt dafür mit dem Tode. Ungeachtet seiner sicherlich tendenziösen Machart, die ein wenig an den thematisch nicht unverwandten "Dr. Zhivago" erinnert, ist Yates erneut eine große, bewegende Tragödie geglückt, die ganz besonders durch das aufrüttelnde Spiel Kate Nelligans fasziniert. Auch die Entscheidung, Vergangenheit und Gegenwart als zwei erzählerisch gleichberechtigte Stränge parallel nebeneinander herlaufen zu lassen, erweist sich als überaus tragfähig.
Leider ist die mir vorliegende, deutsche DVD durch verwaschenes Vollbild verhunzt. Hier wäre so schnell als möglich noch etwas Adäquates nachzulegen. Ansonsten überaus sehenswert.

8/10

Peter Yates Griechenland Griechischer Bürgerkrieg Familie Rache


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TWILIGHT'S LAST GLEAMING (Robert Aldrich/USA, BRD 1977)


"You try one more goddamn stunt and I'll light up the fucking sky!"

Twilight's Last Gleaming (Das Ultimatum) ~ USA/BRD 1977
Directed By: Robert Aldrich

Der einst geschasste, weil als Querulant berüchtigte Air-Force-General Dell (Burt Lancaster) bricht aus dem Gefängnis aus und bemächtigt sich zusammen mit drei kriminellen Mitstreitern (Paul Winfield, Burt Young, William Smith) eines Atomraketensilos in Montana. Von hier aus droht er, die neun auf die Sowjetunion gerichteten Titan-Flugkörper zu starten, wenn der amtierende US-Präsident (Charles Durning) nicht die wahren Gründe für das US-Engagement in Vietnam bekannt gibt.

Ein exzellenter Thriller von Robert Aldrich, der einmal mehr unter Beweis stellt, welchen Biss insbesondere seine in den Siebzigern gefertigten, etwas handzahm als 'Alterswerk' firmierenden Filme besitzen. Ebenso wütend und zielstrebig wie sein Protagonist walzt sich Aldrich durch die Story um Terror und Geheimnis und lässt nach anfänglicher Unsicherheit die vermeintlich Bösen rasch zu Sympathisanten werden. Der wahre Feind ist nicht der raketenkapernde Veteran, sondern er befindet sich im Inneren, im sogenannten 'Beratungsstab' des Weißen Hauses, wo alte Männer die Geschicke der westlichen Welt lenken und der Präsident selbst sich als entbehrliche Marionette einer heimlichen politischen Machtkaste entpuppt. General Dell traut man anfangs noch zu, dass er seinen Plan, den Dritten Weltkrieg vom Stapel zu lassen, in die Tat umsetzt; irgendwann jedoch schaltet sich, die anderen beiden sind bereits tot, sein Partner Powell (Winfield) als Quasi-Volksstimme dazwischen und vergegenwärtigt ihm seine eigene und die äußeren Realität: Kein politisches Geheimnis der Welt sei es wert, dass man selbige ins Grab schickt, und das wisse Dell insgeheim auch. Angesichts dieser Erdung droht Dell zu verzweifeln; für Lancaster eine Gelegenheit, seine große Schauspielkunst zu demonstrieren. Nach zwei Stunden sich auftürmender Spannung, nach deren Ablauf mit allem zu rechnen ist, kommt dann das einzig denkbare Ende: Endlich hatte Aldrich selbst sein Publikum so weit, dass es den gesamten Erdball mit all seinem intriganten, verlogenen Politgesocks ins postnukleare Nirwana wünscht, da machen - so einfach ist das - ein paar Scharfschützen dem apokalyptischen Traum ein Ende. Der status quo bleibt erhalten, der Globus weiterhin brav am Abgrund und General Dell, potenzieller neuer Messias und Märtyrer des liberalen Menschheitsfügels, nurmehr eine unbequeme Behauptung erfolgreicher Rebellion.

10/10

Robert Aldrich Atombombe Zukunft Vietnamkrieg Terrorismus


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ARGO (Ben Affleck/USA 2012)


"Argo fuck yourself."

