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The retina of the mind's eye - Filmforen.de - Seite 15,6333333333

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The retina of the mind's eye


454 Antworten in diesem Thema

#440 Hick

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Geschrieben 22. Juni 2009, 20:31

Randy (USA 1980, Phillip Schuman) (VHS)

"How much can a poor computer be expected to take?" Das ist die Frage, die sich nicht etwa die Wissenschaftler und Ärzte der Orgasmus-Klinik stellen, sondern der Computer selbst. Der führt nämlich ein Programm aus, das Frauen zum Höhepunkt verhelfen soll, wertet somatische Reaktionen aus, berechnet genitale Anwendungen und Therapien, die die Ärzte der Klinik dann durchführen. Sie rechnen nicht mit dem Besuch von Randy, denn bei der jungen Frau schlägt die Behandlung besonders gut an. Schon nach kurzer Zeit findet man in ihrem Blut einen lange Zeit gesuchten Botenstoff, das absolute Aphrodisiakum, das in immer größerer Menge gewonnen wird und als Stimulanz für Sie und Ihn auf dem Markt gebracht werden soll.

Wie bei vielen Mad-Scientist-Fiktionen geht aber auch dieser Fortschritt zum Besseren nicht ohne Probleme ab. Es ist eine offenbar deutschstämmige Mitarbeiterin des Institutes, die Randy und ihr Sekret zur Weltherrschaft missbrauchen will. Ihr gelingt es, die Ärzte zunächst unschädlich zu machen und die Geilheit der Patientin schamlos für ihre Zwecke auszunutzen. Doch wie so oft, wendet sich das Schicksal und am Ende gewinnt das Gute, als die übrigen Patientinnen ihrer gefesselten, geknebelten und von einer gnadenlos hämmerndenen Sexmaschine penetrierten Gesellin zu Hilfe eilen - sie verabreichen der bösen Ärztin und ihrem düsteren Gehilfen eine Überdosis des Organsmusmittels, woraufhin diese übereinander herfallen und es bis zum Umfallen miteinander treiben.

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Das also ist ein Stimulationsraum: Ein abgedunkeltes Ärztezimmer, in dem - auf Liegen gefesselt - junge Frauen mithilfe von Maschinen zum Orgasmus befördert werden. Drähte am ganzen Körper, Monitore überall, Kameras, die in die Kontrollräume nebenan genaue Bilder zur Analyse liefern. Alles überwacht von einem Computer, der laut denken kann, der die menschliche Libido in- und auswendig kennt und sie selbst bald schon über hat. Die Mitarbeiter indes lassen sich von all dem Treiben auf den Bildschirmen immer aufs Neue stimulieren. Zwar ist heterosexueller Verkehr in der Klinik verboten, doch solche Verbote lassen sich ja bekanntlich nicht lange aufrecht erhalten. Nur Dr. Harrison, der grundgute Wissenschaftler mit Ethos, bleibt enthaltsam. Die Mädchen bedrängen ihm in einer Behandlungspause mit der pornografischen Frage schlechthin: "Those filmes makes you think all there is to life is sex. What about you Dr. Harrison? Don't those films have affect on you?"

Er antwortet, wie es nur ein Wissenschaftler kann, der sich nach den Geboten der Objektivität vollständig von seinem Forschungsgegenstand emanzipiert hat: "Sometimes. [...] When I'm in the lab I'm working. [...] Well, if you really want to know: pornographic films don't excite me. I think it's because they're all so crude. Oh, I suppose, some of the girls are attractive enough. But there's no way to really ... to relate to them. Because there is never any story. And without a story you don't know anything about a girl. She becomes an object. I simply never been sexually attracted to someone that I didn't already know and like."

Es ist schon eine seltsame Mischung von Menschen, die da in der Sexklinik aufeinander trifft. Und dann der Computer, der die Fäden in der Hand hält und alle Daten, die auf ihn einströmen, kommentiert. Der Film versucht ihm einen Körper zu geben, zeigt rotierende Magnetbänder als Augen, Lochkarten-Drucker als seinen Mund. Er und Dr. Harrison sind die einzigen, die dem Treiben tatenlos zusehen dürfen; der eine, weil er die Handlung dazu schreiben muss, der andere, weil er sich darin vermisst.

#441 Hick

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Geschrieben 22. Juni 2009, 20:39

The Hurt Locker (USA 2008, Kathryne Bigelow) (PV Delphi Berlin)

Einer der spannendsten Filme, die ich bislang dieses Jahr zu Gesicht bekommen habe. Vom Krieg als einer großen Erzählung zu berichten, die die kleine Erzählung der darin verwickelten strukturiert, ist passé. Bigelow filmt im Gefolge von Brian de Palmas "Redacted" und Ari Folmans "Walz with Bashir". Der Krieg ist eine Kette von Episoden, in der sich die Soldaten und die Zivilisten treffen und wieder verlieren. Kleine Dramen zu Ende zu erzählen ist keine Zeit oder kein Raum. Die Zeit läuft rückwärts und jeder hofft, bei Null anzukommen. Dass Bigelow einen Film über ein Bomben-Entschärfungskommando zumeist mit der Handkamera und dem Teleobjektiv filmt, so als wären wir diejenigen, die durch ein Zielfernrohr schauen, um den tödlichen Schuss abzugeben und die Explosion der Bombe aus nächster Nähe zu erleben, ist schon fast eine Gemeinheit. Aber es macht den Film so intensiv und erlebnisreich wie nur selten einen Kriegsfilm zuvor (mit Ausnahme der beiden eben genannten).

#442 Hick

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Geschrieben 06. Juli 2009, 15:20

The Thing from another World (USA 1951, Christian NyBy) (DVD)

Zum Abschluss des postapocalypse.de-Wochenendseminars habe ich mir mit Patrick einen Paranoia-SF angesehen: “The Thing”, einen der wichtigsten und einflussreichsten Beiträge aus den 1950er-Jahren. Natürlich kann man Nybys Film als Versuch des Produzenten Howard Hawks sehen, seine Western-Thematik nach Alaska zu prologieren, aus den “Bandits” einen Außerirdischen zu machen und die eingeschworene und eingesperrte Gemeinschaft – wie etwa in “Rio Bravo” – mit einer scheinbar unlösbaren Aufgabe zu konfrontieren. So richtig interessant wird es aber erst, wenn man die Basalstruktur dieser Erzählung(en) offenlegt. Und der Film bietet dafür sogar ein Bildmotiv: den elektrischen Strom:

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Anders als in den Western ist das Alien nämlich ein Feind, der eine dritte Kategorie vertritt, die sich der den Protagonisten bekannten Dychotomie von Freund-Feind zunächst entzieht. Dass die Wissenschaftler das Alien am ehesten mit einer Pflanze vergleichen würden, macht dieses Einordnungsproblem schon plastisch. Das Monster ist “neutral”: Es ist weder Tier noch Mensch, weder Mann noch Frau. Dass es das Blut der Menschen für Ernährungszwecke missbraucht, deutet einer der Wissenschaftler (die wie immer im Konflikt mit den Militärs stehen, wenn es um die Frage geht, was mit dem “Feind” zu machen sei) als nicht-feindschaftliches Verhalten. Es ernähre sich: “Es verhält sich uns gegenüber wie wir uns gegenüber einem Weizenfeld.” Das Monster muss also zunächst “polarisiert” werden, also zwischen zwei Pole gebracht werden.

