
Magical History Tour : Mädchen in Uniform (Leontine Sagan) D 1931
von Short Cut ·
10. September 2013, 21:25
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Magical History Tour
Mädchen in Uniform

Manuela von Meinhardis (Herta Thiele) ist Halbwaise und wird von ihrer Tante in ein Mädcheninternat für höhere Töchter gebracht. Die 14jährige Soldatentochter, eines Offiziers, findet sich zunächst nicht zurecht in dieser Welt preußischen Drills und Gehorsam. Ein Lichtblick erscheint ihr in ihrer Lehrerin, Fräulein von Berneburg (Dorothea Wieck), die eine verständnisvolle und liebevolle Art hat, mit ihren Schülerinnen umzugehen. Manuela empfindet starke Gefühle für diese Lehrerin, doch als ihre Schwärmereien immer offener werden, kommt es schließlich nach einer Theateraufführung zum Skandal.
Wenn man an Mädchen in Uniform denkt, fällt einem zuerst der Film von 1958 mit Romy Schneider, Lilli Palmer und Therese Giese ein. Die erste Verfilmung, des auf einem Bühnenstück von Christa Winsloe basierenden Stoffes ist diese hier, von 1931. Christa Winsloe arbeitete auch am Drehbuch mit und eine andere Frau führte Regie, Leontine Sagan. Da sie nicht viel Ahnung von Film hatte, wurde sie bei den Dreharbeiten von Carl Froehlich als Künstlerischer Leiter unterstützt.
Produktionstechnisch ist dies geschichtlich gesehen, äußerst interessant, da dies einmal der erste deutsche Film ist, der maßgeblich von Frauen gestaltet wurde. Es spielen auch ausschließlich nur Frauen in diesem Film mit. Zweitens ist es auch die erste unabhängige, deutsche Filmproduktion. Der UFA war das Thema zu heiß und wollte mit dem Film, nicht in Verruf gebracht werden, also gründete man eigens für den Film eine Produktionsgesellschaft, die danach wieder aufgelöst wurde.
Durch die offene Andeutung einer lesbischen Beziehung bekam der Film in Deutschland ein Jugendverbot seitens der Zensurbehörde. International wurde er frenetisch gefeiert und war äußerst erfolgreich. Später dann wurde er von den Nazis verboten.
Aus heutiger Sicht betrachtet ist Mädchen in Uniform in seinen unterschwelligen Andeutungen und streckenweise offenen Umgang mit gleichgeschlechtlicher, weiblicher Sexualität, natürlich keinen Skandal mehr Wert. Dennoch ist es bemerkenswert wie dicht dies doch hier eine Rolle spielt.
Gleich zu Anfang als Manuela erfährt, dass sie in die Klasse von Frl. v. Berneburg kommt, geht ein „Hui“ von den strahlenden Gesichtern der Mitschülerinnen aus. „Da verliebe Dich mal nicht.“
Turtelnde Mädchen werden Arm in Arm abends am Fenster gezeigt, händchenhaltend schlendern sie durch die Gänge. Ganz normal für ihr Alter haben sie in erster Linie nur Erotik im Kopf. Als Manuela zu den Mädchen kommt um ihre Sachen zu verstauen. Wird ihr von Ilse (Ellen Schwanneke) erstmal ihr Hans Albers Schrein präsentiert, während die anderen sich kichernd, Bilder von halbnackten Männern anschauen.

Fräulein von Berneburg umweht eine magische Aura. Als sie Abends in den Schlafsaal der Mädchen kommt um sie zur Guten Nacht allesamt auf die Stirn zu küssen, freuen sich die Mädchen in ehrfürchtiger und erregter Haltung. Kecke Blicke wechseln sich ab und Ilse sagt „Knutscht jede ab. Wunderbar !“ Manuela umarmt sie und Fräulein von Berneburg küßt sie direkt auf den Mund. Die heilige Mutter gibt ihrer Tochter Liebe.




Diese Liebe wird unterdrückt von einem preußischen Drill-System der Zucht und Ordnung.
„Durch Zucht und Hunger werden wir wieder groß werden oder gar nicht.“ (die Oberin des Internats, Emilia Unda)
In diesem abgeriegelten System gibt es keine Männer und doch ist es eine männliche, harte, disziplinierte Hierarchie, die hier das sagen hat. Liebe und freier Wille werden hier unterdrückt und so ist „Mädchen in Uniform“ in erster Linie eine scharfe Kritik am preußischen Erziehungsdrill, bei dem die Tugenden und nicht der Mensch im Vordergrund stand.
Ein paar Abstriche muß man am Ende dann allerdings doch machen, da der Film zu sehr an seiner manchmal unbeholfenen Inszenierung leidet. Filmisch gibt es hier nichts was von Belang wäre. Einzig ein paar Licht und Schattenszenen sehen ganz hübsch aus, sind aber nicht der Rede wert. Es gibt auch einige Großaufnahmen von Gesichtern, die aber wiederum an der Montage kranken. Das Groh der Schauspielerinnen entschädigt teilweise dafür, allen voran Herta Thiele als Manuela, die wirklich toll ist, sowie die Schauspielerin der Ilse.
Man merkt dem Film auch immer wieder seine Theaterquelle an. Während die Gespräche zwischen den Schülerinnen sehr echt und lebensnah sind, wirken die Lehrer-Figuren ein wenig gestelzt in ihren Dialogen.
Dennoch ist Mädchen in Uniform besonders von historischem Belang auch wenn die Filmebene nicht wirklich überzeugen kann.
7/10
Magical History Tour Frauenfiguren Lesbische Liebe Homosexualität Internat Drill Erziehung Freier Wille
Mädchen in Uniform

