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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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ZIVOT I SMRT PORNO BANDE (Mladen Djordjevic/SRB 2009)


Zitat entfällt.

Zivot I Smrt Porno Bande (Leben & Tod einer Pornobande) ~ SRB 2009
Directed By: Mladen Djordjevic

Belgrad, 2001: Der sympathische Filmkünstler Marko (Mihajlo Jovanovic) bekommt kein Bein auf die Erde. Seine ambitionierten Vorstöße in den Bereich der Pornographie werden von seinem Produzenten Cane (Srdjan Miletic) als kommerziell untragbar zurückgewiesen. Also versucht er sich mit einigen Freunden aus der drogeninfizierten Undergroundszene an Porno-Cabaret, doch auch dies vergrätzt das Publikum und Cane, dem Marko mittlerweile eine gesalzene Summe Geld schuldet. Als "Pornobande" macht sich die Clique auf in die Provinz, wo man mit sozialkritisch-koitalem Improvisationstheater vor Dörflern und Bauern auftritt, jedoch rasch wiederum aneckt und einen üblen Ruf erwirbt. Alsbald macht Marko die Bekanntschaft des Snuff-Produzenten Franz (n.n.), der ihm willfährige Opfer verschafft, die sich vor der Kamera abschlachten lassen. Die entsprechende Sinnkrise der Gruppe lässt nicht lang auf sich warten, ebensowenig wie Krankheit, Tod und Wahnsinn.

Der damals etwa zeitgleich zu Srdjan Spasojevics "Srpski Film" entstandene, kaum minder skandalös aufgenomme "Zivot I Smrt Porno Bande" schlägt jenen in den meisten Kategorien recht anstandslos. Djordjevics Film ist noch sehr viel eindeutiger als Sozialparabel identifizierbar, trotz seiner teils schwer erträglichen, extrem real anmutenden Bilder von einer großen Zärtlichkeit für seine durchweg zum Sterben verdammten Figuren geprägt und dementsprechend nachhaltig zupackend. Markos Trip durch das serbische Hinterland steht symbolisch für einen Reise in das verfinsterte Herz einer gebrochenen Nation. Man begegnet, in ebendieser Reihenfolge: Missverstandenen, Ausgestoßenen, Kriegstraumatisierten, Strahlenopfern. Das, was die ohnehin vorgeschädigten Freunde an inneren und äußeren Extremen durchmachen müssen, wird, analog zu diesem verkrüppelten Humaninventar, mehr und mehr bizarr; von halluzinogenen Drogentrips über Epiphanien, Suizid und Seuche bis hin zu grün leuchtenden Rindern reicht die Bandbreite ihrer Erlebnisse, man verwandelt sich von ohnehin mental Aussätzigen immer mehr zu einer Art archaischer Gauklertruppe, deren Engagements sich um des schwindenden Selbstrettungsbedürfnis' Willen zunehmend pathologischer ausnehmen. Schuldgefühle, psychischer und physischer Zerfall gewinnen schließlich die vollständige Übermacht; Thanatos übertrumpft Eros - wie Marko es uns gleich zu Beginn ankündigt.
Dabei könnte die Vorarbeit hinreichender gar nicht geleistet worden sein: Der zweite apokalyptische Reiter hat das Land und die Seelen seiner Bewohner längst ausgehöhlt.

9/10

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PARIS BLUES (Martin Ritt/USA 1961)


"This romance is doomed."

Paris Blues ~ USA 1961
Directed By: Martin Ritt

Ram Bowen (Paul Newman) und sein Freund Eddie Cook (Sidney Poitier) leben als Jazzmusiker in Paris, wo sie allabendlich in einem kleinen Club spielen. Rams Ambitionen sind damit jedoch nicht erschöpft: Er mochte auch ein erfolgreicher Komponist werden wie seine großen Vorbilder. Als man die US-Touristinnen Lilian (Joanne Woodward) und Connie (Diahann Carroll) kennen lernt, bahnen sich unversehens zwei Romanzen an. Obschon Ram und Eddie von der Energie der Metropole leben und eigentlich nicht fortwollen, lassen sich beide zunächst von ihren Freundinnen überreden, mit in die USA zu kommen und dort mit ihnen zusammen zu leben. Doch nur einer wird am Ende wirklich den Mut aufbringen, zu seinen Plänen zu stehen.

