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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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NAKED LUNCH (David Cronenberg/CAN, UK, J 1991)



"I guess it's about time for our William Tell routine..."

Naked Lunch ~ CAN/UK/J 1991
Directed By: David Cronenberg


New York, 1953: Der als Kammerjäger arbeitende, drogensüchtige Underground-Autor William Lee (Peter Weller) erschießt im Rausch seine Frau. Daraufhin bekommt er von einem mannsgroßen Insekt, einem "Mugwump", den Auftrag, nach "Interzone" zu flüchten, einer Zwischenwelt, die von Tanger in Marokko aus betreten werden kann. Dorthin gereist, lernt er diverse in der Schriftsteller-, Drogen- und Homosexuellen-Szene verkehrende Menschen kennen, darunter den Marihuana-Fabrikanten Hans (Robert A. Silverman), die paraphilen Eheleute Joan (Judy Davis) und Tom Frost (Ian Holm), den Schweizer Dandy Cloquet (Julian Sands) und den Callboy Kiki (Joseph Scorsiani). Von den insektenähnlichen Kreaturen aus Interzone, die ihn als "Agenten" einsetzen, bekommt er indes ständig neue bizarre Aufträge, die irgendwie allesamt um seine Schreiberei kreisen. Am Ende kann er zwar aus Interzone flüchten, die äußere Realität bleibt jedoch unverändert.

Mit der Adaption des als unverfilmbar gelten, semi-autobiographischen Fragment-Romans des Beat-Autoren William S. Burroughs, der ihn tatkräftig bei der Entstehung unterstützte, realisierte Cronenberg sein nächstes Projekt. "Naked Lunch" verhandelt mittels einem konsequent herbeifabulierten Symbolismus gleichermaßen Burroughs' Sucht und seine Homosexualität, seine zwei prägendsten und dabei von ihm selbst so zutiefst verhassten Wesenszüge, die er sich selbst durch seine halluzinatorische Flucht in das Phantasieland "Interzone" erträglich schrieb und machte. Die immer neuen Rauschmittel, mit denen Lee versucht, seine vorherrschende Hauptdroge abzusetzen, treiben ihn jeweils immer tiefer in die Sphären des Rauschs hinein, derweil er seine sexuellen Bedürfnisse und Praktiken einer Armada von überdimensionalen Käfern zuschreibt, die ihm als ihrem willenlosen Objekt stets neue Missionen auferlegen. Erst als Lee als scheinbaren Drahtzieher hinter dem ganzen Gewirr einen vertrauenswürdig geglaubten Mediziner (Roy Scheider) ausmacht, gelingt ihm die Flucht aus diesem ihn gleichermaßen anziehenden und abstoßenden Pfuhl. Doch hinter der Grenze von Interzone wartet mit dem Land "Annexia" nurmehr ein neuer, ungewisser Schwebezustand.
Für Cronenberg, den um diese Zeit offenbar ganz analoge Themen bewegten wie Burroughs seinerzeit (davon künden bereits die "Naked Lunch" einbettenden Werke "Dead Ringers" und "M. Butterfly"), muss die Verfilmung von "Naked Lunch" eine ähnlich freischaufelnde, autotherapeutische Wirkung gehabt haben wie einst das Buch für den Autoren. In Benutzung ungewohnt kräftiger, heller Farben wagt sich Cronenberg außerdem so nah an komödiantische Züge heran wie sonst nie; die Auftritte seiner (von "Fly"-Sequel-Regisseur Chris Walas gefertigten) Schreibmaschinenkäfern und Mugwumps, die im Original Burroughs' Stimme erhalten haben und in der deutschen Fassung die erstaunlich identisch klingende von Märchenonkel Hans Paetsch, sorgen trotz ihres widerwertigen, schleimigen und rektal orientierten Äußeren stets für einen seltam-bizarren Humor, zumal man ja weiß, dass sie im Grunde bloß Lees Halluzinationen entspringen und somit nichts als Selbstgesprächspartner sind. Interessant noch die Verewigungen von Burroughs' Zeit- und Berufsgenossen unter veränderter Nomenklaur: Allen Ginsberg und Jack Kerouac, die Burroughs bei der Entstehung von "Naked Lunch" unerstützten und antrieben, sind als "Martin" (Michael Zelniker) und "Hank" (Nicholas Campbell) zu sehen, Paul und Sally Bowles als besagtes Ehepaar Frost.

10/10

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Weller's Hämorrhoiden-Story. Um den Autoreifen gewickelt. :lol:
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Ja :) Die mit dem sich verselbstständigenden Arschloch ist aber freilich noch besser.
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Funxton

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