

The retina of the mind's eye
#410
Geschrieben 14. April 2009, 14:25
Kusturicas Filme sind immer etwas ganze besonderes: Ein chaotischer Spaß voller Sonne, Musik, Vulgaritäten, Romantik, Komik und stets einer Prise grotesker Gewalt; aber auch immer politische Metaphern, Auseinandersetzungen mit der Geschichte des Vielvölkerstaates Jugoslawien und seiner Nachfolge-Länder. Und so ist auch die Gangster-Geschichte aus "Schwarze Katze - weißer Kater" wieder ein Sinnbild für rationale Koalitionen, Zwangsgemeinschaften und Freiheitsbestrebungen, ein Abgesang auf das Vergangene, das doch nicht tot (zu kriegen) ist, eine brisante Mischung aus Schwarz und Weiß und zwischendrin unglaubliche Zigeuner-Musik - dieses Mal aber nicht von Goran Bregovic.
#411
Geschrieben 14. April 2009, 14:34
ARTE hat seine Ernährungswoche abgeschlossen und darin ein paar echte Leckerbissen und Kotzbrocken serviert. Zu letzteren gehörte neben dem erschütternden "Unser täglich Brot" auch Morgan Spurlocks Fast-Food-Selbstversuch und man mag von der Intention halten was man will (etwa, dass sie mit linker Zeigefinger-Moralität daherkommt): Der Körpereinsatz des Regisseurs und Hauptdarstellers ist beneidenswert!
Was sich Spurlock da mit seiner McDonalds-Diät antut, steht, wenn die Ärzte das richtig diagnostizieren, in bester Tradition zu den medizinischen Selbstversuchen von Daniel Jeckyll über Albert Hofmann bis Seth Brundle ( ;-) ). Nicht aufzuhören, wenn "die Leber schon am Boden liegt", sondern "auch noch auf sie einzutreten", wie ein Internist das farbenfroh schildert - das wäre eine Künstlermaxime, von der sich Nummer-Sicher-Filmemacher eine Scheibe abschneiden könnten (um im Bild zu bleiben). Was wäre die Filmgeschichte ohne Selbstzerstörer wie Fassbinder oder Ed Wood? Von denen war auch nicht jeder Film ein künstlerisches Glanzlicht. Immer aber ein "Lebenszeugnis".
#412
Geschrieben 14. April 2009, 14:44
Für einen in Kürze erscheinenden Essay über Privatheitsmotive und -zerstörungen im Film, an dessen Ende der Besessenheitsfilm als die Apotheose des "intimen Einbruchs" steht, habe ich mir "Ghosted" nun noch einmal angesehen (dankenswerterweise hat mir die PR-Agentur, die den Film nächste Woche ins Kino bringt, eine Presse-DVD zukommen lassen).
Immer noch bin ich der Meinung, "Ghosted" ist ein guter Film, eine behutsame Studie kultureller Annäherung, erzählt über die Metapher der Sexualität. Beim zweiten Sehen hat er mir sogar noch eine mögliche Fehllektüre offenbart: Scheinbar hat es den Kontakt zwischen der deutschen Künstlerin und der taiwanesichen Journalistin gar nicht gegeben. Die Aufwach-Szene am Schluss könnte darauf hindeuten, dass der Filmplot nur ein Traum letzterer war. Dann müssten allerdings auch alle übrigen Szenen neu bewertet werden und der Schluss, an dem beide taiwanesische Frauen noch einmal als Geister zu sehen sind, wäre damit vollständig rätselhaft.
Da ich den Film Anfang Mai im Kolloquium in Bonn diskutieren werde, hebe ich mir weiteres Rätselraten lieber auf und protokolliere das Ergebnis dann hier.
#413
Geschrieben 14. April 2009, 15:30
Wie ich gerade sehe, ist für nächstes Jahr offenbar ein Remake von "Starfight" angekündigt, bei dem Castle ebenfalls Regie führt. Ein Grund mehr, sich diesen besonderen Film noch einmal zu Gemüt geführt zu haben.

Wie alle Computer-Filme erzählt auch "Starfight" zwei Geschichten: eine von Menschen und eine von Maschinen. Die erste handelt vom Teenager Alex, der in einer Wohnwagen-Siedlung lebt, aus der er alsbald fortgehen möchte, um etwas in der Welt zu erleben. Die Widrigkeiten des Alltags und die Ängstlichkeit seiner Freundin halten ihn jedoch zurück. Alex ist Hobby-Automatenspieler und beim Videospiel "The Last Starfighter", das in der Wagenburg steht, kaum zu schlagen. Eines Abends erreicht er sogar den High Score und wird von allen Anwohnern dafür bejubelt.
In derselben Nacht landet ein seltsames Gefährt in der Nähe, dessen Fahrer nach Alex sucht. Er nimmt ihn mit zu den Sternen, während ein Double seine Stelle in der Siedlung einnimmt. Alex entdeckt, dass sowohl die Namen und Planeten des Videospiels als auch dessen Hintergrundgeschichte real sind, ja, dass das Spiel offenbar als Rekrutierungsmittel auf die Erde gebracht wurde. Alex findet sich in einem intergalaktischen Krieg wieder, an dessen Front er als Starfighter kämpfen soll. Er hat jedoch Angst und lässt sich zurück zur Erde bringen, während die Armada der Starfighter durch einen Spion vernichtet wird. Alex, als "The Last Starfighter", ist nun auch auf der Erde nicht mehr sicher und entschließt sich kurzerhand, doch für die Gute Sache zu kämpfen.

Die zweite Geschichte erzählt von der Jugend und ihren Problemen, zu denen vor allem gehört, dass man die Welt der Kindheit loslassen muss. Das Spielzeug hat man als Relikt anzusehen, das nun gegen die Selbstsorge, sexuelle Interessen und den beruflichen Werdegang eingetauscht werden soll. Doch im Zeitalter der Homecomputer ist es nicht mehr so leicht, das Spielzeug als bloßes Kinderspiel abzutun. Firmen wie Atari, Nintendo und Coleco erwirtschaften mit Videospielen schon in den 1980er-Jahren Unsummen und lassen eine ganz neue Branche entstehen. Warum also soll Videospielen kein Beruf oder keine Bestimmung sein? Für Alex wird es eine, denn mit "The Last Starfighter" findet er die Lösung gleich zweier Probleme: Es hilft ihm (im Wortsinne) aus dem Alltag zu fliehen und nimmt ihm die Entscheidung ab, sich einen Lebensweg zu erarbeiten.
Dass ihm beides leicht fällt, liegt an der mimetischen Ähnlichkeit zwischen Alex' Videospiel-Welt und der "Weltraum-Welt", in die er entführt wird. Der Trick, mit dem der Film diese Ähnlichkeit dem Zuschauer glaubwürdig macht, ist gleichermaßen unbewusst wie genial: Alle Szenen, die außerhalb der Erde spielen, sind Computer-Animationen. "Starfight" ist überhaupt einer der ersten Filme, der CGI in größerem Maße einsetzt. Dass Alex beim Kampftraining im Raumschiff also feststellt: "Das ist wie zu Hause!" ist daher mehr als verständlich, weil er mit "zu Hause" eben die Grafik und Bedienung des Videospiel-Automaten meint.


Abermals ist es also die behauptete Spiel-Grafik, die die Immersion - nun jedoch in umgekehrter Reihenfolge - erst ermöglicht: Alex "lebt in einem Videospiel" und das gelingt ihm nur, weil er ein Videospieler ist. Wer den Film zur Zeit seines Erscheinens gesehen hat, wird sich vielleicht noch daran erinnern, wie verblüffend die Computer-Animationen damals gewirkt haben. Vektorgrafiken mit realistischen Lichteffekten, flüssigen Animationen und das gleich minutenlang! Ich habe Alex damals um seinen Videospielautomaten beneidet, denn meine Version von "The Last Starfighter" auf dem Atari 800 XL sah reichlich anders aus.
http://www.youtube.com/v/hYJhu-jycBU
Das Spiel, das Alex spielt, ist also bereits ein Ausweis für seine futuristische Herkunft gewesen: Die Grafik war "ihrer Zeit weit voraus" - wie es eben Science Fiction manchmal sind. Dass auch hier die Realität die Fiktion (fast gleichzeitig) eingeholt hat, steht auf einem anderen Blatt - passt aber zum Thema (es gab hier genügend Beispiele für die Verknüpfung von Krieg und Spiel im Film).

#414
Geschrieben 15. April 2009, 14:21
Der letzte Film, den ich für den vierten Teil meiner "Computer im Film"-Reihe gesehen habe ... und irgendwie doch nicht, denn ich habe "Nirvana" bereits vor 4 Wochen gesehen und habe zwei Anläufe dafür gebraucht und mehrere Anläufe für einen Filmtagebuch-Eintrag dazu. (Das wäre also auch mal zu ergründen.) Aber gut ...
Erzählt wird die Geschichte des Spielprogrammierers Jimi Dini, der ein recht realistisch wirkendes Adventure für den Konzern "Okosma Starr" entwickelt hat, welches kurz vor der Markteinführung steht. Als der kürzlich von seiner Freundin verlassene Jimi einsam in seinem Luxus-Appartement sitzt und sowohl das Abendessen als auch ein Schaumbad, das ihm vom Wohungscomputer angeboten wird, ablehnt, entdeckt er, dass mit "Nirvana" - so heißt sein Spiel - etwas nicht stimmt. Eine der Spielfiguren scheint so etwas wie Selbstbewusstsein entwickelt zu haben. Es handelt sich um "Solo", den Helden des Spiels, der sich nicht nur daran erinnert, bestimmte Spielszenen schon einmal "durchlebt" zu haben, sondern auch Kontakt zu seinem Programmierer aufnimmt und von diesem von seiner Misere erfährt. Jimi findet heraus, dass "Nirvana" von einem Virus infiziert wurde, der genau diese Entwicklung verursacht hat. Da er das Spiel bereits an Okosama Starr abgeliefert hat, die verzweifelte Existenz Solos jedoch beenden will, macht er sich auf dem Weg aus seinem Appartement zum Spieleentwickler, um sein Elaborat zu vernichten.
