Zum Inhalt wechseln


In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





Foto

DANIEL (Sidney Lumet/USA 1983)



"Let our deaths be his bar mitzvah."

Daniel ~ USA 1983
Directed By: Sidney Lumet

Daniel Isaacson (Timothy Hutton), dessen Eltern (Mandy Patinkin, Lindsay Crouse) während der Ära McCarthy vom HUAC ins Gefängnis gebracht, als bekennende Kommunisten der Atom-Spionage für die Russen bezichtigt und auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet wurden, beginnt, sich nach Jahren der ideologischen Passivität bezüglich der Hintergünde jenes furchtbaren biographischen Ereignisses zu informieren. Daniels vormals wesentlich leidenschaftlicher agierende Schwester Susan (Amanda Plummer) ist durch die Umstände, unter denen sie und ihr Bruder als Kinder aufwachsen mussen, schwer traumatisiert und psychisch geschädigt. Auch um ihretwillen ist Daniel an nachträglicher Aufklärung interessiert, seine Suche nach Antworten muss sich jedoch mit Fragmenten begnügen. Seine Eltern waren Opfer einer paranoiden Zeit und ihrer eigenen, beharrlichen Verweigerung zur Denunziation. Immerhin lernt Daniel, dass Opposition gleichbedeutend sein kann mit Integrität.

Ein ebenso leidenschaftlicher wie still erschütternder Film. Basierend auf E.L. Doctorows Roman, der sich semi-authentisch am tatsächlichen Schicksal des Ehepaars Rosenberg orientiert, die als sowjetische Rüstungsspione hingerichtet wurden, entblättert "Daniel" auf multiplen Zeitebenen ein komplexes Bild der Protestkultur in den USA zwischen den vierziger und sechziger Jahren. Paul und Rochelle Isaacson sind leidenschaftliche Linke, 'Reds', die mit den revolutionären Kräften im spanischen Bürgerkrieg und später mit den Sowjets sympathisieren, sich als eingefleischte New Yorker ausschließlich in ihren eigenen ideologischen Kreisen bewegen, die Musik von Paul Robeson flankieren und ihren Kindern den Mut zu reflektierendem Denken mit auf den Weg geben. Schließlich reißt das FBI die Familie auseinander, die Isaacsons sind von einem guten Freund und politischen Gesinnungsgenossen (Joseph Leon) denunziert worden. Ihre Kinder wachsen von diesem Zeitpunkt an als faktisch determinierte Waisen auf, die ihre Eltern ein letztes Mal vor deren Hinrichtung besuchen dürfen. Erst nach Jahren kommen sie zu Adoptiveltern, doch der psychische Schaden ist, zumindest in Susans Fall, nicht wieder gutzumachen. Die schwer verstörte junge Frau landet in einem Sanatorium und nimmt sich nach mehreren erfolglosen Versuchen schließlich das Leben. Für Daniel, der der unfasslichen Kommunistenhatz letzten Endes seine gesamte Familie opfern musste, gibt es schließlich nurmehr einen tragfähigen Weg des Weiterlebens: In die Fußstapfen seiner Eltern und seiner Schwester zu treten und gegen Vietnam auf die Straße zu gehen.
Mittels ausgefeilter Formalia erweckt Lumet diese ebenso tragische wie tapfere Biographie zum Kinoleben und leistet nebenbei eine persönliche, ideologische Offenbarung: "Daniel" propagiert nachdrücklichst das verfassungsmäßige Recht auf freie Meinungsäußerung und porträtiert eine Ära, die ebendieses mit dummen, panischen Füßen getreten hat und damit für eine historische Sekunde nicht minder totalitär agierte, als die vielen Feindbilder.
Atmosphärisch und auch filmhistorisch außerdem eine unabdingbare Ergänzung zu Warren Beattys "Reds".

9/10

Sidney Lumet period piece Familie E.L. Doctorow McCarthy-Ära Kalter Krieg Todesstrafe Biopic



Schön, daß dieser (so wie manches von Lumet) viel zu wenig bekannte Film hier einmal eine angemessene Würdigung erfährt.
  • Melden
:)
  • Melden
Kann ich nur unterschreiben ! Auf Daniel bin auch schon lange heiß, bislang gab es für mich auch noch keine Gelegenheit den zu sehen :(
  • Melden
Die RC-1 von Legend ist günstig zu bekommen und hat eine sehr gute Bildqualität - sie ist nur ansonsten leider komplett barebones, und sogar ohne Untertitel. Da es aber keine Alternative gibt, kann (und muss) man sie empfehlen :)
  • Melden

Filmtagebuch von...

Funxton

    Avanti, Popolo

  • Supermoderator
  • PIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIPPIP
  • 8.268 Beiträge

Neuste Kommentare