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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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TRUE GRIT (Joel Coen, Ethan Coen/USA 2010)


"A saucy line will not get you far with me."

True Grit ~ USA 2010
Directed By: Joel Coen/Ethan Coen


Nachdem ihr Vater von dem Outlaw Tom Chaney (Josh Brolin) erschossen wurde, verlangt es die vierzehnjährige Mattie Ross (Haille Steinfeld) nach Rache. Sie verkauft die verbliebene Habe ihres alten Herrn und engagiert den versoffenen, einäugigen Marshall Reuben "Rooster" Cogburn (Jeff Bridghes), um den flüchtigen Chaney zu finden und seiner gerechten Strafe zuzuführen. Ihnen schließt sich der Texas Ranger LaBoeuf (Matt Damon) an.

Ich hätte ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass die Coens bei mir mit dieser Variation des Portis-Romans nach drei exzellenten Arbeiten in Folge noch einen Volltreffer landen könnten, erst recht nicht, da Hathaways Erstverfilmung, speziell infolge von John Waynes berühmter Interpretation der Cogburn-Figur, schon einen gewissen Standard setzte - auch bei mir. Doch sie läuft erneut reibungslos gut, diese unikale Adaptierung einer bereits bekannten Geschichte an die Coen-Standards in ihrem höchst eigenen Kosmos des Seltsamen. Die Erschaffung jener hochspezifischen Gratwanderung zwischen trockenem Humor und Melancholie beherrschen die Brüder nach wie vor so perfekt wie niemand sonst und darüberhinaus kreieren sie eine Wildwest-Authentizität und -Historizität, die sich im jüngeren Kino höchstens noch in Andrew Dominiks "Assassination Of Jesse James" wiederfinden lässt. Weiterhin ist die Schauspielführung von höchsten Gnaden. Dass Jeff Bridges als knarziger alter Suffgockel toll ist, mag man sich denken, aber dass Matt Damon hier so weit abseits von seinem Bubi-Image aufspielt und ganz besonders wie die knuffige Hailee Steinfeld ihre Sache macht, dazu bedarf es schon ganz großer Könnerschaft auch hinter der Kamera. Um mich kurz zu fassen: "True Grit" '10 ist, das muss ich als ewiger Remake-Kritiker tatsächlich umweglos anerkennen, genauso gut wie das "Original" und damit ein weitere hervorragende Arbeit dieses immer wieder unglaublichen Filmemachergespanns.

9/10

Arkansas Alkohol Coming of Age Freundschaft Remake Road Movie Coen Bros.


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YELLOW SKY (William A. Wellman/USA 1948)


"Stop the pursuance! That'll save us from hanging them."

Yellow Sky (Herrin der toten Stadt) ~ USA 1948
Directed By: William A. Wellman


Der Bandit James "Stretch" Dawson (Gregory Peck) und seine sechs Männer fliehen nach einem Banküberfall mitten durch die Wüste. Nachdem einer (Robert Adler) erschossen wird, gelangen die Übrigen immerhin zum anderen Ende des todbringenden Glutofens. Dort finden sie einen alten Goldgräber (James Barton) und seinen jungen Schützling, die burschikose Constance Mae (Anne Baxter), genannt "Mike", die letzten Einwohner der Geisterstadt Yellow Sky. Stretches Kompagnon Dude (Richard Widmark) wittert bei dem Alten ein Vermögen in Gold und will dieses um jeden Preis an sich bringen, während Stretch seine Sympathien für den Senioren und vor allem für Mike entdeckt. Die Bande zersplittet sich schließlich in zwei rivalisierende Lager.

