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Short Cuts


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Side Effects (Steven Soderbergh) USA 2013


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Side Effects


Soderberghs neuester Kinofilm ist ein Psychothriller mit kritischem Blick auf die Pharmaindustrie sowie auch auf die Wirtschaftssituation in den USA.
Formal geht Side Effects im Vergleich zu vielen anderen Filmen Soderberghs äußerst straight und geradlinig zur Sache. Das ganze wieder von ihm selbst in Personalunion, in hochauflösenden Bildern geschossen und geschnitten, ist allerdings genauso vertrackt, wie die Werke in denen auf der Zeit Ebene vorwärts und rückwärts gesprungen wird.

Im Noir verhaftet, ist es hier die Story von Scott Z. Burns (Black Swan), in der nichts so ist, wie es scheint. So wird die Story um Pillen, Macht und Manipulation zu einem immer dichter werdenden, labyrinthischen Geflecht in dem eine Finte, die nächste jagt.
Interessant ist dabei, wie der Film, ganz thrillertypisch, mit den Erwartungshaltungen des Publikums spielt. Rooney Mara, die ähnlich kühl spielt, wie in David Finchers "Verblendung", lernen wir zunächst als glaubwürdiges Opfer ihrer Depression kennen. Jude Law ist der gute Doktor, der sie ernst nimmt und ihr helfen will. Bis es zum Mordfall kommt. Sie ersticht ihren Ehemann, der Broker, der wegen Insidergeschäften 3 Jahre im Knast saß und mit dem sie vorher in Saus und Braus lebte. Die Tat geschah aus ihrer Sicht als Nebenwirkung, der Antidepressivika, die sie von Jude Law verschrieben bekommen hat.
Nun wechseln die Ebenen und Perspektiven indem Jude Law in den Mittelpunkt des Geschehens rückt und wir ihn von einer anderen Seite kennenlernen, als machtgierigen Psychiather, der mit Pharmakonzernen anbandelt umso mehr Geld zu machen und der nun sich in seinem Gefüge bedroht sieht. Da er Opfer einer Pressekampagne wird, die Mara spinnt um ihn und die Pillen für den Mord verantwortlich zu machen. In der subjektiven Perspektive von Law wird nun das Rätsel um Mara sowie deren Verbindung zu ihrer früheren Psychiatherin Catherine Zeta-Jones gelöst um dabei Finte um Finte zu schlagen.
Mara ist zum zweiten Mal nicht das, was sie scheint zu sein und Law ihr am Schluss sogar ebenbürtig. Genauso wie Mara zerfressen ist von der Gier nach ihrem früheren Schickeria Leben, läßt Law sich dieses nicht nehmen und weiß dies letztendlich auch erfolgreich zu verhindern.

Side Effects kann man einmal als Allegorie auf die Nebenwirkungen des Turbokapitalismus lesen. Seitenhiebe gegen die Pharmaindustrie, die mit immer besseren Mitteln und Pillen versucht ihre Schäfchen wieder fit zu machen, inbegriffen. Ebenso sind hier die Handlungsstränge zu nennen, die mit fortschreitender Laufzeit immer ausgebuffter werden um sich am Ende dreimal zu überschlagen. Das ist zwar äußerst spannend und ziemlich virtuos und dennoch wirkt dieses Plottwistgewitter zum Ende hin ein wenig ermüdend, wenn die Twists im 5 Minuten Abstand nur so auf einen einhageln. Irgendwie wirkt das ein bißchen zu selbstverliebt und macht bei aller Bedeutsamkeit des Plots einiges in Side Effects unglaubwürdig.

Trotzdem muß man sagen, dass Soderbergh ein kleiner, böser, fast schon altmodischer Thriller gelungen ist, der zwar gut ist, mit ein paar Twists weniger, aber auch mehr Wirkung erzielt hätte.

Jetzt erstmal Kino Pause und bestimmt, gibts in einigen Jahren, dann auch wieder nen neuen Soderbergh auf der Leinwand zu sehen. Denn busy ist der Mann ja nachwievor.

8/10

Steven Soderbergh Scott Z. Burns Pharmaindustrie Drogen Depression Manipulation Wirtschaft Kapitalismus Psychothriller Plottwist Noir Jude Law Rooney Mara Catherine Zeta-Jones


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Notizen zu Steven Soderbergh


Ich dachte mir, bevor der neue und höchstwahrscheinlich letzte Feature Film von Vielfilmer Soderbergh in die Kinos kommt, schau ich mir nochmal einen kleinen Querschnitt seines Werks an. Technische Stilmerkmale sind bei Soderbergh immer der Verzicht auf künstliche Beleuchtung, komplette Nutzung natürlicher Lichtquellen. Dabei dreht er sehr oft, vor allem in den letzten Jahren auf Digital Video. Er ist manchmal sein eigener Cutter und in den letzten Jahren immer selbst hinter der Linse. Zudem sind seine Werke, Independent sowie die stargespickten Big Budget Filme, immer ein Bruch der konventionellen, narrativen Regeln. Seine Filme sind mal mehr mal weniger achronologisch erzählt.


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Sex, Lies and Videotape (Sex, Lügen und Video)

".. ich habe gelesen, dass Männer lernen, den Menschen zu lieben,
den sie begehren, und dass Frauen
mehr und mehr den Menschen
begehren, den sie lieben."
(Graham zu Ann)

Ausgezeichnet mit der Goldenen Palme in Cannes und durch den massiven Erfolg beim Sundance Film Festival, sollte der erste Feature Film vom neuen Regie Wunderkind Soderbergh, das Independent Cinema sogleich in kommerzielle Höhen führen. Nach Sex, Lies and Videotape war für den Independent Film in Amerika, vieles anders und vor allem einfacher.

Sex, Lies and Videotape führt uns auch gleich in den ersten Einstellungen zwei durchaus markante Stilmerkmale von Soderbergh vor. Einmal die Perspektive. Ist ein bißchen ungenau, ich geb es zu. Allerdings fängt der Film, mit einer sehr ungewöhnlichen Perspektive an und zwar mit der Perspektive der Reifen von James Spaders Cabrio. Das zweite Stilmerkmal ist äußerst markant und findet sich in nahezu jedem kleinen und großen Soderbergh Film wieder. Dialoge werden bei Soderbergh oft von anderen Szenen überlagert, so als wollen die Bilder darauf reagieren. Das hat wiederum auch viel mit dem Zeitverständnis in Soderberghs Filmen zu tun.

Beispielsweise fließt am Anfang der Dialog zwischen Ann (Andie McDowell) und ihrem Psychather (Ron Vawter) in Szenen, die, die Ankunft von Graham (James Spader) zeigen. Sie erzählt ihrem Therapeuten, dass sie Zwangsvorstellungen von Müllbergen und Flugzeugabstürzen hat, die Kamera zeigt Graham, wie er den Kofferraum seines Cabrios aufmacht indem unter anderem eine Mülltüte liegt. In Sex, Lies & Videotape ist diese elliptische Erzählweise noch nicht ganz so ausgeprägt, wie in seinen späteren Werken, aber sie ist auch schon vorhanden.

Sein erster Film ist schon sehr geprägt von einer kühlen Distanz, von einem genauen Minimalismus in dem alles ineinander übergreift. Dabei sitzt man gebannt da und ist gespannt darauf, welche Einstellung Soderbergh als nächstes nehmen wird.

Dabei hätte diese Story um Liebe, Ehebruch, unterdrückte Gefühle auch ganz anders aussehen können. Hier geht es aber nicht um moralische oder ethische Bewertung der handelnden Personen. Diese sind nämlich nicht so einfach gestrickt wie man es annhemen könnte. Ann hat keinen Sex und sucht die Schuld dafür bei sich selbst. Ihr Mann John, der Anwalt, ist polygam und hat Sex mit Ann´s Schwester Cynthia (Laura San Giacomo), Cynthia würde es mit jedem treiben, sie will keine Liebe, nur Sex und Graham hat auch keinen Sex, er sagt er sei impotent und sammelt Videobänder von Frauen, die er interviewt hat und die ihm von sexuellen Erfahrungen berichten.
Lügen tun sie alle. John belügt ganz einfach Cynthia und Ann, Ann wiederum belügt sich selbst indem sie ihre eigenen Probleme auf Wahnvorstellungen schiebt, Cynthia belügt sich ebenfalls indem sie sagt, sie brauche keine Liebe, denn in Wahrheit hasst sie nur die prüde Art ihrer Schwester, die eigentlich ihre Unsicherheit darstellt. Graham belügt sich ebenfalls selbst, weil seine Impotenz nur vorgeschoben ist um seine unterdrückten Gefühle zu seiner Ex-Freundin nicht zu zeigen.

Die Medien bringen sie zusammen. Einmal die Videotapes und dann noch recht offensichtlich das Telefon.
Interessant ist, dass in Sex, Lügen und Video viel telefoniert wird. Die einzige Person, die nicht telefoniert, ist Graham, auch in Grahams Wohnung, im Angesicht der Kamera, wird nicht gelogen. Graham ist der Katalysator, der dieses Kartenhaus zusammenbrechen lässt. Die Kamera als Wahrheitsfinder, die Ann zum Schluss wie in Waffenpose hält, als sie Graham interviewt und ihm damit sein Geständnis entlockt. In der grandiosen Schlussszene, in der John sich in Grahams Wohnung, das Videotape auf dem Anne zu sehen ist, ansieht, gleitet, die Kamera in den Bildschirm hinein und die Szene wird als medialer Flashback in voller Länge gezeigt. Die Beziehungen lösen sich auf, das Video hat gesiegt.
Sex, Lügen und Video ist ein Film über Kommunikation und Wahrhaftigkeit.

Am Ende sitzen Anne und Graham beisammen und schauen zufrieden drein. Ann sagt „Ich glaube, es wird regnen.“ Graham „Es regnet ja schon.“ Fast wie bei Antonioni.

Das Beziehungsgeflecht, welches hier gezeigt wird, ist natürlich gerade mit dem Wissen, welches die Bergman Reihe vermittelt, nicht neu. Die formale, filmische Art, wie vertrackt hier ein Rädchen ins andere greift und wie elektrisierend, dies Spannung erzeugt ist es aber in der Tat und es ist das, was Sex, Lies and Videotape zu einem immer noch frischen und sehr bemerkenswerten Film macht.

9/10


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Out of Sight


"No More Time Outs"

Bevor Soderbergh mit Out of Sight, durch Danny DeVito, seine erste Chance zu einem großen Studiofilm wahrnahm, drehte er mit "Kafka", einen Mix aus literarischer Hochkultur und Science-Fiction in Schwarz/Weiß und in Farbe, sowie das sensible Jugendporträt "King of the Hill" in gleißenden, sonnengetränkten Farben und das Remake von Robert Siodmaks "Criss Cross", "The Underneath".

Mit Out of Sight drehte Soderbergh auch zum ersten Mal mit George Clooney eine Gaunerkomödie, nach der Vorlage von Elmore Leonard ("Get Shorty").
Clooney spielt einen Bankräuber, der mit der Hilfe von Ving Rhames, aus dem Gefängnis ausbricht. Leider wird der Vorfall von Jennifer Lopez, die einen US Marshall spielt, entdeckt. Clooney entführt sie kurzerhand, sie kann aber entkommen. Zwischen den beiden hat es gefunkt. Lopez kriegt raus, dass Clooney zusammen mit Steve Zahn, Ving Rhames und dem brutalen Gangster Don Cheadle, in Detroit, ein Ding drehen will und macht sich auf den Weg.

