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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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I BASTARDI (Duccio Tessari/I, F, D 1968)


Zitat entfällt.

I Bastardi (Der Bastard) ~ I/F/BRD 1968
Directed By: Duccio Tessari

Jason (Giuliano Gemma) und sein älterer Bruder Adam (Klaus Kinski) sind beide im Gangstergeschäft tätig. Während Jason jedoch hier und da auf eigene Faust einen Bruch begeht, um sich über Wasser halten zu können, hat Adam sich eine Organisation aufgebaut. Umso unliebsamer sind ihm Jasons gewinnträchtige Aktionen. Als Adam nach einem Juwelenraub Jasons Beute an sich bringen will, bedient er sich brutalster Methoden. Besonders, dass Adam die schöne Karen (Margaret Lee) benutzt, um seinben Bruder hereinzulegen, verzeiht dieser ihm nicht. Die Rancherin Barbara (Claudine Auger) nimmt den schwer verwundeten Jason bei sich auf, pflegt ihn gesund, verliebt sich in ihn. Doch Jasons Rache will unbedingt noch vollzogen werden.

Dass Tessari seine Meriten vornehmlich mit Western verdient hat, merkt man "I Bastardi" an. Es handelt sich bei selbigem nämlich im Prinzip um nichts anderes denn einen lupenreinen Western in modernem Ambiente, dessen Transponierung in die Gegenwart beim besten Willen nicht nachvollziehbar ist. Vielleicht war es die Möglichkeit, vor Ort in den Staaten zu drehen, vielleicht hätte Rita Hayworth, die im Film die whiskeygetränkte Mutter der beiden verfeindeten Brüder spielt, sich geweigert, in einem Spaghettiwestern mitzuspielen. Der von Gemma und Kinski interpretierte Bruderzwist um Verrat und Rache jedenfalls, die verlotterte Matriarchin, die schöne Rancherin mit dem guten Herzen inmitten des Nirgendwo, Margaret Lee als Hure des Bösen, die wie beiläufig eingesetzte Gewalt - das alles sind natürlich klassische Plotfaktoren für einen Western.
Zur Hayworth: Es ist schon unglaublich, wie die alternde Diva an Format einbüßt und hierin konsequent Selbstdekonstruktion betreibt. Ihr Spiel kann nur als amateurhaft bescheiden bezeichnet werden, möglicherweise ist ihr dem Plot geschuldeter, akuter Suff auch nicht bloße Darbietung. Als ganz besonders toll nimmt sich derweil die von Magne und Rustichelli komponierte Musik aus, die die Hammondorgel aparteste, jazzig-sleazige Töne ausspucken lässt.

6/10

Duccio Tessari New Mexico Familie Brüder Rache Europloitation


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ROAD TO PERDITION (Sam Mendes/USA 2002)


"I'm glad it's you."

Road To Perdition ~ USA 2002
Directed By: Sam Mendes

Im Winter 1931 gerät Michael Sullivan (Tom Hanks), Auftragskiller für die irische Mafia, in Konflikt mit seinem Boss und Ziehvater John Rooney (Paul Newman). Dessen leiblicher Sohn Connor (Daniel Craig), ein gieriger Soziopath, Neider und Alkoholiker, entfesselt eine Intrige gegen Sullivan und ermordet dessen Frau (Jennifer Jason Leigh) und jüngsten Sohn (Liam Aiken). Sullivan flüchtet mit seinem Ältesten, Michael Jr. (Tyler Hoechlin), und setzt, Rache schwörend, das gesamte Syndikat bis hinein in die Machthallen Capones in Chicago unter Druck, indem er Teile von deren Einnahmen und Finanzbücher stiehlt. Sullivan will Connor Rooneys Tod um jeden Preis und geht dafür über Leichen.

