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Short Cuts





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Det Sjunde Inseglet (Das siebente Siegel) (Ingmar Bergman) SE 1957



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Det Sjunde Inseglet (Das siebente Siegel)


Zu den Klängen des Dies Irae sehen wir einen Raben, der Totenvogel und hören ein Bibelzitat aus der Apokalypse, welches titelgebend, den folgenden Film einleitet.
Antonius Block (Max von Sydow) ist ein Ritter, der zusammen mit seinem Knappen Jöns (Gunnar Björnstrand) von den Kreuzzügen in seine Heimat zurückkehrt.
An Land gespült, begegnet ihm bei Sonnenaufgang der Tod (Bengt Ekerot), der ihm sagt, dass seine Zeit gekommen sei. Block bittet um Aufschub und schlägt dem Tod eine Partie Schach vor, welche über sein Schicksal entscheiden soll. Falls Block gewinnt, soll er verschont werden. Die Zeit, die ihm bleibt, will er nutzen um seinen Sinn in seinem Dasein zu finden und um einen Beweis für die Existenz Gottes zu finden. Block und Jöns setzen die Reise durch ein Land in dem die Pest wütet fort. Das Ziel ist das Gut von Block, wo seine Frau (Inga Landgré) auf ihn wartet. Unterwegs rettet Jöns ein Mädchen (Gunnel Lindblom) welches sich ihnen anschließt und sie treffen auf eine Gauklertruppe : Jof (Nils Poppe), Mia (Bibi Andersson) und ihren Sohn Mikael sowie Skat (Erik Strandmark). Jof, der durch die Gabe des zweiten Gesichts, Visionen hat, bewahrt sich zusammen mit Mia, inmitten von Tod und Verderbnis, seine Lebensfreude. Desweiteren schließen sich der Truppe der Schmied Plog (Åke Fridell) und seine Frau Lisa (Inga Gill), die mit Skat durchbrennt, an.
Zwischendurch trifft Block immer wieder auf den Tod um die Partie weiterzuführen. Bei einer Rast beobachtet Jof deren Spiel und bekommt es mit der Angst zu tun. Er flieht mit seiner Familie durch den Wald. Block bemerkt dies und stößt die Figuren um, doch der Tod setzt ihn trotzdem Schachmatt und kündigt an, dass er bei seinem nächsten Besuch ihn und alle, die bei ihm sind, mitnehmen wird. Die restliche Truppe erreicht mit Block seine Burg, wo sie von seiner Frau empfangen werden. Abends beim Essen erscheint ihnen der Tod um sein Versprechen einzulösen. Bei Sonnenaufgang sieht Jof, wie der Tod seine Opfer gleich einem Totentanz hinter sich herzieht. Als er Mia davon erzählt, lacht sie mit den Worten :"Was du immer siehst" und wischt seine Worte mit einer Handbewegung weg.

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Nach "Lächeln einer Sommernacht" war Bergman schon weltberühmt. Zum zweiten Mal in Cannes ausgezeichnet sollte "Das siebente Siegel" diesen Ruf als Weltregisseur festigen und nicht nur als einer seiner bekanntesten Filme in die Geschichte eingehen. Sondern auch als eines der Meisterwerke des europäischen Films der 50er Jahre. So, der allgemeine Kanon. Fakt ist das Bergmans Film bis heute einer der meist analysierten und besprochenen Filme in seinem Werk ist. Ekerots "Tod" übrigens auch eine der meist zitierten und kopierten Figuren der Filmgeschichte. Am bekanntesten dürften wohl die Zitate in Woody Allens "Love and Death" sein. Wie viele ja wissen, ist Allen eh und je ein großer Bewunderer Bergmans gewesen, was sich auch in dessen FIlmwerk bemerkbar macht.

Für "Das siebente Siegel" ließ sich Bergman von Carl Orffs Carmina Burana inspirieren sowie von den Holzschnitten eines Albrecht Dürer und mittelalterlichen Wandmalereien. Dem Drehbuch liegt, wie so oft bei Bergman, ein von ihm geschriebenes Theaterstück zugrunde. Zwei Schauspieler treten mit "Das siebente Siegel" auch auf Bergmans Leinwand, die wir von nun an häufiger sehen werden. Einmal der charismatische Max von Sydow und Bibi Andersson, die in "Lächeln einer Sommernacht" schon eine kleine Rolle spielte und Bergmans neue "Partnerin" werden sollte. Beide übrigens auch Schauspieler aus Bergmans Theaterensemble in Malmö.