Auf seinem Weg begegnet er zunächst dem Insider "Joystick", der für ihn Autos knackt und ihn mit Kontakten und Informationen versorgt. Beide zusammen suchen die junge Hackerin Naima auf, in die sich Jimi verliebt. Mit ihrer Hilfe findet er auch heraus, warum seine Freundin ihn verlassen hat und dann in eine Art Kloster gegangen ist: Dort wird nämlich ein Bewusstseins-Chip von ihr aufbewahrt, den sich Naima in eine Schnittstelle über der Augenbraue einsteckt und dann auf einmal so ist wie die Exfreundin von Jimi. Das führt zur Klärung der Situation und zu Geschlechtsverkehr zwischen den beiden. Mittlerweile haben auch die Agenten von Okosama Starr entdeckt, dass da jemand an "ihre" Daten will und Agenten losgeschickt, die Jimi an seinem Vorhaben hindern sollen. Es kommt zu einem Showdown, an dessen Ende natürlich das Gute siegt und Solo mit samt dem Spiel gelöscht wird.
So, und jetzt weiß ich auch wieder, warum ich mich so gesträubt habe, den Film zu Ende zu sehen und den Text zu beginnen: Weil er einfach total wirr erzählt ist und weil er ausschließlich aus Versatzstücken anderer dystopischer Science-Fiction-Filme besteht. Das Beginnt bei der Welt von "Blade Runner" und endet bei der Erzählung von "Welt am Draht". Und dennoch hat "Nirvana" natürlich einiges, was ihn für mein Vorhaben interessant macht. Da wären zuerst "Motivüberlappungen" mit Filmen wie "Brainscan" (ein Computer verwaltet Wohnung und Leben des Users), die hyperrealistische Spielegrafik (Brainscan, Thrillkill, ...) und natürlich so kleine Gimmicks, wie, dass der Ausgang aus der virtuellen Welt mit in diese einprogrammiert wurde: Es ist ein Schrank, durch den man auf eine "Tron"-artige Landschaft blickt.
Über dies verhandelt "Nirvana" das Thema der künstlichen Intelligenz, die ja gerade bei der Spiel-Entwicklung nicht ganz unwichtig ist, auf gleich mehreren Ebenen. Zum einen wird Selbstbewusstheit als ein Aspekt der KI angesehen - wobei es schon interessant ist, dass diese als Ergebnis eines Virus-Infektes daherkommt. (Das ist ja ein bekannter SF-Topos - man denke an die "Moriati"-Folgen aus "Star Trek" oder an den Film "Short Circuit": "Leben ist doch keine Fehlfunktion!" Ich meine aber, es gäbe auch eine Evolutionstheorie, in der Intelligenz eher als hinderliches Abfallprodukt beschrieben wird. Wäre ja nur konsequent, wenn Intelligent so etwas wie Verhütungsmittel hervorbringt.) Dann haben wir die Frage der möglichen Materialisierbarkeit von Immateriellem, wie dem Bewusstsein, das sich tatsächlich, wie im Falle von Jimis Freundin, vollständig digitalisieren lässt. Und schließlich kommt ein Aspekt zum Tragen, der vielleicht der "biologischste" unter den hier genannten Aspekten ist: Das Programm(segment) Solo versucht sein Umfeld zu verändern, indem er die Spielsituationen variiert, andere Spielfiguren mit "Zweifeln" infiziert und so seiner Existenz zu einer etwas komplexeren Umgebung verhelfen will.
Man kann das alles natürlich als Naturalisierungsbestrebung sehen, bei der hochgradig abstrakten Vorgängen und Gegenständen (wie sie die Software nun einmal darstellt) eine Visualität und Körperlichkeit zugesprochen wird, um sie einerseits filmisch darstellbar zu machen und sie andererseits zu "entzaubern". Dieser Strategie folgt dann auch etwa die Darstellung des Computerspeichers als Haus, bei dem Jimi durch Räume gehen muss, um zum zentralen Gedächtnis zu gelangen. Der Schrank als Schnittstelle wäre dann auch nur eine solche "Substantivierung".
#415
Geschrieben 21. April 2009, 15:32
Die Mutter aller "Spiel-Filme" habe ich in meiner Reihe natürlich nicht vergessen und das schlechte Gewissen, den Film nun schon einige Jahre nicht mehr gesehen zu haben, ihn im Essay aber dennoch als "Filetstück" zu behandeln, hat ihn mich gestern noch mal reinlegen lassen.
Erfreulich, dass ich mich an das meiste erinnern konnte. Im Zusammenhang mit den anderen Filmen zeigen sich jedoch auch hier narrative Querverbindungen, die für den 80er-Jahre-Computer-Film offenbar unerlässlich waren. Hier wären vor allem wieder alle Darstellungen von Jugend und Videospiel zu nennen. (Alex in "WarGames" übergibt in einer Sequenz das laufende Videospiel an seinen kleinen Bruder, weil er weg muss - eine sehr ähnliche Szene findet sich auch in "Starfight"). Aber auch Fragen von Realität und Virtualität.
Vor allem aber die Polyvalenz des Spiel-Begriffs kommt hier diesbezüglich in "WarGames" zur vollen Blüte. Vom "Shall we play a game?" der quakenden Voicebox des IMSAI bis hin zur entsetzten Feststellung des Generals: "Sombody's playing a game with us", als die Raketen-"Blips"(?) plötzlich wieder von den Monitoren verschwinden. Dass der Krieg für die Maschine ein Spiel ist, betont einer der Wissenschaftler gleich zu beginn, als er gefragt wird, was W.O.P.R. denn so eigentlich hinter seinen blinkenden Lämpchen ausbaldovere: "The W.O.P.R. has already played World War Three as a game." Und zum Schluss entblättern sich die Bedeutungen in einer einzigen, als der Computer die Raketen-Zündung unterbricht, um Tic-Tac-Toe gegen sich selbst zu spielen. Das kann er, wenn man die Spielerzahl "0" eingibt!
Ein Spiel gegen sich selbst spielen - das kann wohl nur ein Computer perfekt, weil er sich nicht selbst betrügen kann. Betrug wäre (nicht nur?) in diesem Zusammenhang eine vorsätzlich herbeigeführte Differenz zwischen dem Realen und dem Virtuellen:
Alex: "Is this a game or is it real?"
W.O.P.R.: "What is the difference?"
Alex: "Oh, wow!"
"Shall we play a Game?"
#416
Geschrieben 23. April 2009, 09:03
Nun kann man dem "Pervert's Guide" aber leider weder vorwerfen, dass er zu fachwissenschaftlich ist, noch, dass er dasselbe nicht in genügendem Maße sei, denn der Film steht - wie sein Protagonist mittlerweile auch - im Spannungsfeld zwischen einer öffentlichem Schaulust, das gar nicht in den Fachdiskursen steckt noch das überhaupt wünscht, und der akademischen Sphäre, der das Präsentierte viel zu profan und auf Kosten der Nachvollziehbarkeit publikumswirksam aufbereitet ist. Man müsste also Augen und Ohren in beide Richtungen verschließen und sich fragen, was von "The Pervert's Guide to Cinema" eigentlich übrig bleibt, wenn man das Theoretische daraus abzieht. Die Antwort lautet: Slavoy Žižek. Es ist wieder einmal mehr ein Film über ihn als über das Kino. Wenn man sich nicht für Žižek oder die Art, wie er Wissenschaft betreibt, interessiert, dann braucht man auch diesen Film nicht zu sehen - es sei denn, man möchte drei mal 50 Minuten lang Zeuge davon werden, wie jemand die öffentlichen Vorurteile über Geisteswissenschaftler "ins Bild setzt". Denn Lachen kann man über den Hauptdarsteller und das, was er tut, auf jeden Fall.
mehr: F.LM
#417
Geschrieben 23. April 2009, 09:24
Dass Jochen und meine Aufmerksamkeit an diesem vorgerückten Filmabend auf dem Bild geklebt hätten, kann ich nicht gerade behaupten.Das lag aber nur zum Teil daran, dass wir zu später Stunde schon ein bisschen betrunken müde gewesen wären. Der Film selbst trägt die Hauptschuld, denn "Sexy Killer" ist so ziemlich alles, worüber ich mich von 10 Jahren noch gefreut hätte und was ich heute einfach nur noch belanglos finde: Endlose Selbstreflexivität im Plot und auf der Bildebene, derber Splatter und eine auf einmal krude ich die Serienmörderfilm-Handlung einbrechende Zombie-Geschichte a la "Re-Animator". Das sind die Zutaten, die ein Film unbedingt benötigt, der auf dem Fantasy-Filmfest in der "Midnight Madness"-Schiene Szenenapplaus ernten will. Und sowohl Jochen als auch ich wollten keine Wette eingehen, dass er es bis dort hinschaffen wird und im Programmheft dann so etwas steht wie "Cool as Fuck!"
