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FakeShemp's Blog

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Funny Games, Österreich 1997



A Hund isser scho. Zum Glück nicht meiner! Haneke möchte mir die Augen öffnen, mir näher bringen, was ich mir sonst so unreflektiert reinziehe, nur zum Vergnügen. Stimmt, ab und zu genieße ich heftige Filme. Und? Soll ich deswegen in die Ecke, mich schämen? Die Unbeirrtheit, mit der mir der Regisseur durch seine Darsteller zu verstehen geben möchte, dass ich wohl ein verrohter Dumpfmuff sein muss, weil ich mir so was nur so zum Spaß ansehe, soll natürlich provozieren, zum Nachdenken anregen. Als wenn “krankhafter“ Spaß an unangenehmen Inhalten die einzig mögliche Motivation wäre, als wenn die Lust am Abseitigen nicht auch tiefere, vielleicht sogar heilsame Gründe irgendwo haben könnte. Nein, wir sind alles natürlich nur und ausschließlich blutrünstige Deppen, die lediglich auf den einen Gewaltfilm zuviel warten, und dann geht’s ab! Trotzdem machte mich der Film aber mal nicht wütend. Ganz einfach deshalb, weil mir „Funny Games“ trotzdem recht gut gefiel. Nicht unbedingt in beabsichtigt aufwühlender und damit “lehrreicher“ Hinsicht, sondern schlicht als kleine fiese Tour de Force, die ihren Terror wirklich gekonnt in Szene setzt. Zurückhaltend, aber maximal in der Wirkung. Eigentlich hätte er die Goldmedaille in Sachen Suspense verdient. Wie soll man bitteschön einen Film hassen können, was Haneke laut eigener Aussage ja gerne gehabt hätte, wenn er so gut gemacht ist? In dem auf der DVD enthaltenen Interview meinte er so quasi, dass er Angst habe, der Film finde “sein Publikum“, also auf gut deutsch, dass er doch ein paar "spezialisiertere" Fans um sich scharen könnte. Das Problem hierbei ist meiner Meinung nach, dass „Funny Games“ eigentlich schon zu sehr Genre ist, auch wenn man wieder merkt, dass derlei Konventionen, wo’s nur geht, vermieden werden sollten. Trotzdem ist er mir persönlich zu versiert, zu vertraut in “filmischer“ Hinsicht und ich konnte mich des Gefühles nicht erwehren, dass Haneke sogar selbst eigentlich einen richtigen Genrefilm drehen wollte, was er wahrscheinlich gar nicht wahrhaben will, wobei er am Inszenieren auch noch Spaß hatte, am Ausloten der inszenatorischen Möglichkeiten, hinsichtlich des Unerträglichen. Womöglich ist das aus diesen Gründen sogar ein schlechter Haneke-Film. Wahrscheinlich gefiel er mir deshalb so gut. Ebenfalls denkbar ist, dass er von der Zeit einfach zu schnell eingeholt wurde, was Haneke in dem Interview gleichfalls kurz ansprach, und dass das, was einst noch vielleicht kein Versatzstück war, mittlerweile endgültig zum Handwerkszeug eines guten Terrorfilms gehört. Um mich vor den Kopf zu stoßen, hätte der Regisseur mir jedenfalls mehr auf die Nüsse gehen, sprich einen weniger diabolischen Film drehen müssen. Die beiden Hauptdarsteller können einem wirklich Angst machen, und doch sind sie zu sehr Versatzstück oder Klischee, weil man nichts über ihre Motivation erfährt. Pappfiguren! Klar, das soll uns an diverse andere gesichtslose Filmschlitzer erinnern. Und wenn man solche Marionetten auch noch fachlich “gut“ aussehen lässt, dann entsteht daraus eben doch eher Unterhaltsames, wenn auch hart an der Schmerzgrenze, denn was anderes. Das Prädikat „besonders wertvoll“ verdient der Streifen nicht unbedingt. Aber „besonders sehenswert“ für Freunde spannender und gutgemachter Filmkost dann doch. Bezeichnenderweise beinhaltet für mich der Anfang von „Funny Games“ auch die stärkste Sequenz, die mich dem ganzen Film gegenüber wahrscheinlich wohl gesonnen stimmte. Man sieht eigentlich nur, wie einer der gestörten Jungs sich Eier von einem seiner zukünftigen Opfer leihen möchte und dabei etwas tollpatschig anstellt. So etwas Banales wird zu einem wirklich beunruhigenden, nicht recht fassbaren Gefühl der Bedrohung verdichtet, dass man den Hut vor Haneke ziehen muss, trotz allem. Was sich da an unterdrückten zwischenmenschlichen Qualen entfaltet, ist kaum auszuhalten. Der entlarvendste Moment hingegen stellt in meinen Augen derjenige dar, in dem der Anführer der beiden Sadisten den Film „Funny Games“ noch einmal kurz zurückspult, um den Handlungsverlauf zu seinen Gunsten umzubiegen. Das soll einmal mehr auf plakative Weise vorführen, wie sehr wir, Mörderazubis die wir alle ja sein müssen, das Morden lieben. Hier halt vermeintlich gerechtfertigt, um dann doch nur Rachegelüste zu befriedigen. Umso mehr reagieren wir dann natürlich empört, wenn man uns diese Blutwurst wieder wegnimmt. Geschenkt ist geschenkt, Wiederholen ist gestohlen! Das zeigt ein wenig, was Haneke für ein eindimensionales Konsumentenbild pflegt. Ein Könner ist er aber trotzdem, fast ist man geneigt zu sagen leider…

Funny Games Österreich 1997 Michael Haneke Terror Horror



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