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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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PICKUP ON SOUTH STREET (Samuel Fuller/USA 1953)


"I'm just a guy keeping my hands in my own pockets."

Pickup On South Street (Polizei greift ein) ~ USA 1953
Directed By: Samuel Fuller


Der erst kürzlich aus dem Knast entlassene Taschendieb Skip McCoy (Richard Widmark) beklaut in der U-Bahn die unwissend als Botin für kommunistische Agenten tätige Candy (Jean Peters), die in ihrer Börse einen Mikrofilm mit einer brisanten Atomwaffen-Formel mit sich trägt. Candy ihrerseits wird von FBI-Leuten beschattet, die Skip jedoch nicht rechtzeitig erwischen. Als der windige Gauner erfährt, welch wertvolles Gut er in Händen hält, beschließt er, dessen Zielgruppe zu erpressen - mit immenser Gefahr für Leib und Leben.

Die erste von zwei aufeinander folgenden Fuller-Arbeiten mit Richard Widmark, ein zynischer, kleiner film noir, der seinen Hauptdarsteller von einer wenig angenehmen Seite zeigt. Auch wenn Skip McCoy die Ehrgrundsätze der Straßengauner nie ganz vergisst, so ist er doch kaum der Typ, dem man gern über den Weg traute. Seiner zukünftigen Freundin, die, auch das gehört zu Fullers Weltbild, von Skips mitunter brutaler Art nicht wenig angezogen ist, verpasst er einen gezielten Haken im Dunkeln, amüsiert sich, als er feststellt, dass er eine Frau ausgeknockt hat und weckt sie auf, indem er ihr grinsend eine Bierneige übers Gesicht kippt. Und das ist der Held der Geschichte! Soviel Kaltschnäuzigkeit war im Kino von 1953 keine Selbstverständlichkeit. Die humanitäre Wärme weht aus anderer Richtung, nämlich von der wie stets wunderbaren Thelma Ritter her, die als Polypenspitzel Moe Williams eine rührend-authentische Vorstellung gibt.
Was das Thema der kommunistischen Verschwörung auf US-Boden anbelangt, so mag man es als Zeitzeichen abtun, das bestenfalls von kulturhistorischem Interesse ist. Letzten Endes ist die für diese Zeit nicht unübliche Sinnentstellung in der deutschen Fassung, die aus den "Roten" Rauschgiftgangster macht, höchstens insofern von Belang, als dass die opportunistische Haltung von Skip McCoy eine deutlich abgeschwächte Note erhält. Ansonsten bleibt "Pickup" selbst in dieser bizarren Form noch eine kleine Pflichtveranstaltung.

8/10

Hafen New York Verschwoerung film noir Samuel Fuller Taschendiebstahl Kalter Krieg Spionage


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THE GHOST WRITER (Roman Polanski/F, UK, D 2010)


"You're not to be written out of history."

The Ghost Writer ~ F/UK/D 2010
Directed By: Roman Polanski


Da der vorherige Ghostwriter für die Memoiren des bei der Öffentlichkeit zunehmend unpopulären Ex-Premierministers Adam Lang (Pierce Brosnan) einem Unfall zum Opfer gefallen ist, wird dringend ein neuer benötigt. Ein Ersatz (Ewan McGregor) ist rasch gefunden, doch der neue Ghostwriter stößt bald auf einige biographische Ungereimtheiten in der Vergangenheit Langs, die ihn vermuten lassen, dass der Tod seines Vorgängers keineswegs ein simpler Unfall war und ihn selbst um sein Leben fürchten lassen.