Ein bisschen klischeprägend (und -geprägt) ist Ritts "Paris Blues", der zweite seiner insgesamt sechs Filme mit Paul Newman, ja schon. Spätestens seit "An American In Paris" wusste auch der mittwestliche Durchschnitts-Yankee, dass es in Paris in Europa eine Menge großer, alter Gebäude gibt und mindestens ebenso viele verruchte Spelunken, dass die Leute dort hemmungslos in der Öffentlichkeit herumknutschen, massig Rotwein trinken und rauchen und manche von ihnen gar Härteres konsumieren und dass der dunkelhäutigere Teil der Bevölkerung dort nichtmal halb so schief angeschaut wird wie daheim. Ein Menschenschlag für sich, die Altweltler. Hier hat auch der Jazz sein wahres Zuhause, weshalb auch hier nur ein kreativer Geist wie der Ram Bowens zur Entfaltung gelangen kann. Soviel zur Lebensweisheit von "Paris Blues". Dass dem gegenüber erwartungsgemäß phantastische Musik steht, von Duke Ellington aus dem off und von Satchmo aus dem on, dass Newman und Poitier gewohnt tadellos aufspielen und die Stadtimpressionen schöner kaum sein könnten, macht aus ihm einen sehens- und hörenswerten Film.

8/10

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ALMOST FAMOUS (Cameron Crowe/USA 2000)


"I didn't invent the rainy day, man. I just own the best umbrella."

Almost Famous ~ USA 2000
Directed By: Cameron Crowe

San Diego, 1973: William Miller (Patrick Fugit) ist erst 15 und versucht, sich verzweifelt aus den Klauen seiner vereinnahmenden Mutter Elaine (Frances McDormand) zu lösen. Seine momentan größte Liebe verdankt William seiner großen Schwester (Zooey Deschanel), die Elaine bereits aus dem Hause getrieben hat: Die zur Rockmusik. Da William zudem gern schreibt, kombiniert er seine zwei Leidenschaften und landet fix bei einem Angebot vom Rolling Stone Magazine, einen Artikel über Black Sabbath zu schreiben. Daraus wird über Umwege eine Tourgeschichte über Sabbaths Vorband Stillwater, die William zum größten Gram seiner Mutter auf deren folgender Konzertreise quer durch die Staaten begleitet. Dabei lernt William die Höhen und Tiefen des kriselnden Rock-Biz kennen und verliebt sich in das Groupie 'Penny Lane' (Kate Hudson), welches jedoch vornehmlich Augen für den Stillwater-Gitarristen Russell Hammond (Billy Crudup) hat...

Autobiographisch gefärbtes Meisterwerk des Musikjournalisten und Filmemachers Cameron Crowe, der seine innige Liebe zum Rock mit "Almost Famous" so unbestechlich vorgetragen hat wie es möglicherweise keinem anderen auteur je geglückt ist. Dem Film wohnt dieselbe, leichtfüßige Magie inne, die schon "Singles" bevölkerte - bittersüße Emotionalität trifft auf schwere Gitarren. In diesem Falle allerdings nicht immer. Mit dem erotischen Erwachen William Millers wird, ebewnso wie der gesamte Ton des Films, auch die Hintergrundmusik zunehmend leiser. So ist neben den multiplen Facetten, mit denen Crowe über die damalige Rockwelt in den USA berichtet, als Heavy Metal, ebenso wie die meisten anderen populärmusikalischen Subgenres gemeinhin noch nicht definiert und die entsprechenden Grenzen überhaupt noch sehr viel fließender waren, Crowes (natürlich höchstpersönlich getroffene) Songauswahl reinste, gegossene Poesie. Wenngleich Stillwater, die als fiktionaler Ersatz für die Allman Brothers herhalten, keine echte Band waren oder sind ("ihre" Songs stammen von Peter Frampton), spiegeln sie perfekt Lebens- und Zeitgefühl von damals wieder, soweit ein später Geborener wie ich sich das zumindest vorzustellen vermag. Ein musikalisches Tagebuch jener umwälzenden Zeit ist "Almost Famous", dazu eine der schönsten Coming-of-Age-Storys des jüngeren Kinos, die Traumwelten und Wahrheiten liebevollst diametralisiert.

