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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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ONCE WERE WARRIORS (Lee Tamahori/NZ 1994)



"People show their true feelings when they're drunk."

Once Were Warriors (Die letzte Kriegerin) ~ NZ 1994
Directed By: Lee Tamahori

In einem verslumten Vorort von Wellington lebt die siebenköpfige, maoristämmige Familie Heke, Mutter Beth (Rena Owen), Vater Jake (Temuera Morrison) und ihre fünf Kinder Nig (Julian Arahanga), Grace (Mamaengaroa Kerr-Bell), Boogie (Taungaroa Emile), und die Kleinsten, Polly (Rachael Morris Jr.) und Huata (Joseph Kairau). Jake, genannt "Jake The Muss" ist der gefürchtetste Schläger im Viertel und macht auch vor seiner Frau nicht Halt. Diese versucht tapfer, die Familie zusammenzuhalten und ist gefangen zwischen der Liebe zu und der Angst vor ihrem Mann. Nig hat seine Familie längst aufgegeben und in einer aus jungen Maori bestehenden Gang ein neues Zuhause gefunden. Boogy muss wegen mehrerer Straftaten in eine Erziehungsanstalt und die sensible Grace sublimiert ihre Gefühle im Schreiben von Fantasy-Geschichten. Eines Nachts wird Grace, im Zuge einer von der Heimpartys ihres Vaters, von dessen Freund Bully (Cliff Curtis) vergewaltigt. Sie kann mit diesem Ereignis nicht umgehen, verschweigt es und begeht schließlich Selbstmord. Für Beth das letzte Zünglein an der Waage, endlich "Nein" zu Jake und seinem Leben zu sagen.

Ein weiterer buchstäblicher Faustschlag-Film, besonders schwer zu ertragen wegen seines unglaublich authentischen Gespürs im Hinblick auf die Chronik einer dysfunktionalen Familie. Anders als übliche Stereotypisierungen verzichtet "Once Were Warriors" auf simple Schwarzweißmalerei. Jake Heke ist eigentlich sogar ein ganz patenter Typ, einer, mit dem man sich durchaus vorstellen kann, literweise Bier zu trinken, einer, der es versteht, zu feiern, zu singen und gut drauf zu sein. Leider ist da aber auch noch eine dunkle, Mr-Hyde-artige Seite, die jenseits einer gewissen Promillegrenze erwacht. Da mutiert Jake plötzlich zu einem ultrabrutalen Schläger, akut aggressiv, misogyn, der seine zarte Frau grün und blau prügelt und sie hernach noch vergewaltigt. Da sollte man dann besser nicht seinen Weg kreuzen und ihn schon gar nicht auf dem falschen Fuß erwischen - ein kurzer Prozess wäre die Folge. Dieses Wechselspiel durchlebt der Zuschauer parallel zu Beth, oder besser gesagt, die Endphase einer bereits achtzehn Jahre währenden Entwicklung. Die spezielle Kunst des Films liegt in seiner Analogisierung des familiären Zerfalls und der Entwurzelung einer Kultur durch generationenlange, kolonialistische Beeinflussung. Die Geschichte von "Once Were Warriors" hätte sich im Prinzip auch ebensogut in einer Familie von Aborigines oder bei nordamerikanischen Indianern abspielen können. In Beth findet sich, trotz ihrer ebenfalls omnipräsenten Affinität zu Bier und Rausch, noch der Stolz einer uralten Kriegerkaste, der sie entstammt. Und dieser setzt sich, zumindest bei ihren Söhnen, auch weiter fort. Was Jake anbelangt, so ist sein tief drinnen schlummernder, stets aktiver Wutvulkan nicht nur einer genetischen Vorprägung zu "verdanken", sondern zugleich ein Aufschrei gegen lose kulturelle Enden und das sich zwangsläufig einstellende soziale Ungleichgewicht durch die "Zivilisation" infolge der einstigen Kolonialisierung. Ganz unabhängig davon ist "Once Were Warriors" ein pures, filmisches Kraftpaket, das einen, so paradox es anmuten mag, gleichermaßen ganz tief runterbuttert und andererseits das ganze progressive Energiepotenzial des unverdrossenen Weitermachens veranschaulicht.

10/10

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Funxton

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