OK,
Dass ein Begriff von "ästhetischer Armut" in meinem Kunstverständnis kein Platz hat, muss ich ja nicht eigens erwähnen (siehe komplette Diskussion zuvor).
An sozialer Plausibilität kann man imho ästhetische Qualität aber kaum fest machen. Diese Mimesis hat Platon doch als letzter als Kriterium genommen (und das war bei Aristoteles dann schon wieder überkommen) Es ist eben Kunst. Weder Neoverismo noch Dokumentarfilm können sich der Ästhetisierung ihres Gegenstandes entziehen. Alles, was Medien präsentieren, ist "gemacht". Zu fordern, dass äshtetischer Wert notwendig an soziale Wahrscheinlichkeit (oder Realität) gekoppelt sein muss, klingt ein bissel nach "sozialistischem Realismus".
Beim Porno hat das natürlich Brisanz, weil dort - vermeintlich- Geschlechterrollen
vorgelebt werden. Wenn man dem Porno Modell-Charakter unterstellen wollte, müsste man ihn auf diese Weise kritisieren, dass er ein "Pornotopia" behauptet, in dem jeder mit jedem auf jede Art ficken darf, in dem die Lust alle Handlungen bedingt. Aber wenn man diesen argumentativen Schritt gehen will, muss man zuvor bestimmen, warum (nur) Porno solch einen Charakter hat und nicht jedes andere Genre auch. Dann wird es meines Erachtens schwierig zu erklären ... (wir gerieten in eine Wirkungsdiskussion).
Zitat
Das alles ist unglaublich schlecht gespielt, ohne auch nur den Hauch eines auf authentische Praxis rekurrierenden Sinnzusammenhangs zu entfalten.
Der Film kann die Szenen des für sich schon lächerlich ausschauenden Sexualaktes nicht sinnvoll einbetten, da er undialektisch einen rein technischen Vorgang abbildet.
Mit der Authentizität sprichst du etwas an, worin sich unsere Sichtweise wahrscheinlich am deutlichsten trennt: Zwar ist das, was in einem Porno wie "Jetzt wird es schmutzig" gezeigt wird nicht im Taylor'schen oder Trilling'schen autehtnische in Bezug auf die soziale Wirklichkeit, wohl aber äshtetisch authentisch ... sogar viel authentischer als jedes andere Genre (abgesehen vom echten Snuff-Film) je sein könnte. Denn im Porno - und das ist natürlich ne Binsenweisheit - fallen Darstellung und Dargestelltes aufeinander. Sexualität findet tatsächlich statt. Natürlich ist das nur - und da komme ich auf deinen zweiten Einwand - der physische Akt. Mit ihm präsupponiert der Film aber, dass der soziale Akt stattgefunden habe - und wenn nur als "sexuelles Phantasma" (dass es reicht, in einen Blumentopf zu pissen, um sexuell in Kontakt zum anderen Geschlecht zu treten).
Darin ist Pornografie dann zwar wie gesagt inauthentisch, aber wiederum auch hoch äshtetisiert. Nirgends gibt es wohl festgeschriebenere Genre-Grenzen als im Porno. Die Erzählung ist (seit den 80er Jahre) immer etwas, das mitgedacht werden muss, weil Porno sich rein auf seinen Schauwert konzentrieren muss (um ökonomisch lancierbar zu bleibe - Genre mal aus der Richtung definiert). Dieser Schauwert ist sozusagen nirgends so "demokratisch" organisiert wie im Pornofilm, denn dieses Genre hat die geringste Halbwertszeit bzw. die schnellste Generationenfolge aller Filmgenres. Keine Produktion reagiert so schnell auf Zuschauerwünsche, wie die Pornofilmproduktion. Ich weiß aus meiner eigenen Arbeit bei Videorama, dass etliche "Agenten" damit beschäftigt sind, durch Videotheken zu gehen und Kunden in den Pornoabteilungen zu beobachten, welche Tapes sie in die Hand nehmen und welche sie ausleihen, um das eigene Programm daran zu orientieren ("auch so ist soziale Martkwirtschaft ... langweilig wird die nie!")
Dass der Sexualakt "für sich lächerlich ausschaut" kann ich nicht stützen. Ich empfinde es nicht so (das ist aber Geschmackssache). Daher kann ich verstehen, wenn man dieses Shakespear'sche Haltung der körperlichen Gewöhnung annimmt ("Das Tier mit den zwei Rücken").
maX