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Antoine Doinels Filmtagebuch


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Das bleibt mir von 2014


Ich gehe gerne ins Kino! Böse Zungen könnten behaupten, dass mir das Ereignis Kinobesuch wichtiger ist als der Film an sich, was hoffentlich übertrieben ist. Etwa 40 mal
war ich im Vorjahr Kino, wobei dies auch Freiluftveranstaltungen u.ä. beinhaltet. Nur 15 mal
waren es aktuelle Filme. Und selbstverständlich habe ich auch daheim einige wenige Filme gesehen. Und folgende sind mit positiv in Erinnerung geblieben:

Filme dich ich mit Freude im Kino wiedergesehen habe

Marnie Alfred Hitchcock
Otto e mezzo SW Federico Fellini
Il buono, il brutto, il cattino (Langfassung) Sergio Leone
The Shining (erstmals US Version) Stanley Kubrick
Shadow of a Doubt SW Alfred Hitchcock
Jules et Jim SW Francois Truffaut
Fahrenheit 451 Francois Truffaut

Rear Window Alfred Hitchcock

Ein Film von geradezu beängstigender Perfektion, dem es gelingt, Avantgarde und
Autorenanspruch mit dem Star-und Unterhaltungskino a la Hollywood nahtlos zu verbinden.


Beeindruckende Neuentdeckungen(nicht nur im Kino)

Confessione di un comissario di polizia al procuratore della republicca Damiano Damiani

Lange und trocken ist der Originaltitel, kurzweilig und einprägsam ist der Film.
Ein Mafiathriller der mit grellen Farben arbeitet und dadurch leicht zu konsumieren ist,
ohne deswegen ins triviale abzugleiten

Z Costa Gavras

Ähnliches gilt auch für diesen einst höchst populären Politthriller, der konkret in die damals
aktuelle Politik eingriff, und gleichzeitig ein Lehrbeispiel dafür gibt, wie eine Demokratie ausgehölt werden kann. Die grandiosen Bilder stammen von Raul Coutard, der zuvor für Truffaut und
Godard arbeitete.

Monsieur Verdoux SW Charles Chaplin

Obwohl es filmtechnisch ein wenig angestaubt wirkt, ist dieses Spätwerk Chaplins eine
beängstigend aktuelle Fabel über den schrankenlosen Kapitalismus, die teilweise zum
brüllen komisch ist. Weniger populär als The Great Dictator, aber wahrscheinlich der
bessere Film.

The Man Who Knew too Much SW (UK-Urversion) Alfred Hitchcock

Kurzweilig und unterhaltend, ist er von der typischen Handschrift Hitchcocks geprägt.
Vielleicht sind die einzelnen Szenen die einzelnen Komponenten noch nicht ideal
ausbalanciert, was aber das Vergnügen nur geringfügig schmälert. Und Peter Lorre,
der hier seine erste englischsprachige Rolle spielt, ist ein fantastischer Schurke.

Bande a part SW Jean-Luc Godard

Eigentlich ist an diesem Film nicht viel dran. Ja, wahrscheinlich ist er nur ein Nebenwerk
Godards. Aber trotzdem besitzt er eine unglaubliche Strahlkraft, war es ein großes Vergnügen
ihn anzuschauen. Das ist die Art von Film, die Tarantino immer machen möchte, aber
doch nicht ganz zusammenkriegt.

Juste avant la nuit Claude Chabrol

Ein SM-Spiel(Atemreduktion), auf das sich Charles nur widerwillig eingelassen hat, führt
zum Tod der Frau, der Gattin seines besten Freundes. Von der Polizei bleibt er unbehelligt,
aber es plagen ihn Gewissensbisse. Ein subtiler und perfider Film über Schuld, Sühne und
Sadomasochismus bei Wahrung des bürgerlichen Scheins.