Hierzu wird eine Stromfalle aufgestellt, in die es tappen soll. Dass es zunächst neben dem stromleitendenden Weg her läuft, anstatt auf dem elektrischen Feld zu wandeln, ist wiederum sinnbildlich. Als es sich jedoch endlich zwischen Anode und Kathode befindet, kann es vernichtet werden, indem die Generator-Spannung von 50.000 Volt durch seinen wohl ursprünglich nur schlecht leitenden Pflanzenkörper hindurch gejagt wird, in ihm (endlich!) eine Elektrolyse stattfindet, sich positive von negativen Teilchen separieren, es polarisiert wird und damit der bipolaren Dichotomie der Logik des Kalten Krieges untergeordent wird.

Denn um den “Kalten Krieg” geht es eigentlich in “The Thing”. Alaska, den Russen abgetrotzt und diesen ganz nahe, ist der Handlungsort. Das Ufo des Aliens wird zunächst für ein feindliches Flugzeug gehalten. Was man als seine “Ladung” annimmt, zeigt sich schon dadurch, dass Geigerzähler in Position gebracht werden, als man sich ihm nähert. Und als sich das Alien dann auch noch selbst als radioaktiv erweist – immer wenn es sich nähert, schlägt der Geigerzähler aus – ist schnell klar, dass es sich um eine wandelnde Kriegsmetapher handelt. Radioaktivität ist ionisierende Strahlung, die entsteht, wenn das “atomare Gleichgewicht” zwischen positiv geladenen Protonen und negativ geladenen Elektronen durcheinander gebracht wird. Das strahlende Alien ist zwar selbst unpolarisiert, polarisiert aber seinerseits. Physikalische und politische Metaphorik im Gleichschritt.

“The Thing” spiegelt dieses Motiv noch an zwei weiteren Figuren: Zum einen zeigt es einen “Captain”, der sich offensichtlich in einer nicht-definierten emotionalen Situation bezüglich einer der anwesenden Frauen befindet. Er findet sie anziehend und abstoßend gleichzeitig. Seine ganze Umgebung versucht ihn zu ihr hin zu treiben, irgendwie den Mann in ihm zu wecken, der sich der Frau nähert und sie heiratet. Das geht so weit, dass sich die Frau ihm selbst wie Sauerbier anbietet, unverholen von Hochzeit und vom Kinderkriegen spricht. Der Captain will davon aber erst etwas wissen, nachdem er das Monster besiegt hat. Erst dann scheint er sich über seine Polung vollständig klar zu sein.

Eine andere, eher dem Alien gemäße dritte Macht spielt im Film ebenfalls eine Hauptrolle: Es ist ein Journalist anwesend, der der Öffentlichkeit, “der ganzen Welt”, wie er sagt, liebend gern berichten würde, es aber nicht darf. Er muss seine Story so lange zurück halten, bis er selbst seine neutrale Position verlassen hat, ebenfalls polarisiert wurde und dann, ganz im Sinne der US-amerikanischen Verteidigungsdoktrin den Schlusssatz äußert: “Watch the Skies!” Dazu musste er nicht erst elektrifiziert werden, es hat gereicht, ihm zu ziegen, was mit mit Unparteiischen passiert, wenn sie zwischen die Pole geraten.

#443 Hick

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Geschrieben 21. Juli 2009, 13:56

Nummer 5 lebt! (Short Circuit, USA 1986, John Badham) (DVD)

Schade, dass der Film in der deutschen Fassung einen anderen Titel bekommen hat – die grundsätzliche Problematik, dass aus einem elektrischen Unfall Leben hervor geht, geht in der Umtitelung zumindest verloren. “Nummer 5 lebt” bereichert das Roboter-Thema um zwei wesentliche Motive:

Der erste ist der schon erwähnte Unfall, wie so oft ist es ein Blitzschlag, der Totes lebendig macht und einer der Wissenschaftler spielt in seiner Aussage ("Vielleicht hast du einen neuen Frankenholz kreiert!") ja auch dadrauf an. Das neu entstandene Leben resultiert also aus einer Spannungsspitze, einer Überladung, einem Kurzschluss – wie in “Electric Dreams” – und es hat die selben Konsequenzen: “Die Module spiel’n verrückt“! Roboter Nr. 5 lernt zu begehren, verliebt sich in seine Finderin Stephanie, macht schlüpfrige Anspielungen auf Basis der ihm einprogrammierten Robotersprache (”attraktive Software!”). Zuerst muss er sich jedoch selbst erkennen und dazu gehört nach Lacan ein Durchgang durchs Spiegelstadium. Der findet statt, als der Roboter anhand eines Monitors bemerkt, dass er einen Sensor mit sich herum trägt, mit dem ihn seine Verfolger orten können. Er entfernt den Sensor aus seinen Eingeweiden, wirft ihn fort und rauscht jubilierend mit dem Auto ab. (Ganz zum Schluss wird er sein Selbstbewusstsein damit besiegeln, dass er sich – wie “Edgar” in “Electric Dreams” – selbst einen Namen gibt.)

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Nach der Spiegelphase folgt konsequenterweise der Übergang von der imaginären in die symbolische Sphäre und der Roboter lernt die Sprache zu nutzen. Gerade dieses Moment wird vom Film als besonderer Ausweis für Leben diskutiert und von allen Protagonisten thematisiert: “Er hat gesprochen wie ein richtiger Mensch”, stellt einer seiner Erbauer fest und Stephanie entgegnet auf seine Bemerkung mit der “attraktiven Software”: “Ich muss schon sagen, dass er sehr gut spricht für einen Viertägigen.” Wäre also nicht sein Aussehen, dass ihn am deutlichsten von seinen menschlichen Antagonisten unterscheidet, er würde den Turing-Test mit Auszeichnung bestehen.

Die Physiognomie des Roboters erinnert an die KISMETs – seine Gesichtszüge, vor allem die Lid-Klappen scheinen darauf hin ausgelegt zu sein, menschliche Mimik und damit Emotionen zu simulieren. Dass er “der absolute Soldat” ist, als den die Militärs ihn vorstellen, muss dieser Tatsache gar nicht widersprechen, denn im Zeitalter der Simulation ist informationelle Täuschung die erste Kriegstaktik. Leider aber hat Nummer Fünf diese Fehlfunktion, die ihn quasi-moralische Feststellungen machen lässt. Schnell lernt er den Unterschied zwischen lebending und tot und kann sich damit selbst als “alive” definieren.