#418
Geschrieben 23. April 2009, 09:43
Che - Guerilla (F/Sp/USA 2008, Steven Soderbergh) (PV Astor Film Lounge)
Da ich noch zwei längere Filmkritiken zu diesem Film schreiben werde, will ich mich gar nicht ausführlich dazu äußern. Nur ein paar Worte: Soderbergh radikalisiert sein Projekt aus "The Good German" hier offenbar noch weiter, indem er dem Retro-Szenario nun auch noch den Plot vorenthält und "Das Leben selbst" seine Geschichte erzählen lässt. "Che" wirkt wie zerrissen zwischen den Sphären des Dokumentarischen und des Spielfilm-Biopics, sowohl was die verwendeten Techniken der Authentisierung angeht, als auch in Hinblick auf die Erzählrhythmisierung. Gerade letztere wirft mit zunehmender Filmzeit (vor allem im letzten Drittel des zweiten Teils) zusehends Fragen auf. Die Raffung des "Bolivianischen Tagebuchs" auf Spielfilmlänge überspringt immer mehr Elemente, die man sich ausformuliert gewünscht hätte, weil gerade sie ja die Erzählqualität ausmachen: Seitenhandlungen, in denen Mitstreiter ums Leben kommen, Gefahren gemeistert werden etc. Das alles wird geopfert um den Film auf sein allzu bekanntes Ende zu zu treiben. Und als hätte ich es geahnt: Ein derartig vom Charisma seiner Hauptfigur (übrigens sagenhaft gut gespielt von Benicio del Toro) versessenes Erzählkonstrukt kann seine Identifikaion irgendwann nicht mehr verschweigen. Und so findet die Erschießung des Helden dann auch aus seiner Perspektive statt und die Filmkamera stirbt einmal mehr den Tod der Hyperauthentisierung.
#419
Geschrieben 28. April 2009, 19:17
KOCH veröffentlicht den letztes Jahr auf dem Fantasy-Filmfest gezeigten Mystery-Film "The Brøken" auf DVD und Blu-ray. Die Presse-DVD des Films habe ich mir gestern angesehen und war überrascht, wie sehr die Wirkung der Kinosichtung auf dem TV-Bildschirm nachlässt. Letztes Jahr hatte ich den Film zu einem der Highlights des Festivals erkoren (was nichts über das Festival, sondern etwas über "The Brøken" sagen sollte). Doch bei nochmaligem Hinsehen zeigt sich der Film als zwar exzellent fotografierte, aber leider sehr lückenhaft und monoton erzählte "Body Snatcher"-Variante. Ein Gutes hatte das Wiedersehen jedoch: Ich habe mir jetzt endlich mal einen Korpus an Filmen zum Capgras-Syndrom zusammengestellt, worüber ich in Kürze einen Artikel schreiben werde.
Eine Kritik zu "The Brøken" erscheint bald bei F.LM.
#420
Geschrieben 28. April 2009, 19:30
Jetzt habe ich ihn doch gesehen und werde mich einer "persönlichen Meinung in Foren o. ä." nicht enthalten (zumal ich nichts unterschreiben musste): Die Sitze im Astor sind exzellent: Sie sind mit Kunstleder bezogen, breit, links und rechts sind Abstellflächen für Getränke. Vor einem ist genug Beinfreiheit, so dass man sich zurücklehnen kann (die Lehne funktioniert ähnlich wie die Rückenlehne wie bei einem Bürostuhl) und man trotzdem nicht mit den Füßen bis an die vordere Reihe kommt. Es gibt eine Speisenkarte an jedem Sitz mit äußert teurem Sekt- und Weinangebot. (Ich gehe davon aus, dass man bei regulären Vorstellungen am Platz bedient wird.) Kurzum: Eines der luxuriösesten Kinos, das ich kenne. Zum Glück musste ich als Pressefutzi noch nie Eintritt zahlen (der soll nämlich ziemlich hoch sein). Ich empfehle also jedem den Besuch dieses Kinos auf dem Berliner Ku'Damm. Welchen Film ihr dort schaut, ist egal - vielleicht ist es ja sogar "X Men Origins: Wolverine". Das Kino macht jede Art cineastischen Ereignisses erträglich.
#421
Geschrieben 01. Mai 2009, 09:05
Das hatte sich George Orwell prima gedacht: Eine Fabel über die Geschichte der russischen Revolution bis hin zum Stalinismus, den er als "entarteten Kapitalismus" entlarvt. Wíe bei Fabeln üblich, werden die Tieren ohnehin zugeschriebenen Eigenschaften genutzt, um sie in den fabulösen - hier politisch-ideologischen - Kontext zu integrieren. Dass nun das von Orwell inaugurierte "Schweinesystem" ausgerechnet von der RAF in den späten 1970er als Kampfbegriff gegen den Kapitalismus und Imperialismus ins Feld geführt wurde, ist wohl eher eine der vielen Kuriositäten der ideologischen Häme und muss hier nicht weiter betrachtet werden.
Anders schon der jetzt auch durch die DVD-Veröffentlichung noch einmal manifestierte forcierte Intentionalismus, der ausschließen will, dass man "Animal Farm" auch ganz anders als als Kritik am Stalinismus verstehen darf. Heutzutage, wo der Stalinismus allenfalls ein historisches Phänomen ist (wenngleich in Putin-Russland seit Jahren eine ähnliche Verformung des Demokratiebegriffs stattfindet, wie unter Stalin der Kommunismus redefiniert wurde), ist es verlockend, den Zeichentrickfilm einmal anderen Lektüren auszusetzen um zu schauen, wie strapazierbar die Fabel ist. Wieso also nicht einmal "Animal Farm" unter dem Vorzeichen der Bankenkrise oder der Schweinegrippe neu lesen? Ich versuche das in Kürze mal ...
... dann auf F.LM.
#422
Geschrieben 01. Mai 2009, 18:45
Na ja, so originell, die Uhr zurück auf "Null" zu stellen, um in Serien fest etablierten und konstruierten Figuren eine Vorgeschichte zu geben, ist es freilich nicht; dennoch ist die Häufung solcher Versuche in der letzten Zeit schon markant. (So weit wie Rüdiger Suchsland würde ich dann wahrscheinlich aber nicht gehen, das mit der nun ebenfalls scheinbar auf "Null" zurückgedrehten amerikanischen Politik in Verbindung zu bringen.)
Sei's drum. J. J. Abrams legt ein Star-Trek-Prequel vor, das - zumindest von der vierten Reihe aus - nur schwer zu ertragen war. Handkameras in fast jeder Szene, die auch dann wackeln, wenn es gar nichts zu wackeln gibt. - Jetzt folgen nur noch Spoiler! - Dafür wackelt die Story so vor sich hin und profaniert ein ziemlich bedrohliches Raumschiff als schnöde romulanische Weltraumbohrplattform. Seit den Borgs sind meine Ansprüche an unbezwingbare Gegner etwas höher. Einfach mit einem Raumschiff rammen darf nicht reichen. Abrams ist in seinem Null-Film leider nur halb mutig, denn er erzählt gar nicht die Vorgeschichte von Star Trek, sondern nur eine - eine, die in einem weiteren Paralleluniversum spielt.
Ach, ich verrate ja (fast) alles! Wie soll man auch über etwas schreiben, was eigentlich jeder kennt und wo es nur noch darum geht informative Lücken zu schließen. Letztlich ist das ganze Star-Trek-Filmuniversum ja nichts anderes als ein Lückeschließen und wird immer dann besonders interessant, wenn sich einmal - wie in der morgen mal wieder ausgestrahlten Tribbles-Folge - Unstimmigkeiten auftun, die später dann geschlossen werden können.
#423
Geschrieben 12. Mai 2009, 15:22
Zugegeben: Viel mitbekommen habe ich nicht von dieser Originalfassung, was wohl teils an meinem Post-Kolloquiums-Kater, teils an der vorgerückten Stunde lag, aber beeindruckt hat mich der Film dennoch. Gerade die Tatsache, dass Scott hier die Action (noch) nicht zum Motor der Bild-Bewegung erklärt und vieles über die Dialoge "motiviert", zeigt, dass er sich im Spionage-Film bestens auskennt. Mit Robert Redford hat er da aber auch wirklich einen alten Hasen!
Erfreulich waren die schon in nuce vorhandenen Bild-Tricks, die Zeitraffungen, wirbelnden Kameras und vor allem die Schrifteinblendungen. In "Spy Game" haben vor allem Orts- und Zeit-Einblendungen den Sinn, dass sie den Anschluss zweier Sequenzen noch einmal verdeutlichen. Man könnte fast meinen, das sei für unaufmerksame Zuschauer für mich gedacht: Eben noch im CIA-Hauptquartier, dann eine Uhrzeiteinblendung, die bis in die nächste Einstellung hineinreicht, welche dann aber in einem chinesischen Folterknast angesiedelt ist. Die Schrift wird hier zur Brücke zwischen den filmischen Räumen. In Scotts nächstem Film - "Man on Fire" - besiedelt sie dann einen eigenen Raum. Da müsste man mal etwas drüber schreiben: Über die Schrifteinblendungen in den Filmen Tony Scotts.
#424
Geschrieben 12. Mai 2009, 15:50
The Grudge (Jp/D/USA 2004, Takashi Shimizu) (DVD)
Auf der Zugfahrt nach Bonn habe ich mir endlich einmal das Original von "The Grudge" angesehen - also den ersten Teil der japanischen Version Shimizus. Es mag am diese Sujets nicht gerade begünstigendem Rezeptionsort "ICE-Großraumabteil" und der Tageszeit (Vormittag) gelegen haben, aber gruselig war das nun gar nicht. Darauf hatte ich es aber auch nicht abgesehen, sondern auf die Frage, in welchen Aspekten sich die beiden Versionen voneinander unterscheiden. Und Kleinigkeiten sind es nun wirklich nicht, sondern die gesamte Dramaturgie des Originals ist anders. Der Film ist wesentlich episodenhafter, verzichtet weitgehend auf einen Spannungsbogen und führt viel mehr (und viel mehr) Facetten des titelgebenden Fluchs vor Augen.