Wesentlich glatter als seine Independent Produktionen, ist auch Out of Sight achronologisch erzählt. Er springt durch die Zeit, es gibt Ellipsen, eingefrorene Bilder und manchmal wird die Zeit sogar angehalten oder ein Traum vermischt sich mit der Realitätsebene.
Zeit ist auch das Stichwort.
Out of Sight ist ein Film über Zeit, die verrinnt und nicht mehr aufzuhalten ist. Clooney fühlt sich alt, hat die meiste Zeit seines Lebens im Knast gesessen und will sesshaft werden. Lopez hat schon zu lange gewartet, es muß aber Mr. Right sein, selbst wenn dieser ein Krimineller ist. Sie liebt das, was sie tut, genauso wie er das beste macht, was er kann.
So sind sich diese unmöglichen Charaktere schon sehr ähnlich und dies wird schon bei ihrer ersten Begegnung in einem Kofferraum deutlich, als sie sich über Filme unterhalten. "Network", "Bonnie & Clyde", "3 Days of the Condor". In einer unmöglichen Situation, wo es keine Ausweichmöglichkeit gibt. Ganz schön unwahrscheinlich, dass sich Redford und Dunaway verlieben. Ja, ziemlich unrealistisch.
Eine Szene in Out of Sight ist dann auch pure Kinomagie.
Als sie sich in der Hotelbar treffen und die Kamera Momente festhält, kurze Augenblicke, einfriert, die Zeit bleibt stehen und spult dann vor aber der Dialog zwischen beiden geht weiter.
Besser kann man Zeit und das Auskosten des Augenblicks filmisch nicht bannen. In hochstilisierten Bildern, während draußen, hinter großen Fenstern der Schnee fällt. Wunderschön !
Die Montage und Verschmelzung dieser Szene mit der Szene, wo sie sich oben im Hotelzimmer entkleiden, hat auch ein bißchen was vom berühmten Cross Cutting in Nicolas Roeg´s "Don´t look Now". Auch ein Filmemacher, der mit Vorliebe, durch Montage experimentiert, Flashbacks, Flashforwards.
Herausragend ist vor allem aber auch der Cast sowie die wahnsinnig guten Dialoge. Für Clooney war Out of Sight der Startschuss zur Zusammenarbeit mit Soderbergh und ja, Out of Sight nimmt nicht nur, weil es eine Gaunerkomödie ist, sehr viel von "Ocean´s Eleven" vorweg, auch stilistisch ist hier die gleiche Linie zu spüren.
Die Lopez war nie besser als hier und überhaupt ist dieser Film mit einem schönen Indie-Cast besetzt. Auch ein paar Parallelen zum ein Jahr vorher entstandenen "Jackie Brown", von Tarantino, sind hier zu finden. Ebenfalls eine Leonard Verfilmung. So dürfte es kein Zufall sein, dass auch Samuel L. Jackson und Michael Keaton hier in kleinen Rollen auftauchen.

9/10

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The Limey


"Tell him I´m coming"

Zwischen "Out of Sight" und "Traffic" machte Soderbergh diese kleine Independentproduktion, der wie ich finde, beste Film von ihm.

The Limey ist vordergründig eine Rachegeschichte. Ein Brite, gespielt vom grandiosen Terence Stamp, kommt nach 30 Jahren aus dem Gefängnis und will nur eins : den Tod seiner Tochter rächen. Um den Mörder zu finden, fliegt er nach L.A. und findet in Peter Fonda, der einen Musikproduzenten und Dealer spielt, den Hauptschuldigen.

Das besondere an The Limey ist, dass dieser Film gegen jede geradlinige Chronologie verstößt. Der Film ist elliptisch, traumhaft, greift vor und zurück, voller Lücken und Brüche, es gibt Jumpcuts und in Dialogszenen wird vor und zurückgesprungen, während andere Szenen ineinandergeschnitten werden.
Genauso wie der Charakter von Terence Stamp, ist auch The Limey zerrissen. Ein Mosaik von Erinnerungsfetzen und so ist The Limey auch gefilmt. Es gibt kein Anfang und kein Ende bzw. beides steht auf einer gleichen, narrativen Ebene.
Wie auch schon "Out of Sight" ein Film über das Festhalten von Zeit war, ist The Limey, die Suche, nach der verlorenen Zeit, veranschaulicht durch Szenen aus Stamps Vergangenheit. Dafür schneidet Soderbergh Szenen aus "Poor Cow" von Ken Loach in sein filmisches Essay.
The Limey ist natürlich auch ein Film über die 68er Generation und deren Träume, was aus ihnen geworden ist. Mit Peter Fonda stehen noch zwei weitere Ikonen dieser Generation vor der Kamera, Barry Newman aus "Fluchtpunkt San Francisco" und Warhol´s Joe Dallesandro. Alles mittlerweile Gangster oder Kleinkriminelle. Ein Abgesang auf eine Ära und deren Freiheitsideale.
Am Ende ist es fast zum niederknien, wie sich Terence Stamp in seinem Opfer wiedererkennt und von ihm abläßt. Wir, die Zuschauer erkennen die Tragik, die sich da auftut, dass er letztendlich einsehen muss, wie die Zeit zerronnen ist und er letztendlich mitverantwortlich für den Tod seiner Tochter ist.

The Limey ist jedenfalls ein Gewitter von einem Film. Nichts weiter als gewaltiges, revolutionäres Kino.

10/10


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The Girlfriend Experience


The Girlfriend Experience ist mal wieder eine kleine Miniproduktion Soderberghs, die es hierzulande nicht in die Kinos schaffte.
Enstanden im Jahr 2009, spielt der Film auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise und hat diese auch zum Thema.
Die Herangehensweise Soderberghs ist allerdings eine andere.

In The Girlfriend Experience nähert er sich dem Thema, indem er eine junge Hostess und ihren Alltag in New York in den Mittelpunkt rückt. Diese wird gespielt vom aufstrebenden Porno-Starlet Sasha Grey, was insofern perfekt ist, denn Sasha stellt einen ganz neuen Typus im Porno-Biz dar. Ein selbsbewusstes, junges Girl, das sich bereits schon vor ihrer Volljährigkeit für ihre Karriere im Business in Stellung brachte. Nebenbei mit einem ausgesprochen coolen Musikgeschmack :D

Der auf Digital Video gedrehte Film ist mal wieder nicht chronologisch erzählt. Die stilisierten, beobachtenden und distanzierten Bilder wechseln sich hier teils mit Handkameraeinsatz ab.

The Girlfriend Experience ist ein Film übers Business, über Geld und über Zukunftschancen inmitten der Krise.
Während Grey als Hostesse 2000 Dollar pro Stunde macht und versucht ihre Marketingchancen gegen die Konkurrenz zu verbessern, ist ihrem Freund Chris als Fitnesstrainer nicht gerade finanzieller Erfolg beschert. Der versucht trotz Krise seinen Arbeitgeber von einer Gehaltserhöhung zu überzeugen und spielt mit dem Gedanken von finazieller Unabhängigkeit und Selbstständigkeit. Als Grey ihn für einen verheirateten Kunden verlassen will, geraten die beiden aneinander.
Grey führt außerdem Tagebuch über ihre Kunden, die sich bei hren Dates wie bei einem Business Meeting verhalten und die meiste Zeit telefonieren, Gesprächsthema : Krise. Man erfährt genauestens was sie bei den Dates trägt, Dessous von La Perla oder einen Dress von Michael Kors und was für teure, abstrakte Kunst sie kauft.
Erinnern tut einen das am ehesten an Bret-Easton Ellis und seine Hyperkapitalismus Beobachtungen. Zwischendurch sieht man Einblendungen wie Chris mit einigen Schnösi-Brokern in einer Stretch Limo in Las Vegas sitzt, Champus trinkt und über Obamas Hilfspaket und sein Vorhaben, die Bänker für die Krise zur Rechenschaft zu ziehen, diskuttiert.

The Girlfriend Experience hätte durchaus ein richtig guter Film werden können, doch Soderbergh ist zu distanziert und zu sehr an der Oberfläche, dem Look seines Films interessiert, so dass sich über der kurzen Laufzeit von 77 Minuten, eine spürbare Leere, ein großes Nichts breitmacht.
Sicher, der Film ist dokumentarisch und auf seiner formalen, vertrackten Oberfläche durchaus interessant aber durchdringen, wie in Sofia Coppola´s schönem "Nichts" Film "Somewhere", tut das hier nicht und dass das Verlangen nach mehr, nach Liebe in dieser Business Welt nur eine Illusion ist, die verpufft, nett gemeint, geht aber hier in stilisierten Bildern unter.

5/10

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Haywire


Das interessante an Haywire ist vor allem das formale. Neben dem Soderbergh typischen Verzicht auf künstliche Beleuchtung, sowie der auch hier offenen Erzählweise, die allerdings ab der Mitte des Films dann relativ straight verläuft, ist hier vor allem Soderberghs Umgang mit Ton Aufmerksamkeit zu schenken.
Besonders die Kampf, Martial/Arts Sequenzen, die von der, die Hauptrolle spielenden, Kampfsportlerin Gina Curano dargestellt werden, sind von einem überbordenden Realismus geprägt. Der Ton wird hierbei komplett zurückgefahren und es sind nur noch die knackenden Schläge zu hören. Spiegel, die zerbersten, es wird gewürgt, gehustet und gekeucht. Die Kamera sowie Montage hält sich dabei vornehmlich zurück. M/A pur und entschlackt.
Doch der Reihe nach :

Interessant sind einige Szenen in diesem Agenten-Thriller. Einmal die Szene, die den Feldzug gegen ihre Auftraggeber auslößt :
Die Befreiung eines chinesischen Dissidenten in Barcelona. Zuerst wird die normale Geräuschkulisse komplett von der Musik überlagert, dabei wechselt das Bild von Farbe zu Schwarz/Weiß, als dann die ersten Schüsse fallen sind diese nur gedämpft zu hören. Der Score kommt wieder zum Einsatz und bricht dann beim M/A Fight, wieder komplett weg.
Eine weitere Szene, die bemerkenswert und gegen die heutigen, vielfachen Montagegewitter des Action-Kinos verstößt, ist die Verfolgungsjagd in Dublin. Sie geht aus dem Hotel auf die Straße und die Echtzeit beginnt zu laufen. Kein einziger Schnitt, die Kamera wechselt nur die Position.
Wunderbar auch der End-Fight gegen Ewan McGregor am Strand, wie die Linse direkt in die brennende Sonne hält.

Nach so viel bemerkenswerten Szenen bleibt allerdings zu sagen, dass der Film, der mit einer ziemlich prominenten Besetzung daherkommt (Ewan McGregor, Michael Fassbender, Michael Douglas, Antonio Banderas und Bill Paxton als ihr Vater) und verschiedene Locations zu bieten hat (Dublin, Washington, Barcelona, New Mexico, Mallorca), ein bis auf die Knochen entschlackter Action-Spionage-Thriller ist. Die Story gleich mit entschlackt, ist aufs allernötigste komprimiert und wirkt wie eine Fassade um Soderberghs experimentelle M/A Sequenzen plottauglich einzubinden.
So ist Haywire zwar ein durchaus interessanter und vor allem auch kurzweiliger Genre-Beitrag, fügt sich in das moderne Bourne & Bond Spy-Kino, der letzten Jahre ein, aber groß etwas entgegenzusetzen hat Soderberghs Experiment leider nicht.
Denn sooo außergewöhnlich ist Haywire mit seinen reduzierten M/A Szenen dan leider doch wieder nicht. Nur eben ein bißchen anders.

7/10

Steven Soderbergh Jumpcuts Ellipsen achronologisch Verzicht auf künstliches Licht Independent Montage Sound Echtzeit George Clooney Terence Stamp Wunderkind Handkamera Peter Andrews


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3x Wyatt Earp


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Gunfight at the O. K. Corral (Zwei rechnen ab)
(John Sturges)

Ok corral ok corral
there the outlaw band make their final stand
ok corral
oh my dearest one must die
lay down my gun or take the chance of losing you forever
duty calls
my backs against the wall
have you no kind word to say
before i ride away
away

Your love your love
i need
your love
Keep the flame let it burn
until i return
from the gunfight at ok corral
if the lord is my friend
we'll meet at the end
Of the gunfight at ok corral
gunfight at ok corral
Boot hill Boot hill
so cold so still
There they lay side by side
the killers that died
in the gunfight at ok corral
ok corral
gunfight at ok corral

Frankie Laine



Sturges Film konzentriert sich ausschließlich auf seine zwei Helden, Wyatt Earp (Burt Lancaster) und Doc Holliday (Kirk Douglas). Wie die beiden unterschiedlichen Charaktere sich annähern und zusammenraufen um am Ende, nach dem blutigen Showdown, zusammen davon zu reiten. Dabei wird Wyatt Earp von Burt Lancaster als stoischer, ruhiger Mann mit Prinzipien aber Kompromissbereitschaft dargestellt. Fast schon Priesterartig tritt er auf. Kirk Douglas hingegen spielt den anspruchsvolleren Part von Doc Holliday. Spieler, Trinker und von Tuberkulose gezeichnet. Er hustet sich zu Tode und die Szenen in denen er sich mit seiner Geliebten (Jo van Fleet) streitet sind in ihrer Bissigkeit schwerstes Drama.
Zwischen den beiden entsteht eine starke Bruderschaft, die den Mythos noch umso stärker befeuert.