Einer von Wellmans schönsten Western und dazu einer, der meine Liebe für die Klassiker des Genres vor vielen Jahren wesentlich entflammte. Wellman macht es einem aber auch nicht sonderlich schwer, seinen Film zu mögen. Um Läuterung geht es, die Wandlung vom harten Jungen zum lammfrommen Menschenfreund, hervorgerufen durch Liebe, Verantwortungsbewusstsein und Freundschaft, die über den Widerstreit mit Habgier und Egozentrik triumphieren. Peck und Widmark symbolisieren schon rein äußerlich den ewigen, personellen Dualismus der Gattung; hier der reumütige, gütige Christ, der ja eigentlich nur mal einen Schlenker auf die schiefe Bahn gemacht hat, um dann umso stabilisierter wieder den geraden Weg einzuschlagen, dort der verschlagene, durch nichts und niemanden aufzuhaltende Halunke, für dessen Interpretation der höhnisch grinsende, junge Widmark wie geschaffen scheint. Dazu der Mut zum gekonnten Schattenspiel der Schwarzweißphotographie, zu einem Zeitpunkt, als die Konkurrenz von Universal langsam begann, auf grell reizendes, vergleichsweise vulgär anmutendes Technicolor zu setzen bei ihren günstigen kleinen Audie-Murphy-Western.

9/10

William A. Wellman Geisterstadt Wueste


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THE WAY WEST (Andrew V. McLaglen/USA 1967)


"Oregon, Mister! Ain't ya heard?"

The Way West (Der Weg nach Westen) ~ USA 1967
Directed By: Andrew V. McLaglen


1843 startet ein Siedlertreck auf eine gefahrvolle Reise von Missouri nach Oregon. Der Initiator Tadlock (Kirk Douglas), ein in Ungnade gefallener Ex-Politiker, führt den Zug mit eiserner Hand und zieht bald den Unmut einiger Mitreisender auf sich, derweil Treckführer Summers (Robert Mitchum) stets einen kühlen Kopf und zu allen ihn umgebenden Vorgängen eine gesunde Distanz wahrt. Einen persönlichen Rivalen findet Tadlock indes in dem Familienvater Evans (Richard Widmark), der schon bald genug hat vom diktatorischen Wesen des Minidespoten.

Bis 1978, als die "Wild Geese" zum Überflug ansetzten, war dies McLaglens bester Film: Ein so aufwändig wie schön inszenierter, in langer Hollywood-Tradition stehender Pionierwestern. Aus all seinen soliden, aber im Gros wenig signifikanten Auftragsarbeiten ragt "The Way West" deshalb so stolz hervor, weil das ihm zugrunde liegende, klassische Script eine echte Bindung zu seinen Figuren entwirft und als Folge davon echte Empathie evoziert. Man fühlt mit diesen so unterschiedlich angelegten Charaktern, von denen so gut wie keiner eindimensional bleibt. Besonders Douglas als ambivalenter Träumer liefert Großartiges, aber auch Nebenfiguren wie die von Sally Field gespielte, naive Teenagerin Mercy und ihr verheirateter Galan Mack (Michael Witney) sind wie nebenbei und doch voller Tiefe angelegt. Zusammen mit den exzellenten Formalia - einer bravourösen Panoramakamera (William H. Clothier), einem vorzüglichen Westernscore (Bronislaw Kaper) und einem bemerkenswerten inszenatorischen Gespür für Stimmungen - ergibt dies eine Pflichtveranstaltung für Genrefreunde, einen der besten Western der Spätära.

9/10

Treck Indianer Berge Andrew V. McLaglen Siedler Wald Wueste


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SANTA FE TRAIL (Michael Curtiz/USA 1940)


"One of them is wrong - but which one?"

Santa Fe Trail (Land der Gottlosen) ~ USA 1940
Directed By: Michael Curtiz


West Point, 1850er: Jeb Stuart (Errol Flynn) und sein Freund George Custer (Ronald Reagan) graduieren mit Auszeichnung an der Militärakademie und werden umgehend nach Kansas geschickt, um den Eiseningenieur Cyrus Holliday (Henry O'Neill) beim Bau seiner Bahnlinie entlang dem berühmten Santa Fe Trail zu unterstützen sowie den Abolitionistenführer John Brown (Raymond Massey) von seinen Terroraktionen gegen die Südstaatler abzuhalten.