Der wesentliche Unterschied zur US-Fassung ist für mich jedoch die Organizität des Re-Makes, das zwar einzelne Episoden der Ur-Fassung adaptiert (und das sogar zum Preis der narrativen Inkonsistenz, wie sich am Tod der Schwester, der ja weit entfernt des verfluchten Hauses stattfindet, zeigt), sich jedoch wesentlich mehr als "abendfüllender Spielfilm" gibt. Es ist eher diese Tatsache, als dass in "The Grudge" auch westliche Figuren zu sehen sind, die den Reiz und die höhere Affektivität des Films ausmachen. Zwei Übertragungsleistungen kommen also schon einmal zusammen: eine "Interkulturalisierung" durch Plot und Darsteller sowie eine Anpassung an Genremuster und Rezeptionsgewohnheiten des westlichen Kinos.
Und dennoch steckt die Tücke auch hier im Detail und es wäre einmal spannend sich solche Fragen zu stellen wie: Warum ist das Bettlaken der zurückgelassenen Großmutter im japanischen Original mit Kot verschmiert und in der US-Fassung mit Urin? (Ich habe das mal als besonders deutliches Detail stellvertretend für Dutzende andere Minimalveränderungen ausgewählt). Letztlich müsste man sich fragen, welchen Beitrag diese Details leisten, die ja für sich genommen keine besondere (Be)Deutung besitzen, im Gesamtzusammenhang aber vielleicht stimmig wirken und Stimmung erzeugen.
Beide Filme hatte ich wegen des Absolventen-Kolloquiums bei Michael Wetzel gesehen. Das japanische Original im Vorfeld, das US-Remake zusammen mit den Teilnehmern nach dem Vortrag und zur Illustration meiner Geister-These (dass nämlich der Geisterfilm den Endpunkt der Privatheits-Bedrohung darstellt). Und es war schön zu sehen, wie sehr solche Filme auf Zuschauer, die es nicht gewohnt sind, wirken. Wie sehr wünsche ich mir manchmal diese Empfindlichkeit zurück! Und doch: Wenn ich im Kino sitze und einen richtig guten Gruselfilm zum ersten mal sehen, dann packt es mich auch - das war bei "Blair Witch" so, bei "Shutter" und auch als ich zum ersten Mal "The Grudge" gesehen habe ... allerdings die US-Fassung.
#425
Geschrieben 15. Mai 2009, 16:26
Ich hatte den Film ja hier schon eingehender besprochen, ihn gestern aber noch einmal für die Erweiterung des Textes für eine Publikation von Katja ("Die 100 besten russischen Filme") gesehen. Zusätzlich zu den damaligen Beobachtungen eher metaphysischer Art sind mir dieses Mal vor allem zwei Dinge aufgefallen.
Und zwar zwei Motive, die das atomare Wettrüsten seit den 1960er-Jahren bestimmen und sich in etlichen Spielfilmen thematisch niedergeschlagen haben, werden ich „Briefe eines Toten“ vom Professor aufgeworfen und weiter- bzw. zu Ende gedacht: Wie wahrscheinlich ist es, dass die atomare Katastrophe nicht durch einen militärischen Konflikt sondern einen Unfall ausgelöst wurde? Dieses Szenario wird mit Einführung der Abschuss-Automatisierung vor allem der Interkontinental-Raketen sehr wahrscheinlich und wie aus Aktenlagen des Kalten Krieges bekannt ist, sind derartige technisch bedingte Beinahe-Unfälle häufiger vorgekommen, als seinerzeit bekannt wurde. Filme wie John Badhams „War Games“ (USA 1983), in dem ein „durchgedrehter“ Computer beinahe den Atomkrieg auslöst, nehmen sich dieses Themas an. Dass der Mensch selbst wie eine Maschine zu funktionieren hatte, sobald der Befehl zum Druck auf den berüchtigten Roten Knopf kam, beschreibt schon 20 Jahre zuvor Sidney Lumets „Fail Safe“ (USA 1964), in dem sich ein Bomberkommando von seinem Flug nach Moskau nicht mehr zurückhalten lässt.
Das andere Motiv, das ebenfalls vom Professor in den Briefen erwähnt wird, ist spätestens ab den frühen 1960er-Jahren mit der Entwicklung der Neutronen-Bombe eine ernsthafte militärische Strategie-Diskussion gewesen: Lässt sich ein Atomkrieg lokal begrenzen? Die Vermutung, nicht die ganze Welt könne von der atomaren Katastrophe betroffen sein, scheint einerseits Ausdruck der Hoffnung, andererseits Echo dieser auch gezielt in der Öffentlichkeit gestreuten Militärstrategie zu sein. Verglichen mit so genannten „schmutzigen“ Atom- bzw. Kobalt-Bomben, bei denen die Radioaktivität für weitreichende Schäden in der Biosphäre verantwortlich wäre und den mit immer größerer Explosionskraft versehenen Fusions- bzw. Wasserstoffbomben (deren größte, den „Tsar“, im Oktober 1961 gezündet wurde), schien sich mit der Entwicklung der Neutronen-Bombe der Krieg tatsächlich auf kleine Areale begrenzen zu lassen. Die Neutronen-Bombe sollte verhältnismäßig geringe Explosionszerstörungen hervorrufen und nur wenig langfristige Verstrahlungen verursachen. Wahrscheinlich ist die Entwicklung dieser Waffe ab 1958 und deren massenweise Herstellung durch die Amerikaner Anfang der 1980er-Jahre ein Hinweis auf einen immer möglicher werdenden Atomkrieg und damit ein „Beruhigungsmittel“ für die Bevölkerung.
Dass „Briefe eines Toten“ beide Motive aufnimmt, zeigt, dass es Lopushansky keineswegs um eine ausschließlich metaphysische Kodierung des Ernstfalls geht. Auch wenn der Professor und einige der anderen Protagonisten am konkreten Fall des Atomkrieges die conditio humana diskutieren, nimmt der Film konkrete Diskurse auf und etxrapoliert sie auf ein mögliches Szenario, zeigt also eine Dystopie im Wortsinne – einen schrecklichen Ort. An diesem herrscht Angst, Resignation, und eine allein am Pragmatischen orientierte Moralität. Wer leben darf und wer sterben muss, diktiert ein Verwaltungsbeamter, der schon „zu oft“ das Flehen der Menschen gehört hat, um davon noch bewegt zu werden. Alle ideellen Werte sind im atomaren Feuer verbrannt: rauchende und brennende Ruinen, eine mehr und mehr ausgehöhlte Bibliothek, deren Wert sich mittlerweile in der Verfeuerbarkeit der Bücher niederschlägt. Eine Welt, in der die Figuren mehr funktionieren als leben.
#426
Geschrieben 15. Mai 2009, 16:49
Das hat man alles schon mal gesehen. Vor allem bei "Amityville" und "The Others". Der Grusel ist auf reine Schock-Momente reduziert, die dann auch jedes Mal von einem Soundtrack-Bumm begleitet werden. Interessant war für mich allenfalls das Haus-Motiv. Ein herbei gerufener Geistlicher (Elias Kotieas), der sich mit verfluchten Häusern auskennt, bemerkt dann auch irgendwann, dass dieses Haus nicht "haunted", sondern "possessed" ist - was die Anthropomorphisierung des Hauses ein weiteres mal forciert.
#427
Geschrieben 18. Mai 2009, 16:31
Der Auftakt zur Roboter-Filmreihe (für den letzten Teil meiner Telepolis-Serie über "Computer im Film"). "Futureworld" ist nicht bloß eine direkte Fortsetzung von "Westworld", sondern spinnt das Robotik-Thema weiter. Aus lebensecht wirkenden Maschinen werden lebende Maschinen, die nicht einmal mehr von ihren Erbauern als solche zu erkennen sind. Hier kreuzt sich der Roboter-Film mit dem Paranoid-SF a la "Body Snatchers".
Dass es nun ausgerechnet ein Journalisten-Paar ist, das da in Delos geklont werden soll, um über seine Kanäle Propaganda für den Freizeitpark zu machen, und so noch mehr Politiker und Industrielle anzulocken, war der zentrale Fehler im Plan. Denn - so will es das Gerücht - niemand lügt perfekter als ein Journalist und deshalb ist er den Robotern nicht nur mehr als gewachsen (weil diese nicht lügen können und lügen nicht verstehen), sondern ein noch viel besserer Roboter, der sein eigentliches Programm im Geheimen ablaufen lassen kann und nur eine unverdächtige Nutzeroberfläche zeigt. In der Schlusssequenz entkommt das Journalisten-Paar aus Delos, weil beide glaubhaft machen können, Roboter zu sein. Sie selbst misstrauen einander zunächst, erkennen sich aber (angeblich) am Kuss. Insofern kann es mit den Lustmodellen, die im Freizeitpark den sexuellen Wünschen der Gäste offen stehen, nicht so weit her sein.

Es gibt ein paar schöne Einstellungen vom Kontrollzentrum des Parks, die mich an das NORAD-Zentrum aus "War Games" erinnert haben. Und tatsächlich macht man im Übergang von "Westworld" zu "Futureworld" vor, was in "War Games" später auch zur Katastrophe führt: Das Ersetzen menschlicher Bediensteter durch gefühllose Maschinen. An denen kommen windige Hacker und Lügner natürlich problemlos vorbei.
