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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0


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DOG SOLDIERS (Neil Marshall/UK, LU, USA 2002)


"Open your mouth, watch your ears, mind your toes!"

Dog Soldiers ~ UK/LU/USA 2002
Directed By: Neil Marshall


Eine kleine Gruppe britischer Soldaten führt im schottischen Niemandsland ein Manöver durch. Bald findet man die gegnerische Spezialeinheit, die offenbar einem Massaker zum Opfer gefallen ist. Nur deren Leiter Captain Ryan (Liam Cunningham) hat schwer verletzt überlebt. Es dauert nicht lang, da steht die Ursache für das Blutbad fest: Eine Gruppe Werwölfe macht in der Gegend bei Vollmond Jagd auf menschliche Opfer. Die Soldaten verschanzen sich mithilfe der ihnen unterwegs begegnenden Biologin Megan (Emma Cleasby) in einem alten Häuschen in der Nähe, das offenbar der Werwolfsfamilie in ihrer menschlichen Gestalt gehört...

Erfreulicher Beitrag zum ansonsten in den letzten paar Jahren eher stiefmütterlich behandelten Subgenre des Werwolffilms. Auch wenn Neil Marshall, soviel habe ich mittlerweile über ihn herausbekommen, am liebsten in Zitaten schwelgt und seinen Hollywood-Vorbildern Ehre erbietet, ist das Resultat immer noch solide genug, um der lykanthropen Gemeinde etwas neuen Dampf zu verpassen. Hier und da finden sich sogar ein paar respektlose, mitten ins typische Belagerungsgewimmel gedrückte Gags, die zumeist auf das Konto des trockenen Sean Pertwee gehen. Ansonsten darf man sich eigentlich bloß nicht davon schrecken lassen, dass die Werwolfmasken ein wenig Ähnlichkeit mit überdimensionierten Schäferhundsköpfen haben, und man erlebt mit "Dog Soldiers" 'ne gute Zeit.

7/10

Neil Marshall Militaer Splatter Werwolf Schottland Nacht Belagerung


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MOTHER'S DAY (Charles Kaufman/USA 1980)


"Don't go messin' up in Deep Barons!"

Mother's Day (Muttertag) ~ USA 1980
Directed By: Charles Kaufman


Als Studentinnen bildeten sie noch das 'Rat Pack' - drei beste Freundinnen wider das Establishment und wider das Patriarchat. Zehn Jahre später hat die dumpfe Anpassung dann auch von ihnen Besitz ergriffen: Trina (Tiana Pierce) ist beim Film und schmeißt in Hollywood wilde Kokspartys, Abbey (Nany Hendrickson) pflegt ihre ewig zeternde Mutter und Jackie (Deborah Luce) fällt immer weiter auf parasitäre Ausnutzertypen herein. Das alljährliche Klassentreffen der Drei gerät da zum willkommenen Ausgleich. Dummerweise verirrt sich das Trio in diesem Jahr ausgerechnet nach Deep Barons, einem Örtchen in der tiefsten Waldprovinz, in dem lediglich eine verrückte Alte (Beatrice Pons) mit ihren beiden debilen Söhnen (Frederic Coffin, Michael McCleery) haust. Letztere überfallen die Freundinnen, entführen, vergewaltigen und quälen sie, was die unglückselige Jackie nicht überlebt. Trina und Abbey können fliehen und üben blutige Rache für Jackies Tod.