10/10

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THE LITTLE FOXES (William Wyler/USA 1941)


"I hope you die soon! I'll be waiting for you to die!"

The Little Foxes (Die kleinen Füchse) ~ USA 1941
Directed By: William Wyler

Die Familie Hubbard, verfilzter Südstaatenadel, der noch stolz die alten Traditionen pflegt, befindet sich im Jahre 1900 auf dem endgültigen weg zum moralischen Verfall. Die im Zentrum der Familie stehenden drei Geschwister Regina (Bette Davis), Oscar (Carl Benton Reid) und Ben (Charles Dingle) wollen, um sich finanziell zu sanieren, gemeinsam einen Vertrag mit einem Chicagoer Baumwollfabrikanten abschließen. Zudem sollen Reginas Tochter Alexandra (Teresa Wright) und Oscars dümmlicher Sohn Leo (Dan Duryea) - immerhin Cousine und Cousin ersten Grades - verheiratet werden. Zur Finanzierung der geschwisterlichen Pläne bedarf es jedoch eines großen Kapitalzuschusses, den Reginas herzkranker Ehemann Horace (Herbert Marshall) in Form seiner Inhaberobligationen stellen müsste. Dieser wird zu jenem Zwecke von Alexandra aus der Kur geholt, weigert sich jedoch zur Vergabe der Investition. Daraufhin organisieren Ben und Oscar mit Leos Hilfe den vorübergehenden Diebstahl von Horaces Wertpapieren, den dieser jedoch entdeckt...

Noch so ein große Südstaatentragödie, die exemplarisch demonstriert, welch wundervoll dramatisches Potenzial Land und Leute doch inne hatten - und noch haben! Ungebrochen akuter Rassismus, Inzucht, Standesdünkel, Intrige, Familienlügen und Gier, verstecken sich hinter schnöder Oberflächlichkeit, Altehrwürdigkeit und wohlfeilem Benehmen. Bette Davis lässt sich hier in einer ihrer vordringlichsten Rollen zu bewundern als nicht mehr ganz taufrische southern belle, hinter deren Stirn sich Heimtücke und Eigennutz verbergen. Gegen Ende, als ihr ungeliebter, todkranker Gatte ihre Hilfe benötigt, lässt sie ihn mittels schlichter Unterlassung, den blanken Wahnsinn in den riesigen Augen, über Umwege verrecken und benutzt dann noch seinen Tod, um ihre Brüder zu erpressen. Ökonomisch steht sie damit zwar hervorragend da, doch Tochter Alexandra, die sie zu guter Letzt doch noch durchschaut hat, bahnt sich nun endlich den Weg zu ihrem libertären Hofmacher David Hewitt (Richard Carlson) und Regina steht alleine da, um eines Tages vermutlich exakt so zu enden wie Davis' alter ego Charlotte Hollis in Aldrichs "Hush...Hush, Sweet Charlotte", vereinsamt, verrückt und keifend auf ihrem altehrwürdigen Plantagensitz.

8/10

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HOW TO STEAL A MILLION (William Wyler/USA 1966)


"Okay, you're the boss. Just do as I tell you."