Sam Mendes' zweiter Film, die Verfilmung einer DC-Graphic-Novel, ähnelt im Hinblick auf seine Qualitäten und Nachlässigkeiten dem Vorgängerwerk "American Beauty". Wiederum sind Zurückhaltung und Reserviertheit des Briten deutlich zu spüren, der sich förmlich zu mühen scheint, allzu emotionale Elemente aus seiner Arbeit auszuklammern und das Hauptaugenmerk stattdessen auf die formale Kraft des Werkes zu legen. In diesem Punkt sind sich der Film und Max Allan Collins' Comic nicht einmal unähnlich. Den Bruch stellt erwartungsgemäß Tom Hanks dar. Der Michael Sullivan der Vorlage ist eine gefürchtete mörderische Naturgewalt, deren Entfesselung in etwa der Ankunft eines apokalyptischen Reiters gleichkommt. Dieses Element versucht der Film, hinüberzuretten, gestattet sich dann aber doch eine gewisse Weichzeichnung von Hanks' Charakter und Spiel. Die schonungslose Härte und Konsequenz der Graphic Novel wandelt sich - ganz offensichtlich zu Hanks' "professionellen Gunsten" - in eine differenzierte, hier und da sogar durch augenzwinkernde Intermezzi aufgelockerte Vater-Sohn-Geschichte und lässt einen Schuss "Paper-Moon"-Romantik in das Geschehen einfließen. Dem gegenüber stehen Weltklasse-Momente wie die nächtliche, regennasse Exekutierung des alten Rooney (ein abschließendes Geschenk für Paul Newman und sein letztes Geschenk an die Welt) und seiner Gorillas: Mendes lässt irgendwo aus dem dunklen, unfokussierten Hintergrund heraus Sullivans Thompson aufblitzen wie ein höllisches Fanal, derweil Rooney ohne ein Augenzwinkern seinen stillen Frieden mit Gott machen kann. Hätte "Road To Perdition" die ebenso denkwürdige wie gewalttätige Poesie dieser einen Szene auf seine Gesamtausführung projiziert, er wäre wahrscheinlich ein Meisterwerk geworden. So reicht es immerhin noch für ein unterhaltsames Gangsterpiece und auch eine - leider - vertane Chance.

7/10

Sam Mendes period piece Prohibition Chicago Great Depression Max Allan Collins DC Comics Rache Winter Road Movie Comic Coming of Age


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KILLER JOE (William Friedkin/USA 2011)


"No, he was not all right. He set his genitals on fire."

Killer Joe ~ USA 2011
Directed By: William Friedkin

Chris (Emile Hirsch), Sohn des dümmlichen Trailerpark-Bewohners Ansel Smith (Thomas Haden Church), sitzt in der Scheiße. Er hat beim örtlichen Paten (Mark Macauley) einen ganzen Berg Schulden und weiß nicht, wie er diesen begleichen soll. Als Chris in seiner Verzweiflung den nebenbei als Berufskiller tätigen Cop Joe Cooper (Matthew McConaughey) anheuert, um seine heruntergekommene Mutter zu ermorden und so deren Lebensversicherung einzustreichen, ahnt er nicht, dass sein schlecht ausgearbeiteter Plan in Kürze für einigen familiären Trubel sorgen wird. Als "Sicherheit" für seine womöglich nicht bezahlte Rechnung hat sich Joe nämlich Chris' leicht unterbelichtete Schwester Dottie (Juno Temple) ausersehen - die sein Spiel sogar willfährig mitspielt.

Ich habe mich doch sehr gefreut auf Friedkins neuen Film - nur, um fürs Erste doch recht bitter enttäuscht zu werden. Im Stillen hatte ich gehofft, dass er aus dieser ebenso bärbeißigen wie abseitigen, im südstaatlichen White-Trash-Milieu angesiedelten Story etwas mehr herausholen würde als irgendein x-beliebiger Tarantino-Epigone. Bewerkstelligt hat er es am Ende jedoch nur in bestenfalls halbseitig zufriedenstellender Weise, zumindest, insofern man "Killer Joe" als mehr denn eine bloße Regieleistung zu betrachten geneigt ist. Geschwätzige, asoziale whiteys als Symbol für Amerikas gewaltige Bevölkerungsproblemkomplexe heranzuziehen, ist eine Idee, die in etwa so frisch ist wie ein fünf Jahre alter, stinkender Limburger mit pittoreskem Grünschimmel. Jenem ausgehöhlten Personal dann auch noch die übliche, substanzlose Dummparliererei in den Mund zu legen, zeugt nicht eben von stilistischer Sensibilität.
Allerdings muss man einräumen, dass Friedkins Inszenierung bravourös ist und in keinem Verhältnis steht zu dem wie bereits im Falle von "Bug" von Tracy Letts bearbeiteten Stück. Der Stoff selbst ist es, der sich überschätzt und aufbläht, sich dabei jedoch uninteressant ausnimmt und letzten Endes versagt. Er hat einen Regisseur dieses Formats nicht verdient. Welchen Narren andererseits Friedkin an Tracy Letts' Schreiberei gefressen hat, begreife ich nicht recht. Er wird etwas daran oder auch darin finden, dass sich mir nicht erschließen will. Mein Problem, möglicherweise.

