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Camelback Cinema

Tommy The Cats filmische Sternstunden

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THE HOBBIT - AN UNEXPECTED JOURNEY (Peter Jackson, 2012)


Meine Vorfreude auf die Rückkehr nach Mittelerde war so groß, dass ich ganz entgegen meiner sonstigen Gewohnheiten nicht nur ein örtliches Kino aufsuchte, sondern den Film sogar in Ermangelung einer Vorführung im O-Ton tapfer in der deutschen Synchronfassung schaute, wobei diese mir zumindest halbwegs gelungen erschien.

Der Einstieg in die Geschichte ist etwas langatmig geraten und mit doch eher kindlichem Humor garniert, doch war das ja bei Fellowship of the Ring ähnlich. Sind die Reisenden erstmal unterwegs, lässt man sich als Zuschauer schnell von dem Geschehen auf der Leinwand derart vereinnahmen, dass man alles um sich herum vergisst. Selbst die Nachos-fressenden, schmatzenden Sitznachbarn nimmt man nicht mehr wahr. Vieles kommt einem vertraut vor, beispielsweise die Verfolgungsjagd in felsiger Steppe mit berittenen Orcs. Gab's in ähnlicher Form schon bei The two Towers. Zahlreiche Figuren aus der ersten Trilogie sind wieder mit von der Partie und werden auch allesamt von den selben Darstellern verkörpert. Ist also praktisch wie ein Familientreffen, bei dem man die Verwandtschaft alle Jubeljahre mal sieht.

Die technische Weiterentwicklung ist natürlich nicht zu übersehen. Alles sieht jetzt besser und echter aus als vor 10 Jahren. Besonders deutlich wird das bei der Figur des Gollum. Ansonsten gibt es viel Altbewährtes: tolle Landschaftsaufnahmen, rasante Kameraschwenks, durch und durch sympathische Charaktere, die einem schnell ans Herz wachsen, viele Kämpfe, phantasievolle Kreaturen - ein Extra-Lob für den einarmigen Anführer der Orcs! - kindgerechte Witzchen, einen bombastischen Score und eine zum Greifen dichte Atmosphäre, angesichts derer man schnell vergisst, dass man nicht in Mittelerde weilt, sondern bloß in einem Kinosessel hockt. Nur so richtig episch will es bei den Schlachten noch nicht werden. Abgesehen vom Prolog, der die Vertreibung der Zwerge aus Erebor zeigt, sind das auch handlungsbedingt eher kleine Scharmützel, aber ich schätze, dass sich Jackson das für die kommenden Teile aufgehoben hat.

The Hobbit macht da weiter, wo Lord of the Rings aufgehört hat. Ein bildgewaltiges Abenteuer, das das Kind im Manne hervorbringt. Blöd nur, dass man auf die Fortsetzung ein Jahr lang warten muss. Ich hätte gestern noch stundenlang weitergucken können.

Peter Jackson


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BLACK SWAN (Darren Aronofsky, 2010)


I was perfect.

Black Swan weist einige Parallelen zu The Wrestler auf, sowohl auf der formalen Ebene (Aufnahmen mit der Handkamera, die der Hauptfigur folgt, teils körniges Bildmaterial) als auch auf der inhaltlichen. Beide Protagonisten befinden sich auf einem Selbstzerstörungstrip, wobei dieser bei The Wrestler der Aussichtslosigkeit des eigenen Daseins geschuldet ist, bei Black Swan dem unbedingten Willen, die eigenen Schwächen auszumerzen, dem bedingungslosen Streben nach Perfektion. Und so ist Black Swan in erster Linie ein Film über Besessenheit, wobei dies nicht nur für Nina gilt, sondern auch für ihre Mutter, die beinahe rund um die Uhr über sie wacht und sie von allen äußeren Einflüssen abschirmt, die sich negativ auf die Ballett-Karriere auswirken könnten. Ein ähnliches Schicksal wie ihr eigenes - nämlich die Karriere zugunsten einer ungewollten Schwangerschaft und der daraus resultierenden Kindererziehung aufzugeben - soll ihrer Tochter erspart bleiben.

Schon bei der Sichtung der bisherigen Filme Aronofskys stellt sich rasch die Erkenntnis ein, dass Subtilität seine Sache nicht ist. Der Holzhammer darf es schon sein. Und so wählt er erwartungsgemäß drastische Bilder, um Ninas sich zunehmend steigernde Wahnvorstellungen umzusetzen. Hinzu kommt eine gewisse Erklärbär-Mentalität, die mir schon bei The Wrestler unangenehm aufgefallen ist. Auch dem unterbelichteten Zuschauer müssen schließlich die Zusammenhänge deutlich gemacht werden. Da erzählt dann schon mal der Direktor des Balletts den Tänzerinnen die Geschichte vom Schwanensee, als habe er keine professionellen Tänzerinnen sondern unbedarfte Schulmädchen vor sich. Wobei man generell sagen muss, dass die Dialoge nicht zu den Stärken des Films gehören - und das ist noch freundlich ausgedrückt. Doch schmälern all diese Schwächen das Vergnügen nur unmerklich. Natalie Portman trägt den Film praktisch alleine mit ihrer schlichtweg atemberaubenden Performance. Dass sie dafür den Oscar und zahlreiche weitere Preise eingeheimst hat, ist nicht mehr als angemessen. Sie spielt die Rolle der Nina mit einer Intensität, dass einem schon beim Zusehen angst und bange wird. Auch die übrigen Darsteller geben sich keine Blöße und liefern tadellose Leistungen ab, allen voran Barbara Hershey als Ninas vom Ehrgeiz zerfressene Mutter.

Black Swan gefällt mir noch eine ganze Ecke besser als sein außerordentlich gelungener Vorgänger. Auf die weiteren Arbeiten des Herrn Aronofsky darf man gespannt sein.