Besonders beeindruckende Neuentdeckungen(nicht nur im Kino):

Il gattopardo Luchino Visconti

Ein höchst aufwendiger Kostüm und Historienfilm, wo die visuelle Pracht nicht nur dazu
dient, das Auge zu erfreuen und die Zuschauer zu beeindrucken, sondern dazu
ein Geschehen zu vermitteln. Ein zutiefst persönlicher Autorenfilm, dem ein gigantisches
Budget zur Verfügung stand. Einer meiner absoluten Kinohighlights des Vorjahres.

Il deserto rosso Michelangelo Antonioni

Antonioni gehört zu den großen Erneuerern des Kinos. Hier erzählt er fragmentarisch
von einer neurotischen Frau, die mit der Industrialisierung im Wirtschaftswunderland
Italien der frühen 60er nicht zu Rande kommt. Kein Film der leicht zu konsumieren ist,
aber einer der höchst eindrucksvoll ist.

Jagten Thomas Vinterberg

Es gibt Filme die die Zuchauer auf emotionale Distanz halten (wie etwa Il deserto
rosso)und solche die bewusst emotionalisieren. Zu dieser Kategorie gehört Jagten
Ein wahrlich aufwühlender Film über einen Kindergärtner, der zu unrecht des
sexuellen Missbrauchs beschuldigt wird.

Le journal d une femme de chambre SW Luis Bunuel

Frühe 30er, Celestine(eine undurchschaubare Jeanne Moreau), tritt am Land ihren Dienst als
Kammerzofe an. Die Hausfrau ist gespreitzt und frigide, der Mann hat nichts als Sex im Schädel,
der Vater ist ein Schuhfetischist und der Gärtner ein Faschist und wahrscheinlich auch ein
Kindermörder. Bunuels Filme strahlen eine große Leichtigkeit aus, hier ist sie mit Unerbittlichkeit
gemischt.

Le deuxieme Souffle SW Jean-Pierre Melville

Ein weiterer großer existentialistischer Gangsterfilm Melvilles. Ein alternder Gangster, Lino
Ventura als Gu Minda, glaubt nach einem Gefängnisausbruch eine zweite Chance,
einen zweite Atem zu haben. Schon die Anfangssequenzen machen klar, dass dem nicht so
ist.

Le genou de Claire Eric Rohmer

Rohmers einzigartige Form des Kinos, gibt einem die Möglichkeit, Menschen besser kennenzulernen, und hinter ihrem eloquenten Redeschwall zu blicken. Und das ist eine
aufregende Angelegenheit, obwohl seine Filme so undramatisch sind. Claires Knie
ist erst mein dritter und wohl schönster Film Rohmers.


Der Kinojahrgang 2014

10. Bande des filles Celine Sciama

Ein sehenswerter Film im Breitwandformat über Freiheits und Zukunftsträume junger schwarzer
Mädchen einer pariser Vorstadt, die mit einer weniger erbaulichen Realität kollidieren.

9. Nebraska SW Alexander Payne

Alexander Payne unternimmt hier einen Ausflug ins recht ärmliche wirkende amerikanische
Hinterland und seinen höchst provinziellen Einwohnern Reiseleiter ist ein alter Mann
(Bruce Dern) der sich einbildet einen großen Lottogewinn gemacht zu haben.

8. Her Spike Jones

Weniger dem Realismus verpflichtet ist diese SCI-FI Romanze zwischen einem femininen
Mann und seinem Betriebssystem. Scarlett Johanssons erotische Stimme reicht aus,
diese Romanze in dieser schrecklich schönen neuen Welt voller angenehm gedämpfter
Farben (und komischer Männerhosen) für den Zuschauer nachvollziehbar zu machen.

7. Clouds of Sills Maria Olivier Assayas

Ein Film über eine große Schauspielerin(Juliette Binoche) und ihrer weit
jüngeren Assistentin (Kirsten Stewart) der eine Unzahl von Anküpfungspunkte bildet.
Der Generationskonflikt ist nur einer davon. Faszinierend aber auch ein wenig sperrig.