#428
Geschrieben 25. Mai 2009, 21:07
Wo entfaltet sich eigentlich eine Intertextualität? Doch nicht im stillen Kämmerlein des Drehbuchschreibers oder am Set beim Filmdreh oder auf der Leinwand im Kino - sie entsteht im Kopf des Zuschauers. Insofern ist das Erkennen von Zitaten eine von Betrachter zu Betrachter unterschiedliche Reise durch die je eigene Filmsozialisation. Ob Intertextualitäten, Zitate, Anspielungen, Inspirationen oder wie man sie auch immer nennen möchte, damit noch zu einem intersubjektiv prüfbaren Qualitätskriterium für einen Film erhoben werden können, muss zumindest hinterfragt werden.
Man kann seine Zeit in "Terminator 4" also gerne damit verbringen, die Text- und Bild-Zitate oder die Homologien zu bereits bekannten Filmen - vielleicht desselben Genres - "aus dem Film" herauszusuchen und dabei doch nur Introspektion betreiben. Die wird schnell zu einem Selbstläufer, der einen narrativen oder ikonografischen Pfad vorzeichnet, auf dem sich die Ereignisse der Leinwand dann auch tatsächlich bereitwillig einfinden und entlangwandern. Doch welchen Film sieht man dann? Und selbst wenn man solche konstruktivistischen Überlegungen ausklammert: Was ist denn überhaupt eine originelle Geschichte? Eine, die noch nie erzählt wurde? Die in allen Facetten noch nie dagewesen ist? Wie kann man denn erzählen ohne selbst erzählt bekommen zu haben?
Ich will keineswegs andeuten, "Terminator 4" würde sich auf Zitate reduzieren lassen, noch sich dem Vorwurf aussetzen müssen, nicht originell zu sein. Beides verbietet schon die Tatsache, dass er ein kombiniertes Sequel und Prequel ist (was man neuerdings "Relaunch" nennt). Er muss sich also notwendigerweise auf seine Vorgänger beziehen. Und weil er nun auch einem traditionsreichen Genre bzw. Sub-Genre, nämlich dem dystopischen Science-Fiction-Film angehört, wird er sich auch, wie jeder Genre-Film, gewissen Regeln, Topoi und paradigmatischen Erzählkonstellationen unterwerfen müssen.
Also: Es ist egal, ob sich "Terminator 4" bei Filmen wie "Matrix", "War of the Worlds", "Mad Max", "Dune" und einigen anderen bedient oder nicht. Am Ende zählt, wie er seine Geschichte erzählt, was er zu zeigen hat und wie man sich als Zuschauer dabei fühlt. Ich bin großartig unterhalten worden an diesem Nachmittag. Ich habe eine Geschichte erzählt bekommen, die gekonnt zwischen Film-Zukunft und filmischer Vergangenheit situiert wurde. Ich wurde von einem ungewöhnlichen, mit bekannten aber verfremdeten Motiven bestückten Danny-Elfman-Soundtrack bombardiert, in den sich die Industrial-Sounds der Effekt-Tonspur wie Percussions angehört haben. Ich habe actiongeladene, bildgewaltige und rasant montierte Sequenzen neben pathetischen Totalen und Momenten voller trügerischer Ruhe in einer postapokalyptischen Welt zu sehen bekommen. Und ich habeeines der besten Production Designs seit "Matrix" genossen und meine Augen nicht mehr von dieser dreckigen, verrosteten und zerfallenen Welt lösen können - außer, wenn wieder einmal die großartig animierten Roboter (oft Puppen, selten CGI) aufgetaucht sind ...
Nur in den ersten paar Minuten habe ich Zeit damit verschwendet mich zu fragen, an was mich das alles erinnert.
#429
Geschrieben 26. Mai 2009, 08:58
Ein ganz kleiner Kinosaal mit etwa 20 Doppelsitzen die in 10 Reihen aufgeteilt und durch einen Gang in der Mitte getrennt sind. Zuerst waren Miriam und ich ganz allein, dann gesellte sich uns noch eine Mutter mit ihrer vielleicht 12-jährigen Tochter zu.*
Mein erster Film von Ozon und ich war regelrecht verzaubert von dieser ganz ungewohnten Art zu erzählen. Halb wie ein bedrückendes Sozialdrama, halb wie eine Groteske, wobei sich beide Hälften ständig befruchten, karikieren und relativieren. Bis klar wird, dass es sich wahrscheinlich um einen fantastischen Film handelt, baut "Ricky" eine ganze Anzahl von bedrohlichen Szenerien auf, deutet an, dass die allein erziehende Mutter ihren Job verliert, deutet an, dass sie und ihre Tochter mit ihrem Motorroller einen Verkehrsunfall haben wird, deutet an, dass die Tochter wegen der neuen Liebesbeziehung der Mutter zu einem spanischen Liebhaber vernachlässigt wird, deutet an, dass dieser Liebhaber seinen neugeborenen Sohn misshandelt ... und lässt diese Andeutungen doch jedes mal - wie das Handke-Gedicht von den "unbenutzten Todesursachen" - links liegen, um doch eine ganz normale Geschichte zu erzählen.
Nun, so normal ist die Geschichte vom geflügelten Baby dann aber doch nicht. Und zuerst wundert man sich vielleicht über ein paar seltsame Jump-Cuts, die die Schwangerschaft überspringen und die die Zeit, in der die Flügel zu voller Größe heranwachsen links liegen lässt ... und dann wird klar, warum das so erzählt ist. Weil der Film nämlich gar nicht vorhatte, (s)eine Lebensgeschichte zu erzählen, sondern weil das Baby Ricky wie eine Metapher, eine Kopfgeburt in diese zerrüttete und vom ständigen Untergang bedrohte Familie hineinschwebt. Es ist eine Beziehungsmetapher, ein "schwebender Sinn". Das wird klar, als die Trennung kommt und sich das Umfeld gar nicht so verhält, wie man es erwartet, wenn ein Baby verloren geht. Ein der letzten Einstellungen, die diese Annahme in die Sichtbarkeit überführt, ist, als sich die Familie wieder zusammengefunden hat, sich alle drei umarmen und sich die Hände der Eltern hinter dem Rücken der Tochter verschränken, als wären sie ihre Flügel.
Selten habe ich einen Film gesehen, der seine Bildsprache so dicht um ein Motiv herum webt, und dies doch mit so großer Leichtigkeit zu verschweigen weiß!
* Der unverkrampfte Umgang mit Liebe und Sexualität, den das fanzösische Kino glücklicherweise pflegt, hat zu interessanten Bestürzungsseufzern der Mutter und interessiertem Nachfragen der Tochter geführt.
#430
Geschrieben 01. Juni 2009, 08:57
"It is now the 22nd Century. The final conflict has come and gone. The Men control the planet. The women have been devided into either breeders or harlots. All for men's satisfaction. Except at the organzation called 'Sex World' which is been around for about five years now. I work there. I'm on vacation. My roommate is another exception. She has escaped classification. She lives as an outlaw. Most of us live below the surface. A lot of the air is good now. So if the meter reads safe we can remove our helmets ..."

In diesem Prolog, den Regisseur und Hauptdarsteller Ron Jeremy einspricht, während er in einem chicen silbernen Fallout-Schutanzug durch irgend eine US-amerikanische Einöde stolpert, wird quasi der komplette Film vorwegerzählt. In seinem Urlaub streunt Ron durch die Gegend und sucht einen mit Gerümpel zugestellten Ort auf, an dem sich sein "old home" befindet. Ein Ort, an dem sich nur Kakerlaken und Ratten aufhalten - zu letzteren unterhält Ron ein angespanntes Verhältnis.

"Many of my old relics actually survived the conflict", freut er sich angesichts des Sperrmülls, zu dem ein altes Auto, ein "Danger"-Schild, eine mannsgroße Holzfigur, ein leerer Pizza-Karton und ein tragbares TV-Gerät gehören: "I still enjoy going to my old television set and tuning into the sexual stations. It shows how sex used to be before women were classified. When they chose their own partners."Dann guckt er in die Röhre und schaut sich das "Sex World"-Programm an - die Pornodarbietungen seines Arbeitgebers - und das im Urlaub!

"Tacey's Love Chamber" - der zu einem Drittel so heißt, weil Tracey Adams die Hauptrolle spielt, besteht aus vier Hardcore-Sequenzen, von denen drei im "Sex World"-Studio und eine bei ihm zu Hause (also im Bunker) stattfinden. Dazwischen sieht man Ron, wie geschrieben, durch die Gegend laufen und Off-Kommentare zur Situation abgeben. Irgendwann kurz vor Schluss des Films ist der Urlaub dann wieder vorbei und Ron geht zurück ins Studio. Dort erlebt er eine Orgie mit, die er via Bildschirm verfolgt, und die mit einer netten Ansage des kopulierenden Paares endet: "Ask not what you can do for Sexworld but what can Sexworld can do for you!" So viel Kundenorientiertheit kommentiert Ron abschließend mit: "Sexworld ... I think I'm in the wrong department." Und dann endet der Film.