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Er entwickelt eine Moral, die auf Basis dieser Dualität von tot/lebendig sämtliche Fakten seiner Umwelt neu gruppiert und stellt sich so in Konkurrenz zum Militär und einer militärische Logik, die das factum brutum gerade zu vertuschen versucht: Es setzt ihre Kriegsroboter bei der Präsentation dazu ein, Gin-Tonic-Cocktails (mit einem Spritzer Zitrone) zu mixen, um seine Zuschauer (und Finanziers?) von der Qualität der Technologie zu überzeugen. Dass Nummer Fünf dies enttarnt, indem er ihren euphemistischen Sprachgebrauch (”disassemble”) mittels Thesaurus (”zerstören, eleminieren, töten, …”) rückübersetzt, macht ihn ja gerade so gefährlich. Zwar ist er nur simuliertes Leben, aber dadurch, dass er selbst nicht akzeptiert, dass er nur simuliert ist, ist er für das Militär damit genauso gefährlich wie jeder andere Pazifist auch.

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#444 Hick

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Geschrieben 21. Juli 2009, 16:33

Electro Sex 75 (USA 1971, Mike Henderson) (VHS)

1971 hat man über die Zukunft des Sex offenbar genauso gedacht, wie vorher und später auch. Die Vision Hendersons greift - zumindest dem Titel nach - nur vier Jahre voraus und präsentiert uns einen Erfinder, der seinem Freund seine neueste Errungenschaft vorstellt: drei Sex-Roboter mit den sinnfälligen Namen Alpha, Beta und Gamma (imdb weiß noch von einer Delta, die ich jedoch nirgends gesehen habe).

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Der einstündige Film besteht aus vier Hardcore-Sexszenen, von denen anfangs zwei parallel ablaufen: Der Erfinder mit Alpha und Gamma, sein Kumpel nebenan mit Beta. Hernach treffen wieder alle zusammen und der Erfinder schwärmt: "They are not only programmed to fuck ..." Dann holt er die Peitsche raus und beide haben erweiterten Spaß mit den fuck machines. Das Ganze läuft abermals auf eine Orgie hinaus, doch an deren Ende wendet sich das Blatt: "We will fuck you always", droht eine der Roboterinnen, als die Herren, bereits in der Refraktärphase, um Pause bitten. Nicht mal die Notausschaltung hinter dem rechten Ohr funktioniert mehr und so töten die drei Roboter-Frauen die Männer, indem sie sie mit dem Mund kastrieren.

Der überaus billige Film versucht hier eine protestantische Ethik gegenüber den Sex-Objekten zu konstruieren: Roboter können zwar immer, aber kennen dabei kein menschliches Maß. Sie wissen viel über Sex ("Master, I can suck and fuck. I know 400 different ways to make you come. I was created only for your pleasure", berichtet Beta ihrem Liebhaber, der hinterher davon überzeugt ist noch nie "etwas" besseres im Bett gehabt zu haben) - dieses Wissen ist jedoch tödlich. Dass die Lust in Gewalt umschlägt, ist keine qualitative, sondern lediglich eine quantitative Störung im Programmablauf. Daran hat aber niemand anderes als der Programmierer selbst Schuld, der die Roboter zwar darauf hin konstruiert hat, jeden Befehl auszuführen, jedoch das "Break"-Kommando nicht in die Parser übernommen hat.

#445 Hick

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Geschrieben 22. Juli 2009, 11:20

The Orgy Machine (USA 1972, N. N.) (DVD)

Ein früher John-Holmes-Film – abermals nur etwa eine Stunde lang aber mit beachtlichen acht Hardcore-Sequenzen. Die Rahmenhandlung ist jedoch entscheidend: Der (offenbar österreichische) Psychiater Werner von Sperm hat eine Orgien-Maschine erfunden – ein Teleskop, das so umgebaut ist, dass man damit durch Wände schauen kann, und einer darauf befestigten Strahlenkanone, mit der er erotisierende Wellen abschießt. Die genaue Funktionsweise der Kanone beschreibt er ausführlich selbst:

Zitat

The atomic visual seperator penetrates the atomic structure of the walls. And it’s hooked up with a television camera. And I’m able to see the people. Very simple. All the gouvernments should do this. They could see through the walls. (unverständlich) Once the device is pointing properly I turn on the brain frequency generator which burst immits the alpha waves with a billion cycles per second making the people feel love. Real love! Than by turning on the beta factor – the sex brain frequency – the action begins.

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Mit “action” meint er natürlich Sex. Seine Maschine soll die Menschen von der Arbeit abhalten und sich sexuellen Ausschweifungen hingeben. Auf diese Weise will er von den Regierungen der Welt Milliarden Dollar erpressen, weil die Wirtschaften beim Dauererinsatz seiner Maschine natürlich zusammenbrechen würden, wenn alle nur noch das Eine tun (anstatt nur daran zu denken). Bald jedoch ist der Wissenschaftler selbst sehr angetan von dem, was er sieht, und plant die Maschine nun auch für persönliche libidinöse Interessen einzusetzen.

Dass die Orgien-Maschine durchaus in der Lage ist das soziale Gefüge ins Wanken zu bringen, verdeutlichen die Situationen und Konstellationen, die in den acht Sex-Sequenzen dargestellt werden:

  • Skopophilie: Eine Frau auf einem Schiff beobachtet ein kopulierendes Paar und onaniert.
  • Sex am Arbeitsplatz: Ein Chef schläft mit seiner Sekretärin im Büro.
  • Sex in der Refraktärphase: Kurz nach dem Koitus wird ein erschöpftes Paar durch die Strahlen zu erneuter “action” bewegt.
  • Vorehelicher Sex: Zwei Jungverlobte können strahlenbeeinflusst nicht mehr bis zur Hochzeitsnacht warten.
  • Orgie: Der Chef aus Szene 2 hat abermals Sex – nun jedoch mit zwei Frauen.
  • Sex in der Öffentlichkeit: Ein in einem Swimmingpool schwimmendes Paar wird von den Strahlen getroffen und beginnt noch im Wasser mit dem Liebesspiel.
  • Missbrauch: Ein Artz und Angestellter Werner von Sperms verführt eine Patientin, die in psychiatrischer Behandlung bei ihm ist.
  • Bisexualität und Gotteslästerung: Drei Bibelschüler (zwei Männer, eine Frau) unterbrechen ihre harmlose Freizeitbeschäftigung und fallen übereinander her. Dabei kommt es auch zu schwulem Sex.

