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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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CARLOS (Olivier Assayas/F, D 2010)



"This isn't my kind of terrorirism."

Carlos (Carlos - Der Schakal) ~ F/D 2010
Directed By: Olivier Assayas


Der Werdegang des unter dem Namen "Carlos" zu hohem internationalen Popularitätsgrad gelangten, venezolanischen Terroristen Ilich Ramírez Sánchez (Édgar Ramírez) ab 1972. Nachdem Carlos sich der palästinensischen Extremistenorganisation PFLP anschließt, tritt er mit dem Kidnapping einiger Minister von der Wiener OPEC-Konferenz im Jahre 1975 endgültig in das Licht der Öffentlichkeit. Wenngleich die Aktion im Sinne des Organisators bei Weitem nicht vollends zufriedenstellend verläuft, bleibt Carlos noch viele Jahre im Terrorgeschäft. Nach der Gründung seiner eigenen Gruppe, der OAAS, schlägt Carlos, gedeckelt von den Sowjets, sein Hauptquartier in Budapest auf und führt von hier aus mehr oder minder erfolgreich Aufträge durch, die von Waffenübergaben an die ETA über Anschlägen für die Araber bis hin zu verdeckten KGB-Aktionen reichen. 1994 wird er schließlich im Sudan festgenommen und der französischen Justiz überstellt.

Nicht allein Carlos' unter zumeist großer Medienaufmerksamkeit ausgeführte Terroraktionen dürften Assayas veranlasst haben, diesen fünfeinhalbstündigen Mammutfilm über ihn zu dirigieren; auch Carlos' Nebenstatus als eine Art Sub-Popstar, Hedonist und Womanizer wird seinen Beitrag dazu geleistet haben. Entsprechende Aufmerksamkeit widmet Assayas den "fiktionalisierten" Episoden aus Carlos' Privatleben: Seine zahllosen Affären mit schönen Frauen, die sich mal mehr, mal weniger als Sympathisanten der antiimperialistischen Sache verstehen, dabei eine mit seinen Grundsätzen unvereinbare Misogynie und seine heillos übersteigerte Egomanie. "Carlos" bildet somit auch eine willkommene Demystifizierung des linken Terrors der siebziger und frühen achtziger Jahre, indem er ihn als öffentlichkeitswirksame Plattform für bisweilen naive Selbstdarsteller entlarvt. Dabei formuliert Assayas vor einer nebenbei brillanten Songauswahl (u.a. New Order, Wire, The Feelies und The Lightning Seeds) sogar die zwischen brodelnd und gewagt oszillierende These, das Männer wie Carlos diesen Lebensstil aus rein egozentrischen Gründen wählen - International gesuchter Terrorist zu sein, bedeutete damals, als das entsprechende Bild sich nicht auf irgendwelche bärtigen, spinnerten Mullahs beschränkte, vor allem eines: Popularität. Carlos genießt die ihm zuteil werdende Heldenverehrung aus entsprechenden Kreisen. Junge Genossinnen werfen sich ihm an den Hals, er kann mit Waffen spielen, kubanische Zigarren rauchen, guten Scotch trinken und später, als die Ideale langsam schwammig zu werden beginnen, mit luxuriösen Autos fahren. Nicht das schlechteste Leben, obschon die weststaatlichen Konsequenzen dafür von einiger Dauer sind.

9/10

TV-Serie Olivier Assayas Historie period piece Biopic Terrorismus Naher Osten Paris



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Funxton

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