"John Sturges" Western ist ein Klassiker wie er im Buche steht. Sturges Film, nach einem Script von "Leon Uris" (Exodus, Topaz), ist nicht an der historischen Wahrheit/Überlieferung interessiert. Ihm geht es vor allem um den Mythos der Figur Wyatt Earp sowie um den Mythos der legendären Schießerei am O.K. Corral mit der Clanton Bande. Die Filme von John Sturges sind oft heroische Geschichten um Männerfreundschaften, dabei war er ein Meister in der Nutzung von Breitwand und Technicolor. Lange Panoramashots, die Rhythmik der Figuren, perfekt abgestimmt auf den Score, Landschaft und Dekor sind genauso wichtig wie die Figuren in ihr und ein Main Theme welches über allem erhaben ist.
Dieses Main-Theme, hier, wie in "High Noon", gesungen von "Frankie Caine", ist ähnlich stilprägend für den gesamten Film. Der große heroische Kampf, der immer besungen wird, schwebt von der ersten bis zur letzten Einstellung, durch den gesamten Film. Sturges zielt komplett auf diesen Kampf ab, der ebenso wie bei "John Ford" wesentlich länger dauert, als es tatsächlich gewesen ist. 15 Minuten gegen ein paar Sekunden.

Gunfight at the O. K. Corral ist und bleibt ein wunderschöner Western aus der Blütezeit des Genres. Ein großartiger Score, tolle Vistavision Bilder, zwei großartige Hauptdarsteller sowie ein junger Dennis Hopper und Lee van Cleef in Nebenrollen.

Den poetischsten Western über Wyatt Earp hat allerdings jemand anders gemacht. John Ford mit "My Darling Clementine".

9/10


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Tombstone (Directors Cut) (George P. Cosmatos)

Wyatt Earp died in Los Angeles in 1929. Among the pallbearers at his funeral were early Western Movie Stars William S. Hart and Tom Mix. Tom Mix wept.

Robert Mitchum (Off Voice in Tombstone)

36 Jahre nach Sturges Mythos-Western schickte sich kein geringerer als George Pan Cosmatos (Rambo II & Cobra) an, seine Version von Wyatt Earp zu verfilmen.
Dazwischen gab es natürlich noch andere Wyatt Earp´s, wie zb. "Hour of the Gun" auch von Sturges oder "Doc" mit Stacy Keach in der Rolle des Doc Holliday. Beide noch nicht gesehen, wird aber noch nachgeholt. Besonders der Sturges Film, interessiert mich, da es a) ein Spätwestern ist und b ) die "politische" Seite wohl viel Spielraum erhalten soll.

Zurück zu Tombstone :

Ähnlich wie bei "Rambo II" und "Cobra" war Cosmatos, verfolgt man die Produktionsgeschichte, hier in erster Linie Ausführender von Kurt Russels und Val Kilmers Ideen. Ersterer war es auch, der das Script an Land zog und etliches zusammenkürzte. Das Script von "Kevin Jarre" sollte zuerst mit "Kevin Costner" verfilmt werden. Die zerstritten sich und Costner machte mit "Lawrence Kasdan" seinen eigenen Wyatt Earp, der dann auch fast zeitgleich als Konkurrenz Projekt in den Kinos startete.
In die Rolle von Doc Holliday sollte laut Jarre und Russel "Willem Dafoe" schlüpfen. Buena Vista weigerte sich und Val Kilmer bekam die Rolle. Eine sehr gute Wahl, wie sich herausstellen sollte. Jarre trat als Regisseur auf und weigerte sich sein Script zu kürzen, wurde gefeuert und von Cosmatos ersetzt.

Tombstone rollt die Geschichte damit auf, dass die Earp Familie nach Tombstone kommt um dort sässig zu werden und Geld zu verdienen. Durch Konflikte mit den ansässigen Clanton-Cowboys werden sie bald von ihrer Vergangenheit eingeholt und zu Marshals von Tombstone ernannt. Die legendäre Schießerei am O.K. Corral findet etwa in der Mitte des Films statt. Nachdem die restlichen Cowboys in einem Racheakt Wyatts Bruder Morgan erschießen, beschließt die Familie, Tombstone zu verlassen. Wyatt Earp wird U.S. Marshal und beginnt die landesweite Jagd nach dem Rest der Cowboybande.
Soweit die Story in Kurzform.
Natürlich ist da noch die Schauspielerin Josephine Marcus (Dana Delany), die Wyatts Geliebte ist und vor allem Doc Holliday, der bis zu seinem Tod am Ende des Films, nicht von seiner Seite weicht.

Ersteinmal muß man Cosmatos Film zugestehen, dass er sich in Punkto historischer Genauigkeit und dreckiger Realitätsnähe mit seinem Setting und der recht ausführlichen Geschichte nicht dem Mythos ansich, sondern der Geschichte hinter dem Mythos annähert. Auch wenn es natürlich auch hier einige Unstimmigkeiten gibt, legt Tombstone großspurigen Wert auf die Echtheit der Kostüme sowie des gesamten Stadtbildes und der blutigen Shoot Outs.
Was die Story angeht, so wird Wyatt Earp hier als ein ehrenvoller aber auch zerrissener Charakter gezeigt, den die Vergangenheit alsbald einholt und der schnell wieder zur Waffe greift, als er seine Familie bedroht und die Unfähigkeit des Gesetzes sieht und erkennt.
Irgendwie ist es ein wenig verwunderlich, dass der Film in seiner ersten Hälfte relativ zahm ist. Erst nach der Schießerei fühlt man sich definitiv in einem Cosmatos Film. In der zweiten Hälfte , die ja auch den Rachefeldzug beinhaltet, wird geritten und geschossen was der Colt hergibt.
Hier wird Tombstone dann zu einem richtig gutem Action-Western, der zum Schluss auch noch "Charlton Heston" in einer kleinen Rolle vorweist. Val Kilmer spielt seine Doc Holliday Rolle so gnadenlos gut. Im Prinzip genauso wie er es 2 Jahre zuvor in Oliver Stone´s "The Doors" schon getan hat. Der Vergleich ist jedenfalls nicht von der Hand zu weisen. Mit seiner Jim Morrisson Rolle definitiv eine der besten Leistungen seiner Karriere. Auch sonst ist der Film ganz wunderbar besetzt. Sam Elliott, Bill Paxton, Powers Boothe, Michael Biehn und über allem schwebt die Erzählerstimme von "Robert Mitchum, der leider, wegen eines Reitunfalls, nicht mit von der Parttie sein konnte.

Insgesamt ist Tombstone ein richtig guter actionlastiger Western, der extrem gut gecastet ist und mit Val Kilmer, den wohl besten Doc Holliday neben Victor Mature in Petto hat.
Gibts nix dran auszusetzen.

8/10


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Wyatt Earp (Lawrence Kasdan)

-Some people say, it didn´t happened that way
-Never Mind them Wyatt, it happened that way

(Josie Marcus zu Wyatt Earp)


Costner und Kasdan´s Wyatt Earp beginnt mit einer wunderbar geschnitten und fotografierten Szene in der Wyatt Earp (Kevin Costner) im Saloon wartend, die Nachricht vom Ankunft der Clanton Bande beim O. K. Corall erhält. Danach entfaltet sich der Film in seiner epischen Breite von 190 Minuten und führt zurück in die Vergangenheit.
Wir sehen Wyatt Earp als jungen Burschen in Arkansas, der im Kreis seiner Familie aufwächst und von der starken Hand seines Vaters (Gene Hackman) zu einem Mann erzogen wird.

Nothing counts so much as blood
The rest are just stranger

Dieser Satz, der ihm so früh eingebleut wird, begegnet ihm und uns in Form des Films immer wieder. Das stärkste was zählt ist Blutsbande, Familie. Alles andere sind nur Fremde.

In Kalifornien wird Wyatt Earp schon sehr früh mit Gewalt konfrontiert, die ihn schockiert aber auch zugleich fasziniert.
Zurück in Arkansas setzt er den Rat seines Vaters um und heiratet seine Jugendliebe. Auf diese romantische Zeit folgt sogleich der dramatische Schlag. Seine Frau erkrankt an Typhus und stirbt. Wunderbar gefilmt in einem Jumpcut, der zuerst das glückliche Paar im Winter zeigt, die Kamera fährt zurück zum Fenster, es ist Frühling, zurück zum Bett, die gleiche Pose, doch nun ist seine Frau krank.
Wyatt Earp verkraftet diesen Schlag nicht. Er wird ein Trinker, stielt ein Pferd und landet im Gefängnis. Sein Vater holt ihn raus und rät ihm das Land zu verlassen. Der nächste Werdegang zeigt Wyatt Earp, mittlerweile nur noch Kaffeetrinker, als Büffeljäger. Er lernt Ed und Bat Masterson (Bill Pullmann und Tom Sizemore) kennen, die später seine Deputy´s in Dodge City werden. Als er einen Kriminellen im Alleingang händelt, wird er Deputy und später Scheriff. Sein Bruder Morgan (Linden Ashby) und seine Frau kommen ihn besuchen ebenso die Mastersons und werden seine Hilfscherrifs. Seine harte Linie führt zum Zerwürfnis mit Ed und dem Bürgermeister. Er reitet nach Texas um einen Eisenbahnräuber zu suchen und trifft dort auf Doc Holliday (Dennis Quaid). Der Beginn einer Freundschaft. Holliday, der vor allem die Tiefen des Gesetzes kennt, wird einiges in Earps geschaffenen Weltbild zum Wanken bringen.
Derweil wird Ed Masterson erschossen. Earp kehrt zurück. Ebenso Holliday in Begleitung von Big Nose Kate (Isabella Rossellini). Virgil Earp (Michael Madsen) kommt zusammen mit seiner Frau nach Dodge City und es ist die Rede vom sesshaft und reich werden in der Minenstadt Tombstone, die Earp seinen Stern an den Nagel hängen lässt.

Der Rest der Geschichte ist weitläufig bekannt bzw. nun kommt die Story von Tombstone zum Greifen.

Kasdans und Costners Wyatt Earp Film wählt den langen Weg des epischen Erzählens. Er ist, auf den ersten Blick, ein Western Epos im besten Sinne. Wie schon in Kasdans „Silverado“ gibt es hier unzählige Zutaten und Schauwerte, die einen richtigen Western ausmachen. Drama, Action, Canyons, weite Felder, Täler, Kutschen, Eisenbahn, Dampfschiffe, starke Frauen, Banditen, Männer in schwarz. Das ganze intelligent ausschöpfend im Breitwandformat. Ja, filmisch gibt „Wyatt Earp“ schon einiges her. Eliptisches Erzählen, Paralelmontage, der oben erwähnte Jumpcut zb. Allerdings ist dies nicht alles immer perfekt. Ganz zu schweigen von dem epischen, immer gleichen Score, von „James Newton Howard“, welcher an vielen Stellen, des Films einfach unpassend wirkt.

Von großem Interesse ist hier vor allem die Figur von Wyatt Earp selbst. Dadurch, das wir, durch die epische Erzählweise, vom Anfang bis zum Ende diesen Charakter verfolgen, bekommen wir auch einen tiefen Einblick in die Formung seines Innenlebens. Auch wenn man sagen könnte, dass Costner für die Szenen des jungen Wyatt Earp ein wenig zu alt gewesen ist (wollte natürlich „alles“ spielen), fasziniert sein Spiel und trägt zur großen Stärke dieses Films bei. Hier wird nämlich komplett die Zerrissenheit dieses Charakters aufgerollt. Prägend dafür ist einmal die Rolle des Vaters, der dem jungen Wyatt Earp schon früh klarmacht, dass man die Feinde des Gesetzes nur mit roher Gewalt ausschaltet. Genauso prägend, der erste Schicksalsschlag in Form vom frühen Tod seiner Frau und das kaputte Verhältnis zu seiner zweiten (Mattie Blaylock). Interessant wie Kasdan die Rolle der Frau im Westen zeichnet. Die Hure als Ehefrau. Man fühlte sich u.a. an Altmans „Mc Cabe“ erinnert. Als später die Schauspielerin Josie Marcus in sein Leben tritt, treibt dies ihre Laudanumsucht noch mehr an und Josie wird von ihr als Hure bezeichnet. „Frauen kommen und gehen bis sie sterben“ Dieser kaltherzige Ausspruch kann nur von jemandem stammen, der innerlich schon halb verblutet ist.