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THE WRESTLER (Darren Aronofsky, 2008)


Aronofskys The Wrestler erzählt vom traurigen Schicksal eines Profi-Wrestlers, der in den 80er Jahren seine Glanzzeit hatte und den rechtzeitigen Absprung nicht geschafft hat. Er zeigt dies in halbdokumentarischem Stil, der sich u. a. im häufigen Einsatz der Handkamera und dem grobkörnigen Filmmaterial äußert. Der Film lebt in erster Linie von der grandiosen Leistung Mickey Rourkes, der hier eine der besten Leistungen seiner wechselhaften Karriere abliefert. Er spielt den Wrestler Randy 'The Ram' absolut glaubwürdig und voller Leidenschaft. Die in Reviews oft beschworenen Parallelen zu seinem eigenen Leben kann ich nicht erkennen, doch erscheint er aufgrund seiner Vergangenheit als Profi-Boxer und seinem Image als Rüpel geradezu prädestiniert für die Rolle. Nach dem schwachen The Fountain hatte ich Aronofsky schon fast abgeschrieben; nun freue ich mich auf Black Swan, den ich auch noch hier rumliegen habe.


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GHOSTS OF MARS (John Carpenter, 2001)


Ghosts of Mars habe ich vor etwa 10 Jahren mal gesehen und als Film in Erinnerung behalten, der so schlecht ist, dass er schon wieder gut ist. Die neuerliche Sichtung war hingegen ernüchternd. Schlecht ist der Film, keine Frage, aber eben auch nichts weiter. Einer von zahlreichen Tiefpunkten im an ebensolchen nicht armen Wirken Carpenters. Dabei ist die Story gar nicht mal übel, doch die Umsetzung ist selbst für seine Verhältnisse äußerst stümperhaft. Und der einzige Lichtblick in Person von Pam Grier scheidet relativ früh dahin. Schade um die nette Idee.


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PROMETHEUS (Ridley Scott, 2012)


How far would you go to get your answers?

Wow! Scotts Rückkehr in das Alien-Universum - ob Prometheus jetzt ein "offizielles" Alien-Prequel ist oder nicht sei mal dahingestellt - ist ein Killer! Die Story ist zwar nicht immer schlüssig, gefällt aber durch ihre originelle Grundidee und die Art und Weise, wie die Versatzstücke der bisherigen Alien-Filme eingearbeitet wurden. Die Inszenierung ist grandios und kann zudem mit phantastischen Special Effects aufwarten, die jedoch immer storydienlich und nie aus reinem Selbstzweck in die Handlung integriert wurden. Ebenso beeindruckend die tollen Sets, die wesentlich zur dichten Atmosphäre beitragen und die Leistungen der Darsteller, bei denen besonders Michael Fassbender herausragt, aber auch Charlize Theron als gefriergetrocknete Aufseherin gefiel mir ausgesprochen gut. Wie schon bei Alien kommen selbige nur selten zum Einsatz, was erheblich zur immensen Spannung beiträgt. Die Krönung ist schließlich die voll automatisierte Abtreibung per Kaiserschnitt - eine der ekelhaftesten und zugleich faszinierendsten Szenen, die ich seit langer Zeit gesehen habe.

Ridley Scott


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HELLBOY (Guillermo del Toro, 2004)


Hellboy hat meine grundsätzliche Abneigung gegen Comic-Verfilmungen wieder einmal bestätigt. Eine blödsinnige Story, überwiegend schwache Special Effects, Charaktere an der Grenze zur Lächerlichkeit und gähnende Langeweile kennzeichnen del Toros Werk. Die ein oder andere Actionszene hatte zumindest einen minimalen Unterhaltungswert und Selma Blair konnte ein paar optische Reize setzen, doch muss man schon starke Nerven haben, um diesen Murks bis zum Ende durchzustehen. Schon lange habe ich nicht mehr den Abspann eines Films so herbeigesehnt.


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RISE OF THE PLANET OF THE APES (Rupert Wyatt, 2011)


Ein Prequel zu Planet of the Apes hätte ich nicht unbedingt gebraucht, zumal ich dem ganzen Sequel- und Prequel-Wahn ohnehin noch nie etwas abgewinnen konnte - einiger gelungener Projekte zum Trotz. Umso erfreulicher, dass Rise of the Planet of the Apes weitaus besser geworden ist, als zunächst zu erwarten stand. Natürlich braucht man eine gehörige Portion Großzügigkeit, um über die ganzen Logiklöcher und Fehler in der Handlung hinwegsehen zu können. Mit solcher sehe ich mich zwar grundsätzlich gesegnet, doch drohte mir der Kragen zu platzen, als Caesar aus der Anlage ausbrach, durch halb San Francisco hetzte, auf Anhieb Wills Wohnung fand, dort die Ampullen mit dem Virus holte und damit schließlich die eingesperrten Affen verseuchte, auf dass sie ebenso intelligent werden mögen wie er. Da fragt man sich schon, für wie blöd die Macher des Films ihre Zuschauer halten. Ein weiteres Ärgernis sind die eindimensionalen Charaktere, die vor keinem Klischee haltmachen, allen voran der furchtbar böse Affenpfleger, der nichts Besseres zu tun hat, als die armen Äffchen mit Elektroschocker und Wasserwerfer zu malträtieren.

Trotz all dieser Schwächen hatte ich eine Menge Spaß mit dem Film, was in erster Linie auf die rasante, schnörkellose Inszenierung zurückzuführen ist, die immer in der Spur bleibt und sich nicht in unnötigen Nebenkriegsschauplätzen verliert und in zweiter Linie auf die größtenteils hervorragend gelungenen Special Effects, die den Eindruck vermitteln, man habe es tatsächlich mit echten Affen zu tun. Zudem räume ich ein, dass sich eine gewisse Befriedigung bei mir einstellte in dem Moment, in dem die gequälten Kreaturen begannen, sich zur Wehr zu setzen.

Alles in allem ein rundum sehenswerter Film, der zwar deutliche Schwächen aufweist, mich aber über die gesamte Spieldauer vorzüglich unterhalten hat.