Dass "Mother's Day" auch nach stattlichen drei Dekaden nichts von seinem einstigen transgressiven Wirkungsgrad verloren hat, konnte ich gestern beobachten, als aus meinem Mitbetrachter, einem sehr guten Freund, etwa nach der Hälfte des Films die Empörung herausplatzte: So etwas sei ungehörig, krank, gehöre in die Tonne und überhaupt sei die hiesige Beschlagnahmung des Films vollkommen gerechtfertigt. Wir haben dann ersatzweise Savinis eine Etage tiefer eingetrages "Night"-Remake geschaut.
Ich kann für mich dieses spezielle Erlebnis durchaus als kleine Erweckung verbuchen, denn im Prinzip hat in den letzten zwanzig Jahren kontroverser Filmobservierung noch nie einer meine Mitbeobachter den emotionalen Ausknopf gedrückt, zumindest hat er oder sie jenes dann nicht lauthals kundgetan. Vielleicht ist gerade "Mother's Day" ein oder gar der Film, der dies verdient: Nach einem bereits recht unwirschen Prolog, in dem der Mutter und ihren zwei dummen Augusten ein Hippie-Pärchen zum Opfer fällt, lässt sich Kaufman ausgiebig Zeit, sein Protagonistinnen-Trio vorzustellen und ein bisschen flotte Sozialsatire zu betreiben (die Szene auf Trinas Party bildet wohl eine der rotzigsten und treffsichersten existenten Attacken des Indie- auf den Studiofilm). Danach bricht über die bereits als heimelig empfundene Atmosphäre einer radikalen Zäsur gleich der ansonsten typische Rape-&-revenge-Plot herein; der zuvor in trügerische Sicherheit gewiegte Zuschauer muss sich zwangsläufig verraten und verkauft vorkommen, besonders, wenn er innerhalb der Genre-Schranken unerfahren ist. Dass Kaufman ferner etliche besonders qualvolle Szenen, so etwa die Anschläge auf die beiden Söhne oder die Fluchtsequenz, in der Abbey Trina im Schlafsack abseilt und sich dabei die Hände zerreißt, genüsslich ausdehnt und zu einer fast physisch spürbaren Zerreißprobe werden lässt, gehört zu seinem perfiden Konzept, das sein Publikum förmlich dazu einlädt, den Film abzulehnen und zu verabscheuen. Für mich ist "Mother's Day" allerdings nach wie vor eine erfrischend boshafte Satire um geschlechtliche Orientierungslosigkeit in mittelbarer Nacholge der sexuellen Revolution und zudem ein Zeugnis jugendlicher Radikalität und mutigen Filmemachens, wie es lediglich ein paar Jahre später, als Charles mit seinem Bruder Lloyd und Michael Herz (die auch an "Mother's Day" mitarbeiteten) das Troma-Konzept zu erfinden und gleichzeitig zu Tode zu reiten begann, leider vollkommen verlustig ging.

8/10

Exploitation Backwood Rape Revenge Underground Michael Kaufman Troma Groteske Independent Transgression Splatter


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NIGHT OF THE LIVING DEAD (Tom Savini/USA 1990)


"A way out is a way in."

Night Of The Living Dead (Die Rückkehr der Untoten) ~ USA 1990
Directed By: Tom Savini


Nachdem ihr Bruder Johnnie (Bill Moseley) bei einem Friedhofsbesuch überraschend von einer halbverwesten Gestalt attackiert wird, flüchtet Barbara (Patricia Tallman) zu einem nahegelegenen Farmhaus. Dort haben sich noch wesentlich mehr der untoten Kreaturen versammelt. Barbara begegnet hier dem farbigen Ben (Tony Todd) und fünf weiteren Menschen, der dreiköpfigen Familie Cooper und einem Teenager-Pärchen, die sich im Keller des Hauses verschanzt haben. Nachdem das Haus halbwegs gesichert und verbarrikadiert ist, erweist sich Harry Cooper (Tom Towles), dessen Tochter Sarah (Heather Mazur) von einem der Wesen gebissen wurde, als höchst unkooperativ. Nach einigem Hin und Her gelingt Barbara als einziger die Flucht und sie gerät in die Gesellschaft einer Gruppe Hillbillys, die die apokalyptische Situation als pures Amüsement auffassen.

