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In meinem Herzen haben viele Filme Platz 2.0





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A TIME TO KILL (Joel Schumacher/USA 1996)



"America is a wall, and you're on the other side."

A Time To Kill (Die Jury) ~ USA 1996
Directed By: Joel Schumacher

Nachdem zwei rassistische Hillbillys (Nicky Katt, Doug Hutchison) die zehnjährige Tochter (Rae'Ven Larrymore Kelly) des farbigen Arbeiters Carl Lee Hailey (Samuel L. Jackson) vergewaltigt, misshandelt und fast ermordet haben, schreitet der verzweifelte Vater zur Selbstjustiz: Er mäht die Täter auf ihrem Weg in den Gerichtssaal mit einem Maschinengewehr nieder. Der Nachwuchsanwalt Brigance (Matthew McConaughey) übernimmt Haileys Fall und beschwört damit einen lokalen Rassenkrieg herauf: Der Ku-Klux-Klan reformiert sich und schwarze Bürgerrechtsorganisationen wettern gegen die weiße Bevormundung.

Nach dem global betrachtet eher zu vernachlässigenden "The Client" übernahm Schumacher gleich noch einmal die Inszenierung einer Grisham-Adaption, diesmal mit einem spürbar höheren Maß an Engagement und Leidenschaft, da der der Geschichte zugrunde liegende Themenkomplex ihn offenbar auch persönlich anfocht. Gleich drei heiße Eisen packt "A Time To Kill" an: Selbstjustiz, die Todesstrafe und Rassismus. Während er bezogen auf den letzteren Topos eine liberale, versöhnliche, populistisch wirksame (wenngleich wiederum höchst irreal vorgetragene) Lösung aufbietet, erweist er sich im Hinblick auf die ersten beiden als übelster polemischer Bodensatz. Von Anfang an präsentiert sich der Film fortwährend als Traktat für die NRA sowie für die moralische Verantwortung des Einzelnen, sich bei Bedarf als Richter und Henker aufzuspielen, das Gesetz in die eigenen Hände zu nehmen, kurz: Verfassung/Grundgesetz und Menschenrechte mit Füßen zu treten. "A Time To Kill" präsentiert sich als bewusst emotional-aufpeitschend konstruiert; da die Kamera nicht zeigt, was mit der kleinen Tonya passiert, schildert Brigance es detailliert in seinem Schlussplädoyer, um bei Publikum und Geschworenen Verständnis für den Mörder Hailey und damit dessen Freispruch zu evozieren - mit Erfolg. Dabei spricht die Jury ihn ganz zweifellos nicht, wie vorher geplant, wegen zweitweiser Unzurechnungsfähigkeit frei, sondern weil sie sich moralisch auf seine Seite stellt und dies wiederum nur, da Brigance sie durch einen simplen Suggestionstrick umzustimmen vermag.
"A Time To Kill", der sich in diesen letzten Minuten noch ein weiteres Mal in all seiner ideologischen Unerträglichkeit, in seiner blauäugigen Stumpfheit selbst bestätigt mit seinem gemischtfarbigen Familienvater-Heldenduo, das ganz fest an göttliche Gerechtigkeit, Waffen für jedermann, an Privatrache und Todesstrafe glaubt, ist, zieht man die imdb-Wertungen als Indikator in Betracht, weiterhin ein recht beliebter Film. Dies offenbart, dass sich Menschen nach wie vor unkritisch von dramaturgisierter Gesinnung einfangen lassen, so sie bloß hinreichend verführerisch eingewickelt ist. Nebenbei verfügt "ATime To Kill" in quantitativer Hinsicht neben "The Rainmaker" über die großartigste Besetzung aller Grisham-Verfilmungen, die jeweils formidable Kostproben ihres Könnens darlegt. Ob all diese tollen Darsteller ebenfalls jenem reaktionären Gestus frönen oder ihn zumindest als diskussionswürdig erachteten, weiß ich nicht. Sollte dem so sein, wäre es erschreckend.

4/10

Joel Schumacher John Grisham Mississippi Rassismus Selbstjustiz Freundschaft Courtroom Rache Familie Ku-Klux-Klan



Man findet in jeder Folge von 'Boston Legal' ein Füllhorn mehr an interessanten Figuren, wirklich klugen (wenn auch durchgeknallten) Anwälten und tatsächlich brillanten Plädoyers als in dieser Grisham-Schmonzette. Übrigens: Die Bücher sind auch nicht besser.
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Sowas habe ich mir bereits gedacht.
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Funxton

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