"Tracey's Love Chamber" macht keinen Hehl daraus, dass er das Setting lediglich "missbraucht", um ein paar Nummern, die - wie Jochen wohl nicht ganz unrichtig vermutete - bei Ron Jeremy zu Hause gedreht wurden, vorzuführen. Die postapokalyptische Atmosphäre entfaltetet sich dementsprechend eher in den steril abgefilmten Hardcore-Sequenzen als im "Dazwischen". Das ist bestimmt von unfreiwilliger Komik und einem Ron Jeremy, der wirklich so aussieht, als wüsster nichts mit sich anzufangen, wenn er mal Urlaub hat. Interessant ist natürlich der Medieneinsatz im Film - es gibt ein paar TV-Monitore, ein TV-Video-Sat-Set (im Bunker-Wohnzimmer) und ein Film-Equipment, das allerdings lediglich aus Pappschachteln, die mit Alu-Folie umwickelt wurden und einem Mikrofon besteht. Das alles dient nur einem Zweck: Die Pornutopie als Zeit/Ort vorzuführen, wo es trotz Zivilisationsende doch noch ganz unterhaltsam zugeht. Dabei hilft natürlich das utopische Paradigma, das die weibliche Population in Mütter und Nutten unterteilt, ungemein ...
#431
Geschrieben 03. Juni 2009, 10:13
Als ich gesehen habe, dass ich sowohl meine T3- als auch meine T4-Kritik bei F.LM als eine Art “missbräuchlicher Struktur-Analyse” zwischen Diskurs und Inhalt der Filme formuliert habe, war der Ansatz für den zweiten Teil schon beinahe vorgegeben: Update/Upgrade:
Zitat
mehr: F.LM
#432
Geschrieben 04. Juni 2009, 14:06
Ein erschütternder Film über Kindesmissbrauch durch katholische Geistliche - insbesondere einen Priester, der in den 70er-, 80er- und 90er-Jahren in Nord-Kalifornien sein Unwesen getrieben hat. Gedeckt durch seine Kirchenvorgesetzten, die, um ihre eigene Karriere nicht zu gefährden und die Kosten “gering” zu halten, den Mann lieber in neue Gemeinden versetzt haben anstatt ihm aus dem Amt zu entfernen und den Behörden zu übergeben. Der erste Teil des Films erzählt die Geschichte dieses jahrzehntelange Missbrauchs, stellt die Opfer vor und lässt den Täter zu Wort kommen, der streckenweise überhaupt kein Unrechtsbewusstsein besitzt. Im zweiten Teil begleitet die Filmemacherin einige der Opfer bei ihrem Gang durch die kirchlichen Institutionen bis nach Rom, wo sie eine Erklärung für das Verhalten der Kirchenverwaltungen verlangen - die sie nicht bekommen. Der Dokumentarfilm macht die Strukturen der Menschenverachtung, die hinter diesem Treiben steht, von den Priestern über die Bischöfe und Kardinäle bis hin zum Papst deutlich und offenbart Missbrauchs-Statistiken, die schwindelerregend sind und die Frage aufwerfen, ob es vielleicht an der grundlegenden Struktur der Kirche liegt, dass so derartig viele Pädophile dort solche Neigungen entwickeln und ihren nachgehen können.
#433
Geschrieben 09. Juni 2009, 08:19
"A desease of machinery", so einer der Techniker im Delos-Labor, greife um sich. In der Zeit rückwärts: von der Western-Welt auf die Mittelalter-Welt auf die Römer-Welt. Erst fängt es ganz harmlos damit an, dass ein weiblicher Roboter "is refusing a guest seduction", dann beißen Rotober-Schlagen zu - "a Central Mechanism Psychosis" -, Schwarze Ritter machen ernst, römische Legionäre richten ein Blutbad an: "The machine's gone crazy."
So unverholen "speziezistisch" wie "Westworld" gibt sich kaum ein anderer Roboter-Film. Die Roboter, die dem Menschen bis auf einige Details ähneln, müssen sprachlich in die Hemisphäre des Humanen geholt werden, damit die Bedrohung durch sie fassbar wird - und damit man sie bekämpfen und töten kann. Denn "töten" kann man Maschinen nicht, man kann sie nur zerstören. Es ist etwas anderes, ob der Schwarze Ritter-Roboter den dickbeleibten König-Gast mit dem Schwert ersticht (und sich dieser beinahe über das Aufhören seiner Körperfunktionen wundert) oder ob der Cowboy-Gast den Gunslinger-Roboter immer und immer wieder erschießt. Schon optisch: Das Eine ist eine Szene des Horrors, das andere - obwohl in Zeitlupe Blut spritzt - nur eine Zerstörungsorgie, die durch Wiederholung ins Komische kippt.

Also bleibt ein Konflikt zwischen Menschen und Maschinen immer ungleich, es gibt einen Rest, eine Differenz, die Angleich und Ausgleich verhindert - und die rhetorisch überwunden werden muss. Es ist die Rhetorik der Medizin, sind die Metaphern der Psychiatrie, die diesen Angleich schaffen und den Ausgleich ermöglichen. "Nur was wir verstehen können wir zerstören", lautet das Credo der Helden aus "Westworld". Und verstehen können die Menschen nur ihre eigenen Handlungen und Motive. Was sich ihrem Verständnis entzieht muss erst internalisiert und dann alteriert werden - als Wahnsinn, Psychose, Seuche.
In "Westworld" wiederholt sich auf sarkastische Weise die Geschichte menschlicher Eroberungsfeldzüge - vom Römischen Reich über die Entdeckungsfahrten des 12. - 16. Jahrhunderts bis hin zum "Heading West" der nordamerikanischen Kolonisation. Und die Delos-Besucher wiederholen mit den Robotern, was sie aus der Geschichte gelernt haben: sexuelle Ausbeutung, gewissenloser Mord, Angleichung des Fremden an die eigene Weltsicht. Und Vernichtung.
#434
Geschrieben 09. Juni 2009, 08:56
Selbst als Androind - und jetzt habe ich den Schluss verraten! - kann Klaus Kinski nicht aus seiner Haut. Auf einer Raumstation "spielt" er den Dr. Gunther Daniel, der zusammen mit seinem Androiden Max 404 an der Erforschung neuer Roboter-Technik arbeitet. Die Androiden-Technologie ist weit fortgeschritten: Menschliche Körper mit einem elektronischen Gehirn. Selbst-lernende Systeme mit moralischen Vorstellungen - das hat auf der Erde bereits zum "Munich Syndrome" geführt, bei dem die Roboter zwar nicht "durchgedreht" sind, wie in "Westworld", sich aber durch erlerntes Selbstbewusstsein zu stark von den Menschen emanzipiert haben. Dieses Problem will Dr. Daniel umgehen und übersieht dabei, dass es vor seinen Augen stattfindet.
Denn Max 404 ist ein typischer Adoleszenter - "Well, I'm doing a lot of research", umschreibt er auf sein "Aufgeklärtsein" in sexuellen Dingen. Max schaut sich den ganzen Tag Datenbankeinträge (heute wären es wohl Porno-Seiten im Internet) über die menschliche Sexualität an und spielt die ganze Zeit ein Weltraum-Ballerspiel. Die Raumschiffe in diesem Spiel bestehen einzig aus den Vektorgrafik-Linien ihrer Umrisse und auch die Abbildungen der menschlichen Körper sind nur lineare Umrisse. Alle Theorie ist monochrom und zweidimensional - es wird für Max also höchste Zeit, etwas Gegenständliches in die Finger zu bekommen.
Als drei vor der Polizei flüchtende Weltraum-Piraten, darunter eine Frau, auf der Raumstation Zuflucht suchen, bekommt er die Gelegenheit. Er ist sichtlich verwirrt vom realen menschlichen Sexualverhalten und wird regelrecht eifersüchtig, als Dr. Daniel die attraktive Piratin zu einem Candlelight-Dinner einlädt. Sein Ziel ist jedoch ein düsteres: Er will ihre "Energie" in eine Roboter-Frau ("Cassandra - The perfect woman") transferieren und dieser so Lebensatem einhauchen. Durch einen Zufall gelingt dies sogar und die Situation an Bord spitzt sich zu: Die Piraten sind untereinander zerstritten, die Piratin will mit Max durchbrennen, Dr. Daniel will, dass Max alle Piraten ermordet und programmiert ihn diesbezüglich um - und die neue schöne Roboter-Frau will ihrem Schöpfer nicht "zu Diensten" sein.
Am Ende, als die Polizei das Schiff stürmt, sind alle Menschen tot und Dr. Daniel hat sich selbst als Roboter herausgestellt, dessen abgerissener Kopf einfach im Mülleimer entsorgt wird. Max gibt sich als Dr. Daniel aus und fliegt mit seiner Roboter-Frau zur Erde.

Dass sich so derartig viele Roboter-Utopien um "Sex Machines" drehen, ist gleichermaßen einleuchtend und befremdlich. "Dolls that work in both senses of the word", beschreibt Dr. Daniel seiner Tischpartnerin sein Arbeitsprojekt. Doch anders als "Westworld" sind die Roboter in "Android" nicht bloß sexuelle Dienstleister, sie haben auch selbst eine Libido, denn ihre Körper sind organisch - besitzen also Hormone und Geschlechtsorgane. Offenbar sind sie dem Menschen dann doch aber nicht so ähnlich, dass der Geschlechtstrieb im ROM implementiert wäre. Max muss sich selbst sexuell ausbilden/aufklären und legt dabei die typischen Verhaltensweisen eines Teenagers an den Tag - zu denen seit den 80ern eben auch das Spielen von Videospielen gehört. Als seine Ausbildung abgeschlossen ist, kann er seinen "Vater" töten und dessen (neue) Frau übernehmen. Dass Dr. Daniel auch (nur) ein Roboter war, ist das zentrale utopische Phänomen des Films: Maschinen reproduzieren sich selbst.