Dieses Remake des Originals von George A. Romero, der unter anderem als Scriptautor tatkräftig an der Entstehung mitgebastelt hat, stellt letztendlich nichts anderes dar als den Versuch einer zeitgemäßen ästhetischen Nivellierung. Mit deutlich graphischeren Effekten wird der wohlbekannte Belagerungsplot nun in Farbe arrangiert. Barbara, kurzhaarige Heldin wider Willen, entwickelt sich nach der anfänglichen Hysterie nunmehr zu kämpferischen Amazone, deren Verteidigungsqualitäten mindestens mit denen des selbsternannten Leitwolfs Ben gleichzusetzen sind. In den 22 Jahren zuvor hat sich eben merklich viel verändert in Bezug auf das Geschlechterrollenverständnis - auch und besonders innerhalb der Kulturlandschaft und damit im Film. Weiterhin wurde das politisch-radikale Ende der Urversion beträchtlich modifiziert - Ben ist nach einer weiteren Attacke der Untoten selbst zum Zombie geworden und Barbara rächt sich an Cooper für dessen vorherige Renitenz.
"Night Of The Living Dead" bildete eine der wenigen Produktionen des kurzfristig renovierten Cannon-Nachfolgers 21st Century und kann vermutlich als dessen bester und nachdrücklichster Film gewertet werden. Für den Maskenguru Tom Savini indes bedeutete es die bis heute einzige Regiearbeit. Vermutlich ist ihm das Direktionsgeschäft schlicht zu anstrengend.

7/10

Tom Savini George A. Romero Zombies Apokalypse Remake Splatter Belagerung


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BLOOD FROM THE MUMMY'S TOMB (Seth Holt, Michael Carreras/UK 1971)


"Tonight, the stars are in adequate constellation..."

Blood From The Mummy's Tomb (Das Grab der blutigen Mumie) ~ UK 1971
Directed By: Seth Holt/Michael Carreras


Als eine aus fünf Wissenschaftlern bestehende Gruppe englischer Ägyptologen unter Professor Julian Fuchs (Andrew Keir) das Grab der Priesterin Tera (Valerie Leon) öffnet, gebiert zugleich des Professors Frau im heimischen England ein Töchterlein. Zur Frau herangewachsen, ähnelt Margaret (Valerie Leon) bis aufs Haar der tadellos erhaltenen Tera, die ihr Vater von der Welt unbemerkt in seinem Keller hortet. Teras Geist ergreift Macht von Margaret, die sich daraufhin, unterstützt von dem nicht ganz dichten Corbeck (James Villiers), anschickt, sich sämtliche der auf die Teilnehmer der Expedition verteilten Reliquien (Rubinring, Kobrastaue, Katzenstatue, Schakalsschädel, Schriftrolle) unter den Nagel zu reißen und ihre zwischenzeitlichen Besitzer ins Jenseits zu befördern. Die böse Seherin will nämlich nichts weniger als ihre Wiedergeburt und die anschließende Weltherrschaft!

Der letzte, immerhin nach einer recht bekannten Vorlage von Bram Stoker ("The Jewel Of The Seven Stars") entstandene, leider jedoch ausschließlich im nebligen England spielende Mumienfilm der Hammer wirkt im Vergleich zu seinen Vorgängern in jeder Hinsicht verblasst. Vorbei ist es mit dem schönen Technicolor der Sechziger, dafür gibt es nunmehr ellenlanges, hanebüchene Monologe um die Vorzüge von Tod und Übel in der modernen Welt, zumeist vorgetragen von einem angesichts solchen Verbalkokolores bemitleidenswerten James Villiers, deren Aussparung "Blood" wesentlich straffer, spannender und kurzweiliger gestaltet hätte. Der anfangs noch für Aufsehen sorgende, sich dann jedoch ständig wiederholende Effekt mit der zerfetzten Kehle lockt irgendwann auch keinen Hund mehr hinterm Ofen hervor und schließlich bleibt einzig das in hübscher Regelmäßigkeit präsentierte, wahrhaft prachtvolle Dekolleté von Valerie Leon als aufputschendes Ingredienz. Für einen Hammer-Film entschieden zu wenig!