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THE GIRL WITH THE DRAGON TATTOO (David Fincher, 2011)


Ich kenne weder Larssons Roman noch die schwedische Fernsehumsetzung desselben - gute Voraussetzungen also, sich Finchers Adaption unvoreingenommen zu nähern. Und auf Fincher ist wieder mal Verlass. Einen schlechten Film hat er ohnehin noch nicht gemacht, und The Girl with the Dragon Tattoo ist sein bester seit Zodiac. Die ausgesprochen elegante Inszenierung und die düsteren Bilder erinnern an sein Meisterwerk Se7en, auch inhaltlich gibt es gewisse Parallelen. Im Gegensatz zu dessen Story gibt die der Larsson-Verfilmung allerdings nicht viel her. Hier wird kein Klischee ausgelassen und man gewinnt den Eindruck, die schwedische Bevölkerung männlichen Geschlechts würde nur aus geisteskranken Triebtätern bestehen. Dass Fincher dennoch einen so großartigen Film daraus gemacht hat, spricht für ihn.

David Fincher


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WOLF (Mike Nichols, 1994)


Nichols Film kann man durchaus als Metapher auf das rücksichtslose Machtstreben unter Rivalen im Berufsleben interpretieren. Der sprichwörtliche Wolf im Manne sozusagen. Die Ansätze sind vielversprechend, doch nach einem interessanten Beginn verliert sich Wolf zunehmend in einem eher langweiligen Krimi-Plot, zu dessen Gunsten die eigentlich schöne Idee in den Hintergrund tritt. Von den inhaltlichen Ungereimtheiten ganz zu schweigen. Unterhaltsam ist das dennoch, alleine Nicholsons Wandlung vom in die Jahre gekommenen desillusionierten Schreibtischhengst zur Kämpfernatur ist die Sichtung wert. Bedauerlich nur, dass man am Ende das Gefühl hat, hier wäre mehr drin gewesen.


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HELL (Tim Fehlbaum, 2011)


Im Jahr 2016 ist die Erdtemperatur um 10°C gestiegen. Das Land ist verödet, die Wälder sind verbrannt, alles Vieh verendet. Marie ist mit ihrer Schwester Leonie und ihrem Freund Phillip in einem Auto unterwegs in der Hoffnung, oberhalb der Waldgrenze Wasser zu finden. Unterwegs machen sie die unliebsame Bekanntschaft mit einheimischen Kannibalen, die Menschen entführen, wie Vieh halten und schlachten.

Zugegeben: Fehlbaums Debut ist nicht sehr originell und kann dem Genre keine neuen Impulse geben, doch spielt er geschickt mit dessen Versatzstücken und fügt diese gekonnt zusammen. Das Ergebnis ist ein äußerst gelungener und homogener Film, dessen grelle, überbelichtete Bilder den Überlebenskampf auf einer verbrannten Erde perfekt in Szene setzen. Die Inszenierung ist zurückhaltend, gesprochen wird wenig. Etwas nervig sind lediglich die schnellen Schnittfolgen während der Actionsequenzen. Darstellerisch gibt es nichts zu beanstanden, vor allem Angela Winkler ist eine Wucht. Wenn man kleinlich sein will, kann man einwenden, dass Hannah Herzsprung etwas zu wohlgenährt daherkommt im Hinblick auf den ständigen Mangel an Nahrung und Wasser. Aber egal. Letztlich bietet der Film zwar nichts Neues und der Vergleich zu Hillcoats The Road drängt sich geradezu auf. Im Vergleich zu jenem ist Hell nicht ganz so nihilistisch und auch bei weitem nicht so deprimierend, so dass man diesen auch mal schnell zwischendurch genießen kann. Zudem gibt es hier am Ende sogar einen kleinen Hoffnungsschimmer. Insgesamt eine runde Sache.


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TWIXT (Francis Ford Coppola, 2011)


Coppola macht es einem wirklich nicht leicht. Nach dem eigenartigen Youth without Youth und dem erzählerisch wie stilistisch großartigen Tetro fordert er den Zuschauer mit der kruden Horrorgeschichte Twixt heraus. Im Grunde genommen werden zwei Geschichten parallel erzählt, die miteinander verwoben sind: Da ist die Geschichte des mäßig erfolgreichen Schriftstellers Hall Baltimore, der durch einige kleine Käffer tourt, um sein aktuelles Buch zu signieren. In einer kleinen Stadt wurde kürzlich ein junges Mädchen ermordet, das mit einem durchs Herz gerammten Pfahl in der Leichenhalle liegt. Der Sheriff ist überzeugt, dass sie Opfer eines Serienmörders wurde und überredet Baltimore zum Bleiben. In der zweiten Geschichte erscheint Baltimore im Traum der Geist eines 1955 ermordeten jungen Mädchens sowie der Geist Edgar Allan Poes, der einst in dem Hotel, in dem das Mädchen bis zu seiner Ermordung lebte, übernachtet hat und Baltimore in seinen Träumen bei der Aufklärung der damaligen Geschehnisse hilft. Und dann ist da noch der Turm mit den 7 Uhren, von denen jede eine andere Uhrzeit anzeigt und in dem angeblich der Teufel gewohnt haben soll.

Wie schon bei den vorgenannten Filmen bedient sich Coppola einer extrem stilisierten Optik, die er in ähnlicher Form erstmals 1983 bei Rumble Fish anwandte. Die verschiedenen Erzählebenen sind derart miteinander verwoben, dass teilweise kaum zwischen Traum und Realität unterschieden werden kann. Und am Ende bleibt es dem Zuschauer überlassen, sich einen Reim auf das zuvor Gesehene zu machen und herauszufinden, was nun eigentlich passiert ist.

