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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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AT CLOSE RANGE (James Foley/USA 1986)



"He's my father."

At Close Range (Auf kurze Distanz) ~ USA 1986
Directed By: James Foley

Erst als junger Erwachsener lernt der in einem Provinzkaff beheimatete Brad Whitewood Jr. (Sean Penn) seinen kriminellen Vater Brad Whitewood Sr. (Christopher Walken) kennen. Zunächst beeindruckt von der anarchistischen Coolness seines alten Herrn, der ihm unter anderem ein Auto schenkt, muss Brad Jr. bald einsehen, dass sein alter Herr ein gemeingefährlicher, opportunistischer Psychopath ist. Als Brad Jr. im Gefängnis landet, versucht sowohl das FBI ihn zu einer Aussage gegen seinen Vater zu bewegen, was dieser außerhalb der Knastmauern mit irrsinnigen Druckmitteln und einer Jagd auf die Freunde seines Sohnes quittiert, der schließlich sogar Brads Bruder Tommy (Chris Penn) zum Opfer fällt. Dennoch entschließt sich Brad Jr., mit seiner Freundin Terry (Mary Stuart Masterson) das Weite zu suchen. Doch sein Dad lässt ihn nicht so einfach gehen...

Ein jeder hat sie ja, diese Handvoll Filme, die einen, ganz ohne mit äußerem, grellem Naturalismus aufwarten zu müssen immer wieder, einem Pflasterstein gleich, mitten in die Fresse treffen und völlig fertig, ausgeblutet und schweigend zurücklassen. "At Close Range" hat jene ungeheure Wucht schon bei mir hinterlassen, seit ich ihn in den Achtzigern das erste Mal gesehen habe und er unmerklich und umweglos in meinen Lieblingsfilm-Olymp aufgestiegen ist, wo er bis heute ein, wie ich just wieder mal kopfschüttelnd bemerken musste, völlig unberechtigtes Schattendasein fristet. "At Close Range" geht an die Grenzen psychischer Belastbarkeit und darüber hinaus, ist ein ungeheuer kraftvoller Film, der das Fegefeuer der Oberflächlickeiten seiner Entstehungsphase komplett ignoriert und in eine ganz andere Richtung weist als all die gelackten Großstadtdramen dieser Zeit (wie etwa der unmittelbar zuvor gesehene "Against All Odds" von Taylor Hackford). Foley zeichnet die schwüle, südstaatliche US-Provinz als saftig-grüne Hölle, in der geheuchelte Blutsbande nichts mehr zählen, wenn es um Geld und Macht geht; hier tragen die Gangsterpatriarchen bestenfalls vor gericht Nadelstreifenanzüge und pflegen ihren angeblichen "Familien"-Habitus nur so lange, wie niemand ihnen gefährlich wird oder an ihrem Thron zu sägen droht. Christopher Walken habe ich niemals, selbst bei Ferrara, bedrohlicher erlebt als in diesem Film, in dem er einen Proleten-Patriarchen von zunächst bewundernswerter Lässigkeit gibt; ganz den ewig typischen Walken-Gestus vor sich hertragend. Irgendwann jedoch, als es ihm ans Leder zu gehen droht, explodiert Brad Whitewood Sr., benutzt, manipuliert, entpuppt sich als höchst irdener Appalachen-Derwisch, vergewaltigt die Freundin seines Sohnes, tötet schließlich gar seinen Jüngeren, den "Bastard", wie er den einst außerehelich gezeugten Tommy boshaft zu nennen pflegt. Zu einer solchen auratischen Intensität hat es der große Chris Walken - zumindest meinem subjektiven Empfinden nach - später nie mehr gebracht.
Ähnliches gilt für James Foley, dessen bis dato große Sternstunde dieser mit aller Macht an die Substanz seiner Zuschauerschaft gehende Film geblieben ist, wenngleich er seinen Stern mit der Mamet-Adaption "Glengarry Glenn Ross" immerhin nochmal aufflackern lassen konnte. Vermutlich liegt es daran, dass Foley ein Filmemacher ist, der seine kreative Klimax stets im Zuge reziproker Wechselseitigkeit erreichte. Wenn man sich dagegen einen ganz ähnlich angelegten, jüngeren Film wie "Winter's Bone" anschaut, weiß man wieder um das Potenzial dieses kleinen großen, hammerharten Monsters von Film.

10/10

James Foley Südstaaten Familie Freundschaft Appalachen Coming of Age Marihuana



Filmtagebuch von...

Funxton

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