4/10

Bram Stoker Hammer Michael Carreras Seth Holt Mumie


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THE MUMMY'S SHROUD (John Gilling/UK 1967)


"Superstitious idiots!"

The Mummy's Shroud (Der Fluch der Mumie) ~ UK 1967
Directed By: John Gilling


Ägypten, 1920: Als eine Gruppe englischer Archäologen, finanziert von dem ebenso reichen wie unangenehmen Stanley Preston (John Phillips) und geleitet von dem Experten Sir Basil Walden (André Morell) das Grabmal des jugendlichen Pharao Kah-To-Bey (Toolsie Persaud) öffnet, sehen sie sich mit einem Fluch konfrontiert, den der radikale Grabwächter Hasmid (Roger Delgado) über sie spricht. Des Pharaos ebenfalls mumifizierter Leibwächter Prem (Dickie Owen) knöpft sich einen nach dem anderen von den Frevlern vor.

Mit "The Mummy's Shroud" erlebt das Mumien-Franchise der Hammer wieder einen kleinen Aufschwung: Anders als Carreras im Vorgänger begeht Gilling nicht den Fehler, die Story allzu sehr schleifen zu lassen und macht sich die Exotik der Fremde zunutze: Für die Grabschänder erfüllt sich der Fluch jeweils auf ägyptischem Boden, da sie teilweise auch gar keine Möglichkeit haben, von dort wegzukommen. Dass Gilling seinen Film mit der zuverlässigen Professionalität versah, muss wohl nicht extra erwähnt werden. Schade ist bloß, dass der wie üblich sympathisch besetzte André Morell bereits relativ früh aus dem Film scheiden muss. Für Michael Ripper indes, dessen kleine Auftritte in Hammer-Produktionen Legion sind, hält "The Mummy's Shroud" einen seiner schönsten Parts als duckmäusiger Butler Longbarrow bereit.

7/10

John Gilling Hammer Mumie period piece


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THE CURSE OF THE MUMMY'S TOMB (Michael Carreras/UK 1964)


"I'm cursed!"

The Curse Of The Mummy's Tomb (Die Rache des Pharao) ~ UK 1964
Directed By: Michael Carreras


Unter der Finanzierung des amerikanischen Geldsacks Alexander King (Fred Clark) finden die beiden Ägyptologen Professor Dubois (Bernard Rebel) und Sir Giles Dalrymple (Jack Gwillim) das Grab des Pharao Ra-Antef. Dubois wird sogleich von einheimischen Radikalen ermordet, während King unbeeindruckt davon plant, die Mumie als Kirmesschreck zu vermarkten. Zurück in London wird Ra-Antef (Dickie Owen) lebendig und rächt sich an den heidnischen Ruhestörern, derweil sich der mysteriöse Lebemann Adam Beauchamp (Terence Morgan) ins aufgewühlte Geschehen drängt.

Der zweite Film aus Hammers Mumien-Zyklus, eine der selteneren Scope-Produktionen des Studios. Was man über die meisten Hammer-Filme sagen kann, lässt sich auch bezüglich "The Curse Of The Mummy's Tomb" behaupten: Die atmosphärisch herrlich entspannte und zugleich überaus sorgfältige Machart lassen jedes der schmucken Gruselfilmchen ohne Umschweife zum Liebhaberstück für Genrefreunde werden. Was "Curse" leider fehlt, ist etwas ziemlich Elementares: eine konkrete Spannungskurve nämlich. Die Mumie verbreitet und bereitet letztlich keinerlei ernstzunehmenden Schrecken, zumal ihre Opfer sich durch die Bank hupendämlich anstellen und mit geweiteten Augen, ansonsten aber seelenruhig, darauf warten, erwürgt zu werden. Von einer eventuellen Hypnose-Fähigkeit Ra-Antefs, die vielleicht seine Opfer bannt, oder ähnlichem erfährt man jedoch nichts. "Curse" besteht also eher als retro-viktorianische Augenweide, denn als begnadeter Horrorfilm, ersteres dafür aber umso besser.