Ganz. Schön. Kaltschnäuzig, wie Polanski unbeirrt seinen Kurs fährt und einen Kriminalfilm inszeniert, wie er, von den zeitgenössischen Requisiten vielleicht abgesehen, so auch vor zwanzig oder dreißig Jahren hätte aussehen können. Gerade so, wie man es von ihm gewohnt ist, rückt Polanski weniger Personen als Räume, Architekturen, Landschaften und Stimmungen ins Bild. Die scheinbare Behäbigkeit seiner in aller gebotenen Seelenruhe erzählten Geschichte erweist sich rasch als trügerisch und schon bald gewinnt, Hitchcock lässt grüßen, ein zunächst noch ungreifbarer Faktor des Beunruhigenden an Präsenz. Etwas stimmt nicht mit der gesamten Situation, das Bild sowohl von Lang als auch von seinen politischen Gegnern rückt sich in eine zunehmend unharmonische Position. Dass Polanski dies auf eine unendlich subtile, ja, fast schon frech gemächliche Weise geschehen lässt, rechne ich ihm als großes Verdienst an. Von etwaigen Publikumszugeständnissen findet sich hier keine Spur, der Mann macht - wie eh und je - seinen Film und nie den eines anderen.

8/10

Verschwoerung Roman Polanski


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DIE VERLORENE EHRE DER KATHARINA BLUM (Volker Schlöndorff, Margarethe von Trotta/BRD 1975)


"Wovor haben Sie'n Angst? Sie sind doch unschuldig."

Die verlorene Ehre der Katharina Blum ~ BRD 1975
Directed By: Volker Schlöndorff/Margarethe von Trotta

Auf einer ausgelassenen Karnevalsfeier lernt die biedere Kölner Hausangestellte Katharina Blum (Angela Winkler) den von der Polizei gesuchten "Anarchisten" und Bankräuber Ludwig Götten (Jürgen Prochnow) kennen. Nach einer romantischen Nacht in ihrer Wohnung steht urplötzlich ein Einsatzkommando der Polizei neben Katharinas Frühstückstisch; Götten ist verschwunden. Die folgenden vier Tage werden für die der Komplizenschaft Verdächtige zur Hölle: Die Beamten, allen voran der Einsatzleiter Kommissar Beizmenne (Mario Adorf), verhören sie auf das Peinlichste und Penibelste und lassen sie minimalste Details ihre Privatlebens preisgeben. Da Beizmenne sich zudem gegenseitig Informationen mit dem schmierigen Sensationsjournalisten Tötges (Dieter Laser) zuschanzt, schmückt Katharina bald die Titelseiten einer großen Tageszeitung und sieht sich böse verunglimpft bis zur Unerträglichkeit.

Zugleich bitterböse Satire und frontale Attacke gegen die polizeistaatlichen Methoden, mit der die bundesdeutsche Justiz und der Springer-Verlag in den frühen siebziger Jahren Hand in Hand gegen die erste RAF-Generation vorgegangen waren. In kafkaesker Tradition stand das fiktive Schicksal der unbescholtenen Bürgerin Katharina Blum dabei als repräsentatives Exempel für die rigorose Praxis insbesondere der Bild-Zeitung, jeder nach Sensation und Aufmacher riechenden Kleinstspur nachzugehen und dabei willfährig bis rücksichtslos die Verleumdungen und Rufmorde bestenfalls peripher beteiligter Personen nicht nur in Kauf zu nehmen, sondern sogar ausdrücklich zu suggerieren. "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" ist auch eine wütende Reaktion des Literaten Heinrich Böll auf die ihm durch CDU-Politiker als auch wiederum vom Springer-Konzern zuteil gewordene Titulierung als "geistiger Helfershelfer des Terrors" und Sympathisant der linksradikalen Szene. In "Katharina Blum", dessen Verfilmungsoption Böll bereits während Schreibprozesses Schlöndorff und von Trotta zutrug, verknüpft er die erdrückende soziale Repression des Demokratiestaats mit einer naiven, freilich unerfüllten Liebesgeschichte und dreht dabei der uniformierten Exekutive eines Nase, indem er sie selbst verantwortlich macht für Katharinas Bluttat am Ende (die, wie man erfährt, zudem schnell Nachahmer findet). Die Einkleidung der Geschichte in das rheinische Spektakel des alljährlichen Karnevals (sie spielt sich zwischen dem Vorabend der Altweiberfastnacht und Tulpensonntag ab) bezeichnet noch einen weiteren, schwarzhumorigen Fingerzeig betreffs des versumpfenden deutschen Spießertums, das sich in Scheichskostümierung und Pappnase besäuft, derweil sich nur eine Straßenecke weiter rechtsstaatliche Ungeheuerlichkeiten ereignen.