Interessant sind - neben der ungewöhnlichen Optik - die zahlreichen Anspielungen auf Leben und Werk Egar Allan Poes einerseits und Coppolas eigenes Leben andererseits. Das ermordete Mädchen, das Baltimore erscheint, heißt Virginia und war 12 Jahre alt (sah aber wie 13 aus, wie sie selbst sagt). Poe heiratete seine Kusine Virginia Clemm, als diese 13 Jahre alt war. Sein Gedicht The Raven wird mehrfach zitiert, insbesondere das ständig wiederholte Nevermore. Und das lebendige Einmauern/lebendige Begrabenwerden, das Virginia widerfährt, ist ein wiederkehrendes Motiv seiner Erzählungen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Verweise auf Poes Werk. Nicht zuletzt ist natürlich auch Baltimores Nachname eine Reminiszenz: Poe verbrachte einen Teil seines Lebens in Baltimore, sein Vater stammte von dort und er (Poe) starb auch dort.

Auch auf Coppolas Leben gibt es mehrere Verweise, in erster Linie natürlich der Tod von Baltimores Tochter durch einen Bootsunfall. Coppolas ältester Sohn starb ebenfalls bei einem Bootsunfall, der sich genauso zugetragen hat, wie der im Film gezeigte Unfall von Baltimores Tochter. Dies gibt Twixt eine sehr persönliche Note.

Twixt ist ein ebenso verstörender wie schöner Film, dessen Komplexität sich bei der ersten Sichtung nicht völlig erschließt. Wirklich verstanden habe ich ihn nicht, aber was macht das schon?

Francis Ford Coppola


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THE EXPENDABLES (Sylvester Stallone, 2010)


Stallones Reminiszenz an den klassischen Actionfilm der 80er Jahre ist recht spaßiges Spektakel. Leider sind nur wenige der damaligen "Action-Stars" in der Darstellerriege vertreten, dafür fügt sich Jason Statham hier wunderbar ein. Zudem gibt es eine recht witzige Szene, in der sich die Planet-Hollywood-Inhaber Stallone, Schwarzenegger und Willis ein kurzes Stelldichein geben. Im Vergleich zu dem schwachen Rambo gefiel mir The Expendables deutlich besser, obwohl Stallone hier immer noch wie eine geschminkte Tunte aussieht. Aber The Expendables bietet immerhin anständige Action und ließ mich für anderthalb Stunden in seligen Erinnerungen schwelgen. Von der Klasse eines Predator ist das hier natürlich meilenweit entfernt. Und die Szene mit dem rührseligen Mickey Rourke hätte ich auch nicht gebraucht...


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PLANET TERROR (Robert Rodriguez, 2007)


Rodriguez' Beitrag zum Grindhouse-Thema hat mich nie sonderlich interessiert, weil ich mit allem, was er nach From Dusk Till Dawn gemacht hat, wenig anfangen konnte. Nun wollte es der Zufall, dass ich in den Genuss des Filmchens kam und zu meiner großen Überraschung entpuppte sich das Teil als äußerst unterhaltsame Trash-Granate und die 100 Minuten vergingen wie im Flug. Die Inszenierung ist betont lässig und will nicht recht zu dem Grindhouse-Thema passen, doch tut das dem Vergnügen keinen Abbruch. An Tarantinos Death Proof kommt Planet Terror natürlich nicht heran, aber das konnte man auch nicht ernsthaft erwarten. Und ein Film, in dem Michael Parks mitspielt, kann sowieso nicht schlecht sein.

Robert Rodriguez


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QUANTUM OF SOLACE (Marc Forster, 2008)


Da jetzt ja der neue Bond anläuft wurde es höchste Zeit, die Sichtung des vorletzten Bond-Films endlich nachzuholen. Aufgrund der negativen Kritiken habe ich diese lange vor mir hergeschoben, doch letztlich erwies sich Forster Beitrag zu der Reihe besser als sein Ruf. Die klassischen Bond-Merkmale fehlen fast völlig, der hektische Schnitt nervt und die Aneinanderreihung der vielen Verfolgungsjagden, die so gut wie jedes verfügbare Transportmittel nutzen, wirkt beliebig. So weit, so schlecht. Dennoch macht der Film durchaus Spaß. Daniel Craig ist für mich der beste Bond seit Connery, die atemlose Inszenierung sorgt für ständige Spannung und gönnt dem Zuschauer kaum Verschnaufpausen. Die Handlung ist natürlich kompletter Schwachsinn, aber das ist ja bei vielen Bonds so. Mit dem, was man sich gemeinhin unter einem Bondfilm vorstellt, hat Quantum of Solace nicht viel zu tun. Der Wiedererkennungswert ist gleich null. Und mit dem tollen Casino Royale kann er sich schon gar nicht messen. Ein unterhaltsamer Film ist es trotzdem geworden.

James Bond


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ALL THE PRESIDENT'S MEN ( Alan J. Pakula, 1976)


All the President's Men ist einer der Filme, die ich schon seit Jahren immer mal sehen wollte, es aber aus irgendwelchen Gründen nie geschafft habe. Nun hat es dank Arte also endlich geklappt, wenn auch nur in der deutschen Synchro.

Von der Watergate-Affäre habe ich seinerzeit nichts mitbekommen, damals war ich froh, schon aufrecht gehen zu können. Dennoch kennt man natürlich die groben Fakten. Pakulas Film konzentriert sich auf die Arbeit der beiden Journalisten und stellt deren Ermittlungsarbeit, deren Aufwand man im Google-Zeitalter kaum noch nachvollziehen kann, in den Mittelpunkt seiner Erzählung. Dabei bedient er sich einer ruhigen, äußerst detailverliebten Erzählweise und verzichtet völlig auf vordergründige Spannungselemente. Spannend ist das Ganze natürlich trotzdem, wobei sich die Spannung letztlich auf die Frage reduziert, wie es den Journalisten gelungen ist, den Stein Stück für Stück ins Rollen zu bringen. Der Ausgang der Geschichte Ende ist ja ohnehin bekannt. Der Film endet sehr abrupt und deutet den weiteren Fortgang nur noch mit ein paar flüchtig hingeworfenen Schlagzeilen an. Frappierend sind übrigens die Ähnlichkeiten mit David Finchers Zodiac, der sich einer ganz ähnlichen Erzählweise bedient.