6/10

Michael Carreras Hammer Mumie period piece


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THERE WAS A LITTLE GIRL (Ovidio G. Assonitis/I 1981)


"It's just a piece of cake..."

There Was A Little Girl (Madhouse - Party des Schreckens) ~ I 1981
Directed By: Ovidio G. Assonitis


Kurz vor ihrem 25. Geburtstag erfährt die Taubstummenlehrerin Julia (Trish Everly), dass ihre geistig und körperlich deformierte Zwillingsschwester Mary (Allison Biggers) aus dem Sanatorium entflohen ist. Schon zu Kindheitszeiten war Julia ständiges Opfer von Marys sadistischen Boshaftigkeiten, daher macht sie sich nun verständlicherweise Sorgen. Bald gibt es in Julias sozialem Umfeld tatsächlich die ersten Todesopfer, hinter denen natürlich Mary steckt - doch agiert diese mitnichten allein. Die durchgedrehte Dame hat einen ungehaltenen Rottweiler und noch einen weiteren, geheimnisvollen Helfer an Bord.

Die "There Was A Little Girl" vorauseilende Reputation als exzessives Gorefest erweist sich rückblickend als absoluter Quark; die zwei kehligen Hundeattacken, die wohl vornehmliche Zielscheibe der Zensurwächter waren, sind so böse nun auch nicht, als dass sie gleich eine Beschlagnahmung in mehreren Ländern rechtfertigten. Viel schlimmer - aber damit stehe ich wohl allein auf weiter Flur - fand ich persönlich sowieso Hassos eigenen Abgang per Bohrmaschine. Der arme Kleine.
Ansonsten möchte Assonitis ganz offenkundig lieber ein amerikanischer statt eines italienischen Regisseurs sein, um internationale Auffälligkeit zu erlangen - er gibt sich vehemente Mühe, seinen Film auf einer Linie zu halten mit dem amerikanischen Genrekino dieser Zeit. Dass "Sisters" offenkundiges Vorbild für "There Was a Little Girl" war, lässt sich nurmehr bloß anhand des Plots feststellen, trotz neidlos als solches erkennbaren sauberen Handwerks ist Assonitis nämlich meilenweit von der inszenatorischen Finesse etwa eines De Palma entfernt. Was nicht heißen soll, dass der Film mies wäre, das ist er nämlich ganz und gar nicht. Er scheint bloß angesichts des großen Brimboriums, mit dem er sich schmückt, hier und da der Kollabierung nahe. Auch eine Art von Reiz.

6/10

Splatter Slasher Zwillinge Ovidio G. Assonitis


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ARMY OF DARKNESS (Sam Raimi/USA 1992)


"Gimme some sugar, baby."

Army of Darkness (Die Armee der Finsternis) ~ USA 1992
Directed By: Sam Raimi


Nachdem Ash (Bruce Campbell) in die Vergangenheit befördert wurde und dort auf zwei verfeindete Ritterorden trifft, die jeweils Probleme mit den allseits bekannten Dämonen haben, muss er feststellen, dass er nur eine Möglichkeit für die Rückkehr in seine eigene Zeit gibt: Er muss das Necronomicon mithilfe einer Zauberformel aus den Klauen des Bösen befreien. Dummerweise erweist sich Ash als Trottel, der keine drei Worte behalten kann und die Armee der Finsternis tritt an...