10/10

Margarethe von Trotta Heinrich Boell Journalismus Terrorismus Satire Koeln RAF Volker Schloendorff Verhör


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ALL THE KING'S MEN (Robert Rossen/USA 1949)


"I'm gonna soak the fat boys and spread it out thin!"

All The King's Men (Der Mann, der herrschen wollte) ~ USA 1949
Directed By: Robert Rossen


Eines Tages gegen Ende der zwanziger Jahre wird der mit seiner eigenen Herkunft hadernde Journalist Jack Burden (John Ireland) auf den Politschreihals Willie Stark (Broderick Crawford) angesetzt, der in seiner kleinen kalifornischen Heimatstadt Bürgermeister werden möchte, der jedoch mittels seiner Taktik, lauthals soziale Wahrheiten zu verkünden, von seinen bierbäuchigen Oppositionellen höhnisch belächelt wird. Burden ist von Stark fasziniert und stärkt dessen Traum, sich mittels eines Juristendiploms mehr politische Achtung zu verschaffen, den Rücken. Als der Zufall Stark eines Tages auf sehr zynische Weise zur Hilfe kommt, schlägt seine große Stunde. Nach einigen Jahren hat er es zum Gouverneur gebracht, ist jedoch von seinen Machträuschen furchtbar korrumpiert worden und nimmt mehr und mehr die Gestalt eines faschistischen Demagogen an.

"All The King's Men" zählt zu den großen filmischen Politlehrstücken des amerikanischen Kinos. Er berichtet in kargen Bildern von der wachsenden Gefahr der Korruption angesichts analog wachsender Macht im Staat und davon, wie Menschlichkeit und humanitäre Ideale schleichend gegen Gier und Opportunismus substituiert werden können, wenn das entsprechende Fleisch nur schwach genug ist. Für die Erzählung wird als Medium geschickterweise ein so intelligenter wie naiver Journalist eingesetzt, der als perfekte Identifikationsfigur für alle möglichen Zuschauerschichten steht. Dass dessen Rolle von dem ansonsten fast nur aus Nebenparts bekannten John Ireland gespielt wird, füttert nur ihre Unverbindlichkeit. Rossen wandte sich als einer der ersten Studiofilmer von der bloßen Atelieraufnahme ab, ging nach draußen und filmte auf offenen Straßen und öffentlichen Plätzen, ging zu echten Herarings und Wahlkampfveranstaltungen und htte sogar den Mut, verzweifelte Wähler im Angesicht der Wirtschaftsdepression auf seinen Bildern festzuhalten. Eine bis dahin im Hollywood-Kino selten gesehene Authentizität ist die Folge. Großartiger Stoff und legitimes, wenn auch leider sehr vernachlässigtes Bindeglied zwischen "Citizen Kane", "Sunset Boulevard" und "On The Waterfront".

9/10

Robert Rossen Politik Biopic Kalifornien Journalismus


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NICHTS ALS DIE WAHRHEIT (Roland Suso Richter/D, USA 1999)


"Die Wahrheit duldet keine Mutmaßung."

Nichts als die Wahrheit ~ D/USA 1999
Directed By: Roland Suso Richter


Peter Rohm (Kai Wiesinger), ehrgeiziger Berliner Junganwalt und führender Hobbyhistoriker betreffs des Auschwitz-Arztes Josef Mengele, erhält ein ganz besonderes Geburtstagsgeschenk: Nachdem ihm anonym Mengeles SS-Uniform per Paket zugestellt wird, lockt man ihn auf ein feudales Anwesen, um ihn dort hinterrücks zu betäuben. Stunden später erwacht Rohm unter der grellen Sonne Argentiniens, wo sich ihm ein alter, kahlköpfiger Mann (Götz George) als Dr. Josef Mengele vorstellt, der plant, nach Deutschland zurückzukehren um sich dort endlich der Gerichtsbarkeit zu stellen, da sie nun reif genug zur distanzierten Betrachtung seiner Taten wäre. Rohm solle ihn vor Gericht vertreten. Der Jurist glaubt nicht an die vorgestellte Identität des Mannes, der ihm zurück nach Deutschland folgt, doch umgehend anberaumte, entsprechende Untersuchungen lassen keinen Zweifel aufkommen: Der Mann, der 1979 in Brasilien ertrunken ist, war nicht Mengele, sondern ein Cousin und die zahnärztlichen Unterlagen gefälscht. Nach einem ausführlichen Gewissenscheck beschließt Rohm, die Verteidigung des Monsters zu übernehmen und wird dabei auch mit dunklen Stellen innerhalb der eigenen familiären Vergangenheit konfrontiert.