Argo ~ USA 2012
Directed By: Ben Affleck

Teheran, 1979: Nachdem der todkranke Shah ins amerikanische Exil geflüchtet ist, überziehen Khomeinis fanatische Glaubensbrüder den Iran mit einer neuerlichen Welle des Terrors. Zu den Aktionen gehört auch die Erstürmung und anschließende Geiselnahme der US-Botschaft in der Hauptstadt. Sechs Mitarbeiter können jedoch rechtzeitig fliehen und sich nach Umwegen in der kanadischen Botschaft verstecken, die ständige Angst vor Entdeckung im Genick. Eine tollkühne Befreiungsaktion muss her; diese ersinnt der Spezialist Tony Mendez (Ben Affleck), indem er die Ankündigung einer angeblichen Hollywood-SciFi-Produktion namens "Argo" schaltet, in den Iran reist, sich als Produzent des Streifens ausgibt, die sechs Flüchtlinge mit falschen Pässen als weitere Stabsmitglieder ausstattet und sie so außer Landes schmuggelt.

Die "Argo"-Story ist dermaßen filmreif, dass man sich im Prinzip sehr wundern muss, warum sie erst jetzt in Angriff genommen wurde. Wie dem auch sei: Übersieht man geflissentlich das Hohelied, das Affleck auf die USA und die CIA anstimmt und mit dem die auch durch die Genannten begangen bzw. übersehenen Ungeheuerlichkeiten im Iran schlicht paraphrasiert werden, bleibt ein hervorragender Thriller, der besonders gegen Ende von nahezu unerträglicher Spannung gekrönt wird. Mit einem brillanten Auge für Zeitkolorit nutzt Affleck "Argo" nicht nur zur Wiedergabe der Ereignisse von Teheran, sondern auch als sanfte Hollywood-Satire. Die Filmmetropole, durcheinandergebracht von auteurism und einer irrwizigen Suche nach neuen, erfolgsversprechenden Stoffen durch die lahmgelegten Studiobosse, liegt ebenso brach wie ihr Wahrzeichen in den Hills. Dies war der einzige Zeitpunkt, zu dem eine solche Aktion wie sie Mendez durchführte, überhaupt nur ansatzweise möglich war. So ist "Argo" auch als temporäre Zustandsbeschreibung sehenswert - solange er sich auf amerikanischen Boden beschränkt. Mit Mendez' Einreise in den Iran geht allerdings dann auch die alttypische tendenziös-populistische Berichterstattungsweise des US-Films einher. Damit lässt sich, unter Bewahrung eines Bruchteils kritischer Blickwinkel, leben - wenn der Rest so stimmungsvoll daherkommt wie in diesem Fall. Außerdem gibt es eine kleine, aber feine Einspieler-Auswahl großartiger kontemporärer Songs.

8/10

Ben Affleck period piece Historie Iran Film im Film Hollywood CIA Best Picture


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RAID ON ENTEBBE (Irvin Kershner/USA 1976)


"Shalom! Shalom!"

Raid On Entebbe (...die keine Gnade kennen) ~ USA 1976
Directed By: Irvin Kershner

Am 27. Juni 1976 entführt eine Handvoll Terroristen unter der Führung des Deutschen Wilfried Böse (Horst Buchholz) eine Air-France-Maschine, die von Athen über Tel Aviv nach Paris fliegen soll und leiten sie um bis nach Uganda, wo Staatschef und Diktator Idi Amin (Yaphet Kotto) Hijackern und Geiseln am Flughafen Entebbe Unterschlupf gewährt. Die Terroristen verlangen die Freilassung von über 50 inhaftierten Gesinnungsgenossen, ansonsten drohen sie mit der Ermordung der zahlreichen jüdischen Geiseln. Idi Amin inszeniert sich derweil medienwirksam als Verhandlungspartner, der die Freilassung der nichtjüdischen Gefangenen erwirkt, sich zugleich jedoch auf die Seite der palästinensischen Entführer schlägt. Derweil fällt Premierminister Ytzhak Rabin (Peter Finch) die verzweifelte Entscheidung zur Genehmigung der 'Operation Thunderbolt': ein Geheimkommando unter Führung des Offiziers Shomron (Charles Bronson) soll die noch verbliebenen Geiseln in einer Nacht- und Nebel-Aktion befreien und nach Israel bringen.