Mit dem zweiten Sequel zu "The Evil Dead", das als solches konsequenterweise erst gar nicht mehr verkauft wurde, vollzog Raimi den Schritt zum familienfreundlichen Spaßkino. Selbstverständlich sind sein inszenatorischer Fundus und sein Ideenreichtum nach wie vor beachtlich, mit Horror oder gar Splatter hat "Army Of Darkness" aber nurmehr wenig bis gar nichts zu tun. Stattdessen lässt Raimi den liebgewonnenen Horrorhelden und Splatter-Don-Quijote Ash jetzt zum modernen, sprücheklopfenden Quasi-Jerry-Lewis mutieren, der sich irgendwann in zwei Hälften dividiert und fortan selbst verprügeln muss. Zum Showdown gibt es dann den beeindruckend perfekt gemachten Stop-Motion-Aufmarsch einer Knochenarmee, die Ray Harryhausen einigen Respekt abgenötigt haben wird. Ob man das Ganze nun braucht oder gar will, sei jedem selbst überlassen; mir hat die Entwicklung von der irrwitzigen Horrorachterbahn hin zum lustigen Fantasyspektakel nie so recht zugesagt, schon damals im Kino nicht, als ich mit der (allerdings bereits durch die Altersfreigabe gedämpften) Erwartung einen "echten" dritten "Tanz der Teufel" zu sehen das Ticket gezogen hatte. Immerhin kann ich heuer vermelden, mit der Erstbetrachtung der Originalfassung zumindest in einer Beziehung dazugelernt zu haben: Die deutsche Synchronisation von "Army Of Darkness" ist nämlich aller Professionalität zum Trotze eine reine Zumutung, unter deren Aussparung der Film sich gleich deutlich weniger albern geriert.

6/10

Sam Raimi Sequel period piece Mittelalter Dämon Groteske Slapstick Zeitreise


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EVIL DEAD II (Sam Raimi/USA 1987)


"I'll swallow your soul!"

Evil Dead II (Tanz der Teufel II - Jetzt wird noch mehr getanzt) ~ USA 1987
Directed By: Sam Raimi


Als der Städter Ash (Bruce Campbell) mit seiner Freundin Linda (Denise Bixler) Urlaub in einer abgelegenen Waldhütte macht, werden sie von entfesselten Dämonen heimgesucht. Ash wehrt sich tapfer gegen die Versuche der Wesen, ihn unter ihre Gewalt zu bringen, unterliegt aber zumindest phasenweise. Mitten im Trubel kommt Annie (Sarah Berry), die Tochter des verschwundenen Altertumsforschers Professor Knowby (John Peakes), jener zugleich Besitzer der Hütte, nebst drei anderen Personen (Dan Hicks, Kassie Wesley DePaiva, Richard Domeier) in Ashs neuem Domizil an um den fröhlichen Teufelsreigen mitzufeiern.

Um mit größeren monetären Mitteln im Gepäck das offenbar noch längst nicht abgegraste Ideen-Reservoir von "The Evil Dead" weiter ausbeuten zu können, reduzierte Sam Raimi für den Prolog die im ersten Teil erzählte Vorgeschichte kurzerhand auf zwei Personen und setzte dann dort an, wo der rasante Vorgänger aufhörte. Der arme Ash wird zum Spielball der Dämonen und sein Leben zu einem sadistischen Perpetuum mobile des Bösen - eine Flucht aus der Hütte ist für ihn nicht mehr möglich, ebensowenig wie ein langfristiges Bezwingen der frechen Spukgestalten. Erst die auf den fehlenden Seiten des Necronomicon verborgenen Zaubersprüche, die Annie Knowby glücklicherweise im Gepäck hat, können, so erfahren wir, die Dämonen aus unserer Zeit verbreiben. Am Ende landet der mittlerweile einhändige Ash mitsamt Kettensägenprothese und doppelläufiger Winchester dann unter lautem Protest im Mittelalter.
Auch wenn Raimis Zugeständnisse an den Mainstream und ein größeres Zelpublikum hier bereits deutlich werden - "Evil Dead II" präsentiert sich als immer noch verrückt genug, um aufgeschlossene Freunde und Fans des Originals hinreichend zu erfreuen. Der Slapstick-Humor wird hier zum Hauptmotiv; Ashs Duell gegen seine eigene, separierte Hand, die ihrem ehemaligen Besetzer unverhohlen den Stinkefinger zeigt, ist dafür lediglich das vordringlichste Beispiel. Ansonsten reduzieren sich die Ekelsequenzen auf zwei, drei Momente und das wars damit.
Auf Kenner des Vorgängers wartet ein lustiges Spiel mit ihren Erfahrungen und Erwartungen, die dann oftmals lustvoll unterminiert oder zerstreut werden. Geschmacklosigkeiten wie eine Vergewaltigung durch das Unterholz schenkt sich Raimi nun und macht daraus lieber anderweitigen visuellen Blödsinn. Ansonsten bleibt dieser zweite Teil eine - wenn auch sehr spaßige und sehenswerte - Variation des Erstlings und letzten Endes reine Zurschaustellung einer optionalen alternativen Herangehensweise.

