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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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EMBRYO (Ralph Nelson/USA 1976)



"No. Don't."

Embryo ~ USA 1976
Directed By: Ralph Nelson

Der Genetik-Wissenschaftler Paul Hollison (Rock Hudson) fährt nachts auf regennasser Straße eine trächtige Dobermann-Hündin an. Das Tier stirbt, doch Hollison gelingt es, einen der Föten mithilfe einer von ihm entwickelten, placentalen Lösung außerhalb des Mutterleibs am Leben zu erhalten. Binnen einer Rekordzeit von wenigen Tagen entwickelt sich das kleine Wesen nicht nur zu einem ausgewachsenen, prächtigen Hund, sondern erweist sich zudem als hyperintelligent, lernbegierg und vor allem von insgeheim grausamem Wesen. Hollison beschließt, dasselbe Experiment mit einem menschlichen, weiblichen Embryo durchzuführen. Er erhält ein Versuchsobjekt, dessen Mutter Selbstmord begangen hat. Auch hier gelingt die Anordnung mit derselben Rasanz wie bei der 'No. 1' getauften Hündin. 'Victoria' (Barbara Carrera) wächst rasch zur erwachsenen, superintelligenten Schönheit heran. Hollison gibt sie als Assistentin aus und verliebt sich in sie, derweil Victorias Alterungsprozess nach wenigen Tagen Pause wieder rapide einsetzt. Um zu überleben, benötigt sie die Zellen eines sechs Monate alten Fötus. Und ausgerechnet Hollisons Schwiegertochter (Anne Schedeen) ist just in der passenden Schwangerschaftswoche...

Wie viele eigentlich keinem Genre direkt verpflichteten Filmemacher versuchte sich auch Ralph Nelson Mitte der Siebziger an einem phantastischen Stoff: Ein Retortenbaby, äußerlich und innerlich perfekt, dabei jedoch zugleich von folgerichtiger emotionaler Kälte, wird zur femme fatale, die um des eigenen Überlebens Willen die Familie ihres "Erschaffers" zerstört. Erst viel zu spät erkennt Paul Hollison, der sich von der faszinierenden Schönheit und Intelligenz Victorias blenden ließ, welch gottlosen Fehler er gemacht hat und versucht hernach mit aller Vehemenz, diesen wieder auszuwetzen. Hierin liegt zugleich auch die Unentschlossenheit des ansonsten durchaus respektablen Films: Er findet keine vollwertige Balance zwischen seinem grellen Horrorthema einerseits und dem Drama des frankenstein'schen Geschöpfs andererseits. Wie alle Homunculi in Literatur und Film will Victoria lediglich das, was ihr von der Sekunde ihrer "Geburt" an metamoralisch zusteht: Mehr Leben. Dass sie, um sich jenes anzueignen, Schritte unternehmen muss, die andere Existenzen gefährden, ist weniger einem wie auch immer gearteten, bösartigen Naturell zuzuordnen, sondern ihrer emotionalen Ungeschliffenheit: Durch ihren überlegenen Genotyp ist Victoria zwar in der Lage, sich körperlich und geistig bis zur Vollkommenheit zu entwickeln, ihre Fähigkeit zur Empathie, zu emotionaler Reife somit, muss jedoch im Stadium eines eine Woche alten Kindes verbleiben. Folglich bleibt Nelson seinem Publikum vor allem zum Ende hin die Frage schuldig, ob er eher klassischen SciFi-Horror oder ein fortschrittskritisch-existenzialistisches Drama intendierte.

6/10

Ralph Nelson amour fou mad scientist Hund Schwangerschaft Experiment Genforschung



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Funxton

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