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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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TRAINSPOTTING (Danny Boyle/UK 1996)



"Would Sir care for a starter of some garlic bread perhaps?" - "No, thank you. I will proceed directly to the intravenous injection of hard drugs, please."

Trainspotting ~ UK 1996
Directed By: Danny Boyle


Die Geschichte des jungen Edinburgher Arbeitersprösslings Renton (Ewan McGregor) und seiner Kumpels Spud (Ewen Bremner), Sick Boy (Johnny Lee Miller), Begbie (Robert Carlyle) und Tommy (Kevin McKidd). Renton, Spud und Sick Boy sind heroinabhängig. Die Droge bildet wie bei jedem Junkie ihren zentralen Lebensinhalt und fordert von jedem von ihnen hohe Tribute. Als man schließlich in London selbst eine große Menge Stoff verdealt, entscheidet sich Renton für den Absprung.

Angefixt durch "Shallow Grave" fühlte ich mich sozusagen genötigt, mir nach langer Pause endlich auch einmal wieder Boyles Zweit- und Hauptwerk anzuschauen. "Trainspotting" ist ja in Rekordgeschwindigkeit zu einem emblematischen Film der neunziger Jahre geworden und darf wohl als einer der maßgeblichen popkulturellen Einflüsse seiner Zeit gelten. Tatsächlich ist dieser sein Status alles andere als unberechtigt; Boyle demonstriert ein absolutes Höchstmaß an inszenatorischer Konzentration, präsentiert zur Visualisierung des Rauschs und seiner Folgen traumhafte Regieeinfälle und bewältigt den naturgemäß kaum zu bewältigenden Spagat zwischen dem glaubwürdig dargestellten Porträt einer Subkultur und der für das Sujet unumgänglichen pädagogischen Warnung, indem er die Hölle der Sucht - so paradox das klingen mag - so nüchtern zeigt wie irgend möglich. Dass H nicht unmittelbar in die physische bzw. soziale Verwahrlosung führt, über kurz oder lang aber doch brutale Folgen für Leib und Leben mit sich bringt, weiß ein jeder, dass es aber sage und schreibe Spaß machen kann, dabei zuzusehen, ist allein Boyles Verdienst.
Was nach vierzehn Jahren noch bleibt von "Trainspotting", ist eigentlich all das, was ihn auch damals schon ausmachte: Das Bild eines überwältigend präzis und sorgfältig gemachten Films, bis hin zu seiner einmaligen Songauswahl von einer alles durchdringenden Stimmigkeit, von der 99% aller Filmemacher bloß träumen können.

10/10

Danny Boyle Heroin Drogen Subkultur Schottland Popkultur Teenager



Gerade das, was Du als Spaß beschreibst, hat den Film mir immer entfremdet und ich konnte nie so recht die Begeisterung verstehen, die dem Film entgegenschlug. Das Elend war ein opernhaftes Elend, ausstaffiert, gestellt, geschminkt. Das tut nicht nachhaltig weh, weil man durch die Darstellung immer auch um dessen Konstruiertheit weiß. Vermutlich ist das gleichzeitig der Grund für den Erfolg von Boyles Film.
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The Critic sagte am 28. Februar 2010, 14:43:

Gerade das, was Du als Spaß beschreibst, hat den Film mir immer entfremdet und ich konnte nie so recht die Begeisterung verstehen, die dem Film entgegenschlug. Das Elend war ein opernhaftes Elend, ausstaffiert, gestellt, geschminkt. Das tut nicht nachhaltig weh, weil man durch die Darstellung immer auch um dessen Konstruiertheit weiß. Vermutlich ist das gleichzeitig der Grund für den Erfolg von Boyles Film.

