"Shit."
Canicule (Dog Day - Ein Mann rennt um sein Leben) ~ F 1984
Directed By: Yves Boisset
Nach einem missglückten Banküberfall in einer französischen Stadt, bei dem er von seinem Partner Snake (Pierre Clémenti) hintergangen wird, flüchtet der amerikanische Bankräuber Jimmy Cobb (Lee Marvin) mitsamt der Beute vor dem ihn verfolgenden Polizeiaufgebot in die sommerliche Provinz. Dort gerät er an eine dysfunktionale Bauernfamilie, die ihm zusätzlichen Stress verschafft, da jeder einzelne von ihnen schwer gestört ist und eigene Pläne verfolgt. Bald wissen auch Cobbs verbliebene Partner, wo er sich versteckt hält und es kommt zu diversen Konfrontationen.
Der vorvorletzte Film, den Lee Marvin mit seiner Präsenz adelte (vor dem ersten "Dirty Dozen"-Sequel und "The Delta Force") setzt ein spätes Highlight in seinem ohnehin glänzenden Schaffen. Als US-Gangster in Frankreich, dessen 'Spezialität' es ist, seinen Gegnern die Kniescheiben wegzuschießen, gerät er an etwas, mit dem selbst er niocht fertig werden kann, an westeuropäische Land-Idiotie nämlich. Auf dem durchaus imposanten Hof, auf dem er nach anstrengender Flucht strandet, erwarten ihn der sexgierige, versoffene Patriarch Horace (Victor Lanoux), dessen nicht minder versoffener Bruder Socrate (Jean Carmet), Horaces Frau Jessica (Miou-Miou), deren unehelicher Sohn Chim (David Bennent), die haltlos nymphomanisch veranlagte Ségolène (Bernadette Lafont), die alte Haushälterin Gusta (Muni), sowie zwei afrikanische Landknechte (Joseph Momo, Mohamed Bekhtaoui) - ein böses, verzerrtes Spiegelbild der zeitgenössischen französischen Gesellschaft, durch die Bank verdorben und verrückt. Besonders gegen Jessicas durchtriebene Pläne (ohnehin wirkt die ebenso kluge wie schöne, stilbewusste Frau wie ein Fremdkörper unter all den Hinterwäldlern) hat Cobb keine Chance. Zu David Bennent, diesem seltsam faszinierenden Kindmann, der einen jeden Film schon durch seine bloße Anwesenheit mystisch auflädt: extraordinaire, comme toujours.
Boisset ist ein kleines, schmutziges Meisterwerk zwischen Kunst und Sleaze geglückt, dessen prononciert-grotesker Erzählfarbe sicherlich auch ein Jeunet oder Kusturica manches verdanken.
9/10
Yves Boisset Sommer Flucht Familie Groteske
Canicule (Dog Day - Ein Mann rennt um sein Leben) ~ F 1984
Directed By: Yves Boisset
Nach einem missglückten Banküberfall in einer französischen Stadt, bei dem er von seinem Partner Snake (Pierre Clémenti) hintergangen wird, flüchtet der amerikanische Bankräuber Jimmy Cobb (Lee Marvin) mitsamt der Beute vor dem ihn verfolgenden Polizeiaufgebot in die sommerliche Provinz. Dort gerät er an eine dysfunktionale Bauernfamilie, die ihm zusätzlichen Stress verschafft, da jeder einzelne von ihnen schwer gestört ist und eigene Pläne verfolgt. Bald wissen auch Cobbs verbliebene Partner, wo er sich versteckt hält und es kommt zu diversen Konfrontationen.
Der vorvorletzte Film, den Lee Marvin mit seiner Präsenz adelte (vor dem ersten "Dirty Dozen"-Sequel und "The Delta Force") setzt ein spätes Highlight in seinem ohnehin glänzenden Schaffen. Als US-Gangster in Frankreich, dessen 'Spezialität' es ist, seinen Gegnern die Kniescheiben wegzuschießen, gerät er an etwas, mit dem selbst er niocht fertig werden kann, an westeuropäische Land-Idiotie nämlich. Auf dem durchaus imposanten Hof, auf dem er nach anstrengender Flucht strandet, erwarten ihn der sexgierige, versoffene Patriarch Horace (Victor Lanoux), dessen nicht minder versoffener Bruder Socrate (Jean Carmet), Horaces Frau Jessica (Miou-Miou), deren unehelicher Sohn Chim (David Bennent), die haltlos nymphomanisch veranlagte Ségolène (Bernadette Lafont), die alte Haushälterin Gusta (Muni), sowie zwei afrikanische Landknechte (Joseph Momo, Mohamed Bekhtaoui) - ein böses, verzerrtes Spiegelbild der zeitgenössischen französischen Gesellschaft, durch die Bank verdorben und verrückt. Besonders gegen Jessicas durchtriebene Pläne (ohnehin wirkt die ebenso kluge wie schöne, stilbewusste Frau wie ein Fremdkörper unter all den Hinterwäldlern) hat Cobb keine Chance. Zu David Bennent, diesem seltsam faszinierenden Kindmann, der einen jeden Film schon durch seine bloße Anwesenheit mystisch auflädt: extraordinaire, comme toujours.
Boisset ist ein kleines, schmutziges Meisterwerk zwischen Kunst und Sleaze geglückt, dessen prononciert-grotesker Erzählfarbe sicherlich auch ein Jeunet oder Kusturica manches verdanken.
9/10
Yves Boisset Sommer Flucht Familie Groteske