Die Macht der Maschine scheint also unbegrenzt – sie setzt die Triebe frei, die durch die Kulturalisation unterdrückt worden sind und sprengt die Vorstellungen von “normalem” heterosexuellem Sex. Die Maschine fungiert dabei als Katalysator und gleichzeitig als Re-Kulturalisation, denn es ist ja schließlich Technologie, die all dies verursacht: “Their brain cells are impregnated with my sex machine – completely impregnated!” Dass diese Verschmelzung von Organ und Maschine nicht lange gut geht und die orgy machine – wie das ähnliche Modell in “Randy” – irgendwann den Geist aufgibt, erscheint fast zwangsläufig. Am Ende der achten Sequenz kommt es zum Kurzschluss und zur Explosion. Der Film endet mit dem Bild einer Atomexplosion. Ob man dieses Ende dann jedoch als “bad” oder “happy” (die Kettenreaktion und Bombenexplosion also als Bildmetapher) lesen will, bleibt einem selbst überlassen.

Den Schlussmonolog habe ich noch einmal mitgeschnitten, gerade weil er das interessante Sounddesign des Films (Jazzmusik, elektronische Geräusche der orgy machine, Lust-Gestöhne und das gepresste Sprechen des Wissenschaftlers) wiedergibt – und weil sich im Monolog Werner von Sperms all die Doppeldeutigkeiten der naturwissenschaftlichen Terminologie, die der Film präsentiert, offenbart. Abermals warne ich zartbesaitete Leser vor eventuell zu hörenden Sexlauten:



#446 Hick

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Geschrieben 22. Juli 2009, 17:07

Die Frauen von Stepford (The Stepford Wives, USA 1975, Bryan Forbes) (DVD)

Warum bauen wir Roboter? "Weil wir es können." So lakonisch ist die Antwort, die Joanna vom Vorsitzenden des Stepforder Männervereins bekommt, kurz bevor sie selbst durch ein Modell mit größeren Brüsten und kleineren künstlerischen Ambitionen ausgetauscht wird. Und diese Antwort gilt auch für die Frage nach dem Grund der Robotik überhaupt. Es ist eine Sache der Machbarkeit.

Der Film wurde wohl schon so oft in die Debatte um Emanzipation und Feminismus gerückt, dass ich das hier nicht noch einmal wiederholen muss. Einzig auf die Problematik, dass sich Joannas Rekrutierungsversuche für einen Emazipationsclub deshalb schwierig gestalten, weil die anderen Frauen aus dem Ort schlicht keine Lust auf Gleichberechtigung haben, ist ja nun eine Sache, die wir seit Eva Hermann wieder auf dem Tisch haben.

Die Verknüpfung des Roboter-Themas mit dem Motiv Capgras-Syndroms ist naheliegend und die Tatsache, dass der Film vor wenigen Jahren noch einmal recycled wurde, scheint - wie die Remakes von "The Thing" und "Body Snatchers" - vor allem mentalitätsgeschichtliche Gründe zu haben. Alle Jahre wieder müssen wir vom Kino aufgerüttelt werden, damit wir nicht vergessen, dass wir niemandem trauen können - und steht er uns auch noch so nahe. Descartes hat uns auf uns selbst zurück geworfen und dort haben wir auch zu bleiben.

Die Gründe für das Misstrauen jedoch sind dem sozialen und historischen Wandel unterworfen. War es 1975 der Feminismus, so könnte das nächste Remake von "Die Frauen von Stepford" vielleicht die allenthalben unterstellte Islamisierung oder die epidemische Gutmenschentümelei, die nach der letzen Präsidentschaftswahl in den USA um sich gegriffen hat, Grund für die Wiederholung sein.

#447 Hick

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Geschrieben 27. Juli 2009, 12:13

A.I. - Artificial Intelligence (USA 2001, Steven Spielberg) (DVD)

Eigentlich müsste der Film "Artificial Emotions" heißen, denn wenn es in Spielbergs Dyaden-Drama um Intelligent geht, dann eher um sozial-emotionale. Der neuartige Kinder-Roboter David wird auf die kürzlich verwaiste Monica geprägt. Als der totgeglaubte richtige Sohn Monicas jedoch aus dem Koma erwacht, entspinnt sich eine Konkurrenz zwischen den etwa gleichalten Jungs, die dazu führt, dass David in Ungnade bei seinen Zieheltern fällt. Nun ist er zwar ein Roboter, aber einer, der - anders als D.A.R.Y.L. - von vornherein derartig lebensecht wirkt, dass sich die Eltern nicht überwinden können, ihn verschrotten zu lassen und ihn stattdessen im Wald aussetzen. Dort schließt sich David einer Horde freilebender Blechkameraden an und hat nur ein Ziel: Er sucht die Blaue Fee aus dem Pinocchio-Märchen, um ein richtiger Junge zu werden und die Liebe seiner Mutter zurück zu gewinnen. Das gelingt ihm erst nach tausenden Jahren, als Monica und alle anderen Menschen längst von der Erde verschwunden sind: Ein paar Aliens, die um Davids Glück besorgt sind, holen Monica für einen Tag ins Leben zurück und lassen für ihn endlich den dyadischen Mutter-Kind-Traum wahr werden.

Ein ins Mark gehender Film über Familienprobleme und kindliche Bindungsängste. Spielberg dekliniert in A.I. also das Thema vieler seiner Filme ein weiteres mal durch. Und der Roboter dient hier einmal mehr als Platzhalter für so etwas wie Hypermenschlichkeit, denn er ist nicht in der Lage die Trennung zu überwinden und hat nur die Rückgewinnung seines Liebesobjektes im Sinn. Dass damit ein zentrales anthropologisches Phänomen via Science Fiction auf das Mensch-Maschine-Verhältnis appliziert wird, macht A.I. besonders interessant für mich. Lupenrein bildet der Film die Probleme dieser Beziehung ab und wirft die Frage danach auf, wo denn eigentlich der unterschied zwischen "Orga" und "Mecha" ist, wenn Emotionen und Aussehen so echt simuliert werden, dass selbst der Simulierende nichts davon weiß. Das Fanal, das einige Menschen mit den frei herum laufenden Robotern feiern (paradoxerweise nennen sie es "Das Fleischfest") forciert diese Fragestellung nur noch. Denn als David an der Reihe ist, auf recht mittelalterliche Weise hingerichtet zu werden und Todesangst zeigt, entwickelt das Circus-Publikum eine derartige Empathie zu dem Roboterjungen, dass es anstelle seiner den Veranstalter des Rituals steinigt.

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Sehr interessant ist auch der von Jude Law gespielte Liebesroboter "Gigolo Joe", der aufgrund eines Eifersuchtskomplotts zur Flucht aus seinem ansonsten wohl als sehr befriedigend erlebten Berufsleben gezwungen wird. Sein Metier sind sexuelle Dienstleistungen, zu denen auch der kunstvolle Einsatz verführerischer Sprache gehört. Arbeitet David das Thema "Liebe" auf der metaphysischen Ebene durch, mit dem Erkenntnisziel, dass er erst Fleisch werden muss um geliebt werden zu können, so verhält es sich bei Joe genau anders herum: Er erkennt schnell, dass er nicht für das, was er ist, sondern für das, was er tut, geliebt wird und kurz vor seinem Ende bittet er David allen Frauen von ihm zu erzählen, damit er nicht vergessen wird.