5/10

William Friedkin Profikiller White Trash Südstaaten Louisiana based on play Schwarze Komödie Satire


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SIN CITY RECUT (Robert Rodriguez, Frank Miller/USA 2005)


"Aim careful, and look the devil in the eye."

Sin City Recut ~ USA 2005
Directed By: Robert Rodriguez/Frank Miller

Hauptanlass, mir nun erstmals die für das damalige DVD-Release umgearbeitete Version von "Sin City" anzuschauen, war in der erste Linie die vorhergehende Lektüre von Millers Comic-Reihe. Meine damals empfundenen und geäußerten Eindrücke sind im Wesentlichen gleich geblieben: Der Ehrgeiz, Millers expressionistische Gestaltungskunst medial zu transponieren, zahlt sich aus. "Sin City" sieht noch immer fantastisch aus und es ist ein ästhetischer Hochgenuss, sich insbesondere unkittelbar nach dem Studium der Vorlage die bewegten Bilder das Hirn hinabgleiten zu lassen - wenngleich ein paar gestalterische Brüche (etwa in Form mancher zusätzlicher Einfärbungen) hier und da zu verzeichnen sind, die sich angesichts der andernortigen formalen Strenge etwas manieristisch ausnehmen. Interessanter gestaltet sich da schon die von der Parallelerzählung der Kinofassung abweichende Möglichkeit, die vier Storysegmente so zu betrachten, wie die Printreihe sie ursprünglich vorsah. Zwar purzelt Rodriguez noch immer die Reihenfolge durcheinander ("The Hard Goodbye" und "The Big Fat Kill" gehören vor "That Yellow Bastard"), er "gestattet" dem Zuschauer per einführender Worte jedoch, die Geschichten so zu schauen, wie man mag. Die Chronolgie des Films wird trotz geflissentlich ausgedehnter Spielzeit also kompakter und dazu gar noch gewissermaßen interaktiv. Diese Art der Rezeption funktioniert etwas besser als die vermeintlich geschickte Vermischung der Storys für den Kinocut und wertet Millers und Rodriguez' Anstrengungen sogar noch ein wenig auf. Allerdings bleibe ich dabei: Als postmodernistische Hardboiled-Hommage ist "Sin City" bei aller sonstigen Gekonntheit ebenso plump und dem schalen Gegenwartsgeschmack verhaftet wie Tarantinos und Rodriguez' ewig repetiertes Grindhouse-Gewichse. Aber ich lerne mit der Zeit, damit zu leben. Und das sogar recht gut, wie ich zerknirscht zugeben muss.

8/10

Robert Rodriguez Frank Miller Quentin Tarantino Comic Dark Horse Kannibalismus Hommage neo noir


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FLUCHTWEG ST. PAULI - GROSSALARM FÜR DIE DAVIDSWACHE (Wolfgang Staudte/BRD 1971)


"Dir werd' ich's zeigen, du Sau."

Fluchtweg St. Pauli - Großalarm für die Davidswache ~ BRD 1971
Directed By: Wiolfgang Staudte

Der berüchtigte Verbrecher Willy Jensen (Horst Frank) flüchtet aus dem Gefängnis. Sein Plan, sich abzusetzen, geht jedoch daneben: Willys versteckte Beute ist futsch und sein ehrbarer Bruder Heinz (Heinz Reincke), Taxifahrer auf St. Pauli, hat sich mittlerweile häuslich mit Willys Holder Vera (Christiane Krüger) eingerichtet. Der wütende Willy entführt Vera und begeht einen Einbruch bei dem reichen Ehepaar Berndorf, der mit dem Mord an der Gattin (Heidy Bohlen) endet. Die gestohlenen Klunker will ihm jedoch keiner abnehmen, mit solcherlei Aktionen will masn selbst im Milieu nichts zu tun haben. Für den verzweifelten Willy gibt es nurmehr die Flucht nach vorn...