"Das siebente Siegel ist eine Allegorie mit einem sehr einfachen Thema : Der Mensch, seine ewige Suche nach Gott und dem Tod als einziger Sicherheit." (Ingmar Bergman im Vorwort zu seinem Drehbuch)

Diese Suche siedelt Bergman in einem von Symbolik und Mystik durchdrungenen Zeitalter an. Dem religiösen Spätmittelalter. Der Ton, sprich die Dialoge sind allerdings äußerst modern. Die Szenenabschnitte wirken oft wie einzelne Akte und überhaupt scheint der Film auf einer großen Bühne zu spielen. Dieses theaterhafte tritt innerhalb des Films durch die Gauklertruppe in Erscheinung, wird sozusagen gespiegelt. Die Angst der Menschen, die in Bergmans Film vorherscht, ist eine Grundangst. Laut Bergman ist diese Angst auch eine Analogie zur Angst vor der atomaren Bedrohung bzw. Pest kann hier durch Atombombe gleichgesetzt werden.
Diese Angst wird in "Das siebente Siegel" einmal durch die Kirche geschürt, die die Menschen durch grauenhafte Bilder erschreckt um die Angst vor dem Tod noch stärker in den Köpfen zu festigen. Die Reaktionen der Menschen auf diese Angst sind zweigeteilt. Einmal gibt es die, die sich geißeln um in Höllenqualen dem Angesicht Gottes näher zu sein und dann gibt es diejenigen, die ihre Angst in sinnloser Vergnügungssucht ertränken, die vergessen wollen.
Gelähmt angesichts von solchen Bildern sind sie aber alle.

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Antonius Block ist derjenige, der am meisten betet. Der Idealist, der glaubt und sucht. Die Menschen, die ihm begegnen sind ihm allerdings gleichgültig. Erst als er Jof und Maria begegnet ändert sich seine Haltung. Sein Knappe Jöns dagegen glaubt an gar nichts. Er ist der Zyniker, dem alles egal scheint. Doch er hilft den Menschen wiederum zb. als der das Mädchen vor dem fanatischen Priester rettet, der sie vergewaltigen will. Jof mit seinen religiösen Visionen und Maria sind eindeutig mit Bezügen zur heiligen Familie versehen. "Das siebente Siegel" ist auch ein äußerst religiöser Film und dennoch benutzt Antonius Block seine Sinne um Gott in Frage zu stellen. Auf so deutliche Weise wurde dies bislang noch nie im Film ausgesprochen. Das Thema Religion und die Suche nach Gott in einer gottlosen Welt, ist hier allgegenwärtig. Zuvor nur angeschnitten ist es hier Thema eines ganzen Films. Schon bald werden wir diesem Thema in Bergmans Werk wiederbegegnen. Umso krasser dort das Resultat. Was dies angeht ist "Das siebente Siegel" nur der Anfang gewesen.
Inhaltlich ist Bergmans Film nicht nur religiös, er ist auch äußerst philosophisch. Nicht umsonst gibt es zahlreiche Deutungen und Aufsätze zu diesem Film. Aber ganz gleich wie man ihm gegenübersteht (Mein Mitstreiter und Initiator dieser Reihe hält ihn für überschätzt), muss man vor allem anerkennen, was für ein filmisches und damit formales Meisterwerk "Das siebente Siegel" doch ist.
Gunnar Fischers Kamerabilder finden hier ihren expressiven Höhepunkt !
Fast jede Einstellung ist ein Traum. Jede Szene zeichnet sich durch eine strenge Form, expressives, übersteigertes Licht und Schattenspiel aus. Lange Einstellungen, indenen die Personen durch die Kamera beobachtet werden, die sich durch das Arrangement aber nicht anschauen, wie diese zb.

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Licht und Schatten in seiner vormfollendeten Schönheit auch hier

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Der abrupte aufeinanderfolgende Wechsel von Totalen und Nahaufnahmen sowie auch das Verhältnis von Ton und Stille.
Oder immer wieder der direkte Blick in die Kamera, der unausweichliche "Blick", wie als ob es kein Entrinnen gibt vor diesem "Blick", hier am Ende als der Tod kommt und die Schicksalsstunde schlägt. Jeder verhält sich anders in seinem Angesicht. Doch die einzige Konstante im Leben ist der Tod, wie Jöns sagte.