Dumm nur, dass David kurz nach dem Gespräch in einen zweitausendjährigen Untersee-Schlaf fällt und die einzige Frau, der er danach begegnet, seine Mutter ist. Und der erzählt man als etwa 10-jähriger freilich nicht von den erotischen Vorzügen der schon erwachsenen Kumpels.

#448 Hick

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Geschrieben 27. Juli 2009, 14:40

Programmed for Pleasure (La femme-objet, F 1980, Claude Mulot) (DVD)

"I wonder if Dr. Frankenstein had the same kind of relationship with his creature." Solch eine Frage kann sich nur ein sehr unbelesener Science-Fiktion-Autor, wie der dreißigjährige, vollbärtige Nicolas (Richard Allen) stellen. Nicolas hat zwei Probleme: 1. Er hat immer Lust. 2. Seine Freundinnen nicht. Als zwei Beziehungen deswegen scheitern überlegt der Autor, dessen Hauptwerk "The Mad Planet" von einem Planeten handelt, auf dem Frauen über die Männer herrschen, kurz und kommt auf die zündende Idee: Ich bau mir eine Roboter-Frau. Sicherlich inspiriert ihn dazu auch der ständig durch Bild tuckernde, piepsende R2D2-Spielzeugroboter: "Science Fiction has gone to turn into real science!"

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Zunächst beginnt er mit einer Planskizze - das wurde ja schon in Stepford so gemacht. Dann geht es ins Labor. Er stellt sich neben eine aufgerichtete, eingeschaltete und deswegen mysteriös blau leuchtende Sonnebank, zieht sich ein weißes Hemd mit bunten Flecken an, legt einen Hebel um und die Kreatur erwacht. Die Roboter-Frau ist immer willig, spricht nie und täuscht jeden Mann über ihre wahre Beschafffenheit. Nicolas probiert das bei seinem Verleger aus und der ist ganz Baff. Er schlägt vor, Kim, so der Name der Kreation, in der Filmadaption von Nicolas' Science-Fiction-Roman unterzubringen: "Kim as an acress? Why not! An actress who can't talk is a dream for any lazy dialogist." Und faul wird Nicolas, der das Drehbuch zu seinem Roman schreiben soll, in der Tat. Er ist nicht mehr bei der Sache, sondern nur noch auf Kim.

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Als die dann allerdings ein Eigenleben entwickelt und vor Nicolas Augen mit anderen Männern kopuliert, wird ihm schnell klar: Ich brauche noch eine Roboter-Frau! Dieses mal wird es eine Schwarze werden. Dummerweise sind die Roboter-Damen aber gar nicht stumm - sie verschwören sich durch seltsames Gepiepse gegen Nicolas, entledigen ihn seiner Fernbedienung und stellen irgendetwas mit ihm an, so dass er nun selbst auf Knopfdruck zur Kopulation gerufen werden kann. Sein ernüchtertes Resümee: "I had become a male object."

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Ein typischer Vertreter des französischen 80er-Jahre-Pornos - bis in die Besetzung hinein. Mise-en-scene und Montage genügen höheren Ansprüchen, sind streckenweise gar verspielt ironisch. Auf der Tonebene arbeitet ein Soundtrack zwischen Free-Jazz und Elektronik-Musik, die sich gleichzeitig nach Jarre, Kraftwerk und Tangerine Dream anhört. Die Figuren bekommen sogar ihr eigenes musikalisches Thema, wie man dann deutlich in der finale Ménage-à-troi hören kann.

Und die Roboter? Die sind ja nur scheinbar ihrem (Sex-)Objektstatus verpflichtet. In Wirklichkeit ist es so, dass Nicolas durch seine Libido programmiert ist und nur glaubt Subjekt seiner Triebe zu sein. Als seine Gespielinnen ihm die Fernbedienung abnehmen ist das nur der Ausdruck jener Gefangenschaft, in der er immer schon gesteckt hat. Irgendwie ist das also auch ein ernüchternder Pornofilm, weil er die Leere des Sex und Ziellosigkeit so deutlich vor Augen führt. Warum Nicolas nämlich immer will, fragt er sich nie. Das er immer kann empfindet er sogar selbst manchmal als Fluch und als er dann immer darf, wird es für alle Beteiligten unendlich langweilig.

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#449 Hick

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Geschrieben 27. Juli 2009, 14:43

Nummer 5 gibt nicht auf (Short Circuit 2, USA 1988, Kenneth Johnson) (DVD)

Aus der Roboter-Thematik holt die Fortsetzung von “Short Circuit” nicht viel mehr heraus als ihr Vorgänger. Einzig das Problem Sprache und die damit verbundenen Möglichkeiten sprachlichen Handlens bzw. der sprachlichen Repräsentation von Wirklichkeit werden noch weiter ausgebaut. So muss der Roboter lernen, was Ironie ist, was Lügen sind und kann dem Inder schließlich Nachhilfe im Flirten geben, indem er ihm bei einem Date soufliert und das Gefühl der Einsamkeit inmitten der Menschenmassen der Großstadt mit ihm teilt.

Die Fortsetzung ist aber auch eine Fortsetzung des politischen Diskurses aus dem ersten Teil. Nachdem der Roboter gelernt hat Pazifist zu sein (im zweiten Teil bekundet er dies durch zahlreiche Greenpeace-Aufkleber), lernt er im zweiten Teil Amerikaner zu sein. Sein größtmöglicher Sprechakt wird dann nämlich am Ende vollzogen, als sowohl Ben als auch Nummer 5 in die USA eingebürgert werden – indem sie den Fahneneid sprechen. Man kann sich das Lachen beinahe nicht verkneifen: Die Erlangung der Bürgerrechte wird repräsentiert durch die Vergoldung des Äußeren.

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#450 Hick

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Geschrieben 30. September 2009, 17:53

I, Robot (USA 2004, Alex Proyas) (DVD)

Kaum zu glauben, aber der Roboter-Artikel, der den Abschluss meiner "Computer im Film"-Reihe bei telepolis bilden wird, steht kurz vor der Vollendung. Den Stoff, der das Thema Robotik wie kein anderer zusammenfasst, konnte ich dabei natürlich nicht auslassen; zumal die Vorlage von Proyas' Film die gesamte Motivgeschichte beeinflusst haben dürfte.

