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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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CARNIVAL OF SOULS (Herk Harvey/USA 1962)



"I don't belong in the world."

Carnival Of Souls (Tanz der toten Seelen) ~ USA 1962
Directed By: Herk Harvey

Nach einem Autounfall infolge eines kindischen Wettrennens kann sich Mary (Candace Hilligoss) als einzige Überlebende aus dem im Kansas River versunkenen Wagen ihrer Freundin retten. Kurz darauf tritt die junge Frau eine neue Stelle als Kirchenorganistin in Utah an. Bereits auf dem weg dorthin erscheinen ihr unentwegt merkwürdige Menschen und Gesichter, die sich als Phantome erweisen. Doch die seltsamen Zeichen häufen sich: Besonders ein geisterhafter Mann (Sidney Berger) scheint Mary überall hin zu folgen, sie selbst erlebt eine Episode, da sie sich mitten in einem Warenhaus in Luft aufzulösen scheint und in der Kirche spielt sie eigenartige Litaneien. Und dann ist da ein stillgelegter Vergnügungspark vor der Stadt, der einen unwiderstehlichen Reiz auf Mary ausübt...

Herk Harveys einziger Spielfilm ist eine poetische Geschichte vom widerwilligen Übergang ins Totenreich. Später wurden Storys um Tote, die ihre Zustandsveränderung zunächst nicht akzeptieren wollen oder können zu einem Genre-Standard, Harveys "Carnival Of Souls" darf jedoch als Pionierleistung dieser motivischen Ausrichtung bezeichnet werden. Ohne große Effektkirmes aber mit einer dafür umso wirksameren Bildsprache kreieren Harvey und der Autor John Clifford eine eher der Charakterisierungsfach verpflichtete Frauenstudie, von der Polanski drei Jahre später noch zu zehren wusste. Die fragile Mary ist ein in sich gekehrter Mensch, bisweilen neurotisch und ablehnend gegenüber männlichen Annäherungsversuchen, sprich denen ihres Zimmernachbarn John (Sidney Berger, wohl nicht ganz zufällig derselbe Darsteller des "Haupt-Phantoms"). Schließlich scheint das auditive Element in Marys auf Musik ausgerichtetem Dasein eine elementare Rolle einzunehmen: Als sie für ihre Umwelt unsichtbar wird, verliert Mary andererseits die Fähigkeit, ihre Umgebung akustisch wahrzunehmen, derweil ihr Orgelspiel ganz abrupt mehr nach Free Jazz klingt als nach Psalmen, was den Ministranten (Art Ellison) zu heftigen Schimpfkanonaden hinreißt. Ein singender Vogel in einem Baum, Symbol des Lebens, erschließt ihr dann - zweimal - die Rückkehr in die materielle Welt. Es dauert einige Zeit, bis Mary sich ihres Schicksals gewahr wird und sich ihm - noch immer nicht ganz willfährig - ergeben kann, erst dann lösen Harvey und Clifford das Geheimnis um ihren Schwebezustand.

8/10

Herk Harvey Geister Utah Kansas Independent Carnival



Ich beneide ja jeden, der Carnival of Souls zum ersten Mal sehen darf. Die Stimmung, die die Musik hervorruft, wird auch bei wiederholtem Ansehen erzeugt, allein die Spannung läßt etwas nach, wenn man die Entwicklung kennt.
Carnival of Souls war, wie Du anmerkst, Harveys einziger Spielfilm, sonst produzierte er Industriefilme wie den bizarren Lehrfilm Shake Hands With Danger.
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The Critic sagte am 18. November 2012, 12:48:

Ich beneide ja jeden, der Carnival of Souls zum ersten Mal sehen darf.

So ist es ja eigentlich bei jedem hervorragenden Film. Wobei der Erstbetrachter nicht a priori der große Gewinner sein muss, das gilt für "Carnival" ebenso wie für die anderen zuletzt von mir wiedergeschauten Geisterfilme :)
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Richtig große Filme wachsen ja mit der Erfahrung, weil man mehr und mehr in ihnen entdeckt. Ich fand Carnival of Souls ja so fabelhaft, daß ich ihn mir drei mal hintereinander angeschaut habe. Aber so reingehauen wie beim ersten Mal hat er danach nie wieder. :(
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Ich bin damals, wie auf so viele Filme dieser Ära, via Hans Schifferles ungemein schönem Kanon "Die 100 besten Horrorfilme" auf das gute Stück gestoßen.
Die Lektüre dieses kompakten kleinen Buches hat meinen Genrehorizont anno 94 so entscheidend nach vorne springen lassen wie nichts Gutes.
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Filmtagebuch von...

Funxton

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