Prima Kiezkrimi, der nicht ganz den sleazigen Hauch eines Rolf Olsen atmet, sich aber vermutlich gerade deshalb als erstklassiges Zeit- und Lokalporträt über die Runden bringt. Horst Frank ist große Klasse als amoklaufender Gewaltverbrecher, dessen anfangs noch kühle Kalkulationsfertigkeit irgendwann dem nackten Angstschweiß weicht und der analog dazu immer bedrohlicher wirkt. Schicke Mädels gibt's zuhauf im Film, allen voran die schöne Christiane Krüger, die einen mit ihrer unwiderstehlichen Schnittigkeit zuweilen darüber sinnieren lässt, ob und warum die Frauen möglicherweise ehedem eine ganz andere Art der Stilsicherheit besaßen.
Klaus Schwarzkopf ist dabei als besonnener Bulle und damit idealer Antagonist Franks, Heinz Reincke spielt einmal mehr sich selbst. "Fluchtweg St. Pauli" ist ergo gerade so gut, wie er es erwarten lässt.

8/10

Wolfgang Staudte Sleaze Europloitation Kidnapping Kiez Hamburg St. Pauli


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IL CINICO, L'INFAME, IL VIOLENTO (Umberto Lenzi/I 1977)


Zitat entfällt.

Il Cinico, L'Infame, Il Violento (Die Gewalt bin ich) ~ I 1977
Directed By: Umberto Lenzi

Nachdem sein alter Erzfeind Maietto (Tomas Milian), genannt 'Der Chinese', einen Mordanschlag auf Commissario Tanzis (Maurizio Merli) Leben verübt hat, muss dieser untertauchen. Offiziell als tot geltend verzichtet Tanzi jedoch darauf, wie ursprünglich mit seinem Boss (Renzo Palmer) verabredet, im fernen Lausanne unterzutauchen, sondern bleibt stattdessen in Rom. Hier macht er sich für seinen Privatfeldzug gegen die Mafia die wachsende Rivalität zwischen dem Chinesen und dem Gangsterboss Di Maggio (John Saxon) zunutze...

Für "Il Cinico, L'Infame, Il Violento", nach "Roma A Mano Armata" der zweite Film um die Figur des römischen Ermittlers Tanzi, nimmt Umberto Lenzi etwas den Fuß vom Gaspedal. Merli, seiner Polizeimarke entledigt und auf Privatfeldzug, schießt hier nicht gleich, sondern verteilt erstmal gehörig schallende Backpfeifen und Tritte in Weichteile, was den Film zwar nicht gleich zur Familienveranstaltung macht, die Kompromisslosigkeit früherer Poliziottesci aber irgendwie doch vermissen lässt. Die Elemente 'Korruption' und 'Übermacht der Gesetzlosen' weichen einer eher possierlichen Rotlichtromantik, ansonsten bleibt aber alles beim genretypischen Alten: Der Held hat gleich auf mehreren, parallelen Baustellen zu tun, vermag jedoch infolge seiner professionellen Cleverness, diese alle unter einen Hut zu bringen und zur Wahrung der allgemeinen Sicherheit zufriedenstellend zu finalisieren. Dass er am Ende dafür selbst als Vigilant verhaftet und in den Bau gesteckt wird, nimmt Tanzi kommentar- und widerstandslos hin. Immerhin ist ja dem moralischen Recht Genüge getan.

6/10

Umberto Lenzi Poliziottesco Rom


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A BRONX TALE (Robert De Niro/USA 1993)


"The saddest thing in life is wasted talent."