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IL GRANDE SILENCIO (Sergio Corbucci, 1968)


Il Grande Silcencio wird ja gerne als Klassiker des Spagetti-Westerns bezeichnet, wird diesem Status meiner Meinung nach aber nur bedingt gerecht. Außergewöhnlich sind hier vor allem zwei Dinge: zum Einen das winterliche Setting, zum Anderen das überraschende Ende, das sowohl die Genre-Konventionen als auch die Erwartungen des Zuschauers unterläuft, letztlich aber einfach nur realistisch ist. Der Film krankt in erster Linie an der schwachen Kameraarbeit, die die an sich beeindruckenden Winterlandschaften nur unzureichend in Szene setzt und der dürftigen Inszenierung, die sich beispielsweise im merkwürdig spannungsarmen Showdown bemerkbar macht. Erschwerend hinzu kommt, dass auch der Score des großen Ennio Morricone in keiner Weise überzeugen kann und nach meinem Dafürhalten zu seinen schwächsten Arbeiten zählt. Und nicht zuletzt fehlt es Jean-Louis Trintignant an Charisma und Ausstrahlung, um dem großartige aufspielenden Klaus Kinski ein ebenbürtiger Widersacher zu sein. So nimmt man diesen von Anfang an ungeachtet des Filmtitels als die zentrale Figur wahr. Alles in allem ein durchaus unterhaltsamer Western, der aber nicht mal ansatzweise an die Klasse der Leone-Western heranreicht.


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TRUE GRIT (Joel Coen, 2010)


The ground is too hard. If them men wanted a decent burial, they should have gotten themselves killed in summer.

Ein ungewöhnlich ernster Film der beiden Brüder, dem der typische Coen-Humor fast völlig abgeht. Das Original mit John Wayne kenne ich nicht, wobei sich die Unkenntnis des Originals bei der Sichtung von Remakes üblicherweise ja als vorteilfhaft erweist. Hier gibt's jedenfalls wenig zu meckern: die Darsteller überzeugen ohne Ausnahme - insbesondere Matt Damon hat mich positiv überrascht - und die erdigen Brauntöne verleihen den Bildern eine authentische Atmosphäre. Die Story ist im Grunde genommen belanglos, wobei ich dies nicht als dem Ganzen abträglich empfunden habe. Rundum gelungene Sache also, aber von den besten Coen-Filmen doch ziemlich weit entfernt.

Coen Brothers


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NEW YORK STORIES (Martin Scorsese, Francis Ford Coppola, Woody Allen, 1989)


Wenn sich 3 große New Yorker Regisseure zusammentun, um einen Film über ihre Stadt zu machen, sind die Erwartungen sehr hoch. Das Ergebnis fällt letztlich ernüchternd aus. Scorseses Geschichte um den Maler Lionel Dobie ist noch die beste und kann mit beeindruckenden Bildern aufwarten. Zudem ist sie hochkarätig besetzt. Allerdings spielt sie sich fast vollständig innerhalb von Gebäuden ab, so dass der Bezug zu New York in erster Linie über die Einbindung der New Yorker Kunstszene, deren Teil Dobie ist, erfolgt. Coppolas Beitrag ist so schlecht, dass man kaum glauben mag, dass er etwas damit zu tun hat. Es braucht schon eine gehörige Portion Leidensfähigkeit, um dieses Stuss bis zum Ende zu ertragen. Woody Allens visuelle Verarbeitung des Ödipus-Komplexes ist originell und recht witzig, krankt aber an der dürftigen Umsetzung. Aus der Idee hätte man mehr machen können. Unter dem Strich nicht mehr als eine Ansammlung belangloser Geschichten, auf die man gut hätte verzichten können.

Martin Scorsese Francis Ford Coppola


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LAST MAN STANDING (Walter Hill, 1996)


Everybody ends up dead, just a matter of when.

Hills Remake des Kurosawa-Films Yojimbo verlagert die um einige zusätzliche Elemente angereicherte Handlung in das heruntergekommene Wüstenkaff Jericho in der Nähe der mexikanischen Grenze. Obwohl zur Zeit der Prohibition angesiedelt und damit kein klassischer Western sind es doch die Western-Elemente, die den Film dominieren. Im Gegensatz zu vielen anderen Hill-Filmen, in denen die Actionsequenzen oft entschleunigt sind, bricht die Gewalt hier meist eruptiv aus den Protagonisten hervor und steht damit in krassem Gegensatz zu der trägen Erzählweise. Die Schießereien starten oft völlig unvermittelt ohne Vorwarnung und sind äußerst dynamisch inszeniert. Hill ist nicht an einer Charakterstudie interessiert, vielmehr stehen für ihn ästhetische Aspekte im Vordergrund. Staub, Dreck und Wüstensand sind jederzeit präsent und prägen den extrem stylischen Look des Films. Zynische Oneliner und wüste Schießereien – garniert von einem akzentuiert eingesetzten, großartigen Score. Die Figur des „John Smith“ bleibt oberflächlich; man erfährt nicht einmal seinen echten Namen. Willis' Verkörperung des skrupellosen, opportunistischen Gangsters, der nur an seinem eigenen Vorteil interessiert ist, um dann doch wegen einer Frau gegen seine Prinzipien zu verstoßen, ist eine der besten Leistungen seiner Karriere. Kongenial ergänzt wird er dabei von Christopher Walken, der einmal mehr in seiner Paraderolle glänzt.

Last Man Standing ist meiner Meinung nach Walter Hills bester Film, auch wenn ich mit dieser Einschätzung vermutlich alleine dastehe. Und wie nach jeder bisherigen Sichtung musste ich mich zusammenreißen, um nicht gleich nach dem Abspann die DVD von Neuem zu starten. Schlichtweg großartig.