Ende 1976 entstanden nahezu parallel zwei TV-Filme über die 'Operation Entebbe', in direkter Folge der aus jüdischer Sicht geglückten Geiselbefreiung von Uganda, beide umfangreich starbesetzt und medienwirksam produziert. Als Zeit- und Kulturdokument von hohem Interesse ist in jedem Falle dieser Beitrag, den Irvin Kershner für Fox-TV inszenierte. Der andere, "Victory At Entebbe" von Marvin J. Chomsky, startete etwa einen Monat früher und ist mir leider bis dato unbekannt. 1977 wurden beide Filme im hiesigen Kino lanciert.
Als US-Produktion rückt "Raid On Entebbe" erwartungsgemäß die israelische Perspektive in sein Zentrum; Ytzhak Rabin, verzweifelt angesichts der Situation, muss Gewissensentscheidungen treffen, deren internationale politische Ausmaße sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch in nebulöser Ferne befinden. Kershners Film interessieren diese faktisch ebensowenig. Es geht ihm um die minutiös gestaltete Aufarbeitung der Umstände vor Ort und in der Machtzentrale, wobei einige zentrale Charaktere, die natürlich von bekannten Gesichtern repräsentiert werden, Anhaltspunkte im Wirrwarr bieten. Martin Balsam als tapferer jüdischer Familienvater wiederholte jene Rolle nochmal in Menahem Golans "Delta Force", wie überhaupt zwischen den Filmen auffällige Parallelen auf der Handlungsebene nachweisbar sind.
Die mittelbaren Folgen für primär Unbeteiligte an Rabins Aktion erwiesen sich in der Realität derweil als verheerend: Die in einem ugandischen Hospital befindliche Seniorin Dora Bloch wurde nach der Befreiung auf Befehl Idi Amins ermordet, ebenso wie mehrere hundert Kenianer im Zuge einer Vergeltungsaktion des Diktators, der damit die Hilfestellung Kenias für Israel rächte. Die Kontroversen um die Aktion Rabins dauern bis heute an und schwanken zwischen einhelliger Begeisterung über den resoluten Aktionismus der Israelis und einer Verurteilung des in seiner Effektivität blind durchgeführten Befreiungsschlages.

6/10

Irvin Kershner TV-Film Historie Terrorismus Nahost-Konflikt Entebbe Uganda Kidnapping ethnics


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RIVER OF DEATH (Steve Carver/USA 1989)


"Goodbye, old friend!"

River Of Death ~ USA 1989
Directed By: Steve Carver

Im Brasilien des Jahres 1965 ist der Abenteurer Hamilton (Michael Dudikoff) zusammen mit dem Wissenschaftler Blakesley (Victor Melleney) und dessen Tochter Anna (Sarah Maur Thorp) auf der Suche nach einer "Verlorenen Stadt" tief im Amazonasgebiet. Als sie sie endlich finden, bleibt 'Hamilton nur die Möglichkeit zur Flucht vor den kriegerischen Indios, Anna muss er zurücklassen. Zurück in der Zivilisation bemüht sich Hamilton sogleich um die Finanzierung einer weiteren Expedition und tatsächlich scheinen mehrere Interessensgruppen an einer Reise zur Verlorenen Stadt interessiert: Der zwielichtige Polizeichef Diaz (Herbert Lom) etwa, der nicht minder mysteriöe Industrielle Berger (Donald Pleasence) und ein Nazijäger-Pärchen (Rufus Swart, Foziah Davdson). Wie Hamilton bald herausfindet, bildet die Verlorene Stadt nämlich nicht nur die Heimat aggressiver Indianer, sondern auch den Verbreitungspunkt eines Lepravirus und außerdem das Exil des flüchtigen Naziarztes Dr. Manteuffel (Robert Vaughn), mit dem diverse Zeitgenossen noch eine persönliche Rechnung offen haben...