Doc Hollidays Rolle dagegen ist meiner Meinung nach relativ schwach. Das liegt nicht unbedingt an der Art wie Dennis Quaid diesen spielt, auch wenn ich die Darstellung eines Val Kilmer oder Kirk Douglas wesentlich gelungener halte, sondern an der Art des Drehbuchs, die, diese Rolle nicht wirklich herausschält. Seine Auftritte sind relativ rar gesät, oftmals wirkt er wie ein Geist, der durch die Szenen huscht.

Dem period setting entsprechend legt Kasdans Version, noch mehr als der Cosmatos Film, sehr viel Wert auf Authenzität und historische Genauigkeit. Der Fokus des Films ist noch mehr als die anderen auf die Hauptfigur zugeschnitten. Es ist ja auch ein Film über Wyatt Earp. Ein Biopic. Aber auch die Fehde zwischen den Cowboys und den Earps kommt hier ein bißchen deutlicher zur Geltung. Indem Earp beginnt das Gesetz zu hinterfragen und feststellen muss, dass sich die Cowboys, feige hinter diesem verstecken. Im Vergleich zu Cosmatos Film ist die letzte Abrechnungsschlacht auch wesentlich differenzierter. Während dies bei Cosmatos vollkommen auf Action zugeschnitten ist, liegt bei Kasdan der Fokus wieder ganz auf der Zerrissenheit seines Heldens. Ein Opfer seiner selbst, vollkommen von Rachlust übermannt. Auch die Tatsache, dass Earp bei seinem letzten Ritt selbst zum Outlaw wird, kommt hier mehr zur Geltung.

Der O.K. Corral Shoot Out ist hingegen im Vergleich zu Tombstone miserabel geschnitten. Überhaupt ist, was die Action Sequenzen angeht, Cosmatos Film, ein echtes Schnitt Feuerwerk. An Brutalität nehmen sich beide allerdings nichts. Hier ist der Ansatz eines dreckigen Shoot Outs, bei dem man den Sand der Prärie schmecken kann, gleich.

Fazit :
Während Sturges „O.K. Corral“ ein richtiger Mythos Western ist und „Tombstone“ von Cosmatos, der Ansatz ist, einen actionreichen Western mit historischer Verbürgtheit über den Mythos zu machen, ist „Wyatt Earp“, der Biopic-Western.
Oder vielmehr der historisch genaue Werdegang einer Legende.
Der „Fordsche“ Satz „Print the Legend“ liegt zwar allen dreien zugrunde, der mythische und der harte Action Western gefallen mir persönlich ein wenig besser als das epische Bio-Pic. Schlecht ist Kasdans Film bei weitem nicht aber er nimmt sich einerseits zu viel Zeit um dann in anderen Abschnitten zu hasten.
Trotzdem

7-8/10

Wyatt Earp Mythos amerikanische Geschichte John Sturges Lawrence Kasdan George P. Cosmatos Technicolor Vistavision Breitwand Epos Legende O.K. Corral John Ford Doc Holliday Kevin Costner


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3x Bergman Part 2


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Gycklarnas afton (Abend der Gaukler)


Zirkus Alberti ist ein heruntergekommener Zirkus, geleitet von Albert Johansson (Åke Grönberg). Dieser macht nun Halt in der Stadt, in der sich Albert vor drei Jahren von seiner Frau und seinen Kindern trennte. Zusammen mit seiner Geliebten, der Kunstreiterin Anne (Harriet Andersson), suchen sie den Theaterdirektor Sjuberg (Gunnar Björnstrand) auf um sich Kostüme für den Premierenabend zu leihen. Hinter den Kulissen trifft Anne auf den hübschen und eitlen Schauspieler Frans (Hasse Ekman), der sie versucht zu verführen, Obwohl sie sich von ihm angezogen fühlt, weist sie ihn ab. Mit neuen Kostümen kündigen die Gaukler ihre Vorstellung im Ort an, werden jedoch von der hiesigen Polizei hinausgejagt. Albert, der seinem Zirkusleben überdrüssig ist, besucht seine Frau und Söhne und bittet sie wieder Teil ihres Lebens zu werden. Anne sucht derweil Frans auf. Dieser versucht sie sich mit materiellem Lohn gefügig zu machen. Als Anne ihren Lohn in bares umsetzen will, wird sie von Albert entdeckt. Sie gesteht den Seitensprung und Albert betrinkt sich. Bei der Abendvorstellung kommt es zu einem Schlagabtausch zwischen Albert und Frans indem der betrunkene Albert unterliegt. Verzweifelt versucht er sich das Leben zu nehmen und erschießt in einer Ersatzhandlung den Zirkusbären.
Der Film endet damit wie Albert und der Clown Frost (Anders Ek) zu Fuß hinter den Wagen herlaufen. Anne gesellt sich zu ihnen. Die Gaukler ziehen weiter.

Bergmans 13. Film ist der erste Film, den er nicht für Svensk Film Industri, sondern für den Filmverleiher Sandrew fertigstellte.
Es ist außerdem der erste Film bei dem Sven Nykvist Kamera geführt hat und Hilding Bladh ersetzte, der anfänglich den Film fotografierte aber wegen anderer vertraglicher Verpflichtungen ausschied.

Gleich zu Beginn von "Abend der Gaukler" werden wir Zeuge einer erzählten Episode, die dem Clown des Zirkus "Frost" wiederfahren ist.
Seine Frau "Alma" trifft auf eine Gruppe Soldaten, zieht sich aus und geht mit einigen von ihnen baden, während die anderen lachend und geifernd zusehen. Frost wird gerufen und zieht seine Frau verzweifelt aus dem Wasser, in seiner Clownsmaskerade.
"Wie könnt ihr nur darüber lachen" ?
So langsam blicken wir in entsetzte und erstarrte Gesichter. Die Komödie wandelt sich innerhalb von Sekunden zur Tragödie.

Diese Episode ist exemplarisch für den gesamten Film.

Das Leben als Vorstellung
Schmach und Schande

Bergman dreht diese Szene indem er den Ton wegnimmt und sie wie in einem alten Keystone Slapstick schneller laufen lässt. Die Komödie wird erhöht, wir hören nichts bis auf das Lachen. In dieser Episode bekommen wir im Prinzip schon den gesamten Film geliefert. Wir, die erstarrten Gesichter sind die Zuschauer, die dem Treiben und Leiden der Gaukler zusehen.

In Abend der Gaukler vermischt Bergman vollkommen die Grenzen zwischen Spiel und Leben.
Das wird einmal in der Position des Theaters, die sich als scheußliche Bourgeoisie über die ständig betrunkenen Gaukler lustig machen.
Die Gaukler machen keinen Unterschied zwischen richtigem Leben und einer Vorstellung, sind ihren Emotionen ausgeliefert, wollen zwar raus aus ihren Umständen, sind dazu aber nicht in der Lage. Das wissen sie und sind deshalb auch so verzweifelt, verdammt.

Wie auch bei den vorigen Filmen, ist es die Sehnsucht nach einem anderen Leben, die hier innewohnt.

Die Gaukler sind hier auch ein Spiegelbild der Gesellschaft. Sie liefern ein Spiegelbild ihres Lebens, werden dafür beklatscht und im gleichen Moment gedemütigt um dafür auch beklatscht zu werden. Am Ende wird der Zirkusbär vom vollkommen ohnmächtigen Direktor erschossen. Das ist nicht nur Ersatzhandlung, sondern er tötet einen von ihnen, der nur noch eine Stufe niedriger als sie steht.

Leben und Kunst fallen hier zusammen. Man könnte "Abend der Gaukler" sogar als Gleichnis sehen. Die Gaukler sind die Künstler, sind die Filmemacher, die rechtlos sind. Eine unglaublich deprimierende Feststellung.
Die Bürgerlichen können ihre Dämonen unterdrücken, die Gaukler können das nicht, sie müssen sie ausleben, genauso wie Ingmar Bergman.
Interessant und nochmehr als zuvor ist hier auch Bergmans Einsatz von Spiegeln, der nicht nur perspektivisch genutzt wird. Ganz zu deuten ist das nicht, Spiegel der Gesellschaft, des Lebens, der Seele.

Oft lies man das Bergmans Filme, der ja auch viel Theater gemacht hat, Leben als Theater zeigen. "Abend der Gaukler" veranschaulicht dies auf ungeheuerlich Weise.

9/10


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Kvinnodröm (Frauenträume)


Die Modefotografin Susanne (Eva Dahlbeck) und ihr Modell Doris (Harriet Andersson) fahren zu einem Shooting nach Göteborg. Während Susanne in Göteborg auf ein Wiedersehen mit ihrer alten Affäre Henrik (Ulf Palme), der sie nachhängt, hofft, wird die leichtlebige und naive Doris, die sich kurz vorher von ihrem Verlobten getrennt hat, von dem älteren Konsul Sönderby (Gunnar Björnstrand) angesprochen. Dieser umgarnt sie und kauft ihr teure Kleidung und Schmuck. Darüber vergisst sie ihren Fototermin und verbringt einen ausgelassenen Nachmittag auf dem Rummel mit dem älteren Herrn. Im Haus des Konsuls angekommen, treffen sie auf Marianne (Kersin Hedeby), die Tochter. Es kommt zum Streit und Doris wird von der eifersüchtigen Tochter gedemütigt. Währenddessen trifft Susanne sich mit Henrik. Nachdem sie miteinander geschlafen haben, beschließen sie ihre Affäre wieder aufleben zu lassen bis Henriks Frau im Zimmer auftaucht und ihre Besitzansprüche geltend macht. Henrik widerspricht ihr nicht und Susanne läßt die beiden enttäuscht gehen. Zurück in Stockholm, versöhnt Doris sich mit ihrem Verlobten und Susanne zerreißt einen Brief von Henrik in dem er ein zweites Treffen vorschlägt.

Nach dem finanziellen Mißerfolg von "Abend der Gaukler" machte Bergman, als Entschädigung, für das Studio Sandrew, "Frauenträume". Dieser scheiterte allerdings ebenfalls an der Kinokasse.

Eigentlich als Komödie gedacht ist "Frauenträume" in der Gesamtheit eher dramatisch. Was Bergman selbst damit erklärt, dass das Ende seiner Beziehung zu Harriet Andersson, sehr auf den Film abgefärbt hat. Soweit am Rande, denn Bergman wäre nicht einer der biografischsten Filmemacher, denn in fast jedem Film ist sehr viel von ihm selbst zu finden.

"Frauenträume" kommt jedenfalls nach dem finsteren und ebenso erhellenden "Abend der Gaukler" ein wenig dröge daher. Vor allem "filmisch" hat dieser Film, für einen Bergman, recht wenig zu bieten. Was vielleicht daran liegen mag, dass Bergman hier nicht mit Fischer oder Nykvist zusammen arbeitete, sondern mit dem Kameramann "Hilding Bladh".
Es gibt eine recht expressive Szene in einem Zugabteil mit Eva Dahlbeck, die trotz ihrer psychologischen Virtuoistät ein wenig ins überspannt, theatralische abrutscht. Der Film, dessen zwei Episoden ineinander führen, plätschert ein wenig spannungsarm seinem Ende entgegen. Er läßt oft die Geschlossenheit und die Tiefe seiner Dialoge und Charaktere vermissen. Dabei steht er inhaltlich "Sehnsucht der Frauen" sehr nahe. Auch hier geht es um innere Emanzipation, um Sehnsüchte und Wunschvorstellungen, die uns in Form von Augenblicken gezeigt werden. Äußerlich ist auch hier wieder das Duo Dahlbeck und Björnstrand zu sehen. Wobei Björnstrand hier an der Seite von Harriet Andersson zu sehen ist. Was das Duo angeht so gehören "Frauenträume", "Sehnsucht der Frauen" und der in Deutschland leider nicht erhältliche "Lektion in Liebe" definitiv zusammen. In diese Runde gesellt sich dann noch "Lächeln einer Sommernacht".
Interessant ist auch das Susannes Affäre den Namen "Lobelius" trägt, den wir schon aus "Sehnsucht der Frauen" kennen. Ein Zufall oder doch mehr ?
Am interessantesten an "Frauenträume" ist die Episode um Doris und Sönderby. Hier möchte man gerne mehr erfahren, besonders was das Verhältnis Sönderbys zu seiner Tochter angeht.
Doch der Film läßt vieles offen und im verborgenen, sodas man zwar kein halbfertiges Werk vor sich hat aber zu viel nur angerissen wirkt. Das hat man bei Bergman schon deutlich besser gesehen und so bleibt am Ende eher ein Nicken und ein verhaltenes Achselzucken.