Walter Hill


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WINNETOU UND SHATTERHAND IM TAL DER TOTEN (Harald Reinl, 1968)


Es ist bestimmt 20 Jahre her, seit ich zum letzten Mal einen Karl-May-Film gesehen habe. Wobei diese Bezeichnung auf Winnetou und Shatterhand im Tal der Toten nur bedingt zutrifft, da hier lediglich einige der bekannten Figuren des sächsischen Schriftstellers verwendet werden, die Handlung jedoch nichts mit seinen Romanen zu tun hat. Die inhaltlichen Ähnlichkeiten zum Schatz im Silbersee sind allerdings nicht zu übersehen.

Objektiv betrachtet ist Reinls Film nicht sonderlich gut gelungen. Die Story ist ziemlich albern und wiederholt sich zudem ständig; die Kampfszenen - insbesondere der Kampf zwischen Winnetou und dem Roten Büffel - sind schlecht choreografiert und über die Tatsache, dass der von Ralf Wolter verkörperte Trapper Sam Hawkens in allen May-Filmen den Kasper machen muss, habe ich mich schon als Kind geärgert. Und damit nicht genug: hier wird ihm noch Eddi Arent, den ich ansonsten sehr schätze, in der völlig überflüssigen Rolle des Pflanzensammlers Lord Castlepool zur Seite gestellt. Und dennoch: im Ergebnis ist Reinl trotz aller Schwächen ein erstaunlich unterhaltsamer Film gelungen, der mit dem jungen Pierre Brice in seiner Paraderolle aufwarten kann. Und Martin Böttchers Filmmusik ist zwar unbestritten kitschig, verfehlt ihre Wirkung aber auch nach mehr als 40 Jahren nicht.

Karl May


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U TURN (Oliver Stone, 1997)


Is everyone in this town on drugs?

Oliver Stone lieferte mit U Turn einen bewusst unpolitischen, rein der Unterhaltung dienenden Film ab – eine echte Rarität im Schaffen des Vietnam-Veteranen. Dass er auch das beherrscht, bezeugt dieser fiese kleine Thriller, der zu meinen liebsten Stone-Filmen zählt, auch wenn die Kritik ihm nicht allzu wohlgesonnen war. Die überbelichteten, grobkörnigen Bilder lassen den Zuschauer die sengende Hitze im Wüstenstädtchen Superior förmlich spüren und die bereits bei Natural Born Killers verwandten Stilmittel wie Jump-Cuts, wilde Kameraschwenks oder sprunghafte Wechsel der Perspektive verleihen dem Film eine fiebrig-surreale Atmosphäre, die an einen schlechten Drogen-Trip erinnert. Und wie in einem solchen muss sich der arme Bobby auch fühlen, auch wenn sich das Mitleid mit ihm in Grenzen hält angesichts der Trotteligkeit, mit der er von einer Kalamität in die nächste stürzt. (Wobei Jennifer Lopez einem ja durchaus die Sinne vernebeln kann. :love: ) Neben der schwülen Atmosphäre sind es vor allem die herrlich skurrilen Charaktere, die U Turn seine Würze verleihen. Ein Lob verdient auch das Skript von John Ridley, das durch ständige Wendungen keine Langeweile aufkommen lässt.

Oliver Stone


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SHUTTER ISLAND (Martin Scorsese, 2010)


Passend zum Kinostart des neuen Scorsese-Films Hugo habe ich nun endlich den Vorgänger gesehen. Und was soll ich sagen? Scorseses filmische Umsetzung des Lehane-Romans hat mich schlichtweg weggeblasen. Die Story gewinnt sicherlich keinen Preis für Originalität und ist in sich nicht immer schlüssig, aber die großartige Inszenierung erstickt jeden aufkommenden Zweifel im Keim. In Sachen Bildregie griff Scorsese wieder einmal auf Robert Richardson zurück, mit dem er u. a. schon bei Casino, Bringing out the Dead oder The Aviator zusammengearbeitet hatte. Zielgenau unterstützt werden die überwältigenden Bilder durch den grandiosen Score von Robbie Robertson, der akzentuiert und pointiert das Geschehen untermalt. DiCaprio wird nicht mehr mein Lieblingsschauspieler, aber ich komme nicht umhin, ihm hier eine tadellose Leistung zu bescheinigen. Ben Kingsley und Max von Sydow sind natürlich immer eine Bank. Nach langer Zeit endlich mal wieder ein Horror-Thriller, der mich in allen Belangen überzeugen konnte.

Martin Scorsese


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WINTER'S BONE (Debra Granik, 2010)


Ein feiner kleiner Thriller, der durch seine ruhige, zurückhaltende Erzählweise besticht. Angesiedelt in den Ozarks gewährt er einen Einblick in den Lebensalltag einer Gemeinde, die sich weitgehend selbst versorgt und durch Produktion und Konsum der Droge Crystal Meth immer wieder in den Fokus der Obrigkeit gerät. Nur verständlich also, dass man am liebsten unter sich bleibt, zumal jeder mit jedem irgendwie verwandt ist. Aufmerksamkeit von außen kann man ebensowenig brauchen wie Clanmitglieder, die zu viele Fragen stellen oder gar Insiderwissen preisgeben. Die Bestrafung folgt auf dem Fuß, sei es eine zünftige Tracht Prügel oder direkt die finale Lösung.

Auffallend sind die starken Frauenfiguren des Films, die davon zeugen, dass eine Frau auf dem Regiestuhl saß. Winter's Bone schert sich einen Dreck um die gängigen Hollywood-Konventionen und versprüht die rohe, unbändige Kraft des Independentfilms, personifiziert vor allem durch die bärenstarke Hauptdarstellerin Jennifer Lawrence. Die vielen Laiendarsteller und die detailverliebte Kameraführung verleihen dem Film ein hohes Maß an Authentizität. Die Atmosphäre ist zum Greifen dicht und erzeugt ganz ohne die genretypischen Stilmittel eine immense Spannung. Und als Sahnehäubchen gibt's Sheryl Lee in einer Nebenrolle, die damit den Beweis antritt, dass sie selbst als Hinterwäldlerin eine echte Show ist.


