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FakeShemp's Blog

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Ein Einfacher Plan, USA/England/Frankreich/Deutschland/Japan 1998



Was passieren kann, wenn unbescholtene einfache Menschen unverhofft einen Batzen Kohle finden und sich dazu entschließen ihn zu behalten, anstelle das der Polizei zu melden, davon handelt „Ein Einfacher Plan“. Aber das ist nur die Oberfläche dieses feinen Thriller-Dramas, das in sehr ruhigen und langen Einstellungen vor allem das einfängt, was sich zwischenmenschlich dabei abspielt. Schicht für Schicht werden die Seelen der Protagonisten entblättert und die Anteilnahme auf Seiten des Zuschauers ist intensiv, wie selten bei einem solchen Film. Die Intensität ist in meinen Augen deswegen so stark, weil wir die handelnden Personen irgendwie verstehen und all die Missgeschicke und Tragödien aus ihren Charakteren heraus nachvollziehen können. Am Anfang ist da ein Haufen Geld und der plötzliche Traum von einem besseren Leben. Besser als das Leben, mit dem man eigentlich bisher relativ zufrieden war. Zufrieden, bis ein Zufall, genauer gesagt ein Fuchs, die Sicht auf alles verändert und verdirbt. Schritt für Schritt, das Geld als treibendes Übel im Rücken, werden aus aufrechten Menschen Kriminelle. Das Frappierende dabei ist, dass das auch ohne großen Wandel zum "Bösen" hin möglich scheint. Bis zum Schluss haben wir keine wirklich bösen Jungs vor Augen, sondern "Normalos", die sich immer mehr in die Situation verstricken. Unweigerlich stellt man sich dabei die Frage, wie man selbst an deren Stelle handeln würde. Wenn das Schicksal ein wenig die Weichen stellt, enden wir dann alle wie Hank Mitchell (Bill Paxton)? Es ist ernüchternd, aber so wie der Film uns die Situationen schildert, erscheint es einem kaum vorstellbar, dass wir anders handeln würden. Die Schritte ins Verderben müssen nur klein genug sein, am Ende ziehen wir womöglich alle den Abzug.
Wie bereits angedeutet liegt das Hauptaugenmerk des Films nicht so sehr auf der Story, sondern auf den zwischenmenschlichen Prozessen, die ablaufen. Der Blick in die seelischen Abgründe verläuft allein über Regungen und Gesichter in Großaufnahmen. Raimi gelingt etwas, wozu man ihn nach seinen eher Action- und Klamauk-lastigen Filmen wohl nicht für fähig gehalten hätte. Er dreht einen absolut erwachsenen und stimmigen Thriller, ohne Hast und fast ohne Versatzstücke. Die Personen stehen im Vordergrund, ihre Schwächen und auch ihre zu spät aufkeimenden Stärken. Verblüffend, wie sich z.B. Dumpfbacke Jacob, gespielt von Billy Bob Thornton, als der moralisch am meisten Gefestigte von allen herauskristallisiert, der unter der Last der Geschehnisse schließlich zusammenbricht. In den ersten Minuten erinnert er einen eher an Chop Top der TCM-Family, dem man alles zutrauen würde…, und am Schluss ist er derjenige, der zwar geistig etwas unterbelichtet, dafür aber doch der Redlichste von allen ist. Leider nützt ihm das nichts mehr, da bei ihm jede Erkenntnis naturbedingt immer etwas zu spät einsetzt.
Das Drama findet ausschließlich vor verschneiter Kulisse statt, in der sich unheilvoll schwarze Raben tummeln, die das Geschehen beobachtend darauf warten, dass jemand mal den Tisch deckt. Und das geschieht dann auch immer häufiger. Die tollen darstellerischen Leistungen harmonieren sehr gut mit dieser Kulisse und der stimmigen Musik von Danny Elfman. Ein Film, bei dem eigentlich alles passt. Hoffentlich gelingt es Raimi noch öfter, an diese Qualität anzuschließen, mit was auch immer. Für mich einer der besten Thriller der letzten Jahre.

Ein Einfacher Plan USA/England/Frankreich/Deutschland/Japan 1998 Sam Raimi Bill Paxton Bridget Fonda Billy Bob Thornton



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