Beileibe kein unproblematischer Film, den Michael Curtiz mit seinem Leibgespann Flynn - de Havilland da gedeichselt hat. "Santa Fe Trail" ist nicht nur offen rechtslastig und zuweilen sogar rassistisch; er propagiert zudem noch abenteuerliche Theorien, denen zufolge die Südstaaten die Sklaverei irgendwann sowieso auch in autonomer Weise abgeschafft hätten und der gesamte Sezessionskrieg somit rückblickend eine Aktion von utopistischen Landesverrätern gewesen sei. Van Heflin als Gegenspieler von Flynn und Reagan unterstützt die Ideen der Abolitionisten und wird permanent als gefährlicher Radikaler veräußert, dabei ist er der eigentliche Held und seine Widersacher jene, die es im Namen der Menschlichkeit zu bekämpfen gälte. Dass der Film nebenbei noch mit historischen Fakten jongliert, wie es ihm gerade in den Kram passt (Stuart hat drei Jahre vor Custers Ankunft in West Point graduiert, keinesfalls mit ihm zusammen und beide waren in ihrem jeweiligen Jahrgang als mittelmäßige bzw. hoffnungslos disziplinlose Kadetten verufen) und "seine Neger" permanent als führungsbedürftige, ungebildete Halbaffen denunziert, die eigentlich ja sowieso lieber in der Sklaverei verharren wollten als den ungemütlichen Weg in die Freiheit zu wagen, ist ohnehin eine Hollywood-Krankheit dieser Jahre und somit verschmerzbar. Dennoch ist "Santa Fe Trail", natürlich zusammen mit Raoul Walshs Custer-Beweihräucherung "They Died With Their Boots On" aus der ganzen, langen Serie glamouröser WB-Produktionen mit Flynn zwischen 35 und 50 vermutlich jener Film, den man getrost und mit Fug und Recht als "ungenießbar" bezeichnen darf. Nur gut, dass ich so ein gewaltig großes Filmherz habe.

6/10

Sklaverei Sezessionskrieg Michael Curtiz Eisenbahn Kansas


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VIRGINIA CITY (Michael Curtiz/USA 1940)


"Nice to meet you again, Captain Irby, so far from home."

Virginia City (Goldschmuggel nach Virginia) ~ USA 1940
Directed By: Michael Curtiz


In den späten Tagen des Sezessionskrieges bekommt der Unionsoffizier Bradford (Errol Flynn) heraus, dass die Konföderation unter Präsident Davis (Charles Middleton) sich durch ein hohes Kontingent geschmuggelten Goldes zu sanieren plant und den Krieg von Richmond aus noch einige Zeit weiterzuführen plant. Bradford reist nach Virginia City, Nevada, weil von dort aus der Schmuggel als Siedlertreck getarnt starten soll. Initiator der Angelegenheit ist Bradfords nicht minder stolzer Gegenspieler Captain Irby (Randolph Scott). Nicht nur, dass beide Männer dieselbe Frau (Miriam Hopkins) lieben, sie haben auch noch einen gemeinsamen Feind: Den Banditen John Murrell (Humphrey Bogart)...

Wie üblich gut aufgelegter Flynn-Western von Michael Curtiz, der, wie Joe Hembus es so passend zu formulieren pflegte, seine Geschichte um Liebe, Freundschaft und Patriotismus voller Flamboyanz erzählt. "Virginia City" enthält sich vorsichtig jedweder betonter Sympathien für Nord und Süd, hält es jedoch mit dem gemeinsamen Präsidenten Lincoln, dessen Silhouette am Ende einige kluge Weisen von sich geben und sich von einer radikal gewandelten Miriam Hopkins anschmachten lassen darf. Lincoln wird darüberhinaus quasimythologisiert, denn seinen Gegenspieler Jefferson Davis zeigt die Kamera unverblümt und problemlos in Frontalansicht. So wie Davis zieht auch der arme Randolph Scott den Kürzeren, im Duell gegen Flynn, im Kampf um die Hopkins und schließlich in Bezug auf das Weiterleben. Das Finale, in dem Flynn wegen einer zwar großherzigen aber strikt militärfeindlichen Aktion von Präsident Lincoln begnadigt wird, ist zwar Kitsch deluxe, man verzeiht so etwas angesichts der übrigen Vorzeigequalitäten dieses typisch edlen Jahrgangswestern mit seinem grandiosen Hauptdarstellertriumvirat allerdings nur allzu gern. Außerdem hätte schließlich keiner den Errol gern baumeln sehen.