6. Nymphomaniac I+II Lars Von Trier

Nymphomaniac ist voller expliziter Sexszenen und gleichzeitig vollkommen unerotisch und
ungeil. Auf was Von Trier damit hinaus will lässt sich schwer sagen. Was ich aber sagen
kann ist , dass es ein Werk der Negation ist, und eine einzigartige Erfahrung darstellt.
Zweiteres ist der Grund, weshalb die Filme in dieser Liste aufscheint.

5. Le Passe Ashgar Farhadi

Weit konventioneller ist dieser Film über eine Frau, deren Exmann, der zur formalen
Scheidung aus den Iran nach Frankreich kommt, und deren neuen Lebenspartner.
Dafür ist er auch lebensbejaender und gibt einen interessanten und kurzweiligen
Einblick in den zeitgenössischen "Beziehungssalat".

4. The Grand Budapest Hotel Wes Anderson

Dieser herrlich skurrile, höchst gelungene Film ist voll Trauer über eine verlorene so
nie dagewesene (mitteleuropäische) Vergangenheit. Stefan Zweig inspirierte Anderson,
dessen typische Handschrift auch hier unübersehbar ist, dazu. Und das passt auch
zu ihm,schließlich sind seine Filme sonst voll Sehnsucht nach einer so nie dagewesenen
Kindheit.

3. Deux jours, une nuit Gebrüder Dardenne

Eine Frau muss ihre Kollegen davon überzeugen, gegen ihre Entlassung zu stimmen,
und dafür auf eine Prämie zu verzichten. Wir begleiten diese Frau(Marion Cotillard)
dabei, wie sie ihre Kollegen abklappert. Die Dardennes und die Hauptdarstellerin
(Oscarnominierung!) machen daraus eine aufregende Angelegenheit.

2. Boyhood Richard Linklater

Filme anschauen bedeutet auch, der Zeit beim Vergehen zuzuschauen. Ganz besonders
gilt das für Boyhood, der uns die Möglichkeit gibt das Heranwachsen eines Buben und
dessen Schwester im Zeitraffer zu verfolgen. Ein wunderbarer Film über die Poesie des
alltäglichen, und über das Vergehen der Zeit.

1. Under her Skin Jonathan Glazer

Ein Science Fiction Film, der zwischen dokumentarischen, mit versteckter Kamera
gedrehten und extrem stilisierten Szenen pendelt und dabei vieles im Dunkeln belässt.
Sicherlich kein makelloser Film, aber einer der mir intensive Sinneseindrücke verschafft
hat.


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1 HJ 2014 Sämtliche Filme


Aus dem laufenden Kinoprogramm:

Le Passe' Ashgar Farhadi grandios bis meisterhaft
Das finstere Tal Andreas Prochaska sehenswert
Nymphomaniac I Lars von Trier hochinteressant
Nymphomaniac. II Lars von Trier hochinteressant
The Grand Budapest Hotel Wes Andersson grandios bis meisterhaft
Her Spike Jones mehr als sehenswert
Boyhood Richard Linklater grandios bis meisterhaft

Erstmals bei einem Festival

Il rosso e Il blu Gioseppe Piccione nicht sehenswert



Im österreichischen Filmmuseum

Wiedergesehen:

Rear Window Alfred Hitchcock meisterhaft Hilfsausdruck
Marnie Alfred Hitchcock trotz Mängel mehr als grandios
Otto e mezzo Federico Fellini meisterhaft
Il buono, il brutto, il cattivo Sergio Leone meisterhaft

Erstmals gesehen

Confessione di un comissario di polizia al procuratore della republicca Damiano Damiani grandios
Io ho paura Damiano Damiani enttäuschend
Z Costa Gavras sehenswert
Il gattopardo Luchino Visconti meisterhaft
Il deserto rosso Michelangelo Antonioni fordernd aber meisterhaft
Le journal d'une femme de chambre Luis Bunuel grandios bis meisterhaft
Le genou de Claire Eric Rohmer grandios



Bei der langen Nacht der Programmkinos

Wiedergesehen:

Paradies: Liebe Ulrich Seidl mehr als grandios

Erstmals gesehen

Paradies: Glaube Ulrich Seidl sehenswert
Paradies: Hoffnung Ulrich Seidl sehenswert


Volxkino, ein Freiluftkino dort erstmals gesehen

Monsieur Verdoux Charlie Chaplin trotz Staubschicht grandios
Nebraska Alexander Payne sehenswert


Abseits des Kinos

Wiedergesehen

Per qualche dollaro in piu' Sergio Leone mehr als grandios
Anatomy of a Murder Otto Preminger mehr als sehenswert

Erstmals gesehen

Per un pugno di dollari Sergio Leone ein wenig enttäuschend
Jagten Thomas Vinterberg aufwühlend, grandios
Die Wand Julian Pölsler sehenswert
Le deuxieme soufflé Jean-Pierre Melville meisterhaft


Nach dem Vorbild anderer (z.B. Short Cut) habe nun auch ich eine Gesamtliste hier reingestellt.
Sie dient primär mir selbst, damit ich die Übersicht behalte.


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Das bleibt mir von 2013


Was Film und Kino betrifft halte ich mich an das *Krautfleckerlprinzip. 26 mal war ich im Kino,
dazu kommen noch, auch begünstigt durch den heissen Sommer, einige Besuche bei
kostenlosen Freilichtveranstaltungen, und die paar Filme die ich zuhause gesehen habe.
In Summe werden das so 40 Filme gewesen sein. Und folgende sind mir davon positiv in
Erinnerung geblieben:


Mit Freude wiedergesehen habe ich

Psycho SW OF Alfred Hitchcock
Ein Meisterwerk, das auch bei mehrmaligen Sehen nichts von seiner Faszination verliert


Beeindruckende Neuentdeckungen:

Panzerkreuzer Potemkin Sergei Eisenstein
Bei grandioser Livemusikbegleitung durch Chrono Popp wirkte der Film so aufwühlend
wie es von Eisenstein wohl einst beabsichtigt war. Ein Musterbeispiel für das Montagekino, das
unendlich einflussreich war und ist.

La belle et la bete SW Jean Cocteau
Weit humanistischer ist dieses klassische Märchen, das durch eine zeitlose Poesie zu
beeindrucken weiß(die Hände!), die völlig frei vom Kitsch a la Walt Disney ist.

Cat People SW Jaques Torneur
"Nur" ein kleiner billiger Horrorfilm, aber einer der durch seine Atmosphäre, und durch seine
zeitlosen Bilder glänzt. Und dass sich Frauen in Biester verwandeln können, werden viele von
uns auch schon erlebt haben....

Amour Michael Haneke
Aus einem derart trostlosen Thema, nämlich dem unaufhaltbaren körperlichen Verfall
einer alten Frau, einen berührenden Film zu machen, muss man einmal zusammenbringen.
Und Haneke bringt es zusammen.

Saboteur SW Alfred Hitchcock
Der Mittelteil der "Man-on-the-run"-Trilogie, zu der noch 39 Steps und North by Northwest
gehören, kann zwar mit diesen nicht ganz mithalten, trotzdem war es ein Vergnügen ihn
endlich kennenzulernen, und dies nicht nur wegen des spektakulären Finales auf der
Freiheitsstatue.

The Lady vanishes SW Alfred Hitchcock
Der vorletzte britische Film Hitchcocks ist ein Comedy-Thriller, der auch heute noch zu
unterhalten weiß, wohl weil Komödie und Spannung perfekt ausbalanciert sind.

La Collectioneuse Eric Rohmer
Ein Paradebeispiel für das undramatische Kino a la Rohmer und gleichzeitig dessen
Prototyp.

The Purple Rose of Cairo Woody Allen
Diese unglaublich amüsante Komödie zeigt, weshalb wir uns Filme anschauen. Leider
steigen bei uns die Traumfrauen nicht von der Leinwand. Damit ersparen wir uns aber auch
Aussagen wie: "Ich habe eine wunderbare Frau kennengelernt. Gut sie ist nicht echt, aber
schließlich kann man nicht alles haben."