How To Steal A Million (Wie klaut man eine Million?) ~ USA 1966
Directed By: William Wyler

Nicole Bonnet (Audrey Hepburn) und ihr Vater (Hugh Griffith), ein leidenschaftlicher Kunstfälscher aus Familientradition, sitzen in der Klemme: Bonnet vergibt eine vermeintlich echte Plastik, die "Venus von Cellini", als Leihgabe an eine Kunstausstellung. Zu diesem Zeitpunkt ahnt er noch nicht, dass ein gefürchteter Authentizitätsprüfer aus der Schweiz anrücken soll, um die Echtheit der Venus festzustellen und Bonnet so den vom Museum festgelegten Versicherungsbetrag zuzugestehen. Somit droht Bonnets gesamte Fälscherkarriere aufzufliegen und er den Rest seines Lebens im Gefängnis zu verbringen. Nicole überredet den just zuvor getroffenen Kunstdetektiv Simon Dermott (Peter O'Toole), der sich ihr gegenüber als Räuber verkauft, die Venus aus dem Museum zu stehlen, bevor sie geprüft werden kann. Dabei knistert es heftigst zwischen den beiden.

Im Alter, und insbesondere mit diesem Film, der fast unmittelbar "The Collector" nachfolgte, verließ Wyler phasenweise die existenzialistische Bedeutungsebene früherer Großwerke, um sich stattdessen der Prädsentation sehr viel leichter erscheinender, fröhlicher Unterhaltung zu widmen. Dazu bot sich die damals schwer in Mode befindliche Gaunerkomödie an, für die sich Audrey Hepburn bereits durch ihre Rolle in Stanley Donens "Charade" außerordentlich empfohlen hatte. Bei Wyler hatte die göttinnengleiche Stilikone mit dem vielleicht schönsten Hals, den ich je bei einer Frau bewundern durfte, zudem die Option, anstelle eines ältlichen Herrn (wie in "Sabrina", "Love In The Afternoon" und besagtem "Charade") via bereits auffällig akutem Vaterkomplex einen ausnahmsweise sogar drei Jahre jüngeren Gentleman zu romantifizieren. Die Chemie zwischen Hepburn und O'Toole, beide ja irgendwie bereits prä-konnotiert als ätherische Kino-Überwesen, funktioniert denn auch so bombensicher, dass sie bereits ohne Weiteres einen gesamten Film hätte tragen können. Doch die anderen Figuren des Films; Hugh Griffith, Eli Wallach als naiver, amerikanischer Milliardär oder Erzfranzose Jacques Marin als Museumwächter leisten kaum minder Beachtliches, so dass eine überaus faires feel-good-movie zurückbleibt, das wunderbar dazu taugt, graue Tage aufzuhellen.

8/10

William Wyler Heist Vater & Tochter Kunst Paris Museum


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OTTO - DER FILM (Xaver Schwarzenberger, Otto Waalkes/BRD 1985)


"Irgendwo, in einem kleinen Postamt bei Oldenburg, muss es dann passiert sein..."

Otto - Der Film ~ BRD 1985
Directed By: Xaver Schwarzenberger/Otto Waalkes

Der halb durchgebackene Ostfriese Otto (Otto Waalkes) kommt nach Hamburg, um dort sein Glück zu machen. Der Kredithai Shark (Peter Kuiper) vermittelt ihm ein Darlehen zu Wucherzinsen, so dass der arme Otto mit den Schulden kaum mehr nachkommt. Da kommt ihm der zufällige Kontakt zu der Blankeneser Nobelfamilie von Kohlen und Reibach gerade recht: Er rettet deren backfischiger Tochter Silvia (Jessika Cardinahl) das Leben. Die zahllosen Chancen, die sich otto nun bieten, die ersehnte Penunze abzustauben, vergeigt er zwar durchweg, dafür jedoch gewinnt er die Liebe Silvias und entlarvt deren hochstapelnden Bräutigam Ernest (Sky du Mont).