6/10


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Sommarnattens leende (Das Lächeln einer Sommernacht)


Der Advokat/Anwalt Frederik Egermann (Gunnar Björnstrand) sucht Rat bei seiner ehemaligen Geliebten, der Schauspielerin Desiree Armfeldt (Eva Dahlbeck). Seine Ehe mit der wesentlich jüngeren Anne (Ulla Jacobsson) funktioniert nicht mehr so Recht, er hegt Zweifel. Er weiß um die Gefühle, die sein Sohn Henrik (Björn Bjelvenstam), ein junger Geistlicher, Theologiestudent, zu seiner Frau hegt und er selbst hat immer noch Gefühle für seine einstige Geliebte. Die widerum hat eine Affäre mit Graf Malcolm (Jarl Kulle) und dessen Frau Charlotte (Margit Carlqvist) weiß darüber Bescheid. Desiree hegt einen Plan. Sie lädt alle Beteiligten samt der jungen Haushälterin Petra (Harriet Andersson), die den armen Henrik mit Anzüglichkeiten neckt, zum Wochenende auf dem Landsitz ihrer Mutter (Nairna Wilfstrand) ein.
Dort spitzen sich die Ereignisse, nach Einnahme eines aphrodisierenden Trunks, zu. Henrik streitet mit seinem Vater, versucht sich umzubringen und landet kurz darauf mit Anne im Bett. Frederik tröstet sich mit der Gräfin, woraufhin Desiree den Grafen alarmiert. Dieser fordert Frederik zum russischen Roulette heraus, lädt die Waffe aber nur mit Ruß. Henrik brennt mit Anne durch, der Graf und seine Gräfin versöhnen sich, Desiree kümmert sich um Frederik und dann ist da noch Petra, die sich mit dem Kutscher in dieser Sommernacht vergnügt.

Das "Lächeln einer Sommernacht" unterscheidet sich von einer Tragödie nur dadurch, das hier entschieden wird, darüber zu lachen. Er ist eine Tragödie im Gewand einer Komödie. Dies wird im Film auch immer wieder angedeutet. Wir können entscheiden ob wir jetzt lachen oder weinen.
Bergman hat sich diesmal entschieden zu lachen.
Die Inkredienzien, die zu einer "romantischen Komödie" gehören sind hier alle vorhanden. Die Leichtigkeit sowie die Wandlung zum Guten haben immer den richtigen Ton und das richtige Tempo. Dabei ist die Dramatik in jeder Einstellung zu spüren, gewinnt aber nie die Oberhand, denn der Ton ist diesmal der einer Komödie.

Hier ist alles vorhanden, was Bergmans Werk ausmacht. Verzweiflung, Angst, die Verwirrung, der Ekel an dem Mann bzw. der Frau, das Arrangement der Ehe, Sinnlichkeit, Religiosität, Angst vor dem Tod, das Alter einmal aus der jüngsten und einmal aus der ältesten Sicht, die List der Frauen, die Eitelkeit und Dummheit der Männer, der Schmerz, die Lüge und immer wieder die Sehnsucht. Hier aber entscheiden sich die Figuren darüber zu lachen und sich lustig zu machen.

Gunnar Fischers Bilder gleiten im Gegensatz zum Hollywood Kino jener Tage nie ins übertriebene oder kitschige. Sie sind real.
Dabei wird die Essenz von Romantik in wunderbar ausgeleuchteten Bildern eingefangen. Alle Spielarten von Sinnlichkeit und Liebe werden hier aufgegriffen und gleichzeitig auch wieder reflektiert.
Während es in den früheren Bergman Filmen fast gar keinen Einsatz von Musik gab, wird hier durch den Einsatz auch wiederum die Leichtigkeit ironisiert.
Exemplarisch hierfür die Szene in der die Dahlbeck zusammen mit Björnstrand vom Theater zu ihr nach Hause flanieren. Die Kamera zeigt den See und die Schwäne und schwenkt dann nach unten, zeigt nur die Beine der beiden. Im nächsten Moment wird es dunkel und expressiv, Björnstrand fällt in eine Pfütze. Die Musik gibt den dramatischen Tusch.

Gunnar Björnstrand spielt hier wieder hervorragend an der Seite von Eva Dahlbeck den gehörnten Liebhaber/Ehemann. Die Dialoge zwischen den beiden sind reinste "Screwball". Schnell, pfiffig und bissig.

Schön auch die Figur von Harriet Andersson, die sich den dahergelaufenen Kutscher schnappt um am Ende dieser Zaubernacht zu sagen "Ich kann mir mit dir eine Ehe vorstellen, aber ich habe noch andere Bedürfnisse."

Durch die Figur von Henrik wird hier auch zum ersten Mal das Abfallen vom Glauben thematisiert. Es wird hier zum Spiel, welches wiederum zur Liebe führt. Als Henrik versucht sich umzubringen, fällt er dabei auf den Geheimknopf, der das Bett mit der schlafenden Anne ins Zimmer rollen läßt.
Henrik ist jemand, der in seinem Glauben, in der Religion, die Hilfe sucht für das was ihn am Leben verzweifeln läßt. Ein Thema welches Bergman noch oft beschäftigen wird, siehe sein nächster Film "Das siebente Siegel".
Er ist derjenige, der am sinnlichsten, am leidenschaftlichsten ist. Bei Bergman ist dieser auch am immer am hilflosesten und am verzweifelsten. Er schläft und flieht mit Anne. Die Fortsetzung davon wird Thema unzählicher Bergman Filme sein.

"Das Lächeln einer Sommernacht" ist bitterböse, verliert aber nie die Nuance, seine Leichtigkeit und das ist es, was diesen Film so bemerkenswert macht.
Für Bergman war dieser Film ein internationales Sprungbrett. Ausgezeichnet in Cannes mit dem Sonderpreis für poetische Komödie, wurde "Lächeln einer Sommernacht" ein weltweiter Kassenschlager.
1973 wurde unter der Leitung von Stephen Sondheim und Hugh Wheeler daraus ein Musical Hit.
Bergman war früh auf dem Gipfel seines Ruhms und sollte ihn mit seinem langersehnten, nächsten Wunschprojekt sogar überschreiten.

10/10

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3x Bergman


Dies ist der Beginn einer neuen Filmreihe, die chronologisch durch das Werk des schwedischen Ausnahmeregisseurs Ingmar Bergman führt. Bis wohin, die Reihe gehen wird, ist noch nicht ganz sicher. Auf jeden Fall werden wir bis weit in die 60er Jahre kommen. Da das ganze eine Idee eines Freundes war, werden wir auch seine Sammlung nutzen, die aber so ziemlich alles beinhaltet, was es auf dem deutschen Markt gibt.

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Törst (Durst)


"Durst" ist eindeutig ein Frühwerk von Ingmar Bergmans und doch sieht man hier schon ziemlich genau die Handschridt des Meisters.

Bergman erzählt hier von einem Ehepaar, das nach ihrem Urlaub von Genf wieder zurück nach Schweden per Zug unterwegs ist. Dabei führt sie der Zug auch durch das Trümmerfeld Deutschland. Deren Ehe ist geprägt von Ruts (Eva Henning) hysterischen Anfällen und ihrer Schlaflosigkeit. Während der Fahrt führt uns der Film in Ruts und Bertils (Birger Malmsten) Vergangenheit.
Rut hatte eine Affäre zu einem verheirateten Offizier, wurde schwanger und ließ abtreiben. Folgende körperliche und seelische Probleme schadeten daraufhin ihrer Karriere als Tänzerin.
Bertil hatte eine Beziehung zu einer Witwe, die ebenso wie Rut seelische Probleme hatte. Diese Witwe flieht vor einem unmenschlichen Psychater, begegnet Ruts Freundin Valborg (Mimi Nelson), die ihr homoerotische Avancen macht und begeht Selbstmord. Derweil eskalieren im Abteil die Spannungen zwischen Rut und Bertil.

Ziemlich harter Tobak für einen Film aus dem Jahre 1949.
Dieser wurde erst 1953 in der BRD aufgeführt, da er zuvor von der Prüfstelle verboten wurde.

Vorwegnehemen kann man jedenfalls eins und zwar, dass Bergman in der Auswahl seiner Themen und vor allem wie er diese dann auf die Leinwand brachte, der Zeit um Meilen voraus war.

Leider ist "Durst" nicht wirklich gut geglückt. Vieles in diesem Frühwerk ist zwar schon da aber noch nicht ganz ausgereift und vollendet. Die Schauspieler überzeugen nicht immer, der Szenenablauf wirkt teils recht konfus und zum Ende hin wirkt der Film verhackstückt. Wofür Bergman mit Sicherheit auch nicht viel konnte, denn das Ende wirkt wie drangeklebt bzw. nachgedreht. Man weiß es nicht.

Aber :
Es ist eben vieles schon da.
Die Themen :
Geschlechterkampf, Diskrepanz zwischen Mann und Frau, die seelische Zerstörung, das Leid und ja selbst der grausame Psychater ist hier in einer etwas holzschnittartigen Fassung enthalten.

Was die Bilder angeht so haben wir hier "Gunnar Fischer", der bei fast allen Bergman Filmen bis 1960 die Kamera geführt hat.
Vereinzelt gibt es hier auch schon wunderbare expressive Bilder und Szenen zu sehen, die sehr vom Schattenspiel geprägt sind.
Diese, sicherlich vom deutschen Expressionismus, Weimarer Kino geprägten Bilder, werden uns noch häufiger begegnen.

Auch in seinem nächsten Film, der sein erster großer, finanzieller Erfolg war.

7/10


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Kvinnors väntan (Die Sehnsucht der Frauen)


In einem Sommerhaus in Schweden warten 4 Frauen auf die Ankunft ihrer Männer. Alle sind sie mit Männern der wohlhabenen Familie Lobelius verheiratet. Die Frauen erzählen sich von ihren Erfahrungen mit diesen.

Der Film schildert nun in 3 Episoden die Nähe und Intimität zu ihren Männern. Vor allem die tiefe unerfüllte Sehnsucht dieser Frauen.

1. Episode :
Rakel (Anita Björk) schildert eine Begebenheit vom vorigen Jahr als sie ihren Mann mit ihrem Jugendfreund betrogen hat. Sie gesteht ihm den Seitensprung, dieser will die sofortige Scheidung, verliert die Fassung und droht damit sich umzubringen. Sein Bruder kann ihn wieder zur Vernunft bringen. Rakel bleibt mit ihrem Mann zusammen, weil sie in ihm das hilfsbedürftige Kind erkennt, was er in ihren Augen ist.
2. Episode :
Marta (Maj-Britt Nilsson) erzählt wie sie den jungen Maler Martin (Birger Malmsten) in Paris kennenlernt. Nachdem sie erfährt dass sie schwanger ist, stirbt sein Vater. Er kehrt nach Schweden zurück, da er finanziell von dem Geld der Familie abhängig ist. Sie beschließt das Kind allein zu bekommen und wehrt all seine Kontakte zu ihr ab. Letztendlich gibt sie nach und heiratet ihn.
3. Episode :
Karin (Eva Dahlbeck) und ihr Mann Fredrik (Gunnar Björnstrand) bleiben nach einem Galaabend im Fahrstuhl stecken. In der Enge des Raumes kommen sie sich näher, sprechen sich erstmalig aus und schlafen miteinander. Am nächsten Tag, befreit, ist alles wieder beim alten, indem Fredrik wieder geschäftlichen Verpflichtungen nachgeht und seine Frau weitestgehend ignoriert.