Besonders beeindruckende Neuentdeckungen:

Repulsion SW Roman Polanski
Eine geradezu klinische Studie über eine junge Frau, der es vor der Sexualität ekelt.
Und in der Einsamkeit ihrer Wohnung bricht der Wahnsinn vollends aus. Ein großer
zeitloser Film, getragen von der großen Catherine Deneuve, die im Vorjahr 70 wurde.

Au hasard Balthazar SW Robert Bresson
Der Film dreht sich um den Esel Balthasar und den Menschen um ihn herum. Er ist
ein sinnliches Meisterwerk über das Mysterium Leben, das sich nicht auf einen Punkt
bringen lässt.

To be or not to be SW Ernst Lubitsch
Diese meisterhafte irrwitzige Komödie macht nicht nur den wahren Charakter der
Nazis sichtbar und nimmt so nebenbei die Eitelkei der Schauspieler auf die Schaufel,
sondert lotet auch den fließenden Übergang zwischen Schein und Sein, zwischen Spiel
und Ernst aus und bezieht dabei die Zuschauer mit ein.

Le fantome de la liberte Louis Bunuel
Was kann man schon von einem Film erwarten, bei dem zu Beginn gleich der Regisseur
und der Produzent erschossen werden? Ein absurdes Meisterstück, wie es nur Bunuel
zusammenbringt. Vielleicht nicht so amüsant und wie aus einen Guss wirkend wie der
diskrete Charme, trotzdem aber unvergesslich.

Manhattan SW Woody Allen
Ein geradezu dialektischer Film, bei dem die überwältigende audio-visuelle Schönheit
nicht recht zur Geschichte rund um Isaac Davis, wie Allen hier heißt, passen will, wodurch
aber diese Geschichte besonders einprägsam wird. Vielleicht Allens bester Film.

Frenzy Alfred Hitchcock
Ich war überrascht, wie großartig Hitchcocks vorletzter Film ist. Er serviert uns hier ein
hochspannendes und aufwühlendes Menü über Essen, Sex und Tod und wie das alles
zusammengehört.


Beeindruckende Filme, die 2013 ins Kino kamen

12. To the Wonder Terrence Malick
Bei Malick hört man meist statt Dialoge innere Stimmen. So auch bei diesem Film um
eine Frau aus Frankreich, die einen Amerikaner heiratet. Teilweise ergibt dies hier beeindruckendes 4D-Kino, aber teilweise funktioniert es auch nicht richtig. Und von
Ben Affleck sieht man meist nur den Rücken

11. Inside Llewyn Davis Joel & Ethan Coen
Wer zu früh dran ist, und sich auch noch blöd anstellt, den bestraft das Leben. So
könnte man diese Coen-typische Geschichte, die ohne Genre-Korsett auskommt und
statt Zynismus viel Melancholie enthält, zusammenfassen.Das ergibt einen beeindruckenden
Film, aber auch einen der ziemlich sperrig ist.

10. Django Unchained Quentin Tarantino
Bei Tarantino kann von sperrig natürlich keine Rede sein. Das würden ihn seine Adoranten,
die coole Filme sehen wollen, nie durchgehen lassen. Ähnlich angelegt wie Inglourious Basterds,
aber nicht ganz so gut gelungen ist dieser Film über die Sklaverei. Sehenswert und
unterhaltend ist er trotz aller blöder Coolness trotzdem.

9. Frances Ha SW Noah Baumbach
Im Gegensatz zu Tarantino versucht Baumbach ein reales Lebensgefühl einzufangen.
Dies gelingt in diesem Film über eine unreife 27jährige Frau, die großartig von
Co-Drehbuchautorin Greta Gerwig dargestellt wird, recht überzeugend. Und dass der
Film auch noch eine Hommage an die Nouvelle Vague a la Truffaut und Rohmer ist,
freut mich noch zusätzlich.