Mit diesem ersten Kinofilm, der im Sommer 1985 einschlug wie eine Bombe und den damals wohl jeder dritte Bundesdeutsche mindestens einmal gesehen haben muss, erreichte das Phänomen "Otto" seinen Höhepunkt. Jene von dem Emdener Komiker Otto Waalkes kreierte Kunstfigur, die sich mittels seltsamer Geräusche, Jodelgesänge und Bewegungen durch ihren anarchischen Alltag schlug, sowie durch eine teils rasanten Mischung aus albernem Humor und manchmal grenzgenialem Witz auszeichnete, war bereits auf den westdeutschen Bühnen und im hiesigen Fernsehen durch einige kultisch beliebte Shows ein Renner, als der geniale Marketingtrick erwuchs, Otto auch ins Kino zu bringen.
Neben der Tatsache, dass "Otto - Der Film" der mit Abstand größte hierzulande entstandene Publikumsrenner des Nachkriegskinos wurde, der fürderhin den einen oder anderen Autorenfilmer dazu gebracht haben wird, sich ein imaginäres Bein auszureißen, ist dem späteren Fassbinder-Kameramann Schwarzenberger und Waalkes eine zeitlose Komödie gelungen, deren nimmermüde Gags heute noch genau so flott daherkommen wie vor (unglaublichen) knapp dreißig Jahren. Dabei ist weniger die hyperpräsente Figur Waalkes' der Haupt-Energieträger des Films, sondern vielmehr die nie austrocknenden, absurden Ideen, die vor allem Neureichtum, Snobismus und altdeutschen Ständeknies karikieren. Der Film traute sich, Neger- und Friseurwitze zu bringen ohne diffamierend zu wirken (waren diese doch geschickt genug vorgetragen, sich schlussendlich gegen ihre eigentlichen Adressaten zu wenden), eine Armee aus Heino-Zombies aufmarschieren zu lassen und eine gestandene Garde hochklassiger deutscher Schauspieler zu abgrundtiefen Blödeleien heranzuziehen. Dass sein Rezept, sein Stil und seine Klasse bis auf wenige Ausnahmen noch heute aufgehen, spricht Bände.

8/10

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SUMMER SCHOOL (Carl Reiner/USA 1987)


"Reality is so unreal."

Summer School ~ USA 1987
Directed By: Carl Reiner

Seinen geplanten Hawaii-Urlaub kann Nachwuchslehrer und Surffan Freddy Shoop (Mark Harmon) gepflegt vergessen: Konrektor Gills (Robin Thomas Grossman) verdonnert den Verdutzten zum Unterrichten des Ferienförderkurses Englisch. Darin erwartet Freddy eine ganze Horde durchgeknallter Kids, die sich wahlweise die Zeit mit Blödsinn vertreiben oder mit wesentlich existenzielleren Problemen als mit der Bewältigung einer Englischprüfung fertig werden müssen. Mit der Zeit wächst man sich jedoch gegenseitig ans Herz und auch die nette Kollegin Bishop (Kirstie Alley) beginnt, den anfangs noch naserümpfend wahrgenommenen Freddy zu mögen...

Frische Komödie, die beweist, dass Carl Reiner in den Achtzigern nicht zwingend auf Steve Martin angewiesen war, um Erstklassiges in die Welt zu entlassen. Zuallererst ist "Summer School" einmal richtig schön slackend-bescheuert und lebt von seiner ungezwungen Lässigkeit. Dem Film liegt eine herrliche LMAA-Attitüde zugrunde, die er liebevoll pflegt und sich dementsprechend garantiert nie vom Brot nehmen lässt. Er spart sich grobe Klischees und Unwahrheiten und hinterlässt die wunderbar reelle Erkenntnis, dass Lebensbildung und Weltwissen dröge Lehrpläne am Ende oftmals in den Schatten stellen. Dazu gibt es aber vor allem massig zu lachen, was "Summer School" vor allem dem furztrockenen Humor des Dialogscripts und nicht zuletzt Dean Camerons genialisch augeführten Splatter-Exzessen (ja, solche gibt es hier - man sehe, staune und frohlocke) zu verdanken hat.
So rechtes Ferien-Abhängkino nach meinem Gusto.

8/10

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THE KING AND I (Walter Lang/USA 1956)


"Death is not worse pain than an empty life."