Am Ende des Films trifft das Boot mit den Ehemännern ein. Maj, die junge Schwester Martas (Gerd Andersson ist übrigens die Schwester der berühmten Bibi Andersson), plant mit ihrem Freund davonzulaufen. Marta läßt sie gehen, damit sie ihre eigenen Erfahrungen sammeln kann. Wohlwissend, das diese auch schmerzlich sein werden.

"Die Sehnsucht der Frauen" ist schon in jedweder Hinsicht formvollendet und zeigt Bergman als das wofür er auch in die Filmgeschichte einging : als "Frauenregisseur".

Gleich zu Anfang werden wir in eine typische Bergman-Szenerie gestoßen, wie nur er es filmen kann. Ein Paar sitzt sich gegenüber und sagt sich was sie denken. Dabei passiert nichts und doch hat das was gesagt wird eine unbarmherzige Tiefe, die vor allem für die damalige Zeit, Sprengstoff gewesen sein muß. Ohne irgendwelche dramaturgischen und inszenatorischen Kniffe wird hier ganz deutlich, offen und schlicht, schwarz auf weiß, das ausgesprochen was wir alle denken und was uns letztendlich zu Menschen macht.
Dabei legt er diese innersten Sehnsüchte und Wünsche oft Frauen in den Mund. Was sonst unausgesprochen akzeptiert wurde, wird hier in einer gleichberechtigten und emanzipierten Frauenrolle offen ausgesprochen. Und so haben in diesem Film auch definitiv die Frauen die Hosen an.
Die Männer werden entweder zu hilfebedürftigen Kindern, schwachen Abhängigen, eitlen Popanzen, die ihre Frau als Prestigeobjekt ansehen.

In der ersten Episode ist die frigide Frau, die Sehnsucht nach sexueller Befriedigung verspürt. Sie spricht darüber auch mit ihrer Affäre im Badehaus. Als sie reinen Tisch macht, ist ihr Mann vollkommen überfordert und dreht durch. Ihre Befriedigung erhält sie dadurch, dass sie begreift, dass ihr Mann abhängig von ihr ist und sie braucht.
In der zweiten gibt es eine tragende Fallhöhe, denn wir erleben zuerst eine wunderbare Liebe in Paris um später dann den romantischen Liebhaber als schwaches, abhängiges, schwarzes Schaf der Familie kennenzulernen. Sie emanzipiert sich von ihm, da sie in ihrer Beziehung kein Anhängsel sein möchte, weiß aber auch, dass er sie braucht.
Die dritte Episode ist das in die Jahre gekommene Ehepaar, welches sich die Wahrheit sagt. Im Grunde, die gleiche Situation wie in der ersten, nur das hier gelacht werden darf.
Hier erweist sich Bergman als Komödiant, indem er die Episode mit komischen Dialogszenen ausstattet, die es faustdick hinter den Ohren haben. Eva Dahlbeck macht sich hier über ihren eitlen Gatten permanent lustig und ist die gestandene Frau, die ihrem Mann ein Affären Geständnis entlockt. Dies führt hier aber keineswegs zum Drama, da sie weiß was sie an ihrem Lebensstandard hat und das ihr Mann natürlich auch abhängig von ihr ist.
Hier liegt es ganz klar auf der Hand, wer in dieser Beziehung die Hosen anhat.

"Die Sehnsucht der Frauen" wird bestimmt nicht mein Lieblingsbergman werden, als wichtiges, vollgültiges Werk ist er aber unbedingt zu nennen.
Am Ende machen sich zwei junge Leute auf die Reise um aus dieser Gesellschaft auszubrechen.
Mit diesem Wink sind wir dann auch schon beim nächsten Film.

8/10


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Sommaren med Monika (Die Zeit mit Monika)


Der 19jährige Harry (Lars Ekborg) und die 17jährige Monika (Harriet Andersson) leben und schuften als Lohnarbeiter in Stockholm.
Als sie sich kennenlernen, sieht Monika einen Ausweg aus dieser Welt zu fliehen. Die frisch verliebten nehmen das Boot von Harrys Vater und verbringen damit den Sommer in den idyllischen Schären. Der Sommer ist fast vorüber als Monika feststellt, dass sie schwanger ist. Zudem gehen ihnen langsam die Vorräte aus. Zurück in der Stadt müssen sie heiraten, dafür sorgt Harrys Tante. Während Harry gewillt ist für die Familie zu arbeiten und sie zu versorgen, träumt Monika weiter von ihrem sorglosen Leben. Sie geht fremd und läßt ihren Mann mit dem Kind allein.

Mit "Die Zeit mit Monika" haben wir den ersten Film Bergmans, der weltweit Furrore machte, insbesondere in Frankreich. Es liegt auf der Hand was ein junger "Francois Truffaut" so sehr an diesem Film begeistert hat, nimmt er doch schon viel vorweg, was mit der bald folgenden "Nouvelle Vague" so alles kommen sollte. Revolutionär ist vor allem hier die Szene in der Bergman, seine Harriet in einem extremen Close Up, direkt in die Kamera blicken und alles herum um sie verschwinden läßt. Auch das Zeigen von "nackter Haut" ist so bislang noch nicht eingefangen worden.

Was ist es was diesen Film immer noch, damals und heute, so frisch macht ?

Es ist einmal die unglaubliche Vitalität der 2 Hauptdarsteller. Voran, natürlich, "Harriet Andersson", die auch zu einer DER Bergman Schauspielerinnen wurde.
Nicht besonders hübsch, ist es die Art und Weise, wie Bergman und Fischer ihre Ausstrahlung, ihr Gesicht in unglaublich tollen Close Ups zeigen.
Überhaupt ist der Sommertraum in den Schären in wunderbaren Aufnahmen eingefangen, die sowohl an "italienischen Neorealismus" als auch an "Kurosawa" erinnern. Die Natur wird zum Spiegel der Seele.
Im Kontrast dazu wird die Stadt in Gunnar Fischer typischen, expressiven Bildern, als gefährlicher, lebensverachtender Moloch gezeigt. Exemplarisch hierfür, die Rückkehr aus den Schären, in die Stadt. Die Bedrohlichkeit wird verstärkt durch verzerrten Lärm.
Zurück in der Realität.
Diese Ausreißer Phantasie, das Ausbrechen aus der Gesellschaft, nimmt vieles von dem Freiheitsgefühl der 60er Jahre vorweg.

"Die Zeit mit Monika" ist aber auch ein Sozialdrama, welches der Zeit weit voraus war.

Der Film beginnt im proletarischen Realismus. Der Schären-Sommer ist als Traum inszeniert. Hier erleben sie paradiesische Freiheit. Dieser Traum endet weil ihnen die lebensnotwendigen Sachen ausgehen und sie werden zurückgeworfen in die Realität. Während Harry das kleinbürgerliche Leben vom Arbeiter, der aus seinen Verhältnissen rauskommen will, träumt, ist Monikas Ausbruchsgefühl viel stärker. Sie sieht am Ende gar keine Möglichkeit ihren Traum weiterzuträumen und sucht weiter ihr Vergnügen.
Am Ende sind es die eigentlich gedachten, bürgerlichen Verhältnisse, die auf den Kopf gestellt werden.
Es ist die Frau, die weg ist und der Mann, der das Kind in den Armen hält. Das von Seiten, der Erwachsenen, geschaffene Modell, greift nicht mehr und bricht auseinander.
Monika und Harry passen in das Schema von Anfang an nicht mehr hinein.
Besonders Monika versucht ihre Vorstellung, ihren Traum zu leben, dabei verhält sie sich grausam. Die Leinwand, das Kino wird ihr dabei zum trügerischen Ideal. Von Beginn an erträumt sie sich ein Leben wie im Kino und projeziert dies auf Harry. Macht ihn somit zu ihrem Hollywoodprinzen. Da darf der "Filmkuss" auf der Parkbank, ganz wie im Kino, nicht fehlen.

Bergmans Monika wird in allen Facetten ohne damalige Klischeebilder dargestellt. Sie ist ein ganz normales Durchschnittsmädchen. Ihr Lebensgefühl und die Art wie wie komplex Bergman dies zeigt, machen "Die Zeit mit Monika" in der Tat zu etwas besonderem.

10/10

Ingmar Bergman Gunnar Fischer Eva Dahlbeck Harriet Andersson expressiv Frühwerk Geschlechter Rollentausch Emanzipation Realismus Close Up Gesellschaft Innenleben Episodenfilm Perspektive


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2x Spielberg's American History


Letztes Wochenende war ich mit meiner Freundin in Weimar. Da es regnete und die meisten Sehenswürdigkeiten nur bis 16 Uhr aufhatten, beschlossen wir ins Kino zu gehen. Warum auch nicht !
An einem Kino entlangschlendernd sahen wir, dass es eine Nachmittagsvorstellung zu Spielbergs neuem Film "Lincoln" gab.
Dazu unten mehr :)

Zuerst schreibe ich ein paar Zeilen zu einem anderen Spielfilm von Spielberg, der geschichtlich ganz eng mit seinem neuesten verknüpft ist :

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Amistad


Wir schreiben das Jahr 1839.
21 Jahre vor Lincolns Wahl zum Präsidenten. Der Demokrat Martin van Buren (Nigel Hawthorne) ist derzeitiger US-Präsident und das Land erhält durch die aufkommende Macht der Abolitionismus Bewegung (Sklavereigegner) immer stärkere Risse.
Das düstere Kapitel um die Sklaven des spanischen Segelschiffs Amistad dürfte eines der unbekannteren in der US-amerikanischen Geschichte sein.
Das diese Leidensgeschichte, historisch gesehen, einer der Tropfen im sprichwörtlichen Fass gewesen ist, zeigt Spielberg in den geschichtlichen Anhängen am Ende des Films und die Geschichte, wie wir alle wissen, zeigt es natürlich selbst.

Auf dem spanischen Sklavenschiff Amistad kommt es zu einer Meuterei. Die Sklaven töten ihre Peiniger bis auf zwei, die sie nach Afrika zurückbringen sollen. Doch kommen sie dort nie an sondern werden von der US Marine kurz vor Connecticut abgefangen und eingesperrt. Es entbrennt ein gerichtlicher Streit um den Besitz und Verbleib der "angeblichen" 40 Sklaven.
Die spanische Königin Isabella (Anna Paquin) macht ihre Ansprüche geltend, ebenso wie die US-Kommandeure, vertreten durch den Staatsanwalt Holabird (Pete Postlethwaite). Die Abolitionisten Tappan (Stellan Skarsgard) und Joadson (Morgan Freeman) engagieren den jungen, liberalen Rechtsanwalt Roger Baldwin (Matthew McConaughey), der im Sinne ihrer Sache, im Kampf gegen die Sklaverei, den Fall gewinnen und damit die humanen Werte von Freiheit und Gleichheit stärken soll.
Dafür muß er das Vertrauen der "Schwarzen" gewinnen. Vor allem das von Cinque (Djimon Hounsou).
Nach dem ersten Freispruch legt US-Präsident Martin van Buren aus Angst vor Schwierigkeiten mit dem Süden, Berufung beim obersten Gerichtshof ein.
Baldwin holt sich diesmal Hilfe in Gestalt des ehemaligen Präsidenten und Humanisten John Quincy Adams (Anthony Hopkins).
Adams gewinnt gegen die Berufung, die "Schwarzen" werden freigelassen und van Buren nicht wiedergewählt.


Spielberg drehte "Amistad" nach "Schindler´s List" und dem 2. Teil seiner "Jurassic Park" Trilogie "Lost World". Danach kam dann ein weiterer historischer Stoff, nämlich das WWII Drama "Saving Private Ryan".
Amistad verhält sich nun auch ein wenig wie eine Mixtur aus diesen "historischen" Filmen, was die Spielberg-typischen Gefühls-manipulierenden Mechanismen und Stilistiken angeht.

