Bjoern sagte am 16.01.2005, 18:09:
Außerdem sehen wir in der allerersten Szene (der verletzte Rücken) und am Ende, dass sie schwerverletzt wurde. Woher erfahren wir dann nicht... Es gibt kaum klare Absteckungen , wo die schizophrende Geschichte anfängt, wo aufhört... Die Szene am Anfang, in welcher sich der männliche Killer einen blasen lässt und dann den Kopf entsorgt, steht schlussendlich völlig isoliert da und ist zu keiner Ebene der Geschichte zuordenbar..
Hier hätte Aja stärker so vorgehen müssen wie z.B. Fincher in Fight Club, der es dem Zuschauer ermöglich auch hinter der Geschichte des schizophrenen Erzählers das zu entdecken, was wirklich geschehen sein soll.
Das ganze ist schon ein Film, also unwirklich, Aja setzt dem noch einmal eins drauf, in dem er die Geschichte auf eine weitere unwirkliche Ebene hebt, aber wozu? Scheinbar nur um den Zuschauer zu verarschen und am Ende mit einer tollen Wendung überraschen zu können. Einen anderen Sinn sehe ich nicht und das hasse ich bei solchen Filmen
Vielleicht liegt darin aber auch die Stärke des Films, jetzt weniger als Genrefilm gesehen, sondern womöglich auch als Kommentar?
Fight Club verhandelt ja eine recht übliche Auffassung von Schizophrenie, die diese recht sauber begrifflich zu packen bekommt. Ein Mensch, zwei Persönlichkeiten, alles klar getrennt und retrospektiv schön einzeln zuordbar. Innen und Außen sind auf bildorganisatorischer Ebene zum Schluss klar getrennt.
Das geht aber nicht wirklich mit dem Phänomen der Paranoia und der Schizophrenie konform. Eine derart klare Erkenntnis, wie sie Edward Nortons Charakter zum Ende von F.C. beschleicht, ist für einen paranoiden oder eben sogar schizophrenen Charakter nicht möglich. Und auch die Therapie kann hier allenfalls ein Attest aussprechen, aber nicht unbedingt eine klare biografische Struktur aus den Gegebenheiten destillieren.
Ich würde sagen: Dass hier nicht mehr getrennt werden kann, dass hier viele Bildinhalte im Widerspruch zur üblichen Logik der Schizophrenie stehen, lässt eher den Schluss zu, dass es kein "Äußeres" im Film gibt. Der Film bebildert eine Innenwelt, die sich eine Außenwelt strukturiert und diese einer Erzählung unterordnet (wie beispielsweise ja auch in der Psychoanalyse am Ende immer eine Erzählung stehen muss, die aus zunächst disparaten biografischen Bausteinen konstruiert wird), welche wiederum durch filmische Konventionen überformt wurde (vgl. zB die Rede von Menschen, die einer Beinahe-Todeserfahrung ausgesetzt waren, dass ihr Leben "wie ein Film" an ihnen vorüberzog => im vorfilmischen Zeiten wurden hier in der Tat gänzlich andere Metaphern gebraucht und ich denke, der Verdacht, dass hier "wirklich" ein Film gesehen wird (wie zB im antiken Griechenland eine Wachstafel "gesehen" wurde), ist nicht unbegründet). Der Film lässt keine souveräne äußere Position zu (wiewohl manche Bilder sicherlich auf Äußeres referieren mögen), was, wie Stefan in seinem Weblog sehr klug bemerkt hat, im übrigen auch durch die akustische Gestaltung des Films nahegelegt wird.