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Gernguckers Filmtagebuch





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Woody Allen



Dann will ich mal meine neue Kategorie "Filmemacher" eröffnen, als Einladung an alle Listenfetischisten zur Anregung, Kommentierung und Nachahmung.


WOODY ALLEN

Woody Allen ist für mich eine konstante Größe im Kino. Ich mag fast jeden seiner Filme, auch seine etwas schwächeren Werke. Ich mag seinen mal albernen, mal trefflich komischen, mal zynischen Humor, seine trefflich pointierten Dialoge und seine Inszenierungsspielfreude, seine häufig unvermögenden, bodenständigen und naiven Figuren, die durch das Leben stolpern und sich durch ihre Krisen kämpfen, seine verflochtenen Figurennetze und Beziehungsgefechte, mag seine Kunst, immer wieder tolle Darstellerensemble zusammenzustellen, in denen der Abstand zwischen Haupt- und Nebenfiguren minimiert ist. Seine sehr frühen, noch etwas klaumaukigen Filme (Schläfer, Was sie schon immer ..., ) mag ich nicht ganz so sehr und freue mich, dass er in letzter Zeit seine Schauplätze variiert und sein Bild vom New Yorker Neurotiker etwas aufweicht.
Bis auf "What's up Tiger Lily" und "Hollywood Ending" habe ich mittlerweile alle seine (Regie-)Filme gesehen. Eine komplette Liste ist mir aufgrund seines umfangreichen Werkes unmöglich, deshalb hier nur die Auflistung meiner 10 Lieblingsfilme von Woody Allen.


(01) Annie Hall - Der Stadtneurotiker (1977)
(02) Bullets over Broadway (1994)
(03) Hannah und ihre Schwestern (1985)
(04) Manhattan (1979)
(05) The Purple Rose of Cairo (1985)
(06) Zelig (1982)
(07) Midnight in Paris (2011)
(08) Match Point (2005)
(09) Alice (1990)
(10) Im Bann des Jade-Skorpions (2001)

Lange Zeit hatte ich übrigens "Bullets over Broadway" an die Spitze gesetzt gehabt, aber nun habe ich die Listenführung doch an den großen Klassiker "Annie Hall" abgetreten, nachdem ich beide Filme in letzter Zeit wiedergesehen habe. Am schwierigsten war es, den letzten Platz in der Liste zu bestimmen. "Im Bann des Jade-Skorpions" hat da sicher etwas von meiner Tagesform profitiert wie auch von der Erinnerung an das tolle Duell zwischen Woody Allen und Helen Hunt.




Von "Match Point", zu dessen Besprechung ich erpresst wurde (ich schiebe sie hinaus!), bin ich schwer enttäuscht. Ist für mich der sich etwas edler gebende Aufguss von "Scoop" (man treibt sich im britischen Adel herum), den ich sehr schätze. Bei mir (alter Schnulzier!) würde "The Purple Rose of Cairo" die Liste anführen; und ich liebe dich für den Wagemut, "The Curse of the Jade Scorpion" in die Top-Ten aufzunehmen. Für den habe ich nämlich eine Schwäche. :)
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Gefällt mir, daß Du meine Idee aufgegriffen und eine Kategorie "Listen" eingeführt hast.
Was Woody Allen betrifft, geht es mir ganz ähnlich. Ich kenne deutlich weniger Filme, betrachte sie aber mit ähnlichen Empfindungen: nur wenige von ihnen kann man als Meisterwerke bezeichnen, aber wenn ich einen Allen-Film sehe, ist eigentlich immer ein großer Schuß Sympathie dabei, so daß ich in der Regel auch Filme mag, die nüchtern betrachtet eher mittelprächtig sind. Ich habe mich ja nun neulich dafür entschieden, (immer noch) "Manhattan" als meinen Favoriten anzusehen, nicht wegen seines Klassiker-Status, sondern weil der Film nicht nur eine kluge (und sehr schön fotografierte) Tragikomödie, sondern vor allem eine hinreißende Liebeserklärung an die Stadt New York ist. "Bullets over Broadway" sehe ich übrigens auch gern weit oben, einer seiner klügsten Filme finde ich, dessen eigentliches Thema für mich ist: wie weit darf man für die Kunst gehen? (Schon angesichts dessen, was manche Filmregisseure sich erlaubt haben, eine spannende und wichtige Frage.) "Der Stadtneurotiker" und "Zelig" machen sich auch gut in einer Allen-Liste, und den "Jade-Skorpion" habe ich seinerzeit auch sehr genossen. In meiner Gunst steht auch noch "Geliebte Aphrodite" weit oben, der so etwas wie meine Eintrittskarte in das Allen-Universum war, und dann "Die letzte Nacht des Boris Gruschenko" wegen seines geradezu sprühenden satirischen Witz. Bei dem finde ich aber den Originaltitel "Love and Death" viel passender, weil er (sicher gewollt) an große Klassiker der russischen Literatur erinnert.
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Deconstructing Harry/Harry außer sich (1997), damals mehr als einmal im Kino gesehen, hat bei mir eine gewisse "Woodyallenophilie" ausgelöst. Dies äußerst sich darin, dass ich seitdem keinen einzigen Film im Kino verpasst habe, auch "Hollywood Ending" nicht.(eigentlich tolle Geschichte, aber ganz furchtbar umgesetzt.) Leider kenne ich aus der Zeit davor nur wenige Werke:
Take the Money and run (seine erste vollständige Regiearbeitarbeit) - visuell noch sehr unbedarft, aber sonst OK
Alles, was sie schon immer über Sex... - wirklich sehr sehr lustig
Zelig - ein ganz großer Film

Anfang des Jahrtausends hatte er eine ganz schwache Phase, die
bis Melinda, Melinda reichte. Seitdem scheint ihm jeder dritte Film
gut zu gelingen. Match Point - Vicky, Christina, Barcelona - Midnight in Paris.