8. De rouille et d'os/Der Geschmack von Rost und Knochen Jaques Audiard
Ein wuchtiges Melodrama über die Menschwerdung einer Kampf-und Sex-Maschine der
es so nebenbei gelingt, die Armut, die es im Hinterland der Cote d Azzure heute wieder gibt
zu zeigen. Und Marion Cottillard ist wirklich zum anbeissen, was aber keine Entschuldigung
für den Killer-Wal darstellt.

7. Blue Jasmine Woody Allen
Ein weiterer großer kleiner Film von Allen, in dessen Mittelpunkt eine eigentlich völlig
unmögliche Frau und ihr Selbstbetrug steht, die von Cate Blanchett großartig dargestellt wird.
Er ist auch eine nette Gesellschaftssatire über jene, die vom ungebremsten
Finanzkapitalismus profitierten und nachwievor profitieren

6. Apres Mai/Eine wilde Zeit Olivier Assayas
Der Film bietet eine aufregende und faszinierende Zeitreise in das Jahr 71 zu einer Gruppe
von Schülern die den Aufstand probt. Assayas erzählt damit auch aus seiner eigenen Jugend.

5. L'exercise de l'Etat/Der Aufsteiger Pierre Schoeller
Der Film dreht sich um den neuen französischen Verkehrsminister. Keine noch so umfangreiche
Zeitungsanalyse könnte annähernd gut wie dieser Film vermitteln, was es heute heißt
Minister zu sein.

4. Jeune et Jolie/Jung und Schön François Ozon
Ein 17jähriges Mädchen aus guten Haus prostituiert sich. Ozon erzählt diese Geschichtehöchst
raffiniert, sodass es ein großes Vergnügen ist, den Film anzuschauen. Die Motive des Mädchens
bleiben aber offen, es liegt an den Zuschauern, diese Leerstelle auszufüllen. Nach Dans la
Maison ein weiterer großartiger Film von Ozon.

3. The Master P.T. Andersen
Andersen lässt hier in der Nachkriegszeit zwei höchst unterschiedliche Charaktere aufeinandertreffen.
Sowohl Schauspieler als auch die sehr opulenten Bilder, die mich irgendwie an Kubrick erinnern,
haben einen tiefen Eindruck bei mir hinterlassen.

2. Paradies: Liebe Ulrich Seidl
Die Liebe ist ein seltsames Spiel, das so wie es sich die Hauptfigur vorstellt, nicht gespielt
werden kann. Ein großartiger Film, der mit hintergründigem Humor und erfrischenden Bildern, die man
so kaum noch gesehen hat, seine Geschichte über die Unerreichbarkeit des exotischen Paradieses
erzählt. Seidl gelingt es einerseits die Spontanität vor der Kamera einzufangen, andererseits diese in streng kadrierte und schön komponierte Bildern, die eine Geschichte für sich erzählen zu verwandeln.
Und dabei mag ich Seidl wegen seiner Mieselsucht überhaupt nicht.

1. La vie d'Adele Abdelatif Kechiche
Kechiche geht ähnlich vor wie Seidl, ist aber kein mieselsüchtiger Österreicher, und statt streng
kadrieten Bildern gibt es viele Großaufnahmen von Adeles Gesicht. Der Film erzählt seine
Geschichte nicht, sondern zeigt Bilder, die man erst zu einer Geschichte formen muss.
Das ergibt einen höchst erfrischenden Film, der einem weit mehr näher geht als der
beste 3 D Effekt.


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Mein Rückblick auf 2011


Für mich war es ein gutes Kinojahr. Ich habe viele interessante Filme gesehen, und bedaure manches nicht gesehen zu haben. Dies war in den letzten Jahren nicht immer der Fall. Da Wann
zu einer genau gegenteiligen Einschätzung gelangt, Ubaldo Terzani meint, dass es so wie immer war, und Settembrini es ähnlich wie ich sieht, zeigt aber wie subjektiv diese Einschätzug ist. Ich habe in meiner Liste nur Filme berücksicht, die 2011 in D in den Kinos gelaufen sind, und so bewusst Filme ausgelassen, die nur (bis jetzt) in Ö liefen oder ich auf der Viennale gesehen habe.