Nachdem das große historische Nazi-Schreckgespenst Mengele bereits effektvoll (in im ersten Fall verklausulierter und in zweitem in ganz bewusst exploitativer Form) für Schlesingers "The Marathon Man" und Schaffners "The Boys From Brazil" herhalten musste, näherte sich ihm Richter mit dem Abstand einiger Jahre per hypothetischer Annäherung im Kontext eines "Was wäre wenn...?" - Szenarios. Götz George, der in den Jahren zuvor die Bedrohlichkeitsradien eines Menschen durch seine brillanten Leistungen in "Der Totmacher" und in "Der Sandmann" ganz neu und vor allem karriereförderlich ausloten konnte, erweist sich als Idealbesetzung für den "Todesengel" und besteht mit kleiner, aber bedeutungsvoller Gestik und minimalistischem Spiel als dunkles Zentrum dieses Films, der sich dann erwartungsgemäß auch ganz als der seine erweist. Die eine fiktionale Aufarbeitung des Mengele-Mythos erfordernde Sensibilität bringt der Film auf, so gut es ihm innerhalb seines Status als Genreprodukt möglich ist und in seinen Fragestellungen wie in seinen Kernaussagen bleibt er fast durchweg integer. Über allem schwebt dabei der übermächtig-latente Diskurs: Kann und darf ein Mensch wie Mengele, der seine Verbrechen gegen die Menschlichkeit so unzählig wie nachweislich verübte, von demokratischer Rechtsstaatlichkeit profitieren?
Ein wenig den Boden unter den Füßen verliert "Nichts als die Wahrheit" in der zweiten Hälfte, in der er ebenso der Faszination des diabolischen Charismas der Person Mengeles zu erliegen droht wie sein Medium, der Anwalt Rohm (übrigens ein gar archetypischer Filmname für einen Nazifunktionär), als Mengeles Praktiken unter dem ethischen Deckmantel barmherziger Euthanasie verhandelt werden. Aber: wenn der eifrige Staatsanwalt (Volker Risch) in seinem Schlussplädoyer konstatiert, dass Mengele, unabhängig von dem ihm zugetanen Strafmaß, allein durch die Öffentlichkeitsplattform, die ihm der zurückliegende Schauprozess beschert habe, gewonnen hat, dann ist der Film so ehrlich zu sich selbst, wie es eben möglich scheint und rettet sich - glücklicherweise - aus jeder vorhergehenden, drohenden Verfänglichkeit.
Seit ich Richters Film damals im Kino gesehen habe, warte ich auf eine Revision, zumal ich mir seit damals, affektiv hoffnungslos überwältigt von Georges Spiel, nicht ganz sicher war, was nun letzten Endes wirklich davon zu halten sei. Die lang überfällige, aktuelle DVD-Veröffentlichung gibt nun endlich Gelegenheit dazu und ich bin überaus zufrieden mit dem Film. Spannendes deutsches Kino zum Angewöhnen.

8/10

Nationalsozialismus Courtroom Hypothese Roland Suso Richter


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THE PACKAGE (Andrew Davis/USA 1989)


"I've lost my package."

The Package (Die Killer-Brigade) ~ USA 1989
Directed By: Andrew Davis


Sgt. Gallagher (Gene Hackman) wird unwissentlich als Eskortierer missbraucht, um einen als Militärhäftling getarnten Attentäter (Tommy Lee Jones) in die USA zu schleusen. Dieser soll im Auftrag einer übernationalen Verschwörung den sowjetischen und den US-Staatsführer töten, bevor diese einen bedeutenden Abrüstungsvertrag unterzeichnen können. Gallagher entdeckt, dass er für dumm verkauft wurde und versucht, mit der Hilfe seiner Ex-Frau (Joanna Cassidy), die Pläne der Bösewichte zu durchkreuzen.