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GIRL WITH A PEARL EARRING (Peter Webber, 2003)


Webbers Spielfilm-Debut basiert auf dem gleichnamigen Roman von Tracy Chevalier, der eine fiktive Entstehungsgeschichte zu Vermeers berühmtem Gemälde "Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge" erzählt. Dabei verlässt sich der Brite in erster Linie auf die ausdrucksstarken Bilder. Bei der Farbgebung hat er sich erkennbar an den Gemälden des Niederländers orientiert. Die detailverliebten Kulissen wirken authentisch und lassen die Delfter Innenstadt des 17. Jahrhunderts vor den Augen des Zuschauers wiederauferstehen. Das zeitgenössische Flair wurde gekonnt eingefangen, die dezent eingesetzte Musik bildet die perfekte Untermalung und sorgt für eine stimmige und dichte Atmosphäre. Scarlett Johansson ist perfekt in der Rolle des Dienstmädchens Griet, nicht zuletzt aufgrund ihrer Physiognomie, die erstaunliche Ähnlichkeiten mit dem Mädchen auf dem Originalbild aufweist. Ein wundervoller Film, und ungeheuer entspannend dazu.


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THE ROAD (John Hillcoat, 2009)


Are we still the good guys?

John Hillcoats filmische Umsetzung des gleichnamigen McCarthy-Romans ist einer der schwermütigsten und deprimierendsten Filme, die ich in meinem Leben gesehen habe. Egal wie gut gelaunt man die Sichtung angeht - danach ist zunächst alle Freude am Leben verschwunden und es dauert eine geraume Zeit, bis das Gesehene verarbeitet ist. Ein Film, nach dessen Sichtung man am liebsten seine ganze Familie an sich drücken möchte, um sich zu versichern, dass alles in Ordnung ist. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt einen derart hoffnungslosen und nihilistischen Film gesehen habe. Dabei ist er beeindruckend konsequent. Nicht der leiseste Hoffnungsschimmer, nicht das kleinste Anzeichen dafür, dass das Leben in dieser toten, grauen, staubbedeckten Welt noch einen Sinn hat, ist dem Zuschauer vergönnt. Selbst die lange herbeigesehnte Ankunft am Atlantik ist ernüchternd, denn auch die See entpuppt sich als graue, leblose Brühe. Als besonders beeindruckend empfand ich die Leistung des 13-jährigen Kodi Smit-McPhee, der vollkommen ungekünstelt und natürlich agiert.


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BIG FISH (Tim Burton, 2003)


Dying is the worst thing that ever happened to me.

Big Fish ist Tim Burtons Liebeserklärung an die Kunst des Geschichtenerzählens, die er selbst so gut beherrscht. In den Erzählungen Edward Blooms verschwimmen Dichtung und Wahrheit zu einem phantastischen Ganzen, doch enthält beinahe jede noch so aberwitzige Geschichte auch einen Funken Wahrheit. Dies zu erkennen ist ein Prozess, den Blooms Sohn William durchläuft und an dessen Ende er sich mit seinem sterbenden Vater versöhnt, nachdem die beiden zuvor drei Jahre lang nicht miteinander gesprochen haben. Burton verarbeitete mit diesem Film auch den Tod seines eigenen Vaters, den er während der Schaffensphase zu verkraften hatte. Von daher ist Big Fish vielleicht Burtons persönlichster Film. Im direkten Vergleich mit dem gestern gesichteten Alice in Wonderland wirkt Big Fish erstaunlich bodenständig, was nicht nur auf die storybedingt realistischeren Charaktere sondern vor allem auch darauf zurückzuführen ist, dass hier weitgehend auf CGI verzichtet wurde.

Tim Burton


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ALICE IN WONDERLAND (Tim Burton, 2010)


Off with the head!

Burtons Adaption des Carroll-Romans hat mit der Vorlage nicht sonderlich viel zu tun. Zwar hat er viele der Figuren übernommen, daraus jedoch eine eigene Geschichte um die pubertierende Alice gebastelt, die den Übergang vom Kind zur Frau in einer Art Selbstfindungsprozess vollzieht. Das Ergebnis ist ein äußerst witziger und geistreicher Film, bei dem es soviel zu entdecken gibt, dass man bei einer Sichtung gar nicht alles erfassen kann. Die Inszenierung ist ähnlich schrill und bunt wie bei Charlie and the Chocolate Factory, den ich ebenfalls sehr mag. Und wie dieser ist Alice in Wonderland in hohem Maße familientauglich, ohne dass er deswegen gleich als Kinderfilm gelten muss. Meine Favoritin ist die von Helena Bonham Carter hinreißend verkörperte Figur der roten Königin, die erkennbar an die „Virgin Queen“ Elisabeth I. angelehnt ist.

Tim Burton


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THE WAY BACK (Peter Weir, 2010)


We've all done terrible things to survive. But don't ever lie to me again.

Nach seinem letzten Film Master and Commander nahm sich Peter Weir sieben Jahre Zeit, bevor er die Flucht von sieben Häftlingen aus einem sibirischen Gulag ins 6.500 km entfernte Indien verfilmte. Der Wahrheitsgehalt der Romanvorlage des Polen Slawomir Rawicz ist umstritten, doch scheint zumindest Weir davon überzeugt zu sein, widmet er seinen Film doch den drei Häftlingen, die 1941 Indien erreichten. Für das Funktionieren des Films ist die Frage, wieviel von der Geschichte letztlich wahr ist, nicht von Belang.