Ziemlich bizarrer Streifen, den Corman-Lehrling Steve Carver da für die dämmrige Cannon inszeniert hat. "The Boys From Brazil", gepaart mit den ersten Minuten von "Raiders Of The Lost Ark" hat es hier, garniert mit einigen Altstars, die während dieser Zeit in allerlei ihrer früheren Karrieren unwürdigen Filmen auftraten, um ihre Pensionskasse aufzubessern und sich dabei zudem auffallend häufig untereinander kombiniert fanden. Ernest Borgnine und George Kennedy fehlten eigentlich noch. Nun, geteiltes Leid ist halbes Leid. Auch Peckinpah-Standard L.Q. Jones, der für Carver bereits in "Lone Wolf McQuade" spielte, gibt sich die zweifelhafte Ehre. Immerhin führen diese Auftritte regelmäßig dazu, dass man sich bisweilen in einem deutlich wertigeren Film wähnt, als man seiner letzten Endes ansichtig ist, so auch im Falle "River Of Death". Zwar müht sich Dudikoff nach Kräften, den ihn umgebenden darstellerischen Schwergewichten Paroli zu bieten, aber im Angesichte des Elefanten bleibt selbst die stärkste Ameise bloß eine Ameise (alte Funxton-Weisheit). Das völlig verworrene, sich auf den Trivialromancier Alistair MacLean berufende Storykonstrukt präsentiert sich als, gelinde formuliert, anstrengend, weil ziehfreudig anzuschauen. Was sich von "River Of Death" hält, sind seine interessanten Produktionsumstände und das Resultat als exemplarisches, anschauliches Ergebnis eines vorprogrammierten Scheiterns, einem jener Sorte, von der der Schrotthaufen der Filmgeschichte voll ist.

4/10

Cannon period piece Nationalsozialismus WWII Amazonas Brasilien Rache Alistair MacLean


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YOU ONLY LIVE TWICE (Lewis Gilbert/UK 1967)


"Welcome to Japan, Mr. Bond."

You Only Live Twice (Man lebt nur zweimal) ~ UK 1967
Directed By: Lewis Gilbert

Nachdem James Bond (Sean Connery) offiziell in Hong Kong ermordet und auf See bestattet wurde, kann er halbwegs ungestört seinem neuen Auftrag nachgehen: Von Japan aus wird allenthalben eine Abfangrakete gestartet, die abwechselnd amerikanische und russische Raumkapseln entführt und wieder zur erde bringt. Besonders die starrköpfigen US-Militärs fassen diese Aktionen als Provkation von sowjetischer Seite auf und drohen der anderen Seite im Falle der Nichtunterlassung mit einem Atomkrieg. Tatsächlich steckt hinter der ganzen Sache SPECTRE und dessen für einen ostasiatischen Auftraggeber arbeitender Kopf Ernst Stavro Blofeld (Donald Pleasance), den Bond mithilfe des japanischen Geheimdienstchefs Tiger Tanaka (Tetsurô Tanba) bald ausfindig gemacht hat.

Nach "Thunderball" ging es mit diesem fünften Bond-Film ziemlich rapide bergab. Sean Connery hatte infolge des immer gewaltiger werdenden Rummels um seine Person bereits während der Dreharbeiten angekündigt, dass dies sein letzter Auftritt als James Bond sein werde und er tritt auf, als wolle er dieser Ankündigung Gewicht verleihen. Doch nicht ihm, zumindest nicht primär, ist das qualitative Nachlassen der Reihe anzulasten, sondern dem rundum albernen Script, das mit geradezu kindischen Scherzen, deren Selbstreferenzialismus schlechthin nervt, zu punkten versucht. Dass James Bond zum - auch nicht annähernd glaubwürdigen - Japaner umgemodelt wird, ist, wie manch andere Scherze, einfach nur doof, die Sache mit den Ninjas nicht minder. Zudem hat der Film eine besonders im Vergleich zu den direkten beiden Vorgängern, merkwürdig unsaubere und unelegante Visualität, die anscheinend in direkten Zusammenhang mit dem ansonsten untadeligen, Ted Moore ablösenden Einmal-Bond-dp Freddie Young stand. Gerade so gettet wird "You Only Live Twice" wiederum von anderen Faktoren: Von John Barrys blendendem Score etwa, mitsamt dem grandiosen Titelsong vielleicht der bis dato schönste überhaupt, von Ken Adams langsam ins Maßlose abdriftendem, Aufsehen erregenden set design und natürlich von Blofelds Piranhas in ihrem grünem Sprudelwasser.

6/10

James Bond 007 Lewis Gilbert Japan Hong Kong Kalter Krieg Ninja Roald Dahl Tokio Vulkan Insel undercover car chase


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FROM RUSSIA WITH LOVE (Terence Young/UK 1963)


"There's a saying in England: Where there's smoke, there's fire."