Da ist einmal die Annäherung zwischen zwei Kulturen. Zwischen "schwarz" und "weiss". Auch diesen Szenen liegt der Spielberg-typische gläubige, offenbarerische "Blick" inne, der "allen" Spielberg Filmen inne liegt. Während in Schindler´s List durch den alles überschattenden Horror kein Platz für pathetische Szenen war und wenn dann waren diese durch äußerste Subtilität geprägt, bekommt man in Amistad einen Hauch von dem pro-amerikanischen Pathos zu spüren, den auch ein Saving Private Ryan umweht.
Spielberg hat allerdings auch das Recht dazu, denn er relativiert indem er Cinque erzählen lässt und uns in schonungslosen Bildern zeigt, wie es auf dem Sklavenschiff zuging bevor es zur Meuterei kam.
Natürlich ist es Schwarz-Weiss-Malerei, ähnlich wie in Saving Private Ryan. Aber in Amistad hält er noch mehr die Distanz, denn dieser Film ist nicht unbedingt patriotisch. Er ist in erster Linie einem reinen Humanismus geschuldet, der ganz und gar den Geist eines John Quincy Adams atmet und sich im filmischen Gesamtwerk eher an "The Colour Purple" orientiert.
Formal ästhetisch ist Amistad natürlich perfekt und es ist schon ein ziemlicher Genuss diese genaue Rekonstruktion des Jahres 1839 zu sehen.
Das Ensemble ist auch über weite Strecken erhaben. Der einzige Schwachpunkt wäre hier vielleicht Matthew McConaughey in der Rolle des Anwalts, der einem mit seiner kindlich, naiven Art an einen etwas überdrehten, jungen Lincoln erinnert.
Aber vielleicht muss das auch so sein, denn wenn ich nochmal drüber nachdenke ist er im grunde eine Figur, die in ihrer Art dann auch wieder in fast jedem Spielberg Film ihren Platz findet.
Hervorzuheben wäre noch Anthony Hopkins als John Quincy Adams, der in seiner Abschlussrede das vielleicht wichtigste Statement des gesamten Films hält, in der er auf die humanistischen Werte, der amerikanischen Verfassung zeigt, wie auf ein vergessenes Blatt Papier und im nächsten Zug die Unausweichlichkeit des schon baldigen Sezessionskrieges als notwendiges Übel akzeptiert um diese Werte und Grundrechte zu verteidigen.
Ich sage mal ein "John Ford" hätte das auch nicht besser inszenieren können !

Abschließend noch drei Dinge :

Als ich es schon fast abgeschrieben hatte, tauchte in der Mitte des Films, in Form eines Elfenbeinzahns, dann doch noch das Kapitel "Familie" auf !
Fast kein Spielberg Film ohne dieses Kapitel, es ist ja schon fast wie ein kleiner Cameo ;)
Ach und ich finde, dass es mal interessant wäre einen Spielberg Film ohne John Williams Score zu sehen. Dieser schleicht sich oft zu sehr in Szenen ein, die gleich ein Stück pathetischer werden. Das dies auch anders geht, wissen wir seit Schindler´s List und werden wir auch gleich noch unten lesen.

Nichtsdestotrotz ist Amistad ein guter Film und gerade jetzt in Gegenwart des neuesten Dreamwork Films in jedem Fall eine Sichtung wert.

8/10


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Lincoln


15 Jahre nach Amistad und 25 Jahre danach im geschichtlichen Kontext.

Spielberg behandelt die letzten 4 Monate im Leben Abraham Lincolns.

Der Sezessionskrieg steht Ende 1864/Anfang 1865 kurz vor seinem Ende. Die Konföderierten sind so geschwächt, das sie bereit sind zu Kapitulationsverhandlungen. Abraham Lincoln ist gerade wiedergewählt worden und versucht den 13. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten abzuschaffen um somit die Sklaverei für immer zu verbieten.

Was leicht zum klebrig, patriotischen Beweihräucherungskino hätte werden können oder auch zur statischen Geschichtsstunde, ist und DAS muß man einfach mal laut sagen, der mit Abstand beste "period piece" Film den Spielberg je vorgelegt hat !

Definitiv sein nüchternster, auf jeden Fall sein trockenster.

Was ich so erstmal nicht erwartet hätte :

"Lincoln" ist ja für uns Europäer kein ganz unbeschriebenes Blatt und dennoch setzt dieser Film im Prinzip relativ viel geschichtliches Vorwissen voraus.
Während die Demokraten im 19. Jahrhundert für eine reaktionäre und rassistische Südstaatenpolitik standen, waren die Republikaner, denen auch Lincoln angehörte, für einen ökonomischen und gesellschaftspolitischen Fortschritt.
Die wichtigen historischen Abschnitte werden nicht weiter eingeleitet und erklärt, doch dies macht insbesondere die detailgetreue Genauigkeit des Films aus.
Wir werden hineingeschubst in ein politisches Pokerspiel in dem um die letzten Stimmen zur Verabschiedung des Artikels geschachert wird. Kein leichtes Unterfangen.

Das dies nicht zur, wie schon erwähnten, langweiligen Geschichtsstunde verkommt dürfte zum großen Teil an Tony Kushners Drehbuch liegen, sowie an der großartigen Darstellerriege, die diesen Film zu einem echten Ereignis macht.
Großartig hier einmal wieder "Tommy Lee Jones" in der Rolle des Abgeordneten der Radical Republicans Thaddeus Stevens, der von Lincoln eine viel kompromisslosere Politik gegenüber den Südstaaten und ihren Sklavenhaltern fordert.
"Daniel Day Lewis" spielt den Lincoln ganz als kühlen Anwaltskopf, so wie ihn "Henry Fonda" schon damals bei "John Ford" verkörpert hat.
Es ist allerdings schon ein kleines Wunder was Spielberg hier vollbringt. Er zeigt Lincoln einmal als Fels in der Brandung und dennoch als Mensch, dem wir unglaublich nahe kommen. Der Mythos wird nicht verklärt sondern erklärt.
"Lincoln" huldigt nicht dem Denkmal sondern zeigt wie ein Mensch zum Denkmal wird.
Was das angeht, kommt Spielberg seinem großen Idol "John Ford" schon ziemlich nah und man muß ihm wohl Recht geben wenn er sagt, dass es für diesen lange vorbereiteten Film, keinen besseren Zeitpunkt gibt als ihn jetzt zu machen.

Man könnte "Lincoln" schon fast als Spielberguntypisch betrachten.
Aber eigentlich auch nur fast ;)

John Williams Score ist hier so dezent, dass er fast gar nicht wahrgenommen wird und wenn er dann doch mal aufschwingt, wünscht man ihn sich sogar ein wenig lauter.
Ja und dann ist da natürlich noch der "Family Plot" :

Lincoln im Kreise der Familie, denn auch hier herscht Krisenstimmung, da sein ältester Sohn Robert (Joseph Gordon Levitt) gegen den Willen seiner Eltern in die Armee eintreten will. Zwei Söhne Lincolns starben und seine Frau Mary (großartig : Sally Field) hat dies nie verkraften können.
Der Film beginnt auch mit einer wunderschönen Schlüsselszene in der Lincoln sich zu seinem jüngsten Sohn, der eingeschlafen vor dem Kamin liegt, legt. Neben ihm liegen eine Karte der Staaten und Fotografien von "schwarzen" Kindern, die in Sklaverei aufgewachsen sind. Das ganze eingefangen im schummrigen Kaminlicht von "Janusz Kaminskis" Kamera.
Ergreifende Szenen gibt es mehrere. Eine andere wunderbare ist die am Ende des Films, als sich Thaddeus Stevens, zu seiner "schwarzen" Haushälterin ins Bett legt, mit der er eine heimliche Ehe führt und sie ihm den neuen Gesetzestext wieder und wieder vorliest.

Einhergehnd mit den vielen "sehr guten" Reviews im hiesigen Feulleiton fühlt man sich ein wenig an "Schindler´s List" erinnert.
Das Wunderkind Spielberg wurde mal wieder akzeptiert.
Was immer ein wenig konträr wirkt, denn Spielberg konnte schon immer und in erster Linie ist er eines :

Ein begnadeter Storyteller in guter, alter Hollywoodtradition.
Das war er von Anfang an.

Ich persönlich würde mich sehr freuen, wenn dieser Film in wenigen Wochen, den Oscar in der Kategorie "Bester Film" erhält, wenn nicht, dann weiß ich auch nicht.

9/10
(Freue mich schon auf eine Zweitsichtung, denn ich glaube, da ist noch ein Pünktchen drin)

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Moon (Duncan Jones) UK 2009


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Moon

Astronaut Sam Bell steht kurz vor dem Ende seines Dreijahresvertrages mit der Lunar Corp.
Er arbeitet als Mechaniker auf dem Mond und überwacht allein den Abbau von Energieressourcen für die Erde. Sein einziger Kommunikationspartner ist der Computer Gerty. Sam beginnt auf einmal seltsame Dinge zu sehen und zu hören. Nach einem Unfall beginnt die Firma ihn durch einen Klon zu ersetzen. Zusammen mit seinem Doppelgänger lüftet er das dunkle Geheimnis der Mondbasis.


Der Debutfilm von David Bowie Filius Duncan Jones ist eines der meist gefeierten Genre-Debuts der neueren Kino-Geschichte.

Und ja, der Mann hat seine Vorbilder gut studiert. Viel "Silent Running, ein bißchen "2001" sowie die Konzern und Technokratie Kritik aus "Alien" von Scott und "Outland" von Hyams (den ich unbedingt mal wieder sehen muß :) )
Mit den beiden letztgenannten Werken hat Moon auch den etwas schäbigen "Used" Look der Mondbasis gemein.

Was man Moon am meisten zu Gute halten muss, ist, dass der Film einmal prächtig aussieht. Aus einem relativ geringen Budget sehr viel rausholt und dass er atmosphärisch äußerst dicht ist. Das liegt zum einen an der Langsamkeit des Films sowie an der guten Darstellung von Sam Rockwell in seiner Doppelrolle und an dem wunderschönen und sehr emotionalen Score von Clint Mansell.

Allerdings ist es der Plot von Moon, der am Ende ein wenig zu hastig wird.

-Warum wird einem die ganze Zeit suggeriert, dass es von der Raumstation keinen Ausweg gibt und es am Ende doch ganz einfach ist zur Erde zu gelangen.
-Woher hat Sam zum Schluß dieses Bildtelefon mit dem er kurz vor seinem Tod zu Hause anrufen kann ?
Auch wenn die Verbindung, dank der Sabotage der Funkmasten jetzt ungestört ist, wirkt es ein wenig merkwürdig, dass dies erst jetzt zu seinem einsatz kommt.

Dies sind so zwei Punkte innerhalb des Plots gewesen, die sich des ansonsten recht stimmigen Konzepts des Films wiedersprechen.

Das Visualisieren eines Konstrukts hat Duncan Jones mit seinem Kollegen Christopher Nolan gemein.
Diese explosionsartigen AHA Effekte und leichten Logik Schnitzer waren auch der Grund dafür, dass ich seinen zweiten Film "Source Code" nicht ganz goutieren konnte.
Bei Moon ist das zum Glück noch nicht ganz so offensichtlich.

7/10

Letzter Eintrag der S/F Reihe, demnächst geht es dann weiter mit etwas ganz anderem : "Ingmar Bergman"


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eXistenZ (David Cronenberg) CA/UK 1999


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eXistenZ

Der vorletzte Film unserer Science-Fiction Reihe sollte dann noch das Thema der virtuellen Realität beinhalten.
Da es auch ein Film neueren Datums sein sollte und ich wenigstens einen Cronenberg miteinbringen wollte, lag es nahe eXistenZ zu wählen.

eXistenz ist der Name eines Computerspiels aus dem Hause Antenna-Research, entwickelt von der Spieledesignerin Allegra Geller (Jennifer Jason Leigh). Dies will uns der Film zunächst glauben lassen.

Cronenbergs Film ist ein ständiges Spiel mit der Realität. Sein Film IST das Spiel.

Als bei einem "Test-Spiel" ein Anschlag auf die Spieledesignerin samt Spiel verübt wird, flieht sie zusammen mit dem Sicherheitsbeamten Ted (Jude Law). Sie beginnen eXistenZ zu spielen und dringen immer tiefer in die verschiedenen Level des Spiels ein und somit in eine Verschwörungsgeschichte, die undurchsichtiger gar nicht sein kann.

Am Ende bleibt nur die allumfassende Frage "Was ist Realität", wenn virtuelles und reelles zu einer Ebene werden.