In seinen besten Zeiten stand Weir für unkonventionelle Filme, die den gängigen Hollywood-Konventionen trotzten, auch wenn dies auf seine Arbeiten ab Ende der 80er Jahre nur noch bedingt zutrifft. Doch schon mit Master and Commander besann er sich auf alte Tugenden, und The Way back macht genau da weiter. Die Inszenierung ist betont leise und zurückhaltend. Abgesehen von der kurzen Ausbruchssequenz aus dem Gulag gibt es keine Actionszenen, Musik wird nur selten und dosiert eingesetzt. Gesprochen wird wenig, was die Erschöpfung der Protagonisten umso greifbarer macht. Der eigentliche Hauptdarsteller jedoch ist die Natur. Weir zeigt ihre betörende Schönheit in ausladenden Bildern, die jedoch nicht darüber hinwegtäuschen können, dass sie die einzigen Gefahrenquellen für die Flüchtlinge bereitstellt. Und hier gibt’s die volle Breitseite: Kälte und Hitze, Sandsturm und Schneesturm, selbst Moskitos quälen die Flüchtenden. Hunger und Durst sind ohnehin ständige Begleiter. Eine der besten Szenen des Films ist jene, in der die Flüchtlinge die mongolische Grenze überschritten haben, sich zunächst in Sicherheit wähnen um dann zu erkennen, dass inzwischen auch hier der Kommunismus Einzug gehalten hat.

Über den Schluss kann man geteilter Meinung sein. Natürlich ist er kitschig, doch mit fortschreitendem Alter scheint bei mir auch die Bereitschaft zuzunehmen, mich auf derartige Dinge einzulassen. Vor zwanzig Jahren hätte ich mich wahrscheinlich geärgert, heute sehe ich milde darüber hinweg. Vielleicht erste Anzeichen einer einsetzenden Altersweisheit? Darstellerisch gibt es nichts zu beanstanden, auch wenn ich ein gewisses Unbehagen im Vorfeld angesichts solcher Namen wie Colin Farrell und Ed Harris nicht leugnen will. Doch gerade Farrell gefiel mir ausgesprochen gut in der Rolle des russischen Kriminellen Valka. Da ist es auch stimmig, dass er, der einzige nicht politische Sträfling und zudem überzeugter Stalin-Anhänger, an der russisch-mongolischen Grenze kehrtmacht und in Russland bleibt, auch auf die Gefahr hin, bald wieder in einem Arbeitslager zu landen.

Mit The Way back ist Weir ein ebenso leidenschaftliches wie überzeugendes Plädoyer für die Freiheit und gegen den Kommunismus gelungen, dessen Bildgewalt den Zuschauer die Leiden der Protagonisten beinahe physisch spüren lässt. Bleibt zu hoffen, dass sein nächster Film nicht wieder sieben Jahre auf sich warten lässt.

Peter Weir


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THE SOCIAL NETWORK (David Fincher, 2010)


I'm CEO, bitch!

Nach Benjamin Button ist dies nun schon der zweite Film Finchers, der mich thematisch überhaupt nicht interessiert und den ich nur deswegen gesichtet habe, weil Fincher der Regisseur ist. Hätte irgendein Nobody oder ein von mir nicht so geschätzter Filmemacher den Stoff verfilmt - es wäre mir nicht im Traum eingefallen ihn anzuschauen. Der Grund liegt vor allem darin, dass ich mit sozialen Netzwerken wie Facebook überhaupt nichts anfangen kann, sie nicht nutze, ja die meisten nicht einmal kenne. Warum sollte mich dann ein Film über den Facebook-Gründer interessieren?

Umso erstaunlicher ist es, dass es Fincher auch hier wieder gelingt, mich positiv zu überraschen, sogar mehr noch als bei dem unerwartet guten Benjamin Button. The Social Network ist ein ganz hervorragender Film geworden, wobei die Tatsache, dass es eben kein Film über Facebook ist, für mich hilfreich war. Vielmehr erzählt Fincher eine Geschichte über echte und falsche Freundschaften und vom rasanten Aufstieg eines Computer-Nerds zu einem der reichsten Unternehmer der Welt. Maßgeblichen Anteil am Gelingen haben die erstklassigen messerscharfen Dialoge Aaron Sorkins, die den Film souverän über die zwei Stunden Laufzeit tragen. Ebenfalls hervorragend sind die Darsteller, allen voran Jesse Eisenberg, der Zuckerberg als eigenwilligen, rücksichtslosen, irgendwo aber auch sympathischen Zeitgenossen spielt. Richtig gut auch Justin Timberlake, der meines Wissens in erster Linie Musiker ist. Fincher hält sich in seinem Inszenierungsstil angenehm zurück (wie schon bei Zodiac) und verzichtet auf unnötige technische Spielereien. Dennoch oder gerade deswegen ist The Social Network eine absolute Augenweide. Kongenial ergänzt wird das durch den grandiosen Score des Nine-Inch-Nails-Kopfes Trent Reznor. Großes Kino.

David Fincher


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HONKYTONK MAN (Clint Eastwood, 1982)


Eastwoods wunderbare Umsetzung von Carliles Roman ist eine bunte Mischung aus Road-Movie, Komödie, Musikfilm und Drama. Ein Film, der trotz seines ernsten Grundthemas gute Laune verbreitet. Seine größten Pluspunkte sind die liebenswerten Charaktere: Eastwood in der für ihn ungewohnten Rolle des todkranken Sängers Red Stovall, der seine Musik für die Nachwelt erhalten will, sein junger Neffe Whit, der die Reise nach Nashville als großes Abenteuer begreift und im Laufe derselben erste Erfahrungen mit Sex und Drogen macht oder auch sein Großvater, der zu seinem Geburtsort zurückkehren will, um dort friedlich zu sterben. Zwischendurch werden mal eben ein paar Hühner gestohlen und Red nach Cowboy-Art aus dem Gefängnis befreit. Ein toller Film, der sich in seiner unbeschwerten Art qualitativ im oberen Drittel des Eastwood'schen Schaffens bewegt.

Clint Eastwood





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Tommy The Cat
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