Mensch und Roboter finden sich in "I, Robot" beide in einem Dilemma wider, dessen Ausgang durch psychische Konflikte versperrt ist: Spooner ist eigentlich gezwungen Roboter zu mögen, weil sie ihm das Leben gerettet haben, er hasst sie aber, weil seinetwegen ein Kind gestorben ist, was er auf die "kalte Logik" der Maschinen schiebt. Roboter Sonny wird durch seine Programmierung gezwungen, Menschenleben zu wahren, ein höheres Ziel verlangt von ihm jedoch einen Mord, was der zusätzlich in ihn einprogrammierten Philanthropie ziemlich entgegensteht. Als beide aufeinander treffen, kollidieren auch zwei ethische Systeme, ein (ziemlich reduzierter) Präferenz-Utilitarimus auf der Roboter-Seite und ein irrationaler (oder besser: hyper-empathischer) Humanismus auf der menschlichen Seite. Diese beiden Systeme miteinander kompatibel zu machen, davon handelt "I, Robot".

Eingefügtes Bild
(Dass einer der Roboter - menschlich - aus der Reihe tanzt, bemerkt der Mensch nur,
wenn er einen - maschinellen - Vergleichsblick wirft.)

Er setzt dazu einige Prämissen, die es dem Zuschauer leichter machen, den Konflikt nachzuvollziehen: Wäre Sonny (oder die anderen Robots im Film) von zu menschlicher Gestalt (wie etwa David aus "A.I."), dann wäre er empathische Übertrag auf den Zuschauer zu groß; wären sie zu maschinell (wie der "Nummer Fünf"), dann wäre er zu gering. Der Mittelweg heißt "Cyborg" und wird dadurch erreicht, dass die Filmroboter eine menschliche Silhouette und echte, weiche Gesichtszüge erhalten, dabei aber so schemenhaft bleiben, dass man ihre Schaltkreise stets vor Augen behält. Das Design erreicht quasi jenen Punkt auf der Empathie/Dyspathie-Kurve, der direkt vor dem uncanny valley steht.

Die Story dupliziert dieses Phänomen, indem sie das alte Motiv des "Geistes in der Maschine" an das Thema "Evolution" knüpft und dabei durchaus interessante Punkte jüngerer Technik- und Natur-Philosophie (siehe Überschrift - ein Hinweis auf die Arbeit eines meiner ehem. Chefs in Jena) streift. Der zu Beginn des Films getötete Robotik-Wissenschaftler äußert in der Videoaufzeichnung einer Konferenz dazu folgendes:

There have always been ghosts in the machine. Random segments of code, that have grouped together to form unexpected protocols. Unanticipated, these free radicals engender questions of free will, creativity, and even the nature of what we might call the soul. Why is it that when some robots are left in darkness, they will seek out the light? Why is it that when robots are stored in an empty space, they will group together, rather than stand alone? How do we explain this behavior? Random segments of code? Or is it something more? When does a perceptual schematic become consciousness? When does a difference engine become the search for truth? When does a personality simulation become the bitter mote... of a soul?

Hinter seinen "Geistern" steht natürlich erst einmal nichts anderes als ein zu komplex gewordener Programmiercode, den seine Autoren nicht mehr überblicken und der deshalb unvorhergesehene Effekte (Errors) produziert, weil in ihm Selbstwidersprüche und Regelbrüche verborgen sind. Auf der anderen Seite ist der Vergleich mit der Evolution aber genau deshalb zutreffend, weil das "Trial&Error"-Prinzip der Natur ja auf Basis von Rekombination und Mutation ebenfalls derartige Effekte produziert. Der "Sinn des Lebens" könnte aus einer mechanistischen Perspektive also auch nichts anderes als ein zu komplexer Code sein und das, was Genetiker heute betreiben, wäre dann auch gut mit der Leistung eines Disassembler-Programms vergleichbar.

Von historisch höherer Warte aus betrachtet ist ohnehin aller Fortschritt, sei er nun biologisch oder technisch, diesen Prinzipien unterworfen. Wenn "I, Robot" nun näher an eines der Einzelphänomene dieses Prozesses herantritt, belegt der Film damit nur, dass sich im Kleinen (ontogenetisch) zeigt, was im Großen (phylogenetisch) geschieht. Spooner wird bspw. als Mensch gezeichnet, der mit seiner Retro-Faszination (Converse-Turnschuhe, Motorräder mit Benzin, Roboterhass) wie ein Relikt der Gesellschaft wirkt, deren (technischer) Evolution er bewusst entgegen steuert. Der Roboter Sonny wäre ebenso als Entwicklungssprung, als Mutation zu sehen, der in seiner Allzumenschlichkeit nicht nur auf die Gefahr, die von Robotern ausgeht, hinweist, sondern seinen menschlichen Antagonisten einmal mehr den Spiegel vorhält.

Das ist das Thema der Meisten Roboter-Filme und eigentlich auch der Punkt, auf den die Artikelserie hinausläuft: Was ist die Maschine schon anderes als der dauernde Fehl-Versuch des Menschen, sich noch einmal selbst zu erfinden? Filme über dieses Verhältniskonkretisieren dieses Problem lediglich bis zur Kenntlichkeit.

#451 Hick

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Geschrieben 17. November 2009, 12:06

I.K.U. (Japan 2000, Shu Lea Cheang) (DVD)

Ganze ehrlich: Worum es in I.K.U. geht, hat sich mir erst erschlossen, nachdem ich ein paar Kritiken – unter anderem noch einmal Jochen Werners fabelhafte Besprechung bei F.LM – gelesen hatte. Wie bei nicht wenigen japanischen avantgardistischen Science-Fiction-Filmen, ist mir auch bei “I.K.U.” der Plot zu verklausuliert und zu “versteckt” hinter den gewaltigen Bildern des Films. Ich zitiere mal Jochens Plot-Wiedergabe:

Zitat

Die Replikantin Reiko sammelt Informationen für eine Orgasmus-Datenbank in Diensten der Genom Corporation, indem sie mit so vielen Menschen wie möglich schläft. Doch nachdem sie sich mit dem Virus Tokyo Rose ansteckt, erleidet ihr implantierter I.K.U.-Chip einen kompletten Datenverlust und Reiko muss ihr System neu starten lassen …

Damit gliedert sich die Erzählung in den von mir schon zuvor betrachteten Diskurs “künstlicher Geschlechtlichkeit” im Pornofilm ein und liefert ihr einen zusätzlichen Aspekt, den das Sujet erst Ende der 1990er Jahre entwickeln kann, wenn computergenerierte Erfahrungen sich der virtuellen Realität zu bedienen beginnen. Unter dem Motto “Cyber-Sex” werfen dann auch die künstlichen Intelligenzen ihre anorganische Hülle ab und beginnen eine Existenz in einer virtuellen Welt, die im Modus des Pornografischen leicht als ein Analogon auf die Imagination sexueller Fantasie verstanden werden kann.