Wie ich ja oben andeutete, versäumt es "Trainspotting" dennoch keineswegs, das miserable Element der Sucht zu bebildern. Die entsprechenden Beispiele muss ich jetzt sicher nicht extra aufführen.
Begeisterung dürften dem Film vor allem Menschen zollen, die selbst Erfahrungen mit Drogen, Usern oder dem Milieu gemacht haben.
Letzten Endes muss man jeder Droge auch ihre paar subjektiv angenehmen Facetten zugestehen, die sich eben im Anschluss ihrer Verabreichung in Form der Wirkungsentfaltung offenbaren. Dass der Film auch vor dieser Darstellung nicht zurückscheut, ist sein größtes Verdienst und hebt ihn weit über populistische, quasi staatlich geförderte Antidrogen-Didaktik wie "Christiane F." hinaus. Deiner Erfolgsthese würde ich nicht unbedingt zustimmen; was die allgemeine Rezeption des Films anbelangt, hast du aber ganz bestimmt recht. "Trainspotting" lässt sich ganz bestimmt bequemer und weitflächiger goutieren als etwa "Requiem For A Dream".
Was du weiterhin als 'operesk' wahrnimmst, empfinde ich als unbedingten Stilwillen, der dem Thema des Films jedoch keineswegs im Weg steht. Auch ein Film über Heroin darf sich durchaus als "hip" präsentieren.
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Du sprichst es schon an - Requiem for a Dream ist Trainspotting weit überlegen. Nicht, weil er im Gegensatz zu jenem den Stilwillen missen ließe, sondern weil er mit dem Stilhämmerchen so unerbittlich auf den Zuschauer eindrischt. Im Gegensatz zu Boyles' Film kennt er die bitteren Konsequenzen des Absturzes und ist sich auch dessen bewußt, daß Drogen kein Problem des hippen Jugendtums sind. Die bitterste Szene von Aronofskys Film ist dann folglich auch keine Stufe des Abstiegs in die persönliche Hölle, sondern die Erkenntnis, daß trotz des Horrors der Wunsch nach dem nächsten Schuß immer noch übermächtig ist. Das Sehnen kennt keine Grenzen mehr, die Selbstzerstörung ist nachvollziehbar unaufhaltsam. Etwas Derartiges fehlt Trainspotting vollkommen.

Wenn ich von meinem Umfeld ausgehe - die größte Anerkennung erfuhr der Film im gelangweilten Mittelstand, der eine ambivalente Haltung zum Abstieg entwickelt hat; eine Mischung aus Faszination und Grusel. Angenehmer Grusel, weil der Film so schön weit weg ist.
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The Critic sagte am 28. Februar 2010, 15:51:

Du sprichst es schon an - Requiem for a Dream ist Trainspotting weit überlegen.
Das halte ich für eine grobe Fehleinschätzung. Nicht, dass "Requiem" nicht sehr gut wäre, aber er ist schon in der Anlage komplett anders geartet.

The Critic sagte am 28. Februar 2010, 15:51:

Nicht, weil er im Gegensatz zu jenem den Stilwillen missen ließe, sondern weil er mit dem Stilhämmerchen so unerbittlich auf den Zuschauer eindrischt. Im Gegensatz zu Boyles' Film kennt er die bitteren Konsequenzen des Absturzes und ist sich auch dessen bewußt, daß Drogen kein Problem des hippen Jugendtums sind.

Wie o.e. unterliegen beide Filme vollkommen unterschiedlichen Prämissen. Wo Boyle tatsächlich einen jugendkulturellen Abriss vorsieht - allerdings unbedingt ohne diesen als erstrebenswertes Lebensmodell zu formulieren! - interessiert sich Aronofsky für das Wesen der Sucht. Dass er deutlich unangenehmer anzuschauen ist, wertet aber die Qualitäten von "Trainspotting" keineswegs ab.

The Critic sagte am 28. Februar 2010, 15:51:

Die bitterste Szene von Aronofskys Film ist dann folglich auch keine Stufe des Abstiegs in die persönliche Hölle, sondern die Erkenntnis, daß trotz des Horrors der Wunsch nach dem nächsten Schuß immer noch übermächtig ist. Das Sehnen kennt keine Grenzen mehr, die Selbstzerstörung ist nachvollziehbar unaufhaltsam. Etwas Derartiges fehlt Trainspotting vollkommen.
Richtig. Jedoch nicht aus Gründen der Nachlässigkeit, sondern aus Gründen vorsätzlicher Verweigerung jeglicher Konsensangliederung und damit umso gerechtfertigter.

The Critic sagte am 28. Februar 2010, 15:51:

Wenn ich von meinem Umfeld ausgehe - die größte Anerkennung erfuhr der Film im gelangweilten Mittelstand, der eine ambivalente Haltung zum Abstieg entwickelt hat; eine Mischung aus Faszination und Grusel. Angenehmer Grusel, weil der Film so schön weit weg ist.
"Requiem" ist (ohne ihn oder seinen Wirkungsradius abwerten zu wollen, wie gesagt halte ich den Film ebenfalls für großartig) ein ganzes Stück weiter von mir entfernt als "Trainspotting". Wenn die Leute hingehen und den Film als schmutzigen Luxusgegenstand ihres persönlichen Hedonismus und/oder als social fiction begreifen, dann sind sie entweder bemitleidenswert naiv oder haben einfach den letzten Knall nicht gehört.
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Funxton

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