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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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DIE FÄLSCHUNG (Volker Schlöndorff/BRD, F 1981)



"In Beirut bleibt man besser nirgends länger stehen."

Die Fälschung ~ BRD/F 1981
Directed By: Volker Schlöndorff


Der Hamburger Journalist Georg Laschen (Bruno Ganz) flieht vor seiner kriselnden Ehe in den Libanon, um direkt aus Beirut vom Irrsinn des Bürgerkriegs zu berichten. Zwischen den Polen Ratlosigkeit und Faszination umherirrend lernt er die Witwe Ariane Nasser kennen und lieben, die sich auf seltsame Weise mit der Situation in der Stadt arrangiert hat und statt zu resignieren alles tut, um ein vitales Lebenszeichen inmitten des fortschreitenden Vernunftzerfalls zu setzen. Als Laschen erkennt, dass Ariane mittlerweile stärker von der Landeskultur assimiliert wurde, als er zunächst wahrhaben wollte, wählt er selbst die Ratio und kehrt zu seiner Ursprungsexistenz und Familie nach Deutschland zurück - im Libanon hat sich derweil nichts verändert.

Der Dreh von "Die Fälschung" verlief dem Vernehmen nach deutlich spektakulärer als der ruhige Film sich letzten Endes päsentiert: Mit seinem Produktionsleiter Eberhard Junkersdorf entschied sich Schlöndorff, vor Ort zu filmen, in der zu diesem Zeitpunkt unter einem heillos chaotischen Dauerbeschuss stehenden City von Beirut, in dem die vielen unterschiedlichen Milizen sich abwechselnd so rasch fraternisierten und wieder entzweiten, dass die Situation für Außenstehende und erst recht für regionale Fremdlinge nahezu komplett undurchschaubar blieb. Einzig die drei Hauptparteien der Syrer, der Maroniten und der PLO schälten sich deutlich heraus; die diversen weiteren, von unterschiedlichsten internationalen Interessengruppen finanzierten Clans und Sippen kochten jeweils ihre eigenen Süppchen. Schlöndorff berichtet heute recht gelassen von diesem Arbeitsabenteuer, zumal die Dreharbeiten, bis auf eine kurzzeitige Entführung Junkersdorfs durch eine Miliz, die den Deutschen mutmaßlich für einen israelischen Spion hielt, weitgehend abgesegnet und unbehelligt blieben.
Was den Film abseits von seiner für diese Zeit wohl typischen deutschen Emotionsakese so großartig macht, ist tatsächlich dessen Status als einzigartiges Zeitdokument eines regierungslosen, in der Anarchie erstarrten Landes, in dem Banken und Hochfinanz die letzte noch vorhandene Autorität stellten. Der unbeteiligt erscheinende, tatsächlich aber von einem tiefen inneren Brodeln erfasste Georg Laschen wird für den im Alltagstrott dahinlebenden Abendländer zum Medium und Fenster in eine Krisenregion ohne mittelfristige Besserungsaussichten.
"Die Fälschung" ist der einzige Spielfilm, der während des Bürgerkriegs vor Ort im Libanon gedreht wurde; die während dieser Jahre teils gern im Nahen Osten angesiedelten Actionfilme aus Hollywood entstanden, zumal keine Versicherungsgesellschaft für anderes gerade gestanden hätte, derweil auf verhältnismäßig sicherem Terrain in Israel. Ein waghalsiges Stück Film also, das die Beschäftigung mit sich reich entlohnt.

8/10

Volker Schloendorff Nahost-Konflikt Journalismus



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Funxton

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