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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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DANCES WITH WOLVES (Kevin Costner/USA 1990)



"Turned injun, didn't ya?"

Dances With Wolves (Der mit dem Wolf tanzt) ~ USA 1990
Directed By: Kevin Costner

Im Glauben, sein Leben sei infolge der dräuenden Amputation seines Beines ohnehin nichts mehr wert, löst der schwer verletzte Unions-Lieutenant John Dunbar (Kevin Costner) in selbstmörderischem Einsatz ein Stellungsgefecht zugunsten seiner Leute und überlebt wie durch ein Wunder nebst allen Gliedmaßen. Zur Belohnung darf der kriegsmüde Offizier zum entlegensten Armeeposten im Westen aufbrechen und dort Stellung beziehen. Dunbar findet 'Fort Sedgwick' jedoch völlig verlassen vor, es gibt Hinweise auf Kämpfe mit Indianern. Es dauert nicht lange, bis er den ersten Sioux begegnet. Aus den zaghaften Annäherungen erwachsen zunächst gutnachbarschaftliche Verhältnisse und schließlich echte Freundschaft. Besonders mit dem Medizinmann Strampelnder Vogel (Graham Greene) verbindet Dunbar bald eine fast schon spirituelle Beziehung. Als der Soldat die verwitwete, als Kind von den Sioux adoptierte Weiße Steht-mit-einer-Faust (Mary McDonnell) lieben lernt und schließlich heiratet, wird er, ohnehin längst ein geachteter Jäger und Krieger, endgültig vollwertiges Mitglied des Stammes. Ein letztes, ungeplantes Treffen mit seinen vormaligen Mitsoldaten endet in einer Katastrophe, die Dunbar fast das Leben kostet. Seine neuen Brüder können ihn jedoch befreien. Dunbar ist jedoch klar, dass er als nunmehr berüchtigter Deserteur mittelfristig eine große Gefahr für die Sioux darstellt und verlässt mit seiner Frau die Indianer, um sich der weißen Justiz zu stellen und seine Geschichte zu erzählen.

Jede® hat wohl seine Handvoll Filme, die ihn oder sie schon mit den ersten, altvertrauten Klängen und Bildern zu Tränen rühren. "Dances With Wolves", ein Werk von höchster Signifikanz und Bewahrer des Westerngenres, zählt in meinem Falle dazu. Bereits mit dem Einsatz von John Barrys Musik und Dean Semlers goldgrünen Bildern, in die sich hier und da leuchtendes Rot stiehlt, bin ich verloren an Costners Epos, dass ich paradoxerweise nur selten anschauen kann, weil es am Ende so weh tut. Dabei ist die zur Wirkung dieses Effekts befleißigte Psychologie mindestens als naiv zu bezeichnen. Warum aber sollte es auf der anderen Seite komplexer Darstellungen benötigen, wo die Fronten doch so eindeutig sind? Kevin Costner als ultimativer 'agent médiatique' führt uns unbedarfte Weißbrote ein in die Weiten des alten amerikanischen Mittelwestens, in dem sich die Schönheit der Natur und die seit Jahrtausenden unveränderte Lebensart der Ureinwohner gegenüberstehen. Wie im im Osten geführten Bürgerkrieg gibt es auch hier Konfliktparteien, die aggressiven, kriegslustigen Pawnee auf der einen und die nur selten in "unzivilisiertes" Verhalten fallenden Sioux, die sich aufs Blut bekämpfen. Aber das ist seit eh und je die Natur der Dinge vor Ort. Wirkliche Störungen der Balance bringen erst die Weißen ins Gefüge, mit Gewehren, Schnaps, rüpelhafter Dummheit und Lautstärke. John Dunbar als feingeistiger Intellektueller legt nach und nach seine alte Lebensweisen ab und assimiliert sich zunächst mental, dann auch äußerlich und schließlich psychisch an sein neues Volk, das ihn in ebensolcher Weise und nach Überwindung gesunder Vorurteile gegen den Hellhäutigen aufnimmt. Bis dahin ist "Dances With Wolves" geprägt von einer tiefen Ausgeglichenheit, die den Lebensalltag der natives illustriert; Lebenslust, Freundschaft, Liebe, Aufrichtigkeit, existenzieller Kreislauf. Dass die Sioux nicht mit sich spaßen lassen, zeigt zumindest eine in der Langfassung enthaltene Szene: Dunbar entdeckt, noch zu Beginn seiner Beziehung zu ihnen, dass die sonst eher friedlichen Indianer eine Gruppe weißer Büffelfelljäger aufgemischt, getötet und verstümmelt haben. Doch handelte es sich dabei um eine nachvollziehbare Strafexpedition. Die schließlich einfallenden Blauröcke treten dann mit allen schlechten Eigenschaften der weißen Rasse an: Als dumme, brutale Analphabeten und gefühlsentledigte Mordbrenner töten sie Dunbars geliebtes Pferd und, noch frevelhafter, den ihm auf Schritt und Tritt folgenden Wolf, das Symbol für seine Renaturierung. Mit Dunbars künstlerisch gestalteten Tagebuchseiten wischt man sich buchstäblich den Arsch und haut dem Wehrlosen gleich mehrfach einen Gewehrkolben an die Schläfe.
Eine gewaltige Konterkarierung der 'klassischen Verhältnisse' also, die freilich ihren Anfang in "Little Big Man" und "Soldier Blue" genommen hat und hier nochmals verschärft, dafür jedoch zumindest teilweise wieder gerade gerückt wird. Allerdings nicht für lange, wie uns Dunbars trauriger Abschied von seiner neuen Familie und die finale Tafel erinnern.

10/10

Kevin Costner Sezessionskrieg Indianer Freundschaft South Dakota Best Picture Kavallerie



Filmtagebuch von...

Funxton

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