Dass Max' Modelllernen aber nicht nur bei sexuellen, sondern auch bei aggressiven Verhaltensweisen fruchtet, ist eine andere Behauptung des Films: Als er ein herannahendes Polizei-Raumschiff mit dem Laser-Strahl der Station abschießt, sieht es für ihn und uns so aus, als spiele er sein Videospiel. Und als sein Verhalten selbst für Dr. Daniel immer auffälliger wird, erklärt er sich dies ganz einfach: "Those Games are driving him crazy."

Das "Frankenstein schuf ein Weib"-Thema ist übrigens basaler Grundstein für die meisten Roboter-Pornos. "Electro Sex '75", "Programmed for Pleasure", "Randy", "The Orgy Machine", "Pleasure Maze", ... in all diesen Hardcore-Filmen geht es darum, dass Männer oder Frauen als "Sex-Objekte" konstruiert werden, um ihren Erfindern oder deren späteren Kunden dienlich zu sein. Und wie in "Android" gibt es in all diesen Filmen Fehlfunktionen, die die Geräte besser funktionieren lassen, als es ihren Konstrukteuren lieb ist.
#435
Geschrieben 09. Juni 2009, 11:25
Roboter wie D.A.R.Y.L. sind immer auch irgendwie Schablonen für menschliches Verhalten, für seine Anpassungsfähigkeit und Entwicklungsmöglichkeiten. Nicht ohne Grund hat man hier den Körper eines Kindes gewählt - abermals menschlicher Oragnismus plus maschinelles Gehirn - um grundlegende Fragen der Menschwerdung aufzuwerfen. Dies wären:
“What is a hooker?”
“Children belong to parents.” “Like your car belongs to you?”
“You are a real person.”
Die letzte Frage (die keine echte Frage ist, aber eine Antwort, die ohne Frage gegeben wurde und also die Frage gleich mit aufwirft) wird von einem überaus pragmatischen Standpunkt aus beantwortet: “A machine becomes human when you can’t tell the difference.” Damit begibt sich “D.A.R.Y.L.” direkt auf das Feld der Uncanny-Valley-Forschung. Die “difference” ist hier eine, die nicht auf dem Äußeren, sondern auf dem Verhalten beruht. Von Catrin Misselhorn habe ich die Oppostion empathy/dyspathy gelernt und genau die lässt sich auch auf den Roboter D.A.R.Y.L und den Film anwenden:
Zitat
Konkret zeigt sich die Dyspathie so, dass D.A.R.Y.L. ein Über-Junge ist: Er flucht nicht, macht keinen Unsinn, räumt unaufgefordert die ganze Wohnung auf, ist höflich, ein Sport-Ass, ein Streber, “und trotzdem mag ich ihn”, sagt einer seiner Freunde über sich selbst verwundert. D.A.R.Y.L.s Pflegemutter beruft aufgrund dieses Verhaltens sogar eine Mütter-Konferenz in ihrer Küche ein, in der sie ihr Unbehagen formuliert. Das bekommt D.A.R.Y.L. heraus und lernt unartig zu sein, wofür seine Mutter ihn dann sogleich in die Arme schließt: Endlich ein richtiger Junge!
Zu lernen, dass D.A.R.Y.L. ein Mensch ist, weil man einen Menschen in ihm sehen kann, ist auch Aufgabe der Wissenschaftler. Die findet - wie in “Westworld” - abermals zuerst auf der sprachlichen Ebene statt: “Stop calling him ‘it’!” fährt ein Forscher seine Kollegin an. Das Militär will das Projekt D.A.R.Y.L. beseitigen, weil die Gefühle die es er hat, seinem militärischen Einsatz im Wege stehen und beauftragt die Wissenschaftler mit der Vernichtung. Doch D.A.R.Y.L. hat beide längst auf seine Seite gezogen.

Ein im Film leider nur am Rande angeschnittenes Phänomen sind D.A.R.Y.L.s besondere Fähigkeiten. Er lernt vor allem Spiele durch bloßes Beobachten und erlangt schnell Meisterschaft in “Pole Position”, im Baseball, im Klavierspiel. Er lernt spielend Autofahren, Flugzeugfliegen. Modelllernen durch Medien spielt dabei eine besondere Rolle für ihn (und andere Roboter). Er wiederholt seine rasante Pole-Position-Fahrt auf der Flucht vor dem Militär auf der Autobahn, fährt Stunts nach, die er kurz zuvor im TV gesehen hat. D.A.R.Y.L. ist multitaskingfähig, schaut gleichzeitig drei Filme, spielt zwei Spiele (”Caverns of Mars” und “Missle Command”) und betrachtet Lissajous-Figuren - die vielleicht rudimentärste Computer-Kunst.
Sein Verhältnis zu Computern und Roboter ist jedoch zwiespältig: “I can read what a computer is doing”, beschreibt er seine Fähigkeiten, z. B. Bankautomaten zu manipulieren. Doch als er im TV einen alten Roboter-Film sieht, ist auf einmal alles um ihn herum vergessen (sogar die Funk-Berichte seines Freundes über das “nuttige” Verhalten von dessen großer Schwester). Bekommt D.A.R.Y.L. in diesem Moment, ein Bild davon, wie es sich anfühlt als Mensch mit ihm sozial und emotional zu interagieren?

* Catrin Misselhorn: Empathy and Dyspathy with Androids. Philosophical, Fictional and (Neuro-) Psychological Perspectives, erscheint in: Between Nature and Culture After the Continental-Analytical Divide. Konturen 2 (2009).
#436
Geschrieben 09. Juni 2009, 15:29
Was passiert, wenn man Kirk Douglas und Harvey Keitel in einem Film sperrt, in dem sie sich um Farrah Fawcett streiten, sieht man an "Saturn 3": Der Roboter gewinnt - fast; und nur Farrah Facett überlebt. Das Ganze fängt so an, dass der Wissenschaftler Adam (K. D.) und seine Assistentin Alex (F. F.) auf der Raumstation "Saturn 3" fernab von der Erde eine illegale monogame Beziehung pflegen. Er ist ständig im Frottee-Morgenmantel unterwegs, sie nur in spärliche weiße Laken gehüllt. Als der kriminelle Roboter-Händler Benson (H. K.) die Station aufsucht, um sein neuestes Roboter-Modell, "Hektor" - einen Prototypen aus der "Halbgott-Serie" zu verkaufen, verguckt er sich gleich in Alex. Die will ihren Körper aber nicht zur Benutzung durch Benson freigeben und so entwickelt sich ein zuerst subtiler, dann immer schärfer ausgeführter Hahnenkampf zwischen den beiden Männern um das weibliche Territorium.
Zwischendrin geht es aber auch noch um "Hector", der durch eine ganz besondere Methode programmiert wird: "Direct Input" heißt diese, bei der Funksignale, die über einen Transmitter in der Halswirbelsäule von Benson Daten und "Einstellungen" an die Maschine übermittelt werden. Der Roboter lernt so Schach spielen, Splitter aus Augen zu entfernen und geil auf Alex zu sein. Damit ist das Chaos natürlich komplett, denn jetzt sind drei Typen, die sich für die ultimativen Love Machines halten, hinter der Schönen her. Benson fällt dabei zunächst - das Frankenstein-Motiv will das so - seiner Kreatur zum Opfer. Diese enthauptet ihn und stülpt sich seinen Schädel selbst über, um die Daten noch direkter empfangen zu können. Für Adam und Alex beginnt eine kurze Zeit der Versklavung, bis Adam einsieht, dass es besser ist, keiner bekommt die viel jüngere Alex und er mit Hector ins Wasser springt.
Die Dreiecksbeziehung soll wohl nicht zufällig durch die Namenswahl des Roboters an die alte Hektor-Achilles-Athene-Geschichte erinnern - es wird sogar ein paar mal im Film drauf angespielt, freilich ohne dass Konsequenzen für Hektors Verhalten daraus folgen würden (so sehr ähnelt er seinem Homer'schen Vorbild dann auch nicht). "Saturn 3" bringt die Roboter-Sex-Thematik zu ihrem Höhepunkt. Kein anderes Thema bestimmt die Handlung so sehr, wie, wer Alex im Wortsinne "in die Finger" bekommt. Das utopische Drumherum scheint nur dazu zu bestehen, eine polygame Zukunft zu behaupten. Im Großen und Ganzen also wenig neues - achten wir also auf die Details.
In "Saturn City" tauchen einige spannende Technologie-Fiktionen auf, die erst Jahrzehnte später wieder eine Rolle spielen werden. So etwa der "Plug", mit dem die Maschine direkt an das ZNS des Menschen angeschlossen werden kann. Dass sich im Falle Bensons nicht nur Daten (Knowing that), sondern auch Sturkturen (Knowing how) übertragen, ist die Misere des Films: Benson ist psychisch labil, deshalb durch einen Eignungstest als Pilot gefallen und straffällig geworden. Der kurze Prolog des Films sollte ihm das als Charakterfärbung mit auf den Weg geben. Als Hektor zusammenmontiert wird, bekommen wir ein paar Close-ups seines Innenlebens zu sehen. Während Benson mit Hektor Bewegungsharmonie-Übungen macht wabern neben der grünen Leuchte "Direct Input" abermals Lissajous-Muster über einen kleines Oszilloskop. Diese Grafiken (und das Gerät überhaupt) sind Ikons für Elektronik-Darstellungen im Film - sichtbar gemachte harmonische Spannungsverhältnisse.