A Bronx Tale (In den Straßen der Bronx) ~ USA 1993
Directed By: Robert De Niro

Bronx, 1960: Der kleine Calogero Anello (Francis Capra) wächst nach Kräften behütet von seinem Vater Lorenzo (Robert De Niro) auf, der in der Gegend als Busfahrer arbeitet. Sein heimliches Idol jedoch ist der Gangsterboss Sonny (Chazz Palminteri), der als lokaler Pate das Viertel im Griff hat. Als Sonny eines Tages auf offener Straße einen Mann erschießt, ist Calogero der einzige Zeuge. Er verzichtet jedoch darauf, Sonny bei der Polizei zu verraten und wird bald darauf zum heimlichen Ziehsohn des Gangsters. Von nun an hat Calogero, den Sonny nur kurz C. nennt, zwei Väter, die sich als diametrale Pole ihrer Einwandererkultur jedoch gegenseitig nicht riechen können. Acht Jahre später findet C. (Lillo Brancato) seine erste große Liebe in der Person der farbigen Jane (Taral Hicks), die zwar nur ein paar Straßen weiter wohnt, die infolge ihrer Hautfarbe jedoch Welten von C. trennen. Entgegen aller Widerstände bleiben die Zwei dennoch ein Paar. Für Sonny indes hält das Schicksal noch eine späte Retourkutsche bereit.

Manchmal etwas geschwätzig und sowieso übermächtig beeinflusst vom milieuzeichnerischen Chronismus seines damaligen Hausregisseurs Martin Scorsese stellte Robert De Niro mit "A Bronx Tale", der auf einem Theaterstück Chazz Palminteris beruht, sein Regiedebüt auf die Beine. Der Film ist die typische Coming-of-Age-Story eines junges Italoamerikaners in den Sechzigern und beinhaltet somit auch starke Parallelen zu Generationsporträts wie Kaufmans "The Wanderers", die sich nicht zuletzt in ihrer gewohnt prachtvollen Songauswahl niederschlägt.
Erst der Kern der Geschichte macht den Film schließlich zu etwas Besonderem: Die Väter-Dublette und der daraus resultierende Konflikt. Während C.s leiblicher Vater Lorenzo den harten aber herzlichen, ehrlich arbeitenden Italoamerikaner reräsentiert, der mit der 'ehrenwerten Familie' bis auf einen freundlichen Gruß hier und da nichts zu tun haben will, steht Sonny für das nachbarschaftliche Großtum des neuen Mafioso, behangen mit teurem Zwirn und schicken Klunkern, vor dem jeder in der Gegend Angst hat. Dennoch sind Sonnys Lebensweisheiten denen Lorenzos in bestimmten Punkten deutlich voraus: Den altweltlichen Rassismus hat er längst beigelegt und sein ansozialisiertes Misstrauen gegenüber dem Milieu erweist sich als vollkommen berechtigt. Dennoch beweist sich Lorenzos Konservativismus am Ende als die buchstäblich langlebigere der beiden Strömungen in C.s Leben und auch, wenn er manche der unkonventionellen Leitsätze Sonnys - etwa in Bezug auf die Offenheit anderen Ethnien gegenüber - noch zukünftig beherzigen dürfte, wird sein leiblicher Vater schon aufgrund seiner bedingungslosen Liebe zu seinem Sohn stets der didaktische und pädagogische Gewinner bleiben. Nichtsdestotrotz wird hier das Herandämmern einer neuen, in vielerlei Hinsicht klügeren Generation illustriert.

8/10

Robert De Niro period piece Rassismus Mafia New York Coming of Age Ethnics based on play


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THE BRINK'S JOB (William Friedkin/USA 1978)


"Your Honor, I can't do no 20 years." - "Well do as much as you can, son."

The Brink's Job (Das große Ding bei Brinks) ~ USA 1978
Directed By: William Friedkin

Der kleine Bostoner Räuber Tony Pino (Peter Falk) hat zeitlebens wenig Glück mit seinen Coups - bis er und sein ihm stets zur Seite stehender Schwager Vinnie (Allen Garfield) auf die Geldtransportfirma 'Brink's' aufmerksam werden. Deren Sicherheitsstandards sind - bis auf einen imposanten Tresor - immens unzureichend. Nach einem ersten, problemlos durchführbaren Überfall auf einen der Transportwagen wagen Tony und Vinnie zusammen mit fünf weiteren Gesellen, Specs (Warren Oates), McGinniss (Peter Boyle), Jazz (Paul Sorvino), Sandy (Gerard Murphy), und Stanley (Kevin O'Connor) einen Überfall auf die Hauptstelle. So weit haut alles wunderbar hin, bis die zwei unvorsichtigen Specs und Stanley wegen eines anderen Delikts hinter Gitter kommen und weichgekocht werden...