8/10

Sam Raimi Sequel Independent Splatter Hand Dämon Haus Groteske Slapstick


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THE EVIL DEAD (Sam Raimi/USA 1981)


"Join us..."

The Evil Dead (Tanz der Teufel) ~ USA 1981
Directed By: Sam Raimi


Zusammen mit vier Freunden (Ellen Sandweiss, Richard DeManincor, Betsy Baker, Theresa Tilly) fährt der sympathische Ashley (Bruce Campbell) auf eine Blockkate in den Appalachen. Im Keller der Hütte finden sich neben einer Scrotflinte auch ein uraltes Buch sowie ein Tonbandgerät, auf dem ein Wissenschaftler erklärt, was es mit jenem Buch, dem sogenannten 'Necronomicon' auf sich habe - damit, so erfahren die Freunde, könne man nämlich Dämonen heraufbeschwören. Da der Besprecher des Tonbandes auch gleich die passende summerische Formel hinterlassen hat, geht es bald los mit dem Spuk und ash muss sich mit vier Besessenen herumärgern, die vor Unappetitlichkeiten nicht zurückschrecken.

Unabhängig von der einmal mehr allen Pfaden der Vernunft spottenden, hiesigen Zensurgeschichte dieses Films ist Raimis Kinodebüt natürlich ein veritabler Klassiker des anarchischen Undergroundkinos. Bereits hier erweist sich der spätere Blockbusterregisseur als wahrer Inszenierungs-Derwisch, und demonstriert, wie man aus einem Kleinstbudget mit der angmessenen Motivation ein Werk für die Ewigkeit schaffen kann. Raimi benennt und hofiert pausenlos seine unzähligen kulturellen Einflüsse, was das Zeug hält: Über Lovecraft, Superman-Comics, Wes Craven, Tobe Hooper, William Blake und Ray Harryhausen bis hin zur Swingmusik der zwanziger Jahre und zum Slapstick-Humor der "Three Stooges" geht die wilde Remiszenzenachterbahn; die scheinbar entfesselte Kamera vollführt jede Menge Kunstückchen, darunter die berühmten Irrsinnsfahrten über Waldboden und Wasseroberflächen, diverse Close-Ups von Augenpaaren, 360°-Schwenks - gern auch kopfüber - und eine um 45° verdrehte Perspektive. Raimis Ideenkiste scheint wahrhaft unerschöpflich. Dass der Film dabei trotzdem noch seine urtypisch-unbequeme Atmosphäre aus der Taufe hebt, die ihm ja seinen ach so berüchtigten Ruf eintrug, ist da eigentlich fast nur Makulatur. Regelmäßiges Auffrischen lohnt sich nichtsdestotrotz, wie ich gestern erneut begeistert feststellen durfte.

9/10

Independent Sam Raimi Splatter Daemon Underground





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Funxton

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