Manuela von Meinhardis (Herta Thiele) ist Halbwaise und wird von ihrer Tante in ein Mädcheninternat für höhere Töchter gebracht. Die 14jährige Soldatentochter, eines Offiziers, findet sich zunächst nicht zurecht in dieser Welt preußischen Drills und Gehorsam. Ein Lichtblick erscheint ihr in ihrer Lehrerin, Fräulein von Berneburg (Dorothea Wieck), die eine verständnisvolle und liebevolle Art hat, mit ihren Schülerinnen umzugehen. Manuela empfindet starke Gefühle für diese Lehrerin, doch als ihre Schwärmereien immer offener werden, kommt es schließlich nach einer Theateraufführung zum Skandal.
Wenn man an Mädchen in Uniform denkt, fällt einem zuerst der Film von 1958 mit Romy Schneider, Lilli Palmer und Therese Giese ein. Die erste Verfilmung, des auf einem Bühnenstück von Christa Winsloe basierenden Stoffes ist diese hier, von 1931. Christa Winsloe arbeitete auch am Drehbuch mit und eine andere Frau führte Regie, Leontine Sagan. Da sie nicht viel Ahnung von Film hatte, wurde sie bei den Dreharbeiten von Carl Froehlich als Künstlerischer Leiter unterstützt.
Produktionstechnisch ist dies geschichtlich gesehen, äußerst interessant, da dies einmal der erste deutsche Film ist, der maßgeblich von Frauen gestaltet wurde. Es spielen auch ausschließlich nur Frauen in diesem Film mit. Zweitens ist es auch die erste unabhängige, deutsche Filmproduktion. Der UFA war das Thema zu heiß und wollte mit dem Film, nicht in Verruf gebracht werden, also gründete man eigens für den Film eine Produktionsgesellschaft, die danach wieder aufgelöst wurde.
Durch die offene Andeutung einer lesbischen Beziehung bekam der Film in Deutschland ein Jugendverbot seitens der Zensurbehörde. International wurde er frenetisch gefeiert und war äußerst erfolgreich. Später dann wurde er von den Nazis verboten.
Aus heutiger Sicht betrachtet ist Mädchen in Uniform in seinen unterschwelligen Andeutungen und streckenweise offenen Umgang mit gleichgeschlechtlicher, weiblicher Sexualität, natürlich keinen Skandal mehr Wert. Dennoch ist es bemerkenswert wie dicht dies doch hier eine Rolle spielt.
Gleich zu Anfang als Manuela erfährt, dass sie in die Klasse von Frl. v. Berneburg kommt, geht ein „Hui“ von den strahlenden Gesichtern der Mitschülerinnen aus. „Da verliebe Dich mal nicht.“
Turtelnde Mädchen werden Arm in Arm abends am Fenster gezeigt, händchenhaltend schlendern sie durch die Gänge. Ganz normal für ihr Alter haben sie in erster Linie nur Erotik im Kopf. Als Manuela zu den Mädchen kommt um ihre Sachen zu verstauen. Wird ihr von Ilse (Ellen Schwanneke) erstmal ihr Hans Albers Schrein präsentiert, während die anderen sich kichernd, Bilder von halbnackten Männern anschauen.

Fräulein von Berneburg umweht eine magische Aura. Als sie Abends in den Schlafsaal der Mädchen kommt um sie zur Guten Nacht allesamt auf die Stirn zu küssen, freuen sich die Mädchen in ehrfürchtiger und erregter Haltung. Kecke Blicke wechseln sich ab und Ilse sagt „Knutscht jede ab. Wunderbar !“ Manuela umarmt sie und Fräulein von Berneburg küßt sie direkt auf den Mund. Die heilige Mutter gibt ihrer Tochter Liebe.




Diese Liebe wird unterdrückt von einem preußischen Drill-System der Zucht und Ordnung.
„Durch Zucht und Hunger werden wir wieder groß werden oder gar nicht.“ (die Oberin des Internats, Emilia Unda)
In diesem abgeriegelten System gibt es keine Männer und doch ist es eine männliche, harte, disziplinierte Hierarchie, die hier das sagen hat. Liebe und freier Wille werden hier unterdrückt und so ist „Mädchen in Uniform“ in erster Linie eine scharfe Kritik am preußischen Erziehungsdrill, bei dem die Tugenden und nicht der Mensch im Vordergrund stand.
Ein paar Abstriche muß man am Ende dann allerdings doch machen, da der Film zu sehr an seiner manchmal unbeholfenen Inszenierung leidet. Filmisch gibt es hier nichts was von Belang wäre. Einzig ein paar Licht und Schattenszenen sehen ganz hübsch aus, sind aber nicht der Rede wert. Es gibt auch einige Großaufnahmen von Gesichtern, die aber wiederum an der Montage kranken. Das Groh der Schauspielerinnen entschädigt teilweise dafür, allen voran Herta Thiele als Manuela, die wirklich toll ist, sowie die Schauspielerin der Ilse.
Man merkt dem Film auch immer wieder seine Theaterquelle an. Während die Gespräche zwischen den Schülerinnen sehr echt und lebensnah sind, wirken die Lehrer-Figuren ein wenig gestelzt in ihren Dialogen.
Dennoch ist Mädchen in Uniform besonders von historischem Belang auch wenn die Filmebene nicht wirklich überzeugen kann.
7/10
Magical History Tour Frauenfiguren Lesbische Liebe Homosexualität Internat Drill Erziehung Freier Wille