From Russia With Love (Liebesgrüße aus Moskau) ~ UK 1963
Directed By: Terence Young

Die Verbrecherorganisation SPECTRE plant neues Unheil: Um an eine russische Dechiffriermaschine Marke 'Lector' zu kommen, soll die Ex-Chefin des sowjetischen Geheimdienstes SMERSH, Rosa Klebb (Lotte Lenya), ihre frühere Untergebene Tatjana Romanova (Daniela Bianchi) anstiften, James Bond (Sean Connery) mittels Aktivierung seiner erotischen Instinkte nach Istanbul zu locken und mit ihr zusamen die Lector aus dem russischen Konsulat zu stehlen. Ohne es zu bemerken, stehen dich die beiden Geheimdienste am Bosporus gegenüber und wähnen sich jeweils im Vorteil. Erst als der SPECTRE-Killer Donald Grant (Robert Shaw) im Zug nach Italien einen Zweikampf gegen Bond verliert, wird der Agent sich bewusst, wer wirklich hinter dem Plan steckt...

Die Welt sollte hier zwar noch nicht gerettet werden, selbst die westliche nicht, aber der Kalte Krieg hielt nun endlich auch filmischen Einzug bei James Bond, sogar nominell in Wort und Buch. Außerdem startete "From Russia With Love" die vielgeliebte Prä-Titel-Sequenz, in der der ebenso furchterregende wie sadistische Donald Grant eingeführt wird, als er beim Training ein maskiertes Bond-Double erledigt. Fürderhin lebt dieser zweite, recht flugs hinterdrein geschobene Bond-Film von seinem im Vergleich zu "Dr. No" nochmals deutlich weiterentwickelten Faible für exotische Schauplätze. Istanbul als Dreh- und Angelpunkt für einen Spionage-Schmelztiegel ist eine erstklassige Wahl, wofür besonders der ortskundige Lebemann Kerim Bey (Perdo Armendáriz) als eine Art Touristenführer steht. John Barrys Musik entwickelt sich ebenfalls merklich. Erstmals ist neben der Ur-Melodie von Monty Norman auch das wunderbare Thema "007" zu hören, von jetzt ab fester Bestandteil in etwa jedem zweiten Bond-Film. Auffällig die nicht wenigen Hitchcock-Parallelen: Der Zug als Schauplatz kriminalistischer Intrige, die Verfolgung eines per pedes Flüchtenden mit Fluggerät.
"From Russia With Love" macht mit seiner stark fluktuierenden Story jedenfalls massig Freude und ist ein noch besserer Film als der Vorgänger.

9/10

James Bond 007 Terence Young Peter Hunt Türkei Istanbul Zug Zigeuner Venedig Kalter Krieg


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UNIVERSAL SOLDIER: DAY OF RECKONING (John Hyams/USA 2012)


"If you remenber it that way, it certainly was."

Universal Soldier: Day Of Reckoning ~ USA 2012
Directed By: John Hyams

Als der einstige Familienvater John (Scott Adkins) aus dem Koma erwacht, erinnert er sich lediglich daran, dass eine Gruppe maskierter Männer nächtens ihn und seine Familie überfallen und seine Frau (Michelle Jones) und kleine Tochter (Audrey P. Scott) ermordet haben. Der Kopf dieser Gewaltverbrecher war offenbar der Unisol Luc Deveraux (Jean-Claude Van Damme) und genau hinter ihm ist John nun her. Über Umwege und mit fast unmerklicher Hilfe von Regierungsagenten nimmt er die Spur von Deveraux auf: Dieser leitet offenbar in den Sümpfen Floridas ein geheimes Versteck, in dem er abtrünnige Unisols um sich schart, um ihnen einen freien Willen zurückzugeben...