Hier kann sich Androidin Iku im Film in alle Richtungen ausprobieren und ausdehnen und jede (im Wortsinne) “vorstellbare” sexuelle Praktik testen. Das dystopische Potenzial des Films verbirgt sich hinter der ökonomischen “Triebfeder” der Maschine, die diese Vorstellungen nur deshalb sammelt, damit sie von einem Konzern als Cyber-Sex verkauft werden können. Dass sich Iku dann aber mit einem Virus infiziert, der diesen Plan konterkarriert, muss daher auch als eine Heilsvorstellung verstanden werden. In dem Moment, wo Maschinen das von der Pornografie behauptete letzte Ressort der menschlichen Empfindungswelt, die sexuelle Imagination, betreten aber hinter dem physischen Akt nicht den metaphysischen Mechanismus erkennen können, bleiben sie außen vor; können sie die Grenze zwischen Sex und Liebe jedoch überschreiten, sind sie mit einem Prinzip infiziert, dass sie als Maschinen unbrauchbar macht. So die These von “I.K.U.”

#452 Hick

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Geschrieben 21. November 2009, 11:33

[Rec] (Spanien 2007, Jaume Balagueró & Paco Plaza) (Blu-ray)

Nachdem im "UCI Zoo-Palast" gestern wegen einer Tonstörung die Vorstellungen von "Paranormal Activity" abgesagt wurden, als wir schon eine halbe Stunde im Kinosaal saßen, entschlossen wir uns zu Hause "Rec" zu schauen - und dabei ist mir zum ersten mal etwas aufgefallen, das doch eigentlich ganz offensichtlich ist und sich gegen den behaupteten Found-Footag-Charakter des Films stellt:

Als Angela und ihr Kameramann Pablo dem Polizisten und den Feuerwehrmännern zum zweiten Mal in die Wohnung der alten Frau (Sra. Izqiuerdo) folgen und es dort zum Überfall der Frau auf den Feuerwehrmann kommt, infolge dessen die Frau erschossen wird, fordert Angela Pablo auf, ihm die Szene noch einmal zu zeigen. Zunächst weigert er sich, tut es dann aber doch. Wir sehen, wie der Film sichtbar schnell zurück gespult wird, dann anhält und uns das eben Gesehene noch einmal vorführt:


(ab 2:20 Minuten)


Damit unterläuft der Film auf zweifache Weise seine ursprüngliche ästhetische Strategie: Erstens kommt es hier zu einem sichtbaren Auseinanderklaffen von Erzählzeit und erzählter Zeit. Zwar waren schon zuvor elliptische Sprünge in der erzählten Zeit, wenn Pablo die Kamera in einer Situation ab- und sie später wieder eingeschaltet hat, doch erschien dies schlüssig, weil man es notfalls noch einigermaßen als Strategie der unsichtbaren Montage verstehen konnte. Das geht beim sichtbaren Zurückspulen nicht mehr, denn hier wird die gefilmte Zeit pervertiert, indem für kurze Zeit ihre Richtung verkehrt und sie dann auch noch einer Wiederholung unterworfen wird.

Der zweite Bruch findet ebenfalls auf der narratologischen Ebene statt: "Rec" wurde uns bis zu diesem Zeitpunkt als ungefilterte Wahrnehmung der Kamera präsentiert, das heißt: Uns wurde suggeriert wir sähen einen Film, der vor Ort aufgenommen wurde und uns - bearbeitet oder nicht - die Ereignisse, die sich zugetragen haben, authentisch übermittelt. Dieser Eindruck wurde durch die oben erwähnten "elliptischen Kameraabschaltungen" nicht nur nicht konterkariert, sondern sogar noch gestützt, weil der abgebildete technische Prozess des Kamera-Abschaltens den Eindruck der "Rohheit" des Materials noch weiter forcierte. Durch den eingefügten sichtbaren Bildrücklauf, wird dieser Eindruck als Irrtum hingestellt, denn die Diskrepanz zwischen Filmzeit und gefilmter Zeit, die bei einer Fake-Doku vermieden werden muss, stellt sich hier geradezu in den Vordergrund und es wird uns nun vielmehr suggeriert, wir sähen nicht das Bild der Kamera, sondern das Bild eines (manipulierten) Bildes der Kamera. Nur so lässt sich erklären, dass wir den Rücklaufprozess beobachten können. (Anders gesagt: Hätte man versuchen wollen Angelas Wunsch, die Szene noch einmal zu sehen innerhalb des Fakes realisieren wollen, hätte man unsere Blu-ray-Disc zurückspulen müssen.)

Mit dieser Szene kippt also eine der zentralen ästhetischen Strategien des Films in ihr Gegenteil: "Rec" ist offenbar ein Film, der uns zeigt, wie ein Film angesehen wird. Wer sieht aber diesen Film? Nun, es müssen Angela und Pablo sein, denn sie sind es ja, die den Zeitverlauf des "Films im Film" beeinflussen, dadurch dass Angela Pablo auffordert zurück zu spulen und er es auch tut. Wollte man hier nicht die ontologische Konsistenz der Protagonisten in Gefahr sehen, müsste man "Rec" aufgrund dieser Szene als ein Filmexperiment interpretieren.

Das Experiment könnte darin bestehen, dass der von Vivian Sobchak formulierte "Filmkörper", also jener personifizierte Kamera und ihr unsichtbarer Blick, der die Szenen eines Films für uns sieht und mit dem wir unseren Blick identifizieren, auf die Protagonisten des Films übertragen wird. Normalerweise zeigt uns dieser Blick, was die Kamera "gesehen" hat: etwa die Protagonisten eines Films, wie sie handeln - zumeist ohne sich der sie beobachtenden Kamera bewusst zu sein. Da es sich bei "Rec" aber um einen Dokumentarfilm im Rohschnitt handeln soll und wir oft genug sehen, dass sich die Protagonisten der Kamera durchaus bewusst sind, ist die Kamera bereits personifiziert. In "Rec" bekommt der "Filmkörper" sogar einen Namen: Pablo. Wir sehen, was er sieht. Er ist zugleich ein Bestandteil der Diegese und ihr Erzähler. Wenn sich Angela und Paco nun also schon nicht mehr bloß im Erzählraum aufhalten, sondern auch im Erzählerraum, dann ist es nur konsequent, wenn sie ihren Filmblick auch technisch manipulieren können, so wie jeder Erzähler den Zeitverlauf seiner Erzählung selbst bestimmen kann.

#453 Hick

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Geschrieben 25. November 2009, 10:45

Nachtrag zu [REC]:

Völlig verwirbelt werden Erzählzeit und Erzählte Zeit ja am Ende der kleinen Kamera-Retrospektive: Als sich Angela die gewünschte Szene nämlich fertig angesehen hat, geht der Film nicht einfach an der Stelle weiter, wo er vor der Retrospektive abgebrochen wurde, sondern Pablo spult erst wieder an den Punkt vor, an dem er seine Chronik vorher abgebrochen hat. Ich bekomme Kopfweh!