Diese Spannungen sind ja nun auch sprichwörtlich in "Saturn City" zu finden - als sexuelle und aggressive Dissonanzen, also - anders als im Oszilloskop - durchaus nicht harmonisch. Wer sich in der Erzeugung dieser Lissajous-Grafiken etwas auskennt, wird in der Abbildung schnell das Muster wieder erkennen: Es handelt sich um zwei Frequenzen im Verhältnis 3:4 - zwei Zahlen, die auch im Film ihre Entsprechung haben. Aber ich will das "Muster" mal lieber nicht überreizen und ende lieber mit ein bisschen optischer Harmonielehre:
#437
Geschrieben 12. Juni 2009, 11:51
Leider bleibt die Story etwas hinter den Hardcore-Einlagen, die es überreichlich in “Der Porno-Fotograf” zu sehen gibt, zurück: Es geht um einen Fotografen und seinen Freund, mit dem er zusammen einen Bildband “Schulmädchen 1977″ veröffentlichen will. Das Casting für den Band gestaltet sich nicht schwierig und zwischendrin gibt es für beide Männer genügend Gelegenheiten, die Models näher kennenzulernen. Doch der Fotograf hegt überdies Interesse an der Schülerin Miriam, die er in einer Disko kennengelernt hat. Zwischen beiden entwickelt sich eine (zugegeben sehr offene) Beziehung.
Interessant ist am Film zweierlei: Zunächst arbeitet “Der Porno-Fotograf” wie kein zweiter mir bekannter Pornofilm mit Verwechslungswitzen, sprich Doppeldeutigkeiten, sprich Zoten. Die meisten davon sind der Medien-Branche (eben der Foto- und Verlagssprache) entlehnt. Zweitens gibt es im Film mehrere Traumszenen, die natürlich immer Hardcore-Szenen sind, in denen sich die Fantasien der Träumer im Bild realisieren. Erstaunlich ist dies, weil sich die Fantasien ja auch in deren Alltag in die Tat umsetzen ließen – außer bei einer Traumszene Miriams, die ich für mein derzeitiges Roboter-Projekt besonders interessant finde und hier mal als Tondatei präsentieren möchte. (s. u.)
Nicht nur fügt sich dieser Traum-Dialog in die Verwechslungswitz-Struktur des Films ein, er offenbart auch die metaphorische Verschiebung technologischer Begriffe und Konzepte im Computer-Film. Es ist eben nicht bloß ein Sprachspiel, wenn Robbi von “Spannung”, “Stromstoß”, “Sicherung”, “Frequenz-Abgleich” oder “Schwingkreis” spricht – es birgt auch den gegenständlichen Ursprung technologischer Metaphern.
Hier nun die Tondatei zur oben abgebildeten Szene (Achtung, Hardcore-Geräusche – wenn auch im Synchro-Studio entstanden!):
#438
Geschrieben 17. Juni 2009, 10:52
Die Welt steht am Rande des atomaren Abgrunds, weil sich die Regierenden der USA und UdSSR nicht einigen können, welche Nation die besseren Pornos produziert. Nach einem Telefonat der beiden Oberhäupter löst der “Ivan”, wie er freundlich im Film genannt wird, den Dritten Weltkrieg aus – vorerst noch mit konventionellen Waffen.
Drei recht unterschiedliche französische Paare planen das Wochenende – vielleicht das letzte, das sie erleben werden – zusammen in einer Villa zu verbringen. Während draußen Kampfverbände näher rücken und die Einschläge der Bomben und Granaten lauter werden, entspannt sich drinnen ein Geflecht aus Intrigen, Lügen, Grausamkeiten und Sex. Der Gastgeber, ein erzkonservativer Nachrichten-Mann, der von sich behauptet, die von ihm stets gepredigte Enthaltsamkeit hätte den Krieg verhindern können, wird von seiner Freundin – eigentlich eine bezahlte Prostituierte – vor seinen Gästen mit Schmalfilm-Aufnahmen kompromittiert, die ihn bei seinen sexuellen Ausschweifungen zeigen. Ein Industrieller nutzt die Vorführung, um sich zuerst am Kindermädchen, dann an seiner Sekräterin zu vergehen. Der Sohn des Hauses, der zu dem Kindermädchen ein masturbatorisches Verhältnis unterhält, entpuppt sich als Transvestit und zuletzt, als sich alle in ihren libidinösen Zwängen offenbart haben, kommt es zur Orgie.
Zwischendrin sehen wir immer wieder Fragmente der Rahmenhandlung, die erklären, wie der Krieg eskaliert, wie sich die beiden Staatschefs in immer absurdere Streitigkeiten verfangen. Und schließlich, als sich beide Männer willige Frauen in ihre Kommandozentralen bringen lassen (der US-Präsident telefoniert seine Lieblingsschauspielerin Linda herbei, deren Film “mit der Klitoris im Hals” dem Russen so ganz und gar nicht gefallen wollte), kommt es zum Äußersten: In orgiastischer Verzückung drückt der Sovjet den Roten Knopf und Linda, als ihr nach dem Sex langweilig ist, spielt ebenfalls an der amerikanischen Atomraketen-Startapparatur herum – mit fatalen Folgen: Am Ende sehen wir, wie sich die Orgien-Gesellschaft in der Hitze des Atompilzes auflöst.
Natürlich könnte man “Shocking!” als Pornokomödie mit abstrusem politisch-ideologischem Hintergrund sehen; die Sequenzen mit den beiden Regierungsoberhäuptern legen dies nahe: Die seltsamen Streitthemen werden von lächerlichem Akzent, alberner Musik und einer angedeuteten Trunksucht (wobei der Russe Whiskey, der Ami Wodka trinkt) begleitet. Selbst die zahlreichen einmontierten Kriegsbilder (Filmausschnitte aus der Vietnam-Kriegsberichterstattung!) ändern daran zunächst nichts, weil sie kontrapunktisch von einer etwas übermotivierten Nachrichten-Sprecherin kommentiert werden. Der Ton schlägt jedoch jäh um, wenn sich die Handlung wieder auf die Wochenend-Gesellschaft konzentriert. Die Konflikte wirken echt, der Soundtrack wechselt zu mysteriöser Orgelmusik mit düsterem Choral, die Kamera wird agil, die Körper winden sich. Hier scheint der Film eine allegorische Potenz zu offenbaren, die sich dann wieder auf die Rahmenhandlung überträgt und aus dieser motiviert. Der Kalte Krieg als heißes Intrigenspiel.
“Shocking!” ist bislang die überzeugendste Porno-Variante vom Weltuntergang, die ich gesehen habe. Trotzdem sich vieles nur “um das Eine” dreht, bekommt der Film gerade durch seine formalästhetischen Elemente eine ganz besondere Dynamik. Es ist sicherlich auch dem recht frühen Produktionsjahr 1976 zu verdanken, dass hier noch viel Wert auf die Figurenentwicklung und den Plot gelegt wurde und sich die Hardcore-Szenen im Zeitvergleich mit dem “Dazwischen” deutlich geringer ausnehmen. Als Randnotiz ließe sich noch die vielseitige Verwendung des Telefons im Film bemerken – es dient dem “Konfliktaufbau” zwischen den beiden Präsidenten (und ist dann natürlich rot), es dient zur Masturbation und zur erotischen Konversation. Nur wirklich miteinander reden kann man damit in “Shocking!” nicht.
Die recht ausführliche “Film im Film”-Sequenz, in der das geheime Filmmaterial über den Nachrichten-Mann vorgeführt ist, zeigt zudem einige sehr schöne Inszenierungstricks, die immer wieder und immer schneller zwischen dem Apparat (ein 8-mm-Projektor), der Projektionsleinwand und den Körper der Zuschauer wechselt, um den Übersprung des Affektes von der Maschine über das Bild zum Körper zu zeigen. Die Parallel-Montage am Schluss, in der sich die Orgien-Gesellschaft stroboskopartig mit dem Bild des wachsenden Atompilzes überlagtert, liefert hierzu das Gegenbild: Wo der “Film im Film” orgiastischer Initialzünder war, verbrennt die Atombombe am Ende alle Lust.
#439
Geschrieben 17. Juni 2009, 11:21
Das habe ich nicht erwartet: Ein deutscher Serienmörderfilm, der noch einmal eine ganz eigene Sprache entwickelt, sich nicht an Genre-Verbindlichkeiten hängt und vor allem nicht amerikanisch aussehen will. Der Titel "Lieben" ist Programm: Der Serienmörder tötet Frauen aus dem Drogen-Milieu, er lockt sie zu sich nach Hause, erwürgt sie und behält sie dort, um ihre Leichen einige Tage lang sexuell zu missbrauchen. Dann zerteilt er die Körper in der Badewanne und entsorgt sie in der Kanalisation. Als er durch Zufall die Mutter einer seiner Opfer kennenlernt, scheint seine Geschichte eine dramatische Wende zu nehmen - tut sie aber nicht, denn die Frau wird ebenso in das Serien-Prinzip integriert.
Der Plot klingt nach einem Reißer - aber "Lieben" ist genau das Gegenteil davon. Der Rhythmus ist tragend, die fokalisierte Figur ist der Täter, sein Leid, nicht trauern zu können und deshalb zu töten, wird unangenehm nachvollziehbar. Der Täter ist auch keine Bestie - er schreckt einige Male zurück, bevor es zum äußersten kommt, weil ihm Empathie entgegenschlägt, die er erwidert.
Trotzdem bleibt der Film wohl problematisch, gerade weil er das zentrale Thema, den Sex mit toten Frauenkörpern, nicht ausspart, sondern sogar schon fast pornografisch inszeniert. "Lieben" ist damit ein cineastisches Wechselbad, für ein Erstlingswerk keine schlechte Strategie. Dass auf der DVD Jörg Buttgereit mit dem Regisseur sowohl im Audiokommentar als auch in einem Interview zum Thema fachsimpelt, ist naheliegend.
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