Das filmische Äquivalent zu einem Kontrabass. Nach "Universal Soldier: Regeneration" kehrt Petersohn John Hyams erneut in das Universum der Zombie-Soldaten zurück, diesmal, indem er die subjektive Perspektive eines ihrer verbesserten Modelle einnimmt und diesen traurigen Part dem sich ganz gemächlich zum leuchtendsten Stern am DTV-Actionhimmel aufschwingenden Scott Adkins zuschustert. Gebt dem Mann endlich mehr stardom!
Die existenzialistische Subebene des Vorgängers wieder aufgreifend, fährt Hyams genau nach dessen unheilvollem Finale fort. Analog den Unisols hat sich nämlich natürlich auch die Wissenschaft weiterentwickelt. Jede der Kampfmaschinen ist nun beliebig replizierbar, das heißt, man hat es nun in keinster Weise mehr mit Individuen zu tun; selbst mit blind gehorsamen nicht, ab jetzt gibt es nur noch "Versionen". Für die Identifikationsebene zwischen Rezipient und Protagonist mutet dies zunächst schadhaft an, da er sich nicht darauf verlassen kann, ob seine Helden tatsächlich von ihrer geschichtlichen Tilgung gefährdet sind - allein Andrew Scott (Dolph Lundgren) dürfte mittlerweile in seiner mindestens ersten Reinkarnation antreten. Hyams konzeptueller Ansatz der Identitätsverlorenheit jedoch verarbeitet diesen Kniff in brillanter Form. Überhaupt die etlichen literarischen Verweise; von Mary Shelley über Joseph Conrad bis hin zu Philip K. Dick geht die Reise durch Hyams' Einflussbereiche. Der unglaubliche Andrei Arlovski ist auch wieder an Bord, diesmal mit dichtem Vollbart, und trotz Adkins' schwindeln machendem finishing move gehe ich jede Wette ein, dass der auch im nächsten Teil des sich längst verselbstständigenden Franchise wiederkehrt. Für Hyams, sofern er sein Interesse nicht gänzlich anderen Stoffen zuwendet, dürfte es, im Falle einer neuerlichen Zuwendung hin zur Unisol-Saga allerdings schwer werden, sich selbst nochmals zu übertreffen.

9/10

John Hyams Sequel Kunstmensch Militär Klone Florida


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MIDNIGHT EXPRESS (Alan Parker/USA, UK 1978)


"I'm Billy Hayes. Or at least I once used to be."

Midnight Express (12 Uhr nachts - Midnight Express) ~ USA/UK 1978
Directed By: Alan Parker

1970 versucht der junge Amerikaner Billy Hayes (Brad Davis), ein größeres Kontingent Hasch von Istanbul in die USA zu schmuggeln. Er wird jedoch am Flughafen erwischt und kommt nach einem Fluchtversuch in das Gefängnis Sağmalcılar in Istanbul. Seine zunächst auf fünfzig Monate festgesetzte Haftstrafe übersteht er mit zahlreichen psychischen Blessuren, 53 Tage vor seiner Freilassung wird der Fall durch einen übereifrigen Staatsanwalt (Kevork Malikyan) neu aufgerollt und Billys Strafe auf lebenslänglich heraufgesetzt. Ein paar weitere schlimme Ereignisse sorgen dafür, dass Billy bald darauf in die 'Sektion 13' für psychisch kranke Straftäter verlegt wird. Als sich ihm die Wahl stellt zwischen tatsächlichem Wahnsinn und Tod oder dem Risiko eines Ausbruchs wählt er die Freiheit und schafft es tatsächlich zu entkommen.