Nach dem in jeder Hinsicht nervenaufreibenden Clouzot-Remake "Sorcerer" erbat sich Friedkin mit der noch gänzlich ungewohnten Versuchsanordnung "The Brink's Job" vermeintlich etwas motivische Ruhe. Eine beschauliche Ensemble-Komödie in der Kleingangsterszene wurde es, als period piece zudem in bester New-Hollywood-Tradition stehend. Denkbar sorgfältig und milieugetreu geht Friedkin zu Werke, lässt sich dabei alle notwendige Zeit und verzichtet auf die düstere Weltsicht seinere Vorgängerfilme zugunsten einer guten Portion hoffnungsvoller, stehender Ovation für seine Antihelden. Zwar landen diese am Ende im Bau, jedoch unter den Jubelrufen des Volkes, das in ihnen längst veritable Rebellen wider das Establishment wähnt. Eine epilogische Schrifttafel versichert uns darüberhinaus, dass sie nach ihrer Entlassung mit ihrer wohlfeil versteckten Beute ein mehr als angenehmes Leben führen sollen.
Mit Peter Falk und Gena Rowlands wiedervereint der Film das sich selbst zertrümmernde Ehepaar aus "A Woman Under The Influence" - hier freilich krisenlos -, zudem zwei Leibdarsteller (nebst Ehefrau) von John Cassavetes. Ferner gibt es den großen Warren Oates in einer weiteren fantastischen Performance zu bewundern. Der Film und Friedkin machen also fast alles richtig. Allerdings konnte ich mich eines latenten, zunächst unbestimmbaren Juckens nicht erwehren. Möglicherweise rührte dies aus dem Eindruck, dass der Regisseur bei aller Kunstfertigkeit nie ganz auszublenden vermochte, dass er sich auf thematisch unsicherem Terrain befand. Eine Theorie.

8/10

William Friedkin Heist period piece Boston Freundschaft New Hollywood FBI J. Edgar Hoover


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GHOST DOG: THE WAY OF THE SAMURAI (Jim Jarmusch/USA, D, J, F 1999)


"It's the fucking birdman!"

Ghost Dog: The Way Of The Samurai (Ghost Dog - Der Weg des Samurai) ~ USA/D/J/F 1999
Directed By: Jim Jarmusch

Für den einsamen, in kultischer Weise einem Samurai-Idealismus frönende Profikiller Ghost Dog (Forest Whitaker) sind seine Tauben und sein Ehrenkodex das Ein und Alles. Sein "bester Freund" ist ein haitianischer Eismann (Isaach De Bankolé), der nur französisch spricht. Als bei einem seiner Aufträge die Tochter (Tricia Vessey) des Mafiabosses Ray Vargo (Henry Fonda) als unvorhergesehene Zeugin zugegen ist, soll Ghost Dog selbst sterben. Doch gegen seine stoische Zielsicherheit haben selbst die alteingesessenen "Familienmitglieder" von Jersey nicht die geringste Chance.

Jarmuschs zweiter Kinoheld der Neunziger in seiner zweiten Hommage an das klassische Exploitationkino nach "Dead Man". Diesmal unterzieht er die ruppigen italienischen Gangsterfilme der Siebziger einer Re-Inventarisierung, nimmt deren einstigen Helden Henry Silva und andere Altvordere wie Cliff Gorman mit auf seine Zeitlupen-Karusselfahrt und setzt wiederum auf harte, schnell ausgeführte Gewalt. Freilich darf wiederum das philosophisch-poetische Erklärungsalibi nicht zu kurz kommen. Jenes stammt diesmal nicht aus dem nativen Amerika, sondern aus dem altertümlichen Japan, das der als eine höchst eigenwillige Kulturmischung auftretende Ghost Dog in Form der entsprechenden Fibelbibel "Harakure" praktisch permanent zitiert. Erst die Konterkarierung mit den dicken alten padroni lässt das Ganze jedoch so wunderbar funktionieren. Noch mehr als "Dead Man" ist "Ghost Dog" auch ein komischer, reserviert-ironischer Film, der den Tod als vermeintlich beiläufige Erscheinungsform jedweden Lebenszyklus entzaubert.