10. Les petits mouchoirs/Kleine wahre Lügen Guillaume Canet
Ein Sommer und Urlaubsfilm. Also eigentlich ewas ganz leichtes. Ungewöhnlich dabei, dass er
mit einem schweren Verkehrsunfall beginnt, und mit einem Begräbnis endet. Ein Ensemblefilm,
getragen von großartigen Schauspielern, wobei Canets "Alte", Marion Cottillard noch extra hervor=
zuheben ist. Nicht tiefgründig, aber auch nicht seicht, dafür aber unterhaltend und auch wahr=
haftig

9. Winters Bone Debra Granik
Granik zeigt ein verarmtes und verhärmtes Amerika, das wir so in den Hollywood Hochglanz=
produktionen nie zu Gesicht zu bekommen. Der Umstand, dass sich der Film nicht nur auf Sozial=
realismus beschränkt, sondern diesen mit einer mystischen Geschicht verbindet, macht ihn zu einem Erlebnis.

8. Midnight in Paris Woody Allen
Eine charmante und kluge Komödie, in der Realitätsflucht dem Protagonisten hilft, sein Leben
in neue Bahnen zu lenken. Allen beweist damit wieder einmal, dass er nach wie vor etwas zu
sagen hat.

7. Atmen Karl Markovics
Bei einem Regisseur kommt es weniger darauf an was er zu sagen hat, sondenr was er zu zeigen hat. So Truffaut zu Hitchcock. In diesem Sinne ist Atmen ein visuell beeindruckender Film,
dessen Bilder Wärme und Hoffnung verbreiten.

6. La piel que habito/Die Haut in der ich wohne Pedro Almodovar
Ein Mann erschafft sich eine Frau nach seinen Vorstellungen. Almodovar gelingt mit dieser
wilden Mischung aus Frankenstein und Vertigo, gewürzt mit einer Prise Transexualität, ein
beeindruckender Film.

5. A dangerous Method David Cronenberg
Spielrein, Jung und Freud, historische Persönlichkeiten, die die Psychoanalyse entsheident
geprägt habe, stehen hier im Mittelpunkt. Wie immer bei Cronenberg steht auch hier der Körper im Mittelpunkt. Diesmal wird aber darüber geredet. Ein packendes Melodram, wenn man sich auf
die Dialoge einlässt.

4. Le nom de gens/Der Name der Leute Michel Leclerc
Ein Film voll Lebensfreude und Optimismus, über Abstammung, Migration, Integration, ohne
erhobenen Zeigefinger. Ein Film der die humorlosen gutmenschlichen Linken auf die Schaufel
nimmt, um gleichzeitig für eine von ihnen zu werben. Ein Film, den ich bestens in Erinnerung habe.

3. Tree of Life Terrence Malick
Ein bombastischer, grandioser Film über die existenziellen Fragen . Ohne Zweifel eines der hervorragendes Werke des vorigen Jahres. Auch ich war beeindruckt. Außerdem
habe ich Brad Pitt noch nie so gut gesehen. Da ich aber offene Kunstwerke bevorzuge, wurde es
"nur" der 3. Platz.

2. Melancholia Lars von Trier
Mir ist zwar diese süßliche und egoistische Todessehnsucht, die der Film verströmt, zu=
wider, aber das ändert nichts an der poetischen Wucht dieses Werkes. Dieser Weltuntergang macht einfach zu viel Spaß, um ihn zu verdammen.

1. Never let me go/Alles was wir geben mussten Mark Romanek
Ein Science Fiction Film ohne Science Fiction, dafür aber ein zutiefst berührendes und
höchst subversives Melodram. Der Kern der Geschichte ist eine auf vielfache Weise zu interpretierbare Metapher. Für mich der schönste und eindrucksvollste Film des Jahres.




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