David Cronenberg arbeitet hier komplett nach dem Matroschka-Prinzip. Die vielen Ebenen, die sich hintereinander verstecken, sind in eXistenZ Computer-Level. Dieses Prinzip zieht er hier gnadenlos von Anfang bis zur Kulmination am Ende durch um dann auch diese in Frage zu stellen, "Sind wir noch im Spiel" ?
Die Erkenntnis, die man aus dem gesehenen ziehen könnte ist in erster Linie folgende : "Es ist völlig gleichgültig und irrelevant wer und was Freund oder Feind der Realität ist, denn Cronenbergs Kommentar ist unwiderruflich der, dass es gar keine "wirkliche Realität" geben kann, wenn sich das virtuelle dem reellen so angleicht, das es keinen Unterschied mehr gibt.
Dies ist auch zugleich unterschwellig Cronenbergs Kritikpunkt in eXistenZ.

eXistenZ kann man in erster Linie als Satire auf die virtuellen Computerspielwelten verstehen. Dies läßt sich innerhalb des Films an verschiedenen Punkten ablesen :

-ganz offensichtlich : die Kommentare Allegra´s über das hölzerne Agieren einzelner Spielfiguren "Nicht gut entwickelt".

-die Spielschlaufen, in denen einige Figuren stecken.

-Aber auch das Verhalten von Allegra und Ted selbst, Dinge zu tun, die keinen Sinn ergeben, nur um im Spiel voranzukommen.

-Die Schauplätze, die sich ähneln und austauschbar sind und einem von vornerein als Bestandteil des Spiels gezeigt werden.

-Der Verschwörungsplot des Films


Cronenberg wirft uns zu Beginn sofort in das Spiel rein, läßt uns dies aber nicht gleich gewahr werden. Erst am Ende sollen wir merken, dass wir dem Regisseur auf den Leim gegangen sind. Was dann passiert : Die Exekution des "richtigen" Spieledesigners durch Jude Law und Jennifer Jason Leigh, spielt sich wie wir meinen, wieder in der Realität ab und wird mit dem letzten Satz "Sagt mir, sind wir noch im Spiel ?" sogeleich wieder hinterfragt.

Videodrome läßt grüßen

Der Plot, dass ein Konsument eines Mediums sich in der Scheinrealität verliert und zum Attentäter wird, kommt einem bekannt vor.
Wie in Videodrome bekommt das Medium einen organischen Charakter. Hier sind es die organischen Gamepods, die sich direkt an die Wirbelsäule anknüpfen lassen.
Man könnte eXistenZ auf den Leim gehen und ihn einfach als Variation seines Videodrome-Themas ansehen. Der sehr ähnliche Score von Cronenbergs Haus und Hof Komponist Howard Shore macht die Sache nicht gerade einfacher.
Anders als Cronenbergs Frühwerk ist eXistenZ in erster Linie wirklich als Satire anzusehen.
Cronenberg macht sich über die Videospielindustrie und ihre virtuellen Erzählstrukturen lustig.

Definitiv einer der interessantesten Beiträge zum Thema "Realität" ist es allemal !
Interessant dürft auch sein, dass Cronenberg auf die Idee zu eXistenZ kam, als er Salman Rushdie zum Thema Attentat auf Künstler durch Fanatiker interviewte.

8/10

Computerspiel Gamepod organisch Attentat virtuelle Realität David Cronenberg Jude Law Willem Dafoe


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Gattaca (Andrew Niccol) USA 1997


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Gattaca

Der Debutfilm des neuseeländischen Drehbuchautors und Regisseurs Andrew Niccol steht ganz in der Tradition solch enthumanisierter Anti-Utopien wie Aldous Huxleys "Brave New World" und George Orwells "1984".

Niccol erzählt die Geschichte des Gotteskindes Vincent (Ethan Hawke), der, in einer nahen High-Tech Zukunft, auf natürliche Weise gezeugt wurde. Vincent leidet an einer Herz und Sehschwäche und kann daher seinen großen Traum, an der Gattaca Akademie zum Weltraumpiloten ausgebildet zu werden, nicht verwirklichen.
Er tauscht seine Identität mit dem im Rollstuhl gefesselten und dem Alkohol zugetanen Spitzensportler Jerome (Jude Law). Dieser dient ihm als Rohstofflager für Blut und Urinproben.
Vincent bekommt Probleme als der, in der Kritik stehende, Direktor der Akademie erschlagen wird.
Jeder ist verdächtig und schon eine einzige Wimper könnte seine Tarnung auffliegen lassen.
Zudem verliebt er sich in die kühle Irene (Uma Thurman), die Zweifel an seiner Identität hegt.

Schon gleich im Vorspann von Gattaca wird gezeigt was das Hauptthema dieser Dystopie ist : Körperlichkeit

Körperlichkeit in einer technisch perfekten und sauberen Welt.

Niccol zeigt uns in tiefes blau eingetauchte, monströse Nahaufnahmen von Fingernägeln und Körperhaaren, die auf den Boden fallen.
Ähnliche Nahaufnahmen gab es auch in seinem dritten Film "Lord of War" zu sehen, wo wir im Vorspann, die Produktion einer Maschinengewehrkugel bis hin zum Einsatz miterleben.

Vincent muß sich tagtäglich dieser Prozedur unterziehen um die letzten Krümel seiner Identität zu entfernen.

Niccol zeigt uns eine klinisch reine Welt, die auf technischen Perfektionismus aufgebaut ist, in der echtes Vertrauen nur noch in die Technik gesetzt wird und man nur noch das "sieht" was geprüft ist. In dieser Welt wird der Speichel eines Partners vorab durchleuchtet und ein brutaler Mord wirkt wie ein Fremdkörper. Dementsprechend ist die Blutlache, die aus dem Kopf des Direktors quillt, auch in Szene gesetzt.

Interessant ist vor allem die Figur von Jerome. Vincents Doppelgänger.

Jeromes Genetik ist nahezu perfekt. Doch sein Leben, sein Dasein ist das Gegenteil. Im Rollstuhl gefesselt, ertränkt er sein Dasein im Alkohol.
Als Vincent sein Ziel erreicht und gleich einer U-Bahnfahrt ins All schießt, endet Jeromes Leben in einem Hochleistungsbrennofen.

Das stärkste an Gattaca ist seine Bildsprache. Ein ästhetischer, glasklar gefilmter Traum von einem Film.
Den Verdienst daran dürfte man vor allem seinem Kameramann zuschreiben, "Slawomir Idziak".
Wohl am bekanntesten durch seine Zusammenarbeit mit "Krzysztof Kieslowski", ganz besonders "Drei Farben Blau".

Die Bilder des Films zusammen mit dem traumhaften, melancholischen Score von "Michael Nyman" und der zutiefst menschlichen Botschaft, sind es, die Andrew NIccols Film zu einem der schönsten der 90er Jahre machen.

Nicht vergessen werden darf natürlich auch der großartige "Ernest Borgine" in einer kleine Nebenrolle !

10/10

Dystopie Anti-Utopie Gentechnik Raumfahrt Slawomir Idziak Michael Nyman Jude Law Andrew Niccol Identität


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Starship Troopers 1997 USA (Paul Verhoeven)


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Starship Troopers

Paul Verhoeven wollte nach seinem Totalflop "Showgirls" wieder an alte Erfolge wie "Robocop" und "Total Recall" anknüpfen und nahm sich der Verfilmung des Science-Fiction Romans von Robert A. Heinlein an.
Ziemlich teuer wurde es dann auch und der mit 100 Millionen Dollar budgetierte Film ging als eine der perfidesten und subversivsten Großproduktionen in die Geschichte des Films ein.

Effekte

Tricktechnisch ist Starship Troopers ein wahsinnig großer Aufwand gewesen. Allein 40 Millionen gingen nur für die computergenerierten Spezialeffekte drauf.
Die Aufnahmen der "Bugs" sowie die der großen Raumkreuzer sehen immer noch großartig aus und vor allem wesentlich besser als vieles was man heutzutage so an CGI serviert bekommt. Hier wurde eben noch zusätzlich zum großen Teil mit Stop Motion und Modellen gearbeitet.

Cast

Das interessante an Starship Troopers und auch ein Hauptgrund warum der Film so funktioniert ist sein Cast.
Verhoeven hat sein Ensemble ausschließlich aus Serien Stars zusammengestellt und zwar aus den Serien, welche in den 90ern unglaublich erfolgreich waren. Teen-Soap-Operas wie "Melrose Place", "Beverly Hills 90210" oder "Day of our Lives".
Diese Rollen spielen sie auch in Starship Troopers. Die jungen Schüler, die in einem faschistischen Staat zu blauäugigen, patriotischen Soldaten hochgezogen werden und dann ahnungslos den Käfern zum Fraß vorgeworfen werden sind genauso dumm und lehr wie die Figuren aus den Soap Operas. Sie spielen im Prinzip ein und dieselben Rollen.
Verhoeven mußte also gar nicht viel machen ;-)
Natürlich gibt es auch Veteranen wie ein stahlharter Michael Ironside als Lehrer und Soldat, der seinen Schülern einimpft Demokratie sei der Untergang einer zivilisierten Welt.

Look

Auch was den Look des Films angeht gibt Verhoeven sich sichtlich viel Mühe dem ganzen eine gewisse TV-Serien-Optik zu geben.
Was insofern interessant ist, das wir es hier mit einem enorm aufwendigen Sci-Fi Spektakel zu tun haben, welches immer so ausgeleuchtet ist als ob gleich die Werbeunterbrechung kommt und das tut sie ja auch ;)

Der Meister bedient sich wie schon vorher in "Robocop" extrem satirischer Propaganda-Commercial Breaks, die die Gesinnung des Staates wiederspiegeln und zur Mobilmachung dienen.

Es gibt auch einige weiche Wischblenden, die stark an die Star Wars Reihe erinnert, dies aber nur am Rande.

In der Ausstattung des Films tobt sich Verhoeven nochmal richtig aus. Er stattet seinen totalitären Staat mit Reichsadler ähnlichen Symbolen aus. Konferenzen sehen aus wie der Reichsparteitag und überhaupt haben alle Jungs und Mädels schnieke, graue Landseruniformen an und die "geistige Elite" mit telepathischen Fähigkeiten darf in schwarzen Gestapomänteln agieren.

Satire !?

Die Unverfrorenheit mit der Paul Verhoeven sein teures Teenager Gemetzel seinem Publikum präsentiert liegt in erster Linie darin, dass Starship Troopers nicht auf den ersten Blick als Satire zu erkennen ist bzw. war.
Dies brachte dem Exil Holländer auch weltweit unglaublich viel Schelte ein. Unreflektierter Patriotismus, Millitarismus waren die Schlagwörter. Sogar als Faschisten bezeichnete man Verhoeven.
Dies führte dann auch dazu, dass Starship Troopers relativ schnell abgesetzt wurde und letztendlich auch zu seiner bis heute währenden Indizierung.
Verhoeven hält hier einen ziemlich großen Spiegel in die Höhe und greift genau das auf was Anfang der 90er zu Zeiten des Irak Krieges brandaktuell war :
Militarismus und Hurra-Patriotismus der unbesiegbaren Supermacht USA.
Im heutigen, zeitlichen Kontext wirkt Starship Troopers sogar noch ein Stück reeller, da man ihn auch als pre-9/11 Film deuten könnte.

Der Angriff der Bugs und der Rückschlag der Nation gleichzusetzen mit Al Qaidas Schlag gegen die USA und den daraus resultierenden Kampf gegen den Terror sowie die weltweite Mobilmachung.

Verhoeven lockt seine Zuschauer gekonnt in eine Falle in dem er ziemlich fix die Rechnung präsentiert und seine stolzen Soldaten in drastischen Bildern wie die Fliegen sterben läßt. Körperteile und Gedärme fliegen nur so um sich und es wird geschrien und geschossen was das Zeug hält.

Das Ende präsentiert uns einen vollkommenen Helden, für den es keine Weiterentwicklung gibt. Dieser junge Rico wird für immer ein Held bleiben, ein dummer kleiner Held. Die Gehirnwäsche hat funktioniert.
Fest steht, das Starship Troopers ein immer noch sehr aktueller Film ist und es wohl auch bleiben wird, denn im Grunde funktioniert die Propagandamaschine genauso und hat sie auch immer funktioniert.

Fest steht auch das Hollywood so einen Film niemals wieder produzieren wird, es grenzt schon an ein Wunder, dass man Verhoeven so gelassen hat, wie bei diesem Film.
Welch ein Glück, kann man da nur sagen ! Welch ein Glück !

9/10

Käfer Totalitärer Staat Invasion Sience-Fiction Raumschiffe Paul Verhoeven Robert A. Heinlein Irak Krieg Patriotismus





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