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"Das siebente Siegel" ist auch der erste Bergman Film innerhalb dieser Reihe zudem ich eine tiefe Bindung empfinde. Nicht nur, aber auch, weil ich ihn schon mehrmals gesehen habe, in unterschiedlichen Zeitabständen. Das erste Mal sah ich ihn im Alter von ungefähr 12 Jahren und empfand ihn als äußerst gruselig. Später dann auf VHS 2x und dann als ich mir die DVD vor ca. 13 Jahren zulegte 2x.
Jetzt bin ich Bergmans Film wiederbegenet und ich muß feststellen, dass sich nichts verändert hat. Dieser Endezeitfilm, der am Vorabend der Apokalypse spielt, eingebettet in ein mittelalterliches Mysterienspiel trifft mich nicht nur wegen seiner geradezu archaischen Bildkraft ins Mark. Es ist auch die Atmosphäre dieser Grundangst, die in diesem Film vorherscht, Angst vor dem Tod, vor Gott, vor der Pest, vor dem Leben, die mir jedesmal den Atem raubt. Dazwischen dieser Ritter Antonius Block, ein Idealist auf der Suche, der seine Fragen immer in die falsche Richtung stellt und diese nicht beantwortet werden.
Die Antwort auf diese Fragen hält er in der Mitte des Films in den Händen. Eine Schale Milch mit Erdbeeren. Es ist das unverfälschte, gelebte Leben selbst welches er bei der Gauklerfamilie findet. Es ist das Glück des Augenblicks, der Rast, der Ruhe. Diese Antwort findet er nicht in Gott, dem Teufel oder dem Tod.

Die Antwort ist das Leben selbst.

Ja und das finde ich nachwievor wunder, wunderschön.
"Das siebente Siegel" ist und bleibt definitiv ein Lieblingsfilm.

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Am Ende bleibt nur noch zu sagen, wir schreiben das Jahr 1957.
Es ist äußerst interessant zu sehen, wenn man bedenkt, das im selben Jahr auch ein anderer Film entstand, der ebenso zu Bergmans "großen" Werken zählt. Lieblingsfilm Nummer 2 und schon wieder "Erdbeeren". :)

10/10

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Der Tod: Die meisten Menschen denken weder über den Tod noch über das Nichts nach.

Der Ritter: Aber eines Tages stehen sie dann doch am äußersten Rande des Lebens und sehen dem Dunkel entgegen.
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Ich bin beeindruckt - eine ausgezeichnete Besprechung eines bemerkenswerten Films!
Leider muß ich an dieser Stelle eingestehen, daß es mir persönlich mit diesem Bergman-Werk so ähnlich wie Deinem Mitstreiter geht: ich halte zwar "Das siebente Siegel" auch für einen großartigen Film, besonders in visueller Beziehung, trotzdem gibt es doch so einige Bergmanfilme, die in meiner persönlichen Wertschätzung um einiges höher stehen. Was genau mich damals, als ich den Film sah, nicht so recht überzeugt hat, weiß ich gar nicht mehr so detailliert, aber ich erinnere mich noch, daß ich mit der Gauklerfamilie und dem etwas burleseken Element, das sie in den ansonsten recht finsteren Film hineinbrachte, irgendwie nicht anfreunden konnte. Und dann hatte ich auch einfach beim Sehen (ich hatte viele Jahre auf die Gelegenheit warten müssen) so hohe Erwartungen, daß ich mich dann tatsächlich von einem sehr guten Film leicht enttäuscht fühlte.
Aber natürlich ist dabei auch anzumerken, daß ich den Film bisher nur einmal gesehen und mich längst nicht so eingehend wie Du mit ihm beschäftigt habe; insofern steht meine Einschätzung unter einem gewissen Vorbehalt. Deine Rezension lädt auf alle Fälle zur erneuten Auseinandersetzung mit "Das siebente Siegel" ein.
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Danke Dir :)

Zitat

als ich den Film sah, nicht so recht überzeugt hat, weiß ich gar nicht mehr so detailliert, aber ich erinnere mich noch, daß ich mit der Gauklerfamilie und dem etwas burleseken Element, das sie in den ansonsten recht finsteren Film hineinbrachte, irgendwie nicht anfreunden konnte.

Dieses burleske Element, ist etwas, was mich in dem letzten Bergman Film, den wir sahen (DAS GESICHT) auch sehr verunsichert hat. Bei das Siebente Siegel hat mich dieser Teil um den Schmied, Lisa und Skat, doch immer recht amüsiert und wirkte wie so ein kleines Aufatmen zwischendurch. Mein Mitstreiter empfindet den Film als nicht ganz geschlossen, er meinte, die Abschnitte passen oft nicht zueinander. Für mich ist das ein formvollendetes Meisterwerk.
Guck ihn Dir ruhig bald mal wieder an ! :)
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