Einen suggestiver, wütender und zugleich spannender geschriebenen und inszenierten Film auszumachen als "Midnight Express" dürfte schwierig werden. Allerdings gestaltet er sich, das muss man einräumen, auch sehr tendenziös, um nicht zu sagen rassistisch. Der Scriptautor Oliver Stone beteuerte zwar, dass er es keineswegs auf eine Verunglimpfung des türkischen Volkes abgesehen, sondern das repressive Justizsystem des Landes lediglich als Exempel für sämtliche globalen Ungerechtigkeiten im Strafvollzug gestanden habe, zu Recht jedoch waren und sind viele Menschen bis heute über die einseitige Darstellung des Films erbost. Es gibt keinen einzigen sympathisch gezeichneten Türken im Film; stattdessen symbolisieren sie in geballter Form - die Polizei, der Staatsanwalt, der Richter, Hayes korrupter, fetter Verteidiger, der schleimige Knastspion Rifki und ganz besonders der sadistische Aufseher Hamidou, einen ganzen, hässlichen Menschenschlag des Bösen, eine diabolische Clique sich unbewusst ergänzender Teufelsadvokaten. Diverse reale Ereignisse wurden im Zeichen der filmischen Dramaturgie chronologisch umgestellt, oder gleich komplett verändert und selbst der echte Billy Hayes zeigte sich später als ungehalten bezüglich Parkers und Stones offensiv-agitatorischer Art der Narration. Türkische Lebensart, Justiz und Gefängnisse fanden sich durch den gewaltigen Popularitätsradius des Films noch über Jahre denunziert und verunglimpft. So weit, so schlecht. Dennoch ist "Midnight Express" ein großes Meisterwerk des Spanungskinos, ein Film, der nicht genossen werden will, dem man sich vielmehr aussetzt. Er entfaltet eine geradezu beispiellose Sogwirkung, macht die Qual des seelischen Bruchs und den schmalen Gratverlauf zwischen mentaler Gesundheit und forcierter pathologischer Psyche deutlich wie nur wenig sonst im Kino. Man muss in der Lage sein zu differenzieren, die Wahrnehmung des Films als subjektiv und gewissermaßen "alternierend" wahrzunehmen, dann eröffnet sich einem die ganze Wucht von "Midnight Express", die sich über die Jahre um keinen Deut gemindert findet. Auch das ein Qualitätsmerkmal wahrhaft großen Kinos.

10/10

Alan Parker Oliver Stone period piece Biopic Türkei Marihuana Freundschaft Istanbul Gefängnis Transgression


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ADVISE & CONSENT (Otto Preminger/USA 1962)


"Fortunately, our country always manages to survive patriots like you."

Advise & Consent (Sturm über Washington) ~ USA 1962
Directed By: Otto Preminger

Der kurz vor seinem Tode stehende US-Präsident (Franchot Tone) hat für den vakanten Posten des Außenministers den friedliebenden Linksliberalen Leffingwell (Henry Fonda) fest im Blick. Zuvor muss dieser jedoch dem Kommitee für auswärtige Angelegenheiten Rede und Antwort stehen, was Leffingwells alter politischer Gegner Sea Cooley (Charles Laughton) für eine großangelegte Diffamierungskampagne nutzt: Er deckt längst verjährte Liebäugeleien Leffingwells mit kommunistischen Zellen auf, die er aus Angst vor der politischen Kastration leugnet. Doch auch auf Leffingwells Seite gibt es fanatische Kräfte: Der dem Kommitee vorsitzende Senator Anderson (Don Murray) wird seinerseits mit einer Jugendsünde erpresst, deren Aufdeckung seine Karriere und seine Familie gefährdet.

Der packendste und überzeugendste der drei von mir am Stück geschauten Preminger-Filme war "Advise & Consent", ein Drama rund um die schmutzigen Methoden, mit der im US-Kongress Einzelpersonen aufgebaut, abgesägt und zerstört werden; ein Politthriller, der zu einer Zeit der eher naiven Wundergläubigkeit in Amerika maßstäblich war und ist für alles, was auf diesem Sektor bis heute folgen sollte. Niemand ist ohne Schuld in Premingers intimem kleinen Hauptstadtkosmos, die Sympathien drehen sich wie die Windrichtung und der Gestank jenes großen Misthaufens, der sich so wohlklingend "Senat" schimpft, dreht sich mit. Ein großes Ensemble stand Preminger Gewehr bei Fuß, wobei es einen klaren Verzicht auf hervorstechende Protagonisten gibt. Die Besetzungsnennung erfolgt schlichterdings gemäß der politischen Hierarchie der interpretierten Rollen, eine vortrefflich-realistische Option. Trotz des Entstehungsjahrgangs verzichtet Preminger, wie bei den meisten seiner Filme, auf den modischen Einsatz von Farbe und demonstriert damit ein Stück weit künstlerischer Autarkie. Anders jedoch sein Herz, bezogen auf die Option der Empathierzeugung: Das weitet sich deutlich und verzichtet auf die kühle Distanziertheit früherer Werke. "Advise & Consent" ist verdammt nah dran am Puls von Intriganz und Machtgeschick.

9/10

Otto Preminger Washington D.C. Politik Korruption Ensemblefilm Courtroom Präsident





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