The King And I (Der König und ich) ~ USA 1956
Directed By: Walter Lang

Im Jahre 1861 kommt die britische Lehrerin Anna Leonowens (Deborah Kerr) an den Hof des Königs von Siam (Yul Brynner), um dessen Kinderschar die abendländische Kultur näher zu bringen. Doch auch der König selbst benimmt sich in vielerlei Hinsicht wie ein unreifes Kind, lebt seine Egomanie und Mysoginie, obschon sich hinter seinem oberflächlichen Getue ein eigentlich liebenswerter Mensch verbirgt, den es Anna im Laufe der Zeit sogar herauszuschälen gelingt.

Diese Kino-Adaption von Walter Lang ist die berühmteste der Biographie Anna Leonowens durch Margaret Langdon und des sich später anhängenden Broadway-Musicals von Rodgers und Hammerstein. Bereits zehn Jahre zuvor hatte es eine (unmusikalische) Variation von John Cromwell gegeben, die bislang letzte kam 1999 von Andy Tennant - wiederum ohne Songs und Tanz. Die Rolle des Königs Mongkut bildete Yul Brynners Karrierestamm und verfolgte ihn von 1951, als er den Part erstmalig auf der Bühne gab, über die vorliegende Verfilmung, für die Brynner den Oscar erhielt, eine kurzlebige TV-Sitcom von 1972 bis hin zu zahlreichen weiteren Bühneninszenierungen, von der er die letzte 1985, vier Monate vor seinem Krebstod, durch seine unnachahmliche Performance bereicherte. Über 34 Jahre hinweg prägte Brynner somit jenen fiktionalisierten König Mongkut, doppelt so lang, wie der reale Monarch dereinst auf dem Thron saß.
Wie verwachsen Brynner mit seiner Leibrolle war, lässt sich an diesem bunten, sämtliche schönen und campigen Attribute von Hollywood-Musicals in sich vereinenden Leinwandstück ablesen. Der sonst häufig so ernste, mimisch wie gestisch eher karg auftretende Darsteller bringt hierin einen Mut zu Humor und offener Theatralik auf, die sich nur als Kompensation für seine sonstige Arbeit interpretieren lässt. Er lacht und singt, schwitzt und springt. Deborah Kerr, wenngleich liebenswert wie je und natürlich das eigentliche figurale Zentrum des Films, muss dagegen beinahe zwangsläufig verblassen. Was von "The King And I" in dieser Fassung bleibt, ist vor allem ihr verlockend zuckriger, bunter Kitsch in Scope und ihre untadelige, progressive Botschaft an all die echten und falschen Monarchen der Welt. Et cetera, et cetera, et cetera.

8/10

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MUD (Jeff Nichols/USA 2012)


"He's not dangerous."

Mud ~ USA 2012
Directed By: Jeff Nichols

Die beiden aus dem Arbeitermilieu am Mississippi stammenden, vierzehnjährigen Freunde Ellis (Tye Sheridan) und Neckbone (Jacob Lofland) entdecken auf einer Flussinsel den sich dort versteckenden Mud (Matthew McConaughey). Die State Police und die Killer des Gangsterbosses King (Joe Don Baker) sind ihm auf den Fersen, weil er im Zuge einer Eifersuchtsrache Kings Sohn erschossen hat. Mud plant, mit einem alten Boot und seiner Freundin Juliper (Reese Witherspoon), die in der Stadt auftaucht, über den Golf nach Mexiko zu fliehen. Die Jungs, besonders Ellis, dessen Welt soeben im Zerbrechen begriffen ist, weil seine Eltern (Ray McKinnon, Sarah Paulson) die Scheidung planen, entschließen sich, Mud bei seiner Flucht zu unterstützen. Dabei gilt es jedoch, einige Hürden zu nehmen.

