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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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AUS EINEM DEUTSCHEN LEBEN (Theodor Kotulla/BRD 1977)



"Befehl ist Befehl."

Aus einem deutschen Leben ~ BRD 1977
Directed By: Theodor Kotulla


Die Karriere des Franz Lang (Götz George): 1900 zur Zeit des Kaiserreichs geboren, versucht er als Jugendlicher mit allen Mitteln, im Ersten Weltkrieg als Infanterist an die Front zu kommen, was er durch die Fürsprache eines von seinem preußischen Enthusiasmus begeisterten Offiziers (Siegurd Fitzek) auch bewerkstelligt. Während der Weimarer Republik wird er dann zunächst Freikorpsler, um später dann in die NSDAP und bald darauf auch in die SS einzutreten. Himmler (Hans Korte) persönlich rekrutiert ihn nach einer kurzen Gefängnisstrafe wegen Mordes an einem KPD-Mitglied schließlich als Direktor von Auschwitz und Organisator der industriellen Massenvernichtung. Nach dem Krieg bezüglich seiner Greueltaten und nach seinem Gewissen befragt, antwortet Franz voller Selbstsicherheit, er sei sich keiner Schuld bewusst, er habe "bloß Befehle befolgt".

Anhand der Biographie des Naziverbrechers Rudolf Höß, der in Kotullas Film wie in Merles Vorlage "La Mort Est Mon Métier" seinen Fluchtnamen Franz Lang trägt, unternimmt "Aus einem deutschen Leben" den Versuch, nachzuzeichnen, unter welchen Umständen ein Mensch zum vollkommen gewissenlosen Exekutionswerkzeug einer Diktatur werden kann. Höß ist bereits von Haus aus ein zwischen maßlosem Patriotismus und rückhaltloser Untertänigkeit pendelnder Mensch, der stets auf der Suche ist nach konsequenten Vorgesetzten und Machthabern, die seinen beinahe pathologischen Pflichterfüllungsdrang füttern und ihm Staatsplanung und selbstständiges Denken abnehmen. Obgleich Götz George dem Menschenmonster ein durchaus charakteristisches Antlitz verleiht, ist das Beispiel Höß doch bloß eines von vielen - wenn auch ein extremes. Für den Posten des Todesplaners hätte Himmler auch einen anderen gefunden; die jeweiligen KZ-Direktoren scheinen sogar so etwas wie Bewunderung füreinander zu hegen ob der Effizienz, mit der von ihnen tagtäglich eine wechselnd große Anzahl "Einheiten" beseitigt werden.
Kotulla verzichtet auf vordergründige Dramaturgie und lässt seinen akribisch recherchierten und absolut präzis gestalteten Film erscheinen wie nüchternes Schulfernsehen. Dass gerade diese Form gewählt wurde, um über das eigentlich Unbeschreibare zu berichten, erweist sich als adäquate Wahl. "Aus einem deutschen Leben" schleicht sich sozusagen subkutan an, um dann fast unmerklich zuzustechen und erst zu schmerzen zu beginnen, nachdem die Nadel längst wieder entfernt wurde. Dem trägt besonders das grausige Ende Rechnung, in dem, unterlegt von ein paar gegenwärtigen, herbstlich-grauen Auschwitz-Bildern einige von Höß selbstverfasste Fakten mittels Georges eindringlicher Stimme vorgetragen werden. Danach kann man dann erstmal gar nichts mehr sagen.

9/10

Konzentrationslager WWI Nationalsozialismus Theodor Kotulla WWII Historie Weimarer Republik



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Funxton

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