8/10

Wueste Michael Curtiz Sezessionskrieg Historie period piece Nevada


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HORIZONS WEST (Budd Boetticher/USA 1952)


"Your reign's gonna be broken."

Horizons West (Fluch der Verlorenen) ~ USA 1952
Directed By: Budd Boetticher


Die beiden texanischen Brüder Dan (Robert Ryan) und Neil Hammond (Rock Hudson) kehren aus dem Sezessionskrieg heim. Für Neil steht fest, dass er die elterliche Farm unterstützen wird; der ältere Dan erwartet jedoch wesentlich mehr vom Leben, speziell betreffs seiner pekuniären Ausstattung. Also trommelt er eine kleine Banditenclique zusammen und beginnt, die umliegenden Farmer mit dreisten Neppereien um ihr Geld zu erleichtern. Der reiche Rancher Hardin (Raymond Burr) sieht das gar nicht gern, zumal Dan mit dessen Frau (Julia Adams) anbendelt. Und auch Neil beginnt irgendwann, das kleine Schreckensregime seines Bruders zu hinterfragen...

Im Grunde nichts als ein Gangsterfilm im Westerngewand mit Robert Ryan als historisch versetzter Nachfolger von Eddie Bartlett aus "The Roaring Twenties": ein heroischer, wenngleich frustrierter Kriegsheimkehrer, der sich hinreichend ausgenutzt fühlt von Armee und "Vaterland" und sich nunmehr etwas wünscht vom Leben, um seinem als "niedrig" empfundenen sozialen Stand Richtung aufwärts zu entkommen. Tatsächlich funktioniert die Idee der Transponierung dieses Stoffs ins Westerngenre wider Erwarten recht gut, zumal mit Boetticher ein hochkonzentrierter, kompetenter Filmemacher am Werke ist, der dem Sujet auch psychologische Facetten zu entlocken weiß. Ein Beispiel dafür wäre der Bruder- bzw. Vater-Sohn-Konflikt, in den Dan Hammond sich bereitwillig begibt, um seinen erträumten Lebensstil pflegen zu können. Ansonsten sticht "Horizons West" allein durch seine exquisite Besetzung aus dem großen Fundus der Fünfziger-B-Western der Universal hervor. Ein kleines Juwelchen, bereit zur Wiederentdeckung zwar, auf der momentan erhältlichen DVD jedoch leider nur mit der müden Neusynchro verewigt und somit besser im Original zu betrachten.

7/10

Budd Boetticher Texas Brueder Familie


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THE SCALPHUNTERS (Sydney Pollack/USA 1968)


"Mexico!"

The Scalphunters (Mit eisernen Fäusten) ~ USA 1968
Directed By: Sydney Pollack


Dass dem Trapper Joe Bass (Burt Lancaster) seine komplette Jagdbeute, eine ganze Pferdeladung Biberfelle, von den Kiowas gestohlen wird, lässt dieser nicht bieten. Als Gegenleistung erhält Bass von den Indianern immerhin den Sklaven Joseph Lee (Ossie Davis), einen hochgebildeten Louisiana-Flüchtling, der von seinem neuen "Eigentümer" prompt zum Helfershelfer erkoren wird. Die Felle und auch Joseph gelangen dann über Umwege in den Besitz des berüchtigten Skalpjägers Jim Howie (Telly Savalas) und seiner Bande, die gerade auf dem Weg nach Mexiko ist. Aus sicherer Entfernung drangsaliert der mit allen Wassern gewaschene Bass die Howie-Gang, um sein rechtmäßiges Eigentum wiederzubekommen.

Ein vorsätzlich hässlicher Western, besetzt mit hässlich herausgeputzten Darstellern, gefilmt im hässlichen Durango und beseelt von den hässlichsten Charakterzügen, die Menschen so an den Tag legen, wenn's ihnen mal wieder hässlich geht. Natürlich hat es Pollack nichts anderes im Sinn, als bärbeißige Satire zu machen. Er hat seine drei, vier Italowestern gesehen, sich davon offenbar stark beeindrucken lassen, ihren Formalismus und ihr Weltbild dazu erkoren, seine kleine, symbolträchtige Americana um den alltäglichen Rassismus und die Unmöglichkeit des friedlichen Zusammenlebens in Bilder zu fassen. Als männliche "Helden" gibt es einen unrasierten, schmutzigen Lancaster, der zwar ein exzellenter Fallensteller, aber ein ungebildeter und ungehobelter Klotz ist, den cleveren Sklaven, der zwar höchste Erziehung genossen hat, im Westterritorium aber völlig aufgeschmissen ist und schließlich Telly Savalas, der die Hälfte seiner screen appearance in Unterwäsche herumrennt. Als einzige Dame im Quartett gibt es die alte Trümmerlotte Shelley Winters - insgesamt ein tatsächlich wunderbares Ensemble, das sich gegenseitig allenthalben zu komischen Kabinettstückchen anstachelt.

8/10

Belagerung Sydney Pollack Satire


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THE KING AND FOUR QUEENS (Raoul Walsh/USA 1956)


"I never put a dime on anybody but myself and haven't lost yet."

The King And Four Queens (Heißer Süden) ~ USA 1956
Directed By: Raoul Walsh


Als der Gentleman-Gauner Dan Kehoe (Clark Gable) von dem 100.000-$-Goldschatz erfährt, den die alte Farmerin Ma McDade (Jo Van Fleet) und ihre vier verwitweten Schwiegertöchter (Eleanor Parker, Jean Willes, Barbara Nichols, Sara Shane) gehortet haben sollen, ist er sogleich Feuer und Flamme für die Penunze. Unter dem Vorwand, von Gesetzeshütern verfolgt zu werden erweicht er kurzfristig des alten Flintenweibes Mas Herz und findet Asyl auf ihrer Farm. Die vier darbenden Damen scharwenzeln umgehend um Kehoe herum und beanspruchen ihn jeweils für sich, derweil dieser sich lediglich für das Gold interessiert. In der überlegten Sabina (Parker) findet er schließlich eine Gespielin, die nicht minder ausgebufft ist als er selbst.

Der eigentliche Star dieses charmanten und frivolen Westerns sind die breiten Utah-Bilder von Lucien Ballard, der ja viele berühmte Genreklassiker photographiert hat. Vermittels einer Behaglichkeit erzeugenden, warmen Beleuchtung wendet Ballard jede äußere Härte der Geschichte, die, so meine ich, fälschlicherweise häufig als Western-Komödie bezeichnet wird, ab und lässt so eine trügerische visuelle, das Publikum nur vordergründig in Sicherheit wiegende Harmonie entstehen. Unter der Oberfläche brodelt es permanent, alle Figuren des Films sind eisenharte Opportunisten und Egomanen, jeweils nur an persönlichen Belangen interessiert und selbst das Happy End um Dan und Sabina wird, man ahnt es bereits, nicht von langer Dauer sein, da die zwei sich dann doch zu sehr verdient haben. Im Rahmen der Besetzung ist vor allem Jo Van Fleet, neben Mercedes McCambridge die größte alte Gewitterhexe Hollywoods, prachtvoll als argusäugige Oberhenne.
Insofern entpuppt sich der Humor, so man ihn überhaupt als solchen bezeichnen möchte, als ein tiefschwarzer. Eine Welt, von Ruch- und Rücksichtslosigkeit, Lügen, Ehrgeiz und Eigensinn beherrscht, empfinde ich persönlich jedenfalls als eher wenig komisch.

7/10

Schatz Farm Raoul Walsh


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GUN FURY (Raoul Walsh/USA 1953)


"My affair!"

Gun Fury (Mit der Waffe in der Hand) ~ USA 1953
Directed By: Raoul Walsh


Der berüchtigte Bandit Frank Slayton (Philip Carey) entführt Jennifer (Donna Reed), die Braut des Bürgerkriegsveterans und Jungfarmers Ben Warren (Rock Hudson), der sich nichts sehnlicher wünscht, als endlich eine friedliche Existenz im Westen führen zu können. Warren verfolgt Slayton und seine Bande unerbittlich in Richtung der mexikanischen Grenze. Nach und nach schließen sich Warren immer mehr Weggefährten an, die selbst noch eine Rechnung mit dem grausamen Gangster offen haben.

Ein recht kurioser kleiner Western, in dem Walsh bei aller erfolgreichen Verschleierung jedoch permanent durchschimmert. Das Hauptthema sind die seelischen Narben des Sezessionskrieges, der, obschon längst ausgefochten, für den Lebensweg beider Rivalen eine maßgebliche Rolle spielt: Ben Warren, der für die Union im Einsatz hat, hat der Gewalt feierlich abgeschworen, will einfach nur vergessen und mit seiner Frau ein neues Leben am Pazifik beginnen, derweil der frühere Konföderiertenkämpfer Frank Slayton die Niederlage seiner Armee nie hat verwinden können und daher einen unförmigen Rachefeldzug gegen jedermann führt, vorliebens natürlich gegen Yankees wie Warren. Das Duell zwischen Warren und Slayton ist also auch so etwas wie ein verspätetes Nachspiel der Kriegssituation, dessen letztliche Erfüllung praktisch determiniert scheint. Abseits von dieser nicht uninteressanten inhaltlichen Prämisse ist "Gun Fury" eine solide Randerscheinung im Schaffen von Walsh. Der Film wurde einst im hippen 3D-Verfahren gedreht, was die zahlreichen putzigen Effekte erklärt, in deren Zuge irgendwelche Gegenstände genau auf die Linse zugeflogen kommen.

7/10

3-D Raoul Walsh Kidnapping Sezessionskrieg Duell


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BITE THE BULLET (Richard Brooks/USA 1975)


"Hell, I'm unamerican."

Bite The Bullet (700 Meilen westwärts) ~ USA 1975
Directed By: Richard Brooks


Der Westen der USA, kurz nach der vorletzten Jahrhundertwende. Die Tageszeitung "Western Press" veranstaltet ein Preisrennen zu Pferde über 700 Meilen Distanz. Neben dem 2.000-Dollar-Gewinn winken dem Sieger noch zahlreiche Wetteinsätze und ein hohes Maß an Popularität. Neun Teilnehmer wagen sich an die gewaltige Strecke und nicht alle schaffen es bis zum Schluss.

Nachdem diverse kurz zuvor entstandene Genrefilme bereits den Schwanengesang des Western angekündigt oder gar gleich zelebriert hatten, kam von Richard Brooks nochmal ein sehr traditionsbewusstes Werk voller Enthusiasmus, ausstaffiert mit einer ganzen Kohorte sympathischer und ehrbarer Charaktere. Mit Ausnahme vielleicht des jungen Heißsporns Carbo (Jan-Michael Vincent), der seine große Klappe im Laufe des Rennens zu zügeln lernt, sind alle Teilnehmer zwar Individualisten, dafür aber höchst faire, hilfsbereite und durch die Bank sympathische Menschen, die sich in Notlagen gegenseitig stützen und zum möglichen Sieg tragen. Anlass für die obligatorischen Shoot-outs liefern einige üble Desperados, die die Rennreiter bei ihrem Geschäft stören. Eine solch großherzige und pionierfreundliche Zeichnung des alten Westens hat man lange Jahre zuvor nicht sehen können; umso schöner und entspannter nimmt sich Brooks' versöhnliches Alterswerk aus. Die finale Einstellung schließlich bleibt als eine visuelle Ode an die Freundschaft im Gedächtnis haften. Inmitten all der cineastischen Misanthropie, mit der ich zuweilen das Gefühl habe mich zu umgeben, tut ein solch humanes Pamphlet manchmal durchaus wohl. Allen nicht wegzudiskutierenden Amerikitschs zum Trotze.

8/10

Richard Brooks Pferderennen Freundschaft Pioniere





Filmtagebuch von...

Funxton

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