8/10

Jim Jarmusch Profikiller Mafia New Jersey Samurai Freundschaft Independent


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CARLITO'S WAY (Brian De Palma/USA 1993)


"A favor's gonna kill you faster than a bullet."

Carlito's Way ~ USA 1993
Directed By: Brian De Palma

1975 kommt die puertoricanische Gangsterlegende Carlito Brigante (Al Pacino) wegen unlauterer Verfahrensmethoden frühzeitig aus dem Gefängnis. Dabei ist seine etwas weitschweifig anmutende Ansage an den Richter (Paul Mazursky) sogar ernst gemeint: Carlito will raus aus dem Milieu, mit Drogen nichts mehr zu tun haben und zusammen mit seiner großen Liebe Gail (Penelope Ann Miller) eine Autovermietung auf den Bahamas eröffnen. Das Startkapital dafür will Carlito sich als Geschäftsführer eines maroden Clubs in der Bronx zusammenklauben. Kaum jedoch ist der Mann zurück in Spanish Harlem sitzt er schon wieder mittendrin in der Gewaltspirale, der Überhand nehmende Kokainkonsum seines Anwalts und Freundes Dave Kleinfeld (Sean Penn) und Verrat allerorten machen ihm einen dicken Strich durch die Rechnung.

Das bislang letzte von De Palmas großen Gangsterepen nach "Scarface" und "The Untouchables", wobei natürlich insbesondere die Verwandtschaft zu ersterem unübersehbar ist. Beide Filme wurden von Marty Bregman produziert und mit Al Pacino in der Hauptrolle besetzt; beide Filme drehen sich um den Werdegang eines Latino-Gangsters. Soweit die offenkundigen Parallelen, die ein direkter Vergleich jedoch rasch Lügen straft. "Carlito's Way" ist ein deutlich gelassener Film als "Scarface", ebenso wie der Charakter Carlito Brigantes ganz immens zu dem Tony Montanas differiert. Hier geht es nicht um Auf-, sondern um Ausstieg, um das verzweifelte Anstrampeln gegen die unweigerliche Spirale abwärts. Mit einer konsequenteren Abkehr wider den Moloch hätte Carlito noch eine Option gehabt, hier in uptown New York jedoch gibt es großkotzige Emporkömmlinge wie den aufbrausenden Benny Blanco (John Leguizamo), geldgierige Schmeißfliegen wie Carlitos Anhängsel Pachanga (Luis Guzmán) oder eben Carlitos koksbenebelten Advokaten und vermeintlichen "Bruder" Dave Kleinfeld (Sean Penn), der die Italiener um eine Million Dollar erleichtert und glaubt, damit durchzukommen. Einmal drin im Morast, gibt es kein Entkommen mehr und trotz der Prophezeiungen der wohlmeinenden Gail endet Carlito genauso wie von ihr vorhergesagt. No escape to Paradise.
Nach eigenem Bekunden wollte De Palma zunächst keinen weiteren Film über Chicano-Bandidos mehr machen, ließ sich jedoch von der Qualität von David Koepps Script umstimmen. Ein weiser Schachzug, wie die Rezeptionsgeschichte des Films zeigt, gilt "Carlito's Way" doch, den Vorwurf inszenatorischer Risikoarmut einmal beiseite lassend, gemeinhin als einer der "gelungeneren" späteren Arbeiten des Regisseurs. Diese Einstufung ist paradoxerweise ebenso kurzsichtig wie zutreffend. In einem filmischen Metier, dem De Palma bereits wesentliche Eckpunkte beschert hatte, konnte er sich nämlich zugleich auf sicherer Seite bewegen wie er ihm einen weiteres Glanzlicht hinzuzusetzen vermochte.

9/10

Brian De Palma Edwin Torres Freundschaft New York Ethnics period piece Kokain





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