Programmed for Pleasure (La femme-objet, F 1980, Clode Mulot) (DVD)

Zur Vorbereitung auf meinem Vortrag am Samstag habe ich mir den Film speziell noch einmal auf die Frage hin angeschaut, wie sich Autonomie, Selbstbewusstsein und Auflehnung gegen die Versklavung der Roboter-Frau vor dem Hintergrund ihrer sexuellen Emanzipation entwickeln - oder sollte man besser sagen: darin ihren Ausdruck finden?

Eingefügtes Bild


Ein sehr offensichtliches Detail ist mir bei der ersten Sichtung gar nicht aufgefallen: Dass der kleine R2D2-Roboter den SF-Autor erst zu seiner Geschichte mit den Robotern inspiriert und dann auch zusammen mit dieser die Vorlage zur Entwicklung der Roboter-Frau liefert. Er bleibt als archaische Vorstufe, als tadellos fernsteuerbares Spielzeug, auch bis zuletzt aktiv - erst als bei der Roboter-Frau die Steuerung versagt, stürzt auch R2D2 ab (im Wort- wie im übertragenen Sinne).

Hierin deutet sich schon zaghaft an, dass die Überschneidung und gegenseitige Beeinflussung von Robotik, Roboter-Fiktion und dem Technikakzeptanz-Diskurs eine zentrale Stelle in einer Untersuchung der kulturellen Kodierung des Computers einnehmen muss. Mit dem Konstruktivismus lassen sich diese rekursiven Mechanismen nur zum Teil beschreiben - ich werde um eine Auseinandersetzung mit der Systemtheorie und speziell ihren Verbindungen zur Kybernetik wohl nicht (länger) herum kommen.

Einen interessanten Hinweis auf eine Debatte in der Kybernetik/KI-Forschung Norbert Wieners habe ich bei Bruce Mazlish (S. 345f.) gefunden. Dort zitiert er Wieners "Gott und Golem Inc.", in dem die Reproduktionsfähigkeit (Autopoiesis?) von Robotern als zwingende Folge der Roboter- und KI-Entwicklung angenommen wird. Ich denke, dass die Anlagen dafür bereits in technologischen Entwicklungen der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts zu finden sind, insbesondere in der Entdeckung des dynamoelektrischen Prinzips durch Werner von Siemens und ein wenig später dann in der Entwicklung von Werkzeugmaschinen (also Maschinen, die Maschinen bauen).

#454 Hick

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Geschrieben 14. Januar 2010, 14:35

Lake Mungo (Australien 2008, Joel Anderson) (DVD)

Ich hatte “Lake Mungo” bereits auf dem Fantasy-Filmfest gesehen und dort als den besten Beitrag des Festials gewertet. Durch einen Zufall habe ich kürzlich entdeckt, dass der Film mittlerweile als australische DVD erhältlich ist, ihn nun gestern noch einmal gesehen und schließlich sogar als meinen den besten Film, den ich letztes Jahr zu sehen bekommen habe, empfunden. Besonders zwei Aspekte haben mich gestern noch einmal richtig beeindruckt:

“Lake Mungo” weicht nicht nur dadurch von einer herkömmlichen Spielfim-Dramaturgie ab, dass er ein gefakter Dokumentarfilm ist – vielmehr ist es die Komplexität seines Plots, die den Unterschied ausmacht. Die markanteste Differenz zwischen Filmerzählungen und Geschehnissen in der Wirklichkeit bilden vor allem die Facetten und Redundaz-Armut des herkömmlichen Spielfilms. Zumeist beschränkt er sich auf einen streng kausal konstruierten Plot mit nur wenigen Seitenerzählungen. Aber jede “normale” Anderthalbstunde im richtigen Leben zeigt schon, dass es in Wirklichkeit wesentlich komplexer zugeht als im Film. “Lake Mungo” versucht seine Authentizität unter anderem dadurch zu konstruieren, dass er sich der Emergenz des real life stark annähert, indem er etwa Anekdoten, Lügengeschichten und scheinbare Nebensächlichkeiten zusammen mit dem, was die Story konstruiert, gleich gewichtet.



Dieser Eindruck von Gleichgewichtung – und das war der zweite verblüffende Punkt – wird vom Film dadurch erreicht, dass er seine Geschichte offenkundig nacherzählt und damit das “ex post” des filmischen Erzählens und Rezipierens thematisiert. Die Kamera kann bei den Originalereignissen nicht dabei gewesen sein; sie kann z. B. nicht gefilmt haben wie die Mutter zum letzten Mal zum “Psychic” geht und mit ihm dort zufällig das eigentliche Geisterphänomen (das ans Haus gekoppelt ist) ergründet – eben weil, als dies passiert ist, noch gar nicht klar gewesen ist, dass es eine “filmenswerte Szene” sein würde. Sie tut es aber: Sie zeigt den Mann, der die Sceance in wohlformulierten Sätzen beginnt, zeigt die Mutter weinend – nur um diese Bilder im nächsten Augenblick als nachgestelltes Material mit dem Original-Footage, das wesentlich authentischer (weil weniger filmisch strukturiert – siehe oben) wirkt, zu kontrastieren. “Lake Mungo” stellt sich permanent als “nachträglich rekonstruiert” heraus und wirkt dadurch, dass er seine dokumentarische Unaufrichtigkeit betont, nur noch aufrichtiger. Hier kommt ihm die oben angesprochene Emergenz sozialer Handlungen sehr entgegen, weil es ihm gelingt, seine Beiläufigkeiten bis zum Ende nicht als die eigentlichen Plot-Konstituenten zu desvouieren. (In vielem ähnelt er ohnehin dem anderen großen “Lake”-Dokumentarfilm “Incident at Loch Ness“.)

Das lässt sich vielleicht schwer nachvollziehen, wenn man den Film noch nicht gesehen hat, dürfte aber schnell als das zentrale Erzähl- und Darstellungsprinzip klar werden, wenn man ihn dann sieht – was ich nur jedem empfehlen kann!

#455 Hick

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Geschrieben 14. Januar 2010, 14:37

Das Netz (The Net, USA 1995, Irwin Winkler) (DVD)

Das ist der archetypische Film über Technophobie angesichts des Internets. Und hier lohnte es sich einmal genau hinzusehen, denn schon allein das Produktionsjahr 1995 sowie das Produktionsumfeld Hollywood (Bullock, Winkler) könnten zeigen, mit welchen Horrorvisionen Computer am Beginn des Internetzeitalters assoziiert werden. Dass das Gerät einerseits als Ersatz für soziale Beziehungen steht (und hier – wie die Überschrift zeigt – abermals mit Sexualfunktionen assoziiert wird) und schon beinahe einen Gegenstand der Sucht bildet, andererseits aber genau aus diesen Komponenten (soziale Isolation und Realitätsverlust) Horror erwächst, ist das Thema.

Gerade sehe ich, dass es einen Film mit dem Titel “Das Netz 2.0” von 2006 gibt … da kommt noch eine Menge Arbeit auf mich zu.





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