Ganz ansehnlicher Verschwörungsthriller des Genre-Regisseurs Davis, der jedoch, da gibt es gar kein Vertun, seine brauchbareren (weil ehrlicheren) Arbeiten mit Chuck Norris und Steven Seagal vorlegte - Hackman hin oder her. Dennoch macht es Freude, den alternden Star sich in einer nochmal recht körperbetonten Rolle abplagen und als seinen Antagonisten einen Tommy Lee Jones auf dem Weg zum Vorzeigeschauspieler (Davis sollte ihm ja schon bald darauf gar den Weg zum Darsteller-Oscar ebnen) zu sehen. Dennis Franz gibt wieder denselben Typus des herzlichen Bullen, den man von ihm schon aus ein paar De Palmas kennt. Über die eigentlich schon damals im Zeichen der Verjährung stehende Story braucht man indes gar keine Worte mehr zu verlieren, wobei "The Package" ohnedies kein besonderes Gewicht auf Realismus zu legen scheint. Dagegen ist jeder Bond-Film ein ernstzunehmendes globalpolitisches Kulturartefakt.
Nettes Fast Food, kaum mehr.

6/10

Kalter Krieg Chicago Militaer Andrew Davis


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I... COMME ICARE (Henri Verneuil/F 1979)


Zitat entfällt.

I... Comme Icare (I wie Ikarus) ~ F 1979
Directed By: Henri Verneuil


Ein Jahr nach dem tödlichen Attentat auf den liberalen Präsidenten Jary (Gabriel Cattand) weigert sich Staatsanwalt Volney (Yves Montand), die Ergebnisse der Untersuchungskommission, die den von vornherein verdächtigen Schützen Daslow als Einzeltäter verifizieren sollen, abzusegnen. Volney gründet eine neue, alternative Kommission bestehend aus vertrauenswürdigen Mitarbeitern und stößt bald auf eine gigantische, durch den Geheimdienst eingefädelte Verschwörung.

Verneuils stellenweise unerhört packender Politthriller schlägt in exakt dieselbe Kerbe wie die Costa-Gavras-Filme "Z" und "Ètat De Siège", in denen jeweils ebenfalls Yves Montand in einer tragenden Rolle zu sehen war und die genau wie "I... Comme Icare" realpolitische Ereignisse in eine filmdramaturgische Gewandung kleideten. Verneuils Film rekonstruiert sehr unzweideutig den Mord an John F. Kennedy, transportiert die um einiges entschlackten und simplifizierten Ereignisse, die insbesondere die verbissene nachträgliche Untersuchung durch den Staatsanwalt Jim Garrison zum Zentrum haben, direkt in ein fiktives (nie als solches bezeichnetes) Frankreich, möglicherweise der nahen Zukunft. Alles scheint möglich in diesem sich in demokratischer Scheinsicherheit wiegenden, zugleich dystopischen und gegenwartsbezogenen Sündenbabel, in dem sich staatliche Institutionen als autoritäre Macht so gut wie unbemerkt die absolute Gewalt aneignen können, wenn ihnen nur daran gelegen ist. Damit ist "I... Comme Icare" in erster Linie ein flammender Anruf zur individuellen Mündigkeit, ein entschieden formuliertes Pamphlet für den gesunden Menschenverstand abseits aller Subordinationsanweisungen durch jedwede Obrigkeiten. Um das zu verdeutlichen, siedelt Verneuil als so faszinierende wie erschreckende Herzsequenz eine umfangreiche Szene an, in der Volney Zeuge des Milgram-Experiments wird, jenes berühmten sozialpsychologischen Laborversuchs, der die unbedingte Gehorsamsbereitschaft zunächst ahnungsloser Probanden in geradezu erschreckender Weise bewies. Eine überaus geschickte Konstruktion innerhalb dieses großartigen Spannungsfilms.

10/10

Henri Verneuil Attentat Verschwoerung





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