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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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REGARDING HENRY (Mike Nichols/USA 1991)



"I can read!"

Regarding Henry (In Sachen Henry) ~ USA 1991
Directed By: Mike Nichols

Nachdem er bei einem Raubüberfall schwer verwundet wird, steht dem als besonders skrupellos berüchtigten New Yorker Rechtsanwalt Henry Turner (Harrison Ford) eine langwierige Rekonvaleszenz bevor: Auf den Entwicklungsstand eines Säuglings zurückkatapultiert muss er sich sämtliche Hirnfunktionen erst neu aneignen und wieder zu seiner Familie finden. Dabei zeigt sich im Laufe der Zeit, dass ein Neuanfang im Falle Henry Turners keinesfalls ein Fluch, sondern ein Segen ist.

Nach seinem losen Frauenfilm-Zyklus widmete sich Nichols ab den Neunzigern der Problematik des hoffnungslos rollenüberforderten Patriarchats. Die für soziale Erfolge unerlässliche Gratwanderung zwischen Softie und Oberarschloch zu beherrschen ist eben nicht jedem Vertreter unseres Geschlechts vergönnt. Auch Henry Turner nicht, der sich bereits vor langer Zeit für Ersteres entschieden hat, der zum Sprachrohr großkapitalistischer Interessen verkommen ist, der, wie man später erfährt, seine Frau betrügt und dessen putzige Tochter (Mikki Allen) ihm ein bloßer Klotz am Bein ist. Da ist der neue Esszimmertisch doch deutlich wichtiger! Doch dieses fleischgewordene Albtraumrelikt der Yuppie-Ära bekommt sogleich sein schicksalhaftes Fett weg: Raus aus der renommierten Kanzlei, ran an die Gehhilfe und aus dem sabbernden Säugling im Erwachsenenleibe gerinnt innerhalb der verbleibenden achtzig Filmminuten ein zwar nach wie vor re-infantilisierter, dafür aber umso geläuterterer Familiendaddy, ganz so, wie Amerika ihn möchte und braucht. Ein Softie nunmehr, mit Bettqualitäten freilich. Eigentlich seltsam, dass Robin Williams den nicht spielen durfte.
Zumindest der intelligente Nichols wählt bezüglich dieses fürchterlich kitschigen Stoffs die einzig probate aufrichtige Entscheidung: Einen fürchterlich kitschigen Film draus zu machen nämlich. Eine komplette Riege von stereotypen Abziehbildern (ganz schlimm: Bill Nunn als Onkel-Tom-Physiotherapeut) tanzt durch das vorhersehbare Geschehen wie durch ein Rodgers/Hammerstein-Musical, nur ohne Musik. Doch anstatt sich verzweifelt gegen die Klischiertheit dieses im Grunde genommen unmöglichen Stoffs zu stemmen und prätentiöses Kritikerkino zu machen, nutzt Nichols seine Ressourcen so gut es geht und macht seiner gesteigert verlustgefährdeten Reputation alle Ehre. Am Ende steht zwar ein etwas peinliches Filmmärchen mit Mentalitätsanleihen aus der Phantastik, das einen aber, wenn hier und da durch seine Hemmungslosigkeit auch unfreiwillig komisch, zumindest keine Millisekunde langweilt. Und allein das ist schon einen Asbach Uralt wert.

5/10

Mike Nichols Amnesie Behinderung Familie New York J.J. Abrams



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Funxton

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