Ich denke, Woody Allen wird ein wenig unterschätzt, weil er lauter "kleine" Filme dreht, die aber in Summe ein großes Gesamtwerk
ergeben(it is all one song, wie es Altrocker Neil Young ausdrückt), und weil er als Komiker und seine Filme als Komödien gelten. Ein oft übersehenes Detail seines Werkes ist, dass er gerne mit den Erzählkonventionen des narrativen Kinos spielt. Schon "Take
the Money and Run(69) war eine Fake-Spieldokumentation.
Und Zelig ist als "Mockumentary" auch formal einzigartig.
Da möchte ich noch "Sweet and Lowdown" (angeblich eine Spieldoku) mit Sean Penn erwähnen, den ich sehr gut in Erinnerung habe.

Deine Liste enthält manches, was ich gerne sehen möchte. Alice und Bullets over Broadway waren da bis jetzt nicht dabei. Ich nehme sie mir (genauso wie Settembrinis Aphrodite) als Empfehlung mit.

P.S.
Den Jade-Skorpion fand ich eher schwach
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Zitat

Deconstructing Harry/Harry außer sich (1997), damals mehr als einmal im Kino gesehen, hat bei mir eine gewisse "Woodyallenophilie" ausgelöst.
Der Film ist ja im Prinzip eine einzige Bergman Huldigung. "Wilde Erdbeeren" liegt da ganz deutlich auf der Hand ! :)
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Schön, dass Woody Allen hier für ein paar Antworten gesorgt hat.

Natürlich habe ich die Anregung einer "Listen"-Kategorie von Settembrini übernommen, genauer gesagt: eigentlich unserer gemeinsamen kino.de-Vergangenheit, wo es doch recht häufig diverse Listen-Postings gab.

So umfangreich wie Allens Werk ist, so unterschiedlich fallen dann auch die persönlichen Einstiegsfilme ins Woodyversum (bei mir war es "Bullets over Broadway") und die Lieblingsfilme aus. Zodiacs Liebling "The Purple Rose of Cairo" ist auch ein großer Liebling von mir, der sich über die Jahre allmählich nach oben zu schieben wusste.
Bei "Scoop" würde ich aber entgegenhalten, dass man ihn als sich etwas weniger edler gebenden Aufguss von "Match Point" bezeichnen könnte, und das nicht nur, weil "Match Point" zeitlich "Scoop" gedreht wurde - der sinnbildliche zum persönlichen Glück oder Pech verhelfende Netzroller hat mir sehr gefallen ebenso wie Johannsons erster Auftritt, der an ihre perlenbeohrringte Griet erinnert und mich sehr verzückte. Aber "Scoop" mag ich auch sehr, ich erinnere mich z.B. gern an Allen+Johannson bei ihrem Trick mit der magischen Box.
An Settembrinis Favoriten "Manhattan" schätze ich seine stilvollen Bilder am meisten. So schön sieht in der Tat kaum ein zweiter Allen-Film aus.
Den von Antoine angeführten "Harry außer sich" habe ich seit seinem Kinostart leider nicht wieder gesehen und er ist ein wenig verblasst. Ich erinnere mich gern an das Spiel mit der Unschärfe auf den Autor in der Krise aber leider an nicht viel mehr. Interessant, dass Du "Hollywood Ending" gesehen hast, Du dürftest damit einer der wenigen sein, der diesen Film kennt. In Deutschland ist er nie ins Kino, TV oder auf DVD gekommen, wenn ich richtig informiert bin, existiert nicht einmal eine deutsche Fassung/Untertitelung.
Antoines Gedanken, dass Woody Allen (filmkünstlerisch) ein wenig unterschätzt wird, kann ich mich durchaus anschließen, freue mich aber, dass das Kinopublikum ihn dennoch mit schöner Regelmäßigkeit schätzt. Man könnte auch sagen, Allens Gesamtwerk verschmilzt zum Großteil zu einem großen Allen-Film. Mir geht es häufiger so, dass ich genauer überlegen muss, um z.B. zwei Filme (oder Details aus zwei Filmen) in meiner Erinnerung auseinander halten zu können. Als ich jüngst einige Woody Allen Filme wiedersah, dachte ich mir einige Male: "achja, das war ja der Film, in dem ...". Woody Allen Filme sind in der Regel immer Filme, die man mehrfachen sehen kann.
"Harry außer sich" als Bergman Huldigung? Da habe ich noch gar nicht darüber nachgedacht, da ich den Allen-Film vor ca. 13 Jahren gesehen habe und damals noch keinen Bergman-Film kannte. Muss ich beim nächsten Wiedersehen darauf achten. Die größeren Bergman-Verneigungen von Woody Allen sind dann aber sicher doch "Eine andere Frau", "Innenleben" und "September".
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@Short Cut
Ich kenne leider Bergmanns Wilde Erdbeeren nicht, aber ich weiß,
dass Allens Filme oft Anleihen bei Bergmann und Fellini nehmen.. So ist auch mir nicht entgangen, dass "Celebrity"(SW, "Oralverkehr mit einer Banane") , der Nachfolger von "Deconstructing Harry" an Fellinis Dolce Vita" erinnert.

@Gerngucker
Hollywood Ending fand in Ö einen Verleiher(ohne Synchronisation, dafür ist der Markt zu klein). Ich würde ihn als den schwächsten aller mir bekannten Allen-Filme einschätzen.

Meine Top 3:

Zelig
Deconstrucing Harry
Match Point
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Gerngucker
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