Eine sehr liebenswerte Außenseiter-Geschichte hat Jeff Nichols da zu Papier und Zelluloid gebracht, deren etymologische Titelparallele zu Martin Ritts "Hud" vielleicht nicht ganz zufällig ist. Der im Moment ja urplötzlich wieder allgegenwärtig scheinende McConaughey spielt nämlich eine Rolle, die vor 45 Jahren verpflihtend für Paul Newman gewesen wäre; einen Südstaaten-Outlaw, der durch die Gegend tingelt und seine Himmelschlösser aus Lebenslügen so lang erfolgreich praktiziert, bis er endgültig in der Patsche sitzt. Eine unglückliche, amouröse Besessenheit treibt ihn in die totale Enge, bis es an zwei selbst noch grünen Jungs ist, ihn Vernunft und Stärke zu lehren. Ganz unbemerkt rückt Nichols dabei den Titelhelden aus dem Fokus und stattdessen den liebenswerten, selbst nicht immer ganz vernünftigen Ellis ins Zentrum seines Films, der sich ganz der gemächlichen Explosivität eines forcierten Erwachsenwerdens verschreibt und seine Story mit ebenso unspektakulären wie schönen Bildern erzählt. Dass "Mud" am Ende zu einer willkürlichen Mixtur aus Realismus und Kintopp geronnen ist, die sich gegen das Verzagen und für die Hoffnung entscheidet, gehört zu der wesensimmanenten Konsequenz des Films.

9/10

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THE STUNT MAN (Richard Rush/USA 1980)


"He's not dead... yet!"

The Stunt Man (Der lange Tod des Stuntman Cameron) ~ USA 1980
Directed By: Richard Rush


Der Vietnamveteran Cameron (Steve Railsback) ist wegen eines Kavaliersdelikts auf der Flucht vor der Polizei. Als er dem Filmemacher Eli Cross (Peter O'Toole), der gerade dabei ist, ein Epos über den Ersten Weltkrieg zu drehen, in die Arme läuft, fackelt dieser nicht lange. Wegen des Unfalltodes seines Hauptdarstellerdoubles, dessen Zeuge Cameron nebenbei geworden ist, benötigt Cross nämlich dringenden Ersatz und nutzt die Notsituation Camerons schamlos aus. Dieser jedoch gewöhnt sich rasch an seine überraschende Tätigkeit beim Film, verliebt sich in die Schauspielerin Nina Franklin (Barbara Hershey) und gelangt bald zu der Überzeugung, dass Cross wahnsinnig sein muss...

Später New-Hollywood-Nachklapp und ein einsames Exempel für kompromissloses Autorenfilmen. Richard Rush verbrachte Ewigkeiten mit den Vorbereitungen für "The Stunt Man", sein erstes Projekt nach dem bereits sechs Jahre zurückliegenden "Freebie And The Bean". Rush hatte eine irrsinnige Logistik zu stemmen, da sein "Film-im-Film-Projekt" trotz dessen lediglich quasi-dokumentierter Erschaffungsphase noch immer immens aufwändig daherkam. Ähnlich wie die in derselben Phase entstandenen "Apocalypse Now", "1941" oder "Heaven's Gate" geriet "The Stunt Man" somit zu einem Zeugnis für die entfesselte Schaffenskraft eines Regisseurs, dessen schöpferische Meriten die infolge der kreativen Erosion New Hollywoods nachhaltig verwirrte Studiolandschaft dermaßen durcheinander brachten, dass das jeweilige Management im Nachhinein nurmehr als 'bizarr' zu bezeichnende, kommerzielle Wagnisse eingeging - zumeist mit ökonomisch betrachtet ernüchternden Resultaten. Diesem Irrlauf verdanken wir jedoch die genannten, meisterhaften Filme, und das ist gut so. Natürlich war "The Stunt Man" nie dazu angetan, ein großes Publikum zu begeistern; dafür ist er viel zu eigensinnig, verschroben, speziell. Sein Erbe hat sich, ebenso wie das seines Regisseurs, eigentlich bis heute nicht recht entfaltet - ein Zustand, dem hoffentlich einmal Abhilfe